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6.2 Inhaltliche Implikationen der Vergleichsergebnisse

6.2.5 Diskussion zusätzlicher Einflussfaktoren auf den Wissensstand

6.2.5.3 Bedeutung von Erfahrung

6.2.5.3.3 Unterschiede in Subgruppen

Es zeigt sich für die Variablen „Helle Hautfarbe, helle Haarfarbe“, „Kurze, intensive Son-neneinstrahlung“, „Lange, intensive SonSon-neneinstrahlung“, „Anzahl Muttermale“, „An-zahl Sonnenbäder gesamt“, „An„An-zahl Sonnenbrände im Kindesalter“, „Allergien“, „Luft-verschmutzung“ und „Ernährung“ eine hohe Erklärbarkeit der jeweiligen Varianz durch die Varianz der Variablen „Prozent Sprachbarriere“, „Prozent Migration“ und „Prozent aller vom Jugendamt bezuschusster Elternhäuser“. Wie bereits unter „Auswertung mit unangepassten Variablen“ angemerkt, zeigen sich für die Variable „Prozent Migration“

hohe Korrelationswerte für Cramers V für die Kreuzung mit „Helle Hautfarbe, helle Haar-farbe“, „Steigende Luftverschmutzung“ und „Ernährung“. Auch wenn diese drei Zusam-menhänge auf einem Signifikanzniveau von α = 0,05 nicht signifikant werden, sollen sie an dieser Stelle Erwähnung finden, da sie auf Effekte weisen, die sich auch in der Aus-wertung mit η zeigten. Insgesamt wäre es denkbar, dass die drei Zusammenhänge bei größeren Stichproben signifikant werden.

Die vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass möglicherweise alle angegebenen mög-lichen Hautkrebsrisikofaktoren häufiger bei besonders hoher oder niedriger Sprachbarri-ere, Migrantenanteil oder mehr oder weniger vom Jugendamt bezuschussten Familien ausgewählt wurden. Damit stellt sich an dieser Stelle die Frage, inwieweit tatsächlich eine erhöhte Ja-Sage-Tendenz bei jeweils hohen oder niedrigen Prozentwerten der Sprachbar-riere, des Migrantenkinderanteils und bezuschusster Familien zu erwarten ist. Nachfol-gende Überlegungen dienen daher vor allem dazu, mögliche Zusammenhänge auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen.

Im Ergebnisteil gibt die Tabelle zu metrisch skalierten Prozentwertvariablen für mehrere Kreuzungspaare den Korrelationskoeffizienten η an. Hohe Werte für η weisen darauf hin, dass die Ausprägung der abhängigen Variablen eines Kreuzungspaares zu großen Teilen durch eine einzelne unabhängige Variable erklärt werden kann. Da η jedoch eine rich-tungslose Größe ist, können allein auf der Grundlage eines verhältnismäßig großen η keine Aussagen zu Korrelationen getroffen werden. Es stellt sich die Frage, in welche Richtung ein möglicher Zusammenhang weist. Ein mögliches Tool zur näheren Untersu-chung der Richtung von statistischen Zusammenhängen ist die Trendanalyse innerhalb einer Kreuzungstabelle. So wurde, um eine Aussage zu Trends innerhalb der relativ gro-ßen, da metrische Größen einbeziehenden Kreuztabelle treffen zu können, eine lineare

Regressionsanalyse durchgeführt. Hierfür war eine Dichotomisierung der metrischen Prozent-Variablen vonnöten, was durch eine Aufteilung in zwei Gruppen, eine mit Wer-ten größer und eine mit WerWer-ten kleiner dem Median (6,06), erreicht werden konnte. Nach dieser Anpassung konnten, wie für die lineare Regressionsanalyse gefordert, eine dicho-tome und eine ordinale Variable auf Zusammenhänge und Trends getestet werden. Ordi-nale Variable war hierbei ein Score aus der Summe aller zur Auswahl stehenden Risiko-faktoren, der umso höhere Werte annimmt, je mehr die Befragten den einzelnen Katego-rien zustimmen.

In absoluten Zahlen weist die Gruppe der Kindergärten, die einen besonders niedrigen Prozentsatz an Sprachbarrieren, Migranten und bezuschussten Elternhäusern angibt, die meisten und im Falle der vom Jugendamt bezuschussten Familien, als einzige nur Fälle auf, in denen alle Antwortmöglichkeiten zu Hautkrebsrisikofaktoren ausgewählt wurden.

Dies lässt sich jedoch damit begründen, dass diese auch die größte Gruppenstärke besit-zen. Die Kindergartenleitungen in Einrichtungen mit größeren Anteilen an Sprachbarri-ere-Betroffenen, Migranten oder bezuschussten Familien bejahten zwar relativ öfter alle Aussagen, dies wurde allerdings in den Untersuchungen, wie oben gezeigt, nicht signifi-kant.

