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2. Literatur

2.5 Untersuchungen anhand von Umfragen

Daten, die im Rahmen von Studien erhoben werden, können grundsätzlich aus verschiedenen Quellen stammen. Neben klinischen und Laboruntersuchungen sind Fragebögen als Datenquelle ein verbreitetes und gebräuchliches Mittel in der Veterinärepidemiologie (THRUSFIELD 1999; STEGE et al. 2001; OVELHEY 2005;

D'ALLAIRE et al. 2008). In der empirischen Sozialforschung gehören Befragungen zu den am häufigsten verwendeten Mitteln zur Erhebung von Datenmaterial (FRIEDRICHS 1980). Aus diesem Grund wurde auch Literatur aus dem Fachbereich der empirischen Sozialforschung recherchiert.

Bei der Untersuchungsplanung eines empirischen Forschungsprojektes lassen sich folgende Phasen unterscheiden (SEIPEL u. RIEKER 2003):

1. Die Entwicklung und/ oder präzise Formulierung einer Forschungsfrage 2. Die Festlegung des Forschungsdesigns

3. Die Wahl und Entwicklung von Datenerhebungsinstrumenten 4. Die Auswahl von Untersuchungseinheiten (Sampling)

5. Die Datenerhebung 6. Die Datenanalyse

7. Die Darstellung und Interpretation der Forschungsergebnisse.

2.5.1 Die Befragung als Datenerhebungsinstrument

Im Allgemeinen unterscheidet man methodisch die standardisierte Befragung anhand eines Fragebogens von teilstandardisierten oder nicht standardisierten Befragungen.

Literatur

Leitfadens in Einzelgesprächen oder Gruppendiskussionen führen; die Befragten kommen möglichst frei zu Wort und der Gesprächsverlauf ergibt sich flexibel. Im folgenden Abschnitt wird näher auf die standardisierte Befragung eingegangen.

Dabei ist es ist zunächst unerheblich, ob die Befragung persönlich, telefonisch oder schriftlich durchgeführt wird. Durch einen vorgegebenen Fragebogen wird die Datenerhebung in hohem Maße standardisiert, da allen Untersuchungsteilnehmern die gleichen Fragen und Antwortvorgaben in der gleichen Reihenfolge mit identischen Erläuterungen vorgegeben werden. Dieses Vorgehen erhöht die Vergleichbarkeit der Antworten (SEIPEL u. RIEKER 2003). Durch einen hohen Grad an Standardisierung (gleiche Formulierung und gleiche Reihenfolge der Fragen für alle befragten Personen) sollen die Gütekriterien einer Messung erfüllt werden. Als Gütekriterien werden in der quantitativen Sozialforschung die Kriterien Objektivität, Reliabilität (Zuverlässigkeit) und Validität (Gültigkeit) bezeichnet (SEIPEL u. RIEKER 2003). Eine hohe Objektivität wird durch die Standardisierung der Messinstrumente erreicht und bedeutet, dass unabhängig von den Personen, die ein Messverfahren anwenden, bei einem Test oder Experiment die gleichen Ergebnisse auftreten. Die Reliabilität oder auch Zuverlässigkeit einer Messung ist das Ausmaß, in dem wiederholte Messungen eines Objektes mit einem Messinstrument die gleichen Werte liefern. Ein Messinstrument ist um so reliabler, je weniger zufällige Messfehler vorhanden sind. Die Validität oder auch Gültigkeit eines Messinstrumentes ist das Ausmaß, in dem das Messinstrument tatsächlich das misst, was es messen sollte.

Nach SEIPEL u. RIEKER (2003) müssen diese Kriterien für jede Untersuchung überprüft werden, um die Qualität eines Forschungsvorhabens bewerten zu können.

Ohne Gütekriterien kann nach Meinung der Autoren einer wissenschaftlichen Darstellung Qualität und Glaubwürdigkeit nur willkürlich zugesprochen werden.

