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5.5.1 Testfall

Der hier vorgestellte Testfall ist ein Einrichtvorgang mit einer Anfangsabweichung von "1 = 20. Die Systemparameter sowie die Parameterschätzungen, die zur Berechnung der Reglerparameter zugrunde liegen, sind in Tabelle 5.6 zusammengefasst.

Der Regler nimmt mit ϑˆ1,r = 1,1·ϑ1 einen etwas zu hohen Wert für ϑ1 an, so dass die (nominelle) Reglerverstärkung etwas zu niedrig angesetzt wird. Bezüglich des Kriechens ist dies der kritischere Fall, weshalb dieser gewählt wurde. Bezüglich der Varianz und damit dem Verbleiben im OK-Bereich wäre eine Unterschätzung vonϑ1ungünstiger, worauf an der entsprechenden Stelle hingewiesen werden wird. Auf ein weiteres, eigenes Beispiel mit unterschätztemϑ1 wird jedoch verzichtet.

Tabelle 5.6:Testfall Parameter Strecke

ϑ0 50

ϑ1 0,5

u1,N 50 nA N(0, 1)

nS N(0, 0,52)oderN(0, 1) Parameterschätzung für Regler

ϑˆ1,r 1,1·ϑ1

Startwert für Eingangsgröße u1,1=10 ⇒η1=30

Als zulässige Toleranzgrenzen für den OK-Bereich werden"OK=3und"OK=5betrachtet.

Für das Rauschen nS in der Produktionsphase werden wie in der Tabelle angegeben zwei Varianten betrachtet, die sich in ihrer Varianzσ2S=Var{nS}runterscheiden.

5.5.2 Simulationen

Von dem beschriebenen Testfall sind für jede Reglerkonfiguration 10 000 Simulationen durchgeführt worden. In Abbildung 5.29a sind die Verteilung von {η˜k}r zu den simulierten Zeitpunkten k als (ste-hende) Histogramme dargestellt. Dazu ist die Achse für η˜k in Intervalle zerlegt. Zu jedem k zeigt die Breite des Balkens an, wie groß der Anteil der Simulationen ist, in denenη˜in dem jeweiligen Intervall liegt. Dazu sind noch zwei Anmerkungen zu machen: Die Breite der Balken ist für jedes k einzeln so normiert, dass der breiteste Balken die Breite 0,9 besitzt. Außerdem ist die minimale Balkenbreite mit 0,025 festgelegt, d. h. auch kleinere Balken werden auf diesen Wert vergrößert. Somit sind auch einzelne Ausreißer bei einer sehr großen Anzahl an Simulationen sichtbar.

Im Plot vonη˜markiert die durchgezogene schwarze Linie den Sollwert vonηsoll=50und die gestrichel-ten Linien die±3- bzw.±5-Toleranzgrenze.

Beim Betrachten von Abbildung 5.29a lässt sich gut erkennen, wie zu Beginn die Streuungen größer sind als am Ende. Dies kommt daher, dass wie in Abbildung 2.4 dargestellt, zunächst das reglerrelevante RauschennAzugrunde gelegt wird, welches mit dem Beginn des Fortdrucks durch das kleinere Rauschen im FortdrucknS ersetzt wird.

In Tabelle 5.7 sind die oben beschriebenen Kennzahlen, die aus den Simulationsergebnissen ermittelt wurden, zusammengefasst. Dabei stammen die Daten der ersten Zeile aus der auch in Abbildung 5.29a dargestellten Simulation für"OK=3, während für die zweite und dritte Zeile die Varianz des Rauschens in der Produktionsphase höher angesetzt wurde, nämlich genau wie das Rauschen nA. In der dritten Zeile wurde dazu noch die Toleranzgrenze auf"OK=5erhöht.

Tabelle 5.7:Kennzahlen zur Reglerbewertung,αa=0,95, aus je 10 000 Simulationen bestimmt

"OK σS ¯nRS qRS,99% qRS,100% pOK,>2% pOK,>1% qOK,99% qOK,100%

3 0,5 1,4 2 4 4,1 % 5,5 % 14 % 93 %

3 1 1,4 2 4 34 % 51 % 29 % 77 %

5 1 1 2 2 0,1 % 0,4 % 0,5 % 10 %

5.5 Verbleiben im OK-Bereich 85

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 30

40 50

k

˜η

(a)α=0,95

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20

30 40 50

k

˜η

(b)α=αa("˜1)

Abbildung 5.29:Ergebnis von 10 000 Simulationen des Testfalls (σS=0,5,"OK=3)

Die Anzahl der Schritte, bis OK erreicht ist, hängt nicht vom RauschennS ab, so dass die beiden ersten Zeilen in Tabelle 5.7 in den entsprechend Spalten die gleichen Werte besitzen. So hat es im Schnitt 1,4 Regelschritte gedauert, bis OK erreicht wurde. In 99 % der Fälle wurden maximal zwei Schritte benötigt (qRS,99%=2) und maximal waren vier Regelschritte nötig (qRS,100%=4).

