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6.2 Inhaltliche Implikationen der Vergleichsergebnisse

6.2.2 Unterschiedliche Konfrontation von Eltern und Erziehern mit Sonnen-

Es existieren, wie durch die Datenanalyse gezeigt werden konnte, Unterschiede im Wis-sensstand der befragten Eltern und Erzieher bezüglich des Sonnenschutzes. In einigen Bereichen schneiden dabei die Erzieher besser ab, in anderen die Eltern. Während die Erziehergruppe im Erkennen einzelner Hautkrebsrisikofaktoren und bei den Fragen zu Sonnencremeverwendung und sonstigen Wissens-Items besser informiert zu sein schien, erkannte die Elterngruppe Falschaussagen zu Hautkrebsrisikofaktoren zuverlässiger und schnitt besser beim Thema UV-Index ab. Einschränkend ergibt sich für die Wissensan-gaben zum UV-Index, dass die AnWissensan-gaben der Eltern im Gegensatz zu denen der Erzieher in der Interviewsituation, nicht überprüft werden können.

Insgesamt erreicht die Erziehergruppe im Gesamtwissens-Score das höhere Ergebnis.

Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Gruppe der Erzieher über mehr Sonnen-schutzwissen verfügt. Inwieweit diese Aussage aus der Datenlage abgeleitet werden kann, soll im Folgenden diskutiert werden.

Als möglichen Erklärungsansatz für die Wissensdifferenz kann die unterschiedliche Kon-frontation von Eltern und Erziehern mit Informationen zu Sonnenschutz angeführt wer-den. Dabei läge ein eventueller Wissensvorsprung der Erzieher in einem größeren Lern-effekt, beispielsweise durch Wiederholung zugrunde.

Zunächst ist dabei anzumerken, dass es eine gewisse Schnittmenge zwischen Eltern und Erziehern gibt, da einige der Erzieher und Erzieherinnen auch Eltern sind und sich Infor-mationskampagnen aller Art auch an sie in ihrer Rolle als Eltern richten und gerichtet haben. Damit wären sie automatisch mehrfach denselben Informationen ausgesetzt, ein-mal als Eltern und dann auch in ihrer erzieherischen Tätigkeit im Kindergarten. Auch dort werden sie zum Ziel von Informationskampagnen zu Sonnenschutz. Damit, dass die mehrfache Informationsgabe einen stärkeren Lerneffekt erzielt haben könnte, wäre ein Wissensvorsprung der Erzieher erklärbar.

Außerdem dürften sie, im Rahmen ihrer Kindergartentätigkeit nicht nur passiv zum Ad-ressaten von Informationen geworden sein, sondern in ihrer Arbeit auch immer wieder aktive Informanten der Eltern. Und zwar, wenn, wie es in vielen Fällen in der

tenbefragung erwähnt wurde, die Kinder mit Sonnencreme eingecremt in den Kindergar-ten gebracht werden sollen. Jedes neue Elternteil wäre auf die gelKindergar-tenden Bestimmungen hinzuweisen. Schon allein durch diese Wiederholung sollten Erzieher für das Thema Son-nenschutz bei Kindern sensibilisiert sein. Auch ist es wohl von Bedeutung, dass die Er-zieher in der Rolle eines Proklamators von Sonnenschutzmaßnahmen selbst aktiv Wissen vermitteln. Es ist denkbar, dass aktiv vertretenes und rein passives Wissen unterschiedlich prozessiert wird.

Zwar ist eine gewisse Achtsamkeit beim Thema ist noch kein Garant für ein besseres Sonnenschutzwissen, wohl aber indiziert es, dass Erzieher geltende Regeln kennen. Nicht unbedingt lernten sie deren theoretische Begründung, aber wahrscheinlich deren konkrete Ausgestaltung geltender Vorgaben recht genau kennen, zumindest für den Kindergarten, in dem sie arbeiten. Insgesamt unterscheiden sich die Sonnenschutzvorgaben nicht in den wesentlichsten Punkten:

So wird etwa Sonnencremeanwendung in den meisten Kindergärten als hauptsächliche tatsächliche Schutzmaßnahme in den Kindergärten durch die befragten Erzieher angege-ben. Die meisten Kindergärten machen den Eltern, laut dieser Angaben die Vorgabe, die Kinder eingecremt in den Kindergarten zu bringen, oder eine eigene Sonnencreme für das Kind mitzugeben.

Diese Beobachtung passt zu dem großen Vertrauen in die Sonnenschutzwirkung von Son-nencreme in beiden Gruppen. Über 90% beider Gruppen stimmten der Aussage, dass Sonnencreme die wichtigste Sonnenschutzmaßnahme darstelle, zu. In der Gruppe der El-tern findet sich eine größere Streuung der Ergebnisse, aber auch eine höhere Quote derer, die der Aussage unumschränkt zustimmten. Da die Eltern sich, den Regularien der Kin-dergärten folgend, die in den meisten KinKin-dergärten die Benutzung von Sonnencreme als Schlüsselpunkt zu betrachten scheinen, wohl vor allem mit dieser Form des Sonnenschut-zes konfrontiert sehen, könnte bei ihnen der Fokus auf die Anwendung verschoben wor-den sein. Dies setzt voraus, dass wor-den Eltern der Befragung von anderer Seite wenig Infor-mation bezüglich Möglichkeiten des Sonnenschutzes herangetragen wird und sie im All-tag wenig alternative Sonnenschutzprodukte kennen lernen. Bei den Eltern könnte durch die internen, eher einseitigen Vorgaben, der Fokus also stärker auf Sonnencreme als hauptsächlichem Schutzmittel liegen. Die Erzieher sind den internen Vorgaben zwar in selbem Maße ausgesetzt, erhalten durch Werbung und Informationskampagnen von an-derer Seite allerdings womöglich berufsbedingt größere Informationsmengen, sodass Sonnencreme in ihrer Wahrnehmung relativ weniger präsent ist. Auch nachfragen und Aufklärung der Eltern im Kindergarten könnte hierbei eine Rolle spielen, auch im