Wichtig ist hervorzuheben, dass die Begriffe Validität und Validierung nicht gleichzusetzen sind. Unter der Validierung einer Methode wird der formelle und dokumentierte Nachweis, dass eine analytische Methode für ihren Einsatzzweck geeignet ist und die an sie gestellten Anforderungen erfüllt, verstanden. Diesem Zweck dient beispielsweise der Vorabtest (Pretest).

Literatur

2.5.2 Die Planung eines Fragebogens

Die Vorbereitung standardisierter Interviews beinhaltet die Entwicklung eines strukturierten Fragebogens. Das bedeutet, dass Fragen und Antwortalternativen ausformuliert und in einer durchdachten Reihenfolge angeordnet werden müssen.

Fragen können in offener, halboffener und geschlossener Form formuliert werden CAMERON et al. (2004). Offene Fragen (ohne Antwortvorgaben), eignen sich dabei besser zur Erfassung neuer Aspekte und sind weniger durch Vorannahmen geprägt.

Ihre Auswertung ist allerdings sehr aufwändig. Geschlossene Frageformulierungen implizieren dagegen starre Antwortvorgaben und können den Befragten so in seinen Antwortmöglichkeiten beschränken. Insgesamt eignen sich geschlossene Fragen zur Erhebung klar definierter und begrenzter Sachverhalte sowie zur Prüfung von Hypothesen, während offene Formulierungen auf die Exploration von Motiven und Hintergründen abzielen. Ein großes Risiko offener Fragestellungen ist, dass Positionen so komplex und widersprüchlich sein können, dass sie als Antwort in einer standardisierten Befragung nicht praktikabel und auswertbar sind (SEIPEL u.

RIEKER 2003).

Bei dem Entwurf geschlossener Fragestellungen sollte folgendes bedacht werden:

Die Vorgabe von Antwortmöglichkeiten setzt ein gesichertes Wissen über den Forschungsgegenstand voraus, um das Spektrum aller möglichen Antworten abdecken zu können. Um die Gefahr einer Verzerrung zu verringern, sind positive und negative Antwortmöglichkeiten in ein ausgeglichenes Verhältnis zueinander zu setzen. Beschrieben wird außerdem die „Problematik der mittleren Antwort“: Die Wahl der mittleren Antwort auf einer mehrstufigen Antwortskala mit ungerader Kategorienzahl ist nicht eindeutig zu interpretieren: Im günstigsten Fall bedeutet sie tatsächlich die mittlere Antwortposition, sie kann aber auch eine „weiß nicht“ Antwort, Bequemlichkeit des Befragten oder Protest und Unmut ausdrücken. Aus diesem Grund wird empfohlen eine mittlere Kategorie zu umgehen, indem nur positive und negative Antwortmöglichkeiten vorgegeben werden (ANONYM 2008). STEGE et al.

(2001) zeigten in ihrer Studie, dass es sinnvoll sein kann verschiedene Fragen zu demselben Thema zu stellen, um durch Vergleich der Antworten diese zu verifizieren

Literatur

Die Fragen sollten insbesondere für Telefoninterviews kurz, einfach und präzise formuliert werden (CAMERON et al. 2004). Wichtig ist zudem die Vermeidung von Interpretationsspielräumen in einer Fragestellung; das heißt, die Bedeutung einer Frage muss von allen Beteiligten gleich verstanden werden. Neben Zweideutigkeiten kann auch das Stilmittel der doppelten Verneinung zu Missverständnissen führen.

Suggestive Formulierungen wie beispielsweise die Fragestellung: „Belegen sie Ihre Buchten etwa kontinuierlich? “, verstärken die Tendenz im Sinne anerkannter Werte zu antworten und sollten deshalb vermieden werden. Dem Befragten darf nicht das Gefühl vermittelt werden, dass es gute und schlechte Antworten gibt. Grundsätzlich soll die Sprache der Befragten verwendet werden und Fachtermini nur bei zu erwartendem Vorwissen eingesetzt werden.