Die letzten vier Spalten beschreiben die Verteilung von {pOK}r, die für die ersten beiden Zeilen der Tabelle auch in Abbildung 5.30 dargestellt ist. Die Bedeutung von pOK sowie den darauf aufbauenden Kennzahlen wurde in Abschnitt 5.1.2 erläutert.

0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1 0

0,2 0,4 0,6 0,8 1

pOK F{pOK}r(pOK)

σS=0,5 σS=1

Abbildung 5.30:Verteilung von{pOK}rS=0,5,"OK=3, über 10 000 Simulationen bestimmt) In Abbildung 5.30 ist für die zuσS=1gehörende Verteilungsfunktion auch beispielhaft fürpOK=10 % der WertF{p

OK}r(10 %)≈0,93abgelesen, womit sichpOK,>10%=7 %ergibt. (Siehe auch Abschnitt 5.1.2.) Ein Wert von pOK ≥10%sollte als sehr schlecht angesehen werden, so dass in Tabelle 5.7 die Werte für die etwas strengeren Grenzen 1 % und 2 % angegeben sind. Es lässt sich deutlich erkennen, dass diese Zahlen für das hohe Produktionsrauschen σS = 1 deutlich schlechter sind. So werden nach 51 % der

Einrichtvorgänge mehr als 1 %OK-Teile gefertigt, während dies bei σS =0,5lediglich in ca. 5,5 % der Einrichtvorgänge der Fall ist.

Eine weitere Größe sind die Quantile qOK,x%. So sagt der Wert qOK,99% = 29 % aus, dass in 99 % der Simulationen nach Abschluss der Einrichtvorgänge maximal 29 % der produzierten Teile OK sind.

qOK,100%=77 %gibt entsprechend den schlechtesten Wert fürpOK an, der in allen 10 000 Simulationen ermittelt wurde.

Anhand der letzten Zeile in Tabelle 5.7 lässt sich erkennen, dass bei einer Toleranzgrenze von "OK =5 die Einrichtung deutlich weniger kritisch ist.

Im Weiteren wird der Fall"OK = 1und σS = 1betrachtet, da dies der kritischste Fall ist, und sich die Unterschiede der Regelkonzepte am deutlichsten zeigen.

Vergleich der Regler

In den Abbildungen 5.31a und 5.31b sind für verschiedene Regler die Verläufe der Werte fürqOK,99%bzw.

pOK,>1%über∆kOK aufgetragen. Dabei bezeichnet∆kOKdie in Abschnitt 5.1.2 auf Seite 47 beschriebene Größe.

kOK = 0 bezeichnet den Anlauf, in dem erstmals OK erreicht wurde, ∆kOK = 1 dann den darauf-folgenden Anlauf sowie ∆kOK ≥ 2 die folgenden Nachführungen in der Produktionsphase, d. h. ohne neuen Anlauf. Wird davon ausgegangen, dass die Maschine jedes Mal angehalten wird, bevor OK gemes-sen wurde, dann ist∆kOK =1 der erste relevante Wert.∆kOK =0 wäre nur dann ein sinnvoller Wert, wenn die Maschine grundsätzlich zur Messung nicht angehalten wird bzw. der Bediener vorausgesehen hat, dass mit diesem Schritt OK erreicht wird und die Maschine durchlaufen ließ.

1 3 5 7 9 11 13 15 0 %

20 % 40 % 60 % 80 %

kOK qOK,99%

ˆ

α=1

ˆ

α=0,95

α=αa("˜k) α=αa("˜k) Filter M=5

(a)α=0,95

1 3 5 7 9 11 13 15 0 %

20 % 40 % 60 % 80 %

kOK pOK,>1%

(b)α=αa("˜1)

Abbildung 5.31:Vergleich der verschiedenen Regler (σS = 0,5, "OK = 3, über 10 000 Simulationen be-stimmt)

Betrachtet man zunächst die Regler mit fester Verstärkungα, so fällt auf, dass diese Regler bei beiden Kenngrößen schon bei∆kOK=1(ungefähr) ihren letztlichen Endwert erreichen. Diese Endwerte liegen für beide Regler mit festemαdeutlich über denen der übrigen dargestellten Regler, wobei der Regler mit αˆ=0,95ein wenig besser als der Regler mitαˆ=1abschneidet.

