• Keine Ergebnisse gefunden

Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Freizeit

5 Lange Arbeitszeiten und Beeinträchtigungen der sozialen Teilhabe

5.1 Vereinbarkeit von Beruf und Familie/Freizeit

Die Antwort auf die Frage „Do your working hours fit in with your family or social commitments outside work very well, well, not very well or not at all well?” aus den europäischen Umfragen wurde als Indikator für die Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit/Familie verwendet. Die Antwort-Skala reichte von 1 (schlecht) bis 4 (sehr gut).

Im Mittel wird die Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit/Familie in den EU 15-Stichproben als gut eingeschätzt (vgl. Tab. 5.2), wobei sich die Angaben aus den Jahren 2000 und 2005 nicht signifikant voneinander unterscheiden (p>0,05). Beim varianzanalytischen Vergleich der Mittelwerte lassen sich signifikante Unterschiede bezüglich Geschlecht, Kindern im Haushalt und der Interaktion Geschlecht*Kinder zeigen. Frauen schätzen die Vereinbarkeit im Vergleich zu Männern als besser ein, und Personen mit Kindern im Haushalt nehmen die Vereinbarkeit als schlechter wahr als Personen ohne Kinder (p<0,05). Diese Unterschiede sind besonders groß zwischen Männern mit und ohne Kinder(n).

Tab. 5.2 Einschätzung der Vereinbarkeit (Mittelwerte) in den europäischen Stich-proben

Tab. 5.3 Einschätzung der Vereinbarkeit (Mittelwerte) in den deutschen EU-Stichproben

Wie Tab. 5.3 entnommen werden kann, lassen sich in den deutschen Substich-proben der europäischen Befragungen ähnliche Muster wie in den EU 15 Ländern

zeigen. Die Gesamteinschätzung der Vereinbarkeit ist ebenfalls konsistent etwas besser als „gut“. Signifikante Unterschiede lassen sich für Kinder und Geschlecht in EU 2000 (DE) zeigen (p<0,05), in der EU 2005 (DE) hingegen gibt es nur einen tendenziellen Unterschied zwischen Personen mit und ohne Kinder (p<0,10). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich die Vereinbarkeitseinschätzungen von Frauen und Männern zwischen den Jahren 2000 und 2005 angenähert haben. In den EU 15-Stichproben (vgl. Tab. 5.2) hat sich die berichtete Vereinbarkeit bei den Frauen zwischen den Jahren 2000 und 2005 leicht verschlechtert, wohingegen sie bei den Männern etwa gleich geblieben ist. In den deutschen Substichproben kann ebenfalls eine Verschlechterung der Vereinbarkeit in der Gruppe der Frauen verzeichnet werden, jedoch hat sich gegenläufig dazu die Vereinbarkeit bei den Männern etwas verbessert (siehe Tab. 5.3).

Da in den deutschen Befragungen BB 2006 und GA 2004 keine direkte Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit gestellt worden war, wurden an Stelle der Vereinbarkeit die Antworten auf die Frage „Gelingt es Ihnen, bei der Arbeits-zeitplanung auf Ihre familiären und privaten Interessen Rücksicht zu nehmen?“ zur Untersuchung herangezogen. Es wird dabei unterstellt, dass das Ausmaß der Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung auf die Verein-barkeit von Beruf und Freizeit hindeutet. Dennoch ist fraglich, wie gut die Vereinbarkeit durch diese Formulierung operationalisiert wird, da offensichtlich davon ausgegangen wird, dass die Befragten ihre Arbeitszeiten planen können. Es war jedoch keine andere, mit der Operationalisierung in den europäischen Stichproben vergleichbare Frage formuliert worden, sodass nur die beschriebene Opera-tionalisierung in BB 2006 und GA 2004 verwendet werden konnte. Die Antwortskala in BB 2006 war dreistufig und wurde in GA 2004 zu Vergleichszwecken von einer vier- auf eine dreistufige Skala umcodiert mit 1 = selten/nie, 2 = manchmal, 3 = oft/immer. Die Mittelwerte für die Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung in den deutschen Befragungen BB 2006 und GA 2004 sind in Tab. 5.4 dargestellt. Insgesamt wird die Berücksichtigung privater Interessen als gut eingeschätzt. Frauen tendieren dabei in beiden Stichproben zu einer positiveren Beurteilung, besonders wenn Kinder im Haushalt leben. Bei Männern verhält sich die Situation umgekehrt: Männer mit Kindern beurteilen die Berücksichtigung ihrer Interessen schlechter als Männer ohne Kinder. Die Unterschiede zwischen Männern und Frauen werden jedoch nur in GA 2004 signifikant (p<0,05). Effekte für die Variable „Kinder im Haushalt“ sowie die Interaktion „Geschlecht*Kinder“ werden nicht signifikant. Bei den Angaben der Frauen treten leichte Inkonsistenzen zwischen den europäischen und den deutschen Umfragen auf: In den europäischen Stichproben und ihren deutschen Teilstichproben berichten Frauen mit Kindern eine schlechtere Vereinbarkeit als Frauen ohne Kinder (siehe Tab. 5.2 und Tab. 5.3), wohingegen in BB 2006 und GA 2004 Frauen mit Kindern eine bessere Berücksichtigung ihrer Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung angeben als Frauen ohne Kinder (siehe Tab.