Bezüglich der Anordnung der Fragen empfehlen SEIPEL u. RIEKER (2003) vom Allgemeinen zum Detail vorzugehen und die Fragen nach Themengebieten anzuordnen. Der Einbau von Filterfragen und Gabelungen löst die Einheit der Befragungssituation auf und kann, durch Verkleinerung der Grundgesamtheit, die spätere Auswertung erschweren.

Nach Erstellung des Fragebogens werden die Antworten in Codes transformiert, das bedeutet, dass qualitativen Merkmalen Zahlen zugeordnet werden. Die Kodierungen werden in einem Codebuch dokumentiert.

2.5.3 Die Durchführung des Interviews

Ist der Fragebogen entworfen, gibt es auch für die Durchführung der Befragung Empfehlungen: Zu Gesprächsbeginn stellt der Interviewer die eigene Person und die Studie kurz vor und erläutert die Rolle des Interviewten und dessen möglichen Nutzen aus der Befragung. Fragen zum Datenschutz können zu diesem Zeitpunkt des Gespräches beantwortet werden. Von Vorteil ist es, wenn zu Beginn des Gesprächs mit Hilfe einer Frage, die den Befragten unmittelbar interessiert oder die ein Problem für ihn darstellt, der so genannten „Eisbrecherfrage“, ein Vertrauensklima geschaffen werden kann. In der konkreten Interviewsituation selbst bemüht sich der Fragende angemessen langsam und laut zu sprechen und den Befragten auch bei Irrelevanz des Erzählten möglichst nicht zu unterbrechen.

Literatur

Insbesondere wenn offene Fragen integriert sind, ist es möglich, eine Gesprächssituation herzustellen und durch den Einbau neutraler Fragen, wie

„Können Sie das näher erklären? Was meinen Sie genau?“, Interesse zu zeigen.

Falls das Wiederholen einzelner Fragen notwendig ist, sollten Formulierungen möglichst nicht geändert und keinesfalls Interpretationen ausgesprochen werden.

Andernfalls könnte so die Vergleichbarkeit der Interviewsituation verringert werden, im ungünstigsten Fall gäbe der Interviewende seine neutrale Position auf.

Im Anschluss an das Gespräch empfiehlt es sich, die Aufzeichnungen zeitnah zu beenden und mögliche Anmerkungen oder Anekdoten, die ein späteres Erinnern an die konkrete Gesprächssituation erleichtern können, sofort zu notieren (ANONYM 2009g).

2.5.4 Der Pretest

Vor Beginn der Untersuchung wird der Fragebogen an nicht involvierten Personen getestet, um über die Abschätzung von Mängeln und die Überprüfung der Verständlichkeit die Erhebungsinstrumente zu optimieren (THRUSFIELD 1999;

SEIPEL u. RIEKER 2003). Dieser Pretest sollte an einem der späteren Studienpopulation ähnlichen Kollektiv durchgeführt werden und nicht in die eigentliche Untersuchung aufgenommen werden (ATTESLANDER 2003). Es wird insbesondere überprüft, ob der Einstieg in das Gespräch gelingt, Wortwahl und Sprache verständlich sind, vorgenommene Kategorien trennscharf und sinnvoll sind, sowie, ob Reihenfolge und Länge der Fragen und Gesamtlänge des Interviews passend sind. Für den Interviewer selbst ist entscheidend, ob der Fragebogen während des Gesprächs gut auszufüllen ist. Während dieses Validierungsprozesses ist die sorgfältige Dokumentation von Änderungen am Probefragebogen unerlässlich.

Zudem sollte bei jeder einzelnen Frage noch einmal geprüft werden, inwieweit diese wirklich von essentieller Relevanz für die Untersuchung ist (SEIPEL u. RIEKER 2003). Bezüglich der Anzahl Untersuchungseinheiten, an denen ein vorläufiger Fragebogen getestet werden sollte, konnten keine definitiven Empfehlungen recherchiert werden. Für CAMERON et al. (2004) ist die Anzahl der Untersuchungseinheiten im pretest jeweils vom Umfang der Studie abhängig.