Mitαˆ=1ergibt sich durch den angenommenen Fehler inϑˆ1 ein wahresαvon 0,91. Daraus ergibt sich für k→ ∞ einVar{"}r von ca. 0,835 (Gl. (5.28)), woraus sich nach dem auf Seite 49 in der Fußnote beschriebenen Vorgehen ungefähr 20 % als untere Grenze fürqOK,99%berechnen lässt, was sich mit den Ergebnissen in Abbildung 5.31a deckt.

5.5 Verbleiben im OK-Bereich 87

Wäreαˆ=α=1, so würde diese untere Grenze bei 35 % liegen. Wäre dagegenϑˆ1,r=0,9·ϑ1, so ergäbe sich mitαˆ =1überα=1,1zunächst Var{"}r =1,22 und damit 56 % als untere Grenze vonqOK,99%! Bezüglich dieser Werte ist, wie bei der Beschreibung des Testfalls in Abschnitt 5.5.1 schon erwähnt, ein zu niedrig geschätztesθ1 und damit ein zu hohesαdeutlich kritischer.

Dieses Verhalten der festeingestellten Regler spiegelt sich auch in Abbildung 5.14b wider. Fürα =0,9 ist der MSE fürk=2relativ hoch, aber ab k=3ist kaum ein Unterschied zum Grenzwert des MSE für k→ ∞auszumachen. In der Hälfte der Simulationen ist mitk=2auch der OK-Bereich schon erreicht, so dass der hohe Wert des MSE beik=2die hohen – und damit schlechten – Werte der GrößenqOK,99%und pOK,>1% für∆kOK =0erklärt. Ab den nächsten Regelschritten ist der MSE beiα=0,9näherungsweise konstant, und so ändern sich auch qOK,99% und pOK,>1% nicht mehr, wenn man noch Nachführungen durchführt.

Für αˆ = 0,95 ergibt sich α = 0,86. Damit lässt sich in Abbildung 5.14b erkennen, dass hier auch bei k=3der MSE ein Stück von seinem Endwert entfernt ist. Entsprechend verbessern sich die Kenngrößen bei der ersten Nachführung (∆kOK=2) noch etwas, um dann konstant zu bleiben.

Bei∆kOK =1sind der Regler mit Filter sowie der erweiterte abweichungsabhängige Regler αa("˜k) un-gefähr gleich gut wie der Regler mit αˆ =1, verbessern sich aber bis ca. ∆kOK =8stetig und erreichen deutlich bessere Werte fürqOK,99%und pOK,>1%.

Der abweichungsabhängige Reglerαa("˜k)ohne die erweiterte Logik erreicht bei vielen Nachführungen letztlich auch die Werte des erweiterten Reglers αa("˜k), jedoch ist er bei ∆kOK =2 und 3 (fürqOK,99%) bzw. ∆kOK = 2, . . . , 7 (für pOK,>1%) zum Teil deutlich schlechter als der erweiterte Regler. Dies liegt an dem Kriechen, welches auch in Abbildung 5.29b deutlich zu sehen ist. In Abbildung 5.27a zeigt sich dieses Verhalten im nur langsamen Abbau des MSE bei1/κθ=0,91. Bei der erweiterten Variante existiert dies nicht, wie in Abbildung 5.28b zu sehen ist, was sich auch durch die Simulationsergebnisse bestätigt.

5.5.3 Fazit

Zunächst kann festgehalten werden, dass sich die Wahl des MSE als Gütekriterium bestätigt hat. Es hat sich darüber hinaus gezeigt, dass sich schon kleine Unterschiede beim MSE deutlich auf die Verteilung von{pOK}r auswirken können, wenn knappe Anforderungen an die Toleranz"OK gestellt sind.

Wenn sich die Anforderungen ohne Nachführungen, d. h. ∆kOK = 1, erfüllen lassen, dann bringt ein Regler mit Filter oder abweichungsabhängiger Verstärkung bezüglich der Anforderungen keinen Vorteil gegenüber einem Regler mit festem α, jedoch würde sich auch in diesem Fall die Varianz von {"k}r

über die weiteren Nachführungen verringern, was sich auch in kleineren Stellgrößenänderungen nieder-schlägt.

Können die Anforderungen nicht mit einem festeingestellten Regler erreicht werden, so ist ein Regler mit abweichungsabhängiger Reglerverstärkung oder ein Filter zu verwenden. Dabei sind dann aber auch immer zwingend Nachführungen nötig.

Ist abzusehen, dass die Maschine mit dem folgenden Regelschritt den OK-Bereich erreicht und lässt man diese daher durchlaufen, so hat das Beispiel gezeigt, dass dann (bei∆kOK=0) das Verbleiben im OK-Bereich deutlich schlechter ausgeprägt sein kann.