5.4). In weiteren Analysen soll geprüft werden, ob diese Inkonsistenzen auch in Substichproben mit Personen in gleichen Arbeitszeitbedingungen erhalten bleiben, oder ob dieser Effekt auf Konfundierungen zurückgeführt werden kann.

Tab. 5.4 Berücksichtigung privater Interessen bei der Arbeitszeitgestaltung

Um zu prüfen, in wieweit die subjektive Vereinbarkeit mit der Arbeitszufriedenheit übereinstimmt, wurden Korrelationen dieser Merkmale berechnet. Wie in Tab. 5.5 zu erkennen ist, bestehen moderate, aber substantielle Zusammenhänge zwischen der Zufriedenheit und der berichteten Vereinbarkeit, sodass diese als nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können. Da auch die Zufriedenheit nicht einheitlich über alle Stichproben abgefragt wurde, wurde in den deutschen Befragungen die Zufriedenheit mit der Arbeitszeit und in den europäischen Befragungen die Zufriedenheit mit der Arbeit insgesamt verwendet, die jedoch in vergleichbaren Zusammenhängen zur Vereinbarkeit resultieren. Aufgrund der moderaten Zusammenhänge scheint es sich bei der berichteten Vereinbarkeit jedoch nicht um eine reine Zufriedenheitsangabe zu handeln.

Tab. 5.5 Korrelationen zwischen der Arbeitszufriedenheit und der Vereinbarkeit

(*) Frage nach der Zufriedenheit mit der Arbeitszeit

(**) Frage nach der Zufriedenheit mit der Arbeit insgesamt

5.1.1 Effekte der Arbeitsdauer auf die berichtete Vereinbarkeit

Die mittlere Vereinbarkeit von beruflichen und privaten Interessen in Abhängigkeit von der wöchentlichen Arbeitszeit ist in Abb. 5.1 dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Mittelwerte der Vereinbarkeit in sehr konsistenter Weise über beide europäische Stichproben hinweg mit zunehmender Arbeitszeit absinken. Dabei ist mit steigender Arbeitszeit zunächst ein schwächerer, dann ab 40 Stunden ein stärkerer Abfall zu erkennen. In der linearen Regression auf individueller Ebene in EU 2005 (EU 15) ergibt sich für die Variable Arbeitszeit ein β = -0,234 bei einer Varianzaufklärung von 5,6 %. Die quadratische Anpassung erreicht einen etwas

besseren Fit mit R2 = 7 %. In der Befragung EU 2000 (EU 15) ergibt sich für den Einfluss der Arbeitszeit ein β = -0,241 bei R2 = 5,8 %. Auch hier erzielt die quadratische Anpassung mit R2 = 7,5 % eine vergleichsweise bessere Anpassung.

Auf Basis der Gruppenmittelwerte ergeben sich in den linearen Regressionen erwartungsgemäß weitaus größere Effektstärken mit 91,5 % in EU 2005 (EU 15) und 89,9 % in EU 2000 (EU 15).

Bei der Berechnung von zwei getrennten, d. h. diskontinierlichen Regressions-geraden für die Bereiche von unterhalb und über 40 Wochenstunden lassen sich für die wöchentliche Arbeitsdauer deutlich unterschiedliche Regressionskoeffizienten und Varianzaufklärungen in beiden Stichproben zeigen, die in Tab. 5.6 dargestellt sind. Mit Beta-Koeffizienten zwischen -0,189 und -0,280 übt die wöchentliche Arbeitszeit dabei im Bereich von ≥40 Wochenstunden einen wesentlich stärkeren Einfluss auf die berichtete Vereinbarkeit aus als im Bereich von <40 Stunden, in welchem die Arbeitsdauer Koeffizienten von -0,035 bis -0,037 erzielt. Die Unterschiede werden ebenfalls anhand der großen Differenz der Varianz-aufklärungen deutlich, die mit <1 % bei <40 Std./Woche deutlich schwächer ist als im Bereich von ≥40 Stunden mit ca. 7 %.

Tab. 5.6 Ergebnisse diskontinuierlicher Regressionen

EU 2000 (EU 15) EU 2005 (EU 15)