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3 Dielektrische Passivierung der Rückseite

3.4 Prozesstemperaturabhängigkeit der Passivierung

Während  die  Al2O3‐Schicht  nach  der  Abscheidung  einen  thermischen  Aktivierungsschritt  von  mindestens  400°C  benötigt  [50],  [147],  führt  ein  zu  großer  Wärmeeintrag  zum  Verlust  der  Passivierungsqualität [136]. Dabei sind zwei Effekte zu unterscheiden, die thermische Degradation  der Passivierung und das Blistering des Schichtstapels, also das Ablösen der Schichten in Form von  Bläschen unter thermischem Stress. 

Im industriellen Umfeld sowie bei den hier vorgestellten Solarzellexperimenten wird auf einen  zeitintensiven thermischen Aktivierungsschritt verzichtet, die Aktivierung muss hier innerhalb der  wenigen Sekunden bei > 800°C während des Kofeuerns geschehen. Für die Passivierungsqualität und  damit die Zelleffizienz ist es daher notwendig, dass der Feuerschritt heiß genug ist, um  die  Passivierung zu aktivieren, aber dabei nicht zu heiß, um die Schicht nicht thermisch zu degradieren. 

3.4.1 Feuertemperaturabhängigkeit auf Solarzellebene

Aus Cz‐Wafern der Kantenlänge von 125 mm, 2 Ωcm Basiswiderstand, wurden rückseitenpassivierte  Solarzellen gefertigt. Es wurde der selbe Prozessfluss wie in Tabelle XII gewählt mit dem Unterschied,  dass  beim  Kofeuerschritt  die  Ofentemperatur  variiert  wurde.  Um  einen  Einfluss  auf  die  Kontaktbildung  auszuschließen,  wurde  hierzu  ein  selektiver  Emitter  mit  einer  starken  Ausgangsdiffusion von 30  Ω/sq. verwendet, welcher auf 80  Ω/sq. zurückgeätzt wurde. Die Wafer  wurden rückseitig mit einem Schichtstapel aus 15 nm Al2O3, Abscheidetemperatur 200°C, und 80 nm  SiNx:H passiviert, mittels Inkjetdruck strukturiert und im Siebdruckverfahren metallisiert. Nach dem  Kofeuern in 5 verschiedenen Gruppen, welche sich durch Variation der Peaktemperatur gegenüber  einem Standardwert unterscheiden, wurden die IV‐Daten der Solarzellen und ihre langwellige IQE  verglichen. 

 

Abbildung 45: Feuertemperaturabhängigkeit der internen Quanteneffizienz. Temperaturangaben  sind relativ zu Standardfeuerparametern. 

Wie in Abbildung 45 ersichtlich ist, zeigt die verwendete Al2O3‐Schicht im für den Feuerschritt  relevanten Temperaturbereich eine graduelle Degradation der IQE mit steigender Feuertemperatur. 

Dies ist gerade im von optischen Phänomenen noch unbeeinflussten Bereich von 900 ‐ 1000 nm  festzustellen, wo die IQE der 10°C überfeuerten Al2O3‐passivierten Solarzelle unter der Al‐BSF  Referenz liegt. 

Tabelle XV: Zusammenhang zwischen Feuertemperatur, Zellspannung und  Rückseitenrekombinationsgeschwindigkeiten. 

Temperaturdifferenz  Voc[mV] Seff[cm/s] Al2O3 Spass [cm/s] 

‐ 40°C  640 90 55 

‐ 30°C  633 130 90 

‐ 20°C  636 120 80 

‐ 5°C  629 380 350 

+ 10°C  625 670 700 

Al‐BSF Referenz  631 320 ‐ 

 

Die erreichten Werte für VOC und die aus den IQE‐Diagrammen berechneten [142] effektiven  Rekombinationsgeschwindigkeiten  an  der  Rückseite  sind  in  Tabelle  XV  aufgeführt.  Unter  der  Annahme einer festen Rekombinationsgeschwindigkeit Smet = 500 cm/s an den Kontakten wurde die  Rekombinationsgeschwindigkeit der Passivierschicht Spass berechnet [31]. Es ist eine eindeutige  Korrelation zwischen Seff und VOC zu beobachten, diese wurde in Abbildung 46 veranschaulicht. 

 

 

Abbildung 46: Korrelation zwischen Rückseitenrekombinationsgeschwindigkeit (farbig) und offener  Klemmenspannung (blau) anhand von bei unterschiedlichen Temperaturen gefeuerten Solarzellen. 

Das Ansteigen von Seff mit der Feuertemperatur ist ein Nachweis der Temperaturempfindlichkeit der  Passivierschicht. Zum Erreichen einer hohen Zellspannung ist es notwendig, die Solarzellen nicht zu  überfeuern, um somit eine niedrige Rekombinationsrate zu erzielen. Es gibt zwei Möglichkeiten, ein  Überfeuern zu verhindern: 

 Ein generelles Absenken der Feuertemperatur. Dazu kann man wie in unserem Beispiel  einen leicht zu kontaktierenden selektiven Emitter verwenden. Dieser ist in der Lage, auch  bei geringeren Temperaturen einen niederohmigen Kontakt zur Metallisierung herzustellen. 

Fortschritte in der Pastentechnologie versprechen ebenfalls, dieses Ziel zu erleichtern [128]. 

 Erhöhung der Temperaturstabilität der Passivierschicht. Neuere Ergebnisse versprechen eine  erhöhte Feuerstabilität beim Abscheiden [148] oder beim Annealschritt [149]. So wurde für  bei 300°C abgeschiedenes  Al2O3  auf  Lebensdauerproben  eine stabile Rekombinations‐

geschwindigkeit für Temperaturen bis + 30°C Feuertemperatur festgestellt. 