Hin-blick auf die Rolle unterschiedlicher Formen von Wissen, die im Verlauf noch näher be-trachtet werden wird. Grundsätzlich besteht in beiden Gruppen großes Vertrauen in die Schutzwirkung von Sonnencreme, jedoch wird deren Wirksamkeit durch die Erzieher kritisch eingeschätzt als durch die Eltern. Einschränkend muss an dieser Stelle auf die stark unterschiedliche Gruppengröße verwiesen werden. Diese kann das gesamte Ergeb-nisbild verzerrt haben. Obwohl ein signifikanter Unterscheid festgestellt werden konnte, ist dies möglicherweise auf Verzerrungseffekte, beziehungsweise eine mit n = 190 ge-ringe Größe der Erzieherkohorte zurückzuführen (Größe der Elterngruppe n = 3220).

Grundsätzlich scheint es begrüßenswert, wenn eine kritische Haltung gegenüber Sonnen-creme als wichtigstes – vor allem aber als alleiniges – Sonnenschutzmittel besteht, da einige Aspekte korrekten Sonnenschutzes, wie etwa der Schutz der Augen, hierbei ver-nachlässigt zu werden drohen.

Ferner zeigt sich gleich zu Beginn der Datenauswertung, wie im Ergebnisteil der Erzie-herdatenauswertung geschildert, dass Vorgaben zum Thema Sonnenschutz einen positi-ven Effekt auf das Antwortverhalten der befragten Erzieher bei der Frage, ob gebräunte Haut gesunde Haut sei, hat. Die befragten Erzieher, denen externe Vorgaben, an sie selbst oder die Eltern (schriftliche Vorgaben an die Eltern), an die Hand gegeben worden waren wiesen für dieses Wissens-Item besseres Sonnenschutzwissen auf als ihre Kollegen ohne derartige Vorgaben. Auch dies stützt die Ausführungen oberhalb und weist auf einen Zu-sammenhang zwischen Sonnenschutzwissen und wiederholter Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex. Speziell der Zusammenhang zwischen „gebräunte Haut ist ge-sunde Haut“ und der Existenz schriftlicher Vorgaben an die Eltern weist darauf, dass sich eine wiederholte Beschäftigung mit einem gewissen Set an Information günstig auf Wis-sen auswirkt. Hierbei wird angenommen, dass eine Weitergabe von Information an El-tern, womöglich auch mit Rückfragen dieser, einen positiven Einfluss auf Wissen hat.

Ein Problem der Wissensauswertung ist, dass der Wissenseindruck nur einen Teil der Realität abbildet, vor allem dadurch, dass natürlich nur die Fragen und Gebiete, die im Fragebogen abgefragt werden, überhaupt in die Auswertung eingehen. Es erscheint sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, in einer prägnanten Umfrage alle Aspekte eines The-mas ausreichend abzufragen. So darf davon ausgegangen werden, dass Einiges, das das Gesamtbild stimmiger machen würde, nicht erfasst wurde. Auch die Fragebogenersteller verfügen über Erwartungshaltungen und werden diese womöglich unbewusst in der Fra-gebogengestaltung eine Rolle spielen lassen. So ist etwa Sonnencreme als Schutzmaß-nahme, mit zwei Fragen und mehreren Aussagen, deutlich stärker repräsentiert als Son-nenschutzkleidung. Das erscheint dem Leser womöglich gerechtfertigt, da Sonnencreme eine weitaus häufiger genutzte Sonnenschutzmaßnahme ist als Sonnenschutzkleidung.

Obwohl dies zutrifft, ist es für die Auswertung der Daten wichtig zu bedenken, dass eben Wissen zu Sonnencreme eine deutlich größere Rolle in der Fragebogengestaltung spielt als Sonnenschutzkleidung. Denn die vorgestellten Scores berücksichtigen damit Sonnen-cremewissen mehr als das zu anderen Sonnenschutzarten. Wenn eine Gruppe hierbei deutlich solideres Gesamtwissen über Sonnencreme zeigt, so wird dies zu einer Verzer-rung der Gesamtscores führen. Möglicherweise können derartige Effekte dadurch anta-gonisiert werden, dass in anderen Wissensbereichen ebenso Ungleichgewichte bestehen.

Die Validität von Scores wird durch die einzelnen Verzerrungseffekte aber in Frage ge-stellt.

Für die abgeprüften Inhalte war das Wissen der Erzieher größer als das der Eltern. Bis auf den Score aus den falschen Hautkrebsrisikofaktoren schnitt die Gruppe der Erzieher besser ab als die der Eltern. Aus den oben ausgeführten Überlegungen heraus erlaubt das jedoch keinen zweifelsfreien Rückschluss auf das tatsächliche Sonnenschutz-Gesamtwis-sen der beiden Gruppen.