Literatur

2.5.5 Die telefonische Befragung

Telefoninterviews, als Sonderform der mündlichen standardisierten Befragung, dauern in der Regel zwischen 10 und 30 Minuten, in Einzelfällen bis zu 90 Minuten (SEIPEL u. RIEKER 2003). Laut SEIPEL und RIEKER (2003) wird die Qualität der Daten, die auf Telefoninterviews beruhen, nicht geringer veranschlagt, als die, die auf persönliche Interviews zurückgehen. Als Vorzug telefonischer Interviews im Vergleich zu persönlichen Befragungen werden ein geringerer (Zeit-) Aufwand und geringere Kosten angegeben. Außerdem beurteilen SEIPEL und RIEKER (2003) die Beeinflussung des Befragten durch den Interviewer wegen der anonymeren und unpersönlicheren Befragungssituation als geringer. Die Zuverlässigkeit und Wahrheitstreue der Antworten, insbesondere bei heiklen Themen, wird als höher bewertet. Im Umkehrschluss besteht die Tendenz im Sinne anerkannter Werte und Vorgaben zu antworten, da die Aussagen (etwa zur Häufigkeit von Reinigung und Desinfektion von Stallanlagen) nicht überprüft werden (können). Wie auch beim persönlichen Interview besteht bei der telefonischen Befragung das Risiko, dass der Interviewer durch die Art der Fragestellung Antworten generiert, die er erwartet oder hören möchte (Interviewer-Bias) (OVELHEY 2005). Als nachteilig wird außerdem das am Telefon geringere zur Verfügung stehende Spektrum kommunikativer Möglichkeiten gewertet: Nonverbale Reaktionen (Mimik, Gestik) und Ermutigungen, wie sie bei persönlichen Begegnungen vorkommen, spielen keine Rolle (SEIPEL u.

RIEKER 2003). Gegenüber schriftlichen und persönlich durchgeführten Umfragen kann man sich bei telefonischen Befragungen nur auf einfachere Fragestellungen beschränken und muss das Gesamtgespräch zeitlich kürzer fassen (ANONYM 2009c).

Als übliche Rücklaufquoten bei telefonischen Befragungen werden 60 bis 80 % angegeben. Im Vergleich zu der schriftlichen (18 bis 40%) und der persönlichen Befragung (80 bis100%) liegt diese Quote damit im Mittelfeld (ANONYM 2009e). Die Tatsache, dass eine gewisse Anzahl von Untersuchungseinheiten nicht teilnimmt (Non-Response), kann zu Verzerrungen führen, da diese sich hinsichtlich bestimmter untersuchter Parameter von anderen unterscheiden können (THRUSFIELD 1994;

SEIPEL u. RIEKER 2003).

Literatur

Unabhängig von der Form der Befragung (schriftlich, telefonisch, persönlich) hat ein hoher Grad an Standardisierung bei der Anwendung eines strukturierten Fragebogens immer den Nachteil, dass sich keine systematischen Informationen erzielen lassen, die jenseits der vom Forscher vorgegebenen Antwortvorgaben liegen. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die Auswertung offener und teiloffener Fragen innerhalb eines standardisierten Interviews einen erhöhten Aufwand erfordert, da die einzelnen Äußerungen im Nachhinein kodiert und Auswertungskategorien entwickelt werden müssen.

2.5.6 Überprüfung erhobener Daten

Nach der Kodierung und Übertragung der Daten in eine Datenbank ist es unerlässlich diese vor der Auswertung zu verifizieren. Dazu werden die manuell eingegebenen Daten noch einmal mit den Originaldaten verglichen und auf missing values respektive nichtmögliche Werte hin überprüft. Die Kodierung der missing values sollte mit Zahlenwerten erfolgen, die ansonsten nicht in den Daten auftreten (CAMERON et al. 2004). Falls Ausreißer nicht anhand der Originalwerte korrigiert werden können, sollten sie als missing values aufgeführt werden. Auch mit Hilfe einer ersten Häufigkeitsbeschreibung oder Zusammenfassung der Daten können diese auf Inkonsistenzen und Implausibilitäten hin überprüft werden.

Material und Methoden

3. Material und Methoden