3.4.2 Blisterstabilität der dielektrischen Schichten

Auf  den  ersten  PERC‐Solarzellen  und  auf  gefeuerten  Schichtstapelproben  wurden  auf  der  Passivierschicht winzige Bläschen, wie in Abbildung 47 links, beobachtet. REM‐Aufnahmen ergaben,  dass an diesen Stellen der Schichtstapel von der Siliziumoberfläche delaminiert und nach außen  gewölbt ist, was in Abbildung 47 rechts zu sehen ist.  

      

Abbildung 47: Optische Aufsicht auf geblisterte Schichtstapel‐Oberfläche neben Querschnitt eines  Blisters im Elektronenmikroskop, aus [150]. 

Abgesehen von der an dieser Stelle fehlenden Passivierung ergibt sich auf Solarzellebene das weitere  Problem, dass an diesen Stellen die Schicht dem flüssigen Aluminium nicht widerstehen kann. Dieses  legiert während des Feuerns ungleichmäßig in das darunterliegende Silizium. Dadurch entstehen  zahlreiche  Rekombinationszentren,  welche  die  effektive  Rekombinationsgeschwindigkeit  der  Rückseite stark erhöhen. In Abbildung 48 lässt sich die Auswirkung von starkem Blistering auf die  Gesamtrekombination  einer  Solarzelle  in  der  Elektrolumineszenz‐Aufnahme  (EL)  einer  Zelle  beobachten, bei deren oberen Bereich es zu zahlreichen ungewollten Durchfeuerpunkten aufgrund  von Blistering kam. 

   

Abbildung 48: Bild einer aufgrund Blistering durch die Passivierschicht legierten Aluminiumpaste  auf der Rückseite einer Solarzelle und die Auswirkung auf den Sättigungsstrom. 

Wie Blistering mikroskopisch zustande kommt, ist Gegenstand aktueller Forschung [151–153], es  lässt sich jedoch durch die Dicke der Al2O3‐Schicht, die thermische Historie, die Abscheideparameter  und die Struktur der Deckschicht beeinflussen. Letztere wurden in einem Experiment untersucht. 

Variation von Abscheidetemperaturen und Deckschichten zur Blisterminimierung

Aus  Floatzonewafern  mit  1  Ωcm  Basiswiderstand  wurden  35  Proben  mit  5 cm  Kantenlänge  ausgelasert, schadensgeätzt und einer RCA‐Reinigung [154] unterzogen. Dabei handelt es sich um ein 

in der Halbleiterindustrie etabliertes zweistufiges Verfahren, bei welchem die Wafer zuerst in einem  Bad aus H2O2 und NH3 und einer folgenden Entfernung der dabei entstehenden Oxidschicht in HF von  organischen Verunreinigungen befreit werden. In einem zweiten Schritt werden in einem Bad aus  H2O2  und  HCl  alle  verbleibenden  metallischen  Verunreinigungen  entfernt  und  die  gesamte  Oberfläche aufoxidiert, um diese Schicht erneut in HF entfernen zu können. 

Die  Wafer  erhielten  eine  beidseitige  Abscheidung  von  15 nm  Al2O3,  welche  bei  den  Kammertemperaturen 170°C und 300°C für jeweils die Hälfte der Wafer erfolgte. Die Erhöhung der  Abscheidetemperatur geht auf zuvor erfolgte Untersuchungen zur Temperaturstabilität der Al2O3‐ Schichten bei variierten Abscheideparametern zurück, welche in [148] veröffentlicht wurden. Die  Wafer wurden zur Abscheidung der Deckschicht aus SiNx:H auf zwei Gruppen verteilt, von denen die  erste Gruppe eine PECVD‐Abscheidung in einer Direktplasmaanlage (Hersteller: centrotherm, Wafer  befinden sich in einem Boot und dienen als Elektroden, 40 kHz Wechselspannungsplasma bei 400 V  Anregungsspannung) erhielt, die zweite Gruppe in einer Indirektplasma‐PECVD beschichtet wurde  (Hersteller: Roth & Rau, Wafer befinden sich auf einem geerdeten Tablett, räumlich separierte  gepulste Mikrowellenplasmaquelle, 2,45 GHz Anregungsfrequenz). Es wurden zwei Schichtdicken für  die SiNx:H‐Schicht realisiert: 85 nm und 145 nm. Im Anschluss daran wurden die Lebensdauern  bestimmt, ein Teil der Proben wurde einem thermischen Aktivierungsschritt von 30 min bei 400°C  unterzogen. Zuletzt wurde mit den Wafern ein Feuerschritt von 800°C, auf dem Wafer gemessen,  durchgeführt. Im Anschluss wurden erneut die Lebensdauern erfasst und die Schichten mit dem  Lichtmikroskop auf Blisterdichte untersucht. 

Das auffälligste Ergebnis war die Abhängigkeit der Blisterbildung von der SiNx:H‐Abscheidemethode. 

So wiesen alle mittels Direktplasma beschichteten Proben starkes Blistering nach dem Feuern auf. 

Die mittels Indirektplasma beschichteten Proben dagegen zeigten nach dem Feuern nur leichtes  Blistern in der mit 170°C abgeschiedenen Gruppe und kein Blistern in der mit 300°C abgeschiedenen  Gruppe [148]. Die Lebensdauern aller mit Indirektplasma beschichteten Proben sind in Abbildung 49,  nach ihrer Prozessgruppe sortiert, aufgeführt. 

  Abbildung 49: Lebensdauer‐Übersicht der mittels Indirektplasma‐PECVD beschichteten