Als höchst signifikant ist der Zusammenhang zwischen vom Jugendamt bezuschussten Elternhäusern sowohl mit dem Migrantenanteil als auch mit der erwarteten Sprachbarri-ere zu bezeichnen. Für beide Zusammenhänge liegen p-Werte << α vor und es ergeben sich mittlere bis hohe Korrelationswerte. Für den Zusammenhang „Prozent der vom Ju-gendamt bezuschussten Elternhäuser“ mit „Prozent Migration“ ergibt sich V zu 0,661, was einem hohen Maß an Korrelation entspricht.

Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Betrachtung des Zusammenhangs zwischen „Pro-zent Sprachbarriere“ und „Pro„Pro-zent Migration“. Da es sich bei den betrachteten Variablen um die abhängigen Variablen obiger Betrachtung handelt, scheint der Begriff „Kollinea-rität“ nicht angebracht. Relevant sind die gefundenen signifikanten Zusammenhänge al-lerdings insofern, dass sie erklären mögen, warum die Analyseergebnisse der drei abhän-gigen Variablen zumindest ähnlich lauten.

An dieser Stelle sei nochmals auf mögliche Kollinearitäten der untersuchten Variablen hingewiesen. Kollinearität ist üblicherweise ein Begriff, welcher beschreibt, dass die un-abhängigen, erklärenden Variablen Vielfache voneinander sind beziehungsweise in der-selben Dimension eines Variablenkomplexes liegen. Hier lassen sich mittels Cronbachs Alpha keine relevanten Kollinearitäten feststellen.

Es ist auffällig, dass der Migrantenanteil unter den Kindern eines Kindergartens und die vorhandene Sprachbarriere Einfluss auf die Ja-Sage-Tendenz eines Erziehers haben. Aus dieser Erkenntnis lässt sich der Schluss ziehen, dass dieser Umstand Einfluss auf die Ge-dankenwelt der Erzieher hat. Denkbar ist, dass ein höherer Migrantenanteil oder Sprach-hürden zu mehr zeitlichem Aufwand führen im Umgang mit Eltern und Kindern, etwa bei organisatorischen Fragen und in der administrativen Tätigkeit der Kindergartenleitungen.

Dadurch bliebe den Erziehern weniger Zeit für Reflexion über Sonnenschutz oder sie stellen dieses Thema bewusst hinten an, um ihre zeitlichen Ressourcen für andere Dinge nutzen zu können. Dafür spricht auch, dass die Quote der vom Jugendamt bezuschussten Kinder, ebenso wie der Migrantenanteil, Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit hat, dass Erzieher alle Hautkrebsrisikofaktoren auswählen. Auch für bezuschusste Kinder ist der Arbeitsaufwand möglicherweise größer und Erziehern beziehungsweise vor allem der mit Verwaltungsaufgaben betrauten Kindergartenleitung fehlt diese zusätzlich benötigte Zeit für Fortbildung. Ebenso lenken die finanziellen Prekaritäten den Blick des Kindergarten-personals womöglich vom Thema Sonnenschutz auf andere, unmittelbarer problemati-sche. So gerät Sonnenschutz zum Randthema. Trotzdem wird Sonnenschutz grundsätz-lich als bedeutsam gesehen, sonst wäre nicht mit Zustimmung zu allen Risikofaktoren zu rechnen. Würde Sonnenschutz als überflüssig betrachtet, fiele das Antwortverhalten wohl anders aus. Es wäre anzunehmen, dass die Gefährdung durch Sonnenexposition anders eingeschätzt wird. Grundsätzlich wird an dieser Stelle unterstellt, dass die befragten Er-zieher zum Wohle der Kinder entscheiden. Wenn sie zu Hautkrebs befragt werden, wird also angenommen, dass sie diesen bei den Kindern vermeiden wollen. Nach Risikofakto-ren für Hautkrebs befragt, ist dann ein übervorsichtiges Antwortverhalten so zu verstehen, dass sie sich der Gefahr bewusst sind und grundsätzlich daran interessiert sind, diese zu vermindern. Wenn dabei alle vorgeschlagenen Faktoren ausgewählt werden, spricht das entweder für falsche Informationen oder für eine unzureichende Informationslage, die durch Vermutungen zu dem gezeigten Antwortverhalten führt. Das Ergebnis dieses Ra-teversuchs der richtigen Antwort lässt die dargelegten Schlüsse auf die Motivation dahin-ter zu: Wenn mehr Faktoren gewählt werden, deutet das drauf, dass die Erzieher es durch-aus als erstrebenswert betrachten, Sonnenschäden zu vermeiden. Da sie nicht über adä-quates Wissen verfügen, haben sie sich allerdings nicht ausreichend mit dem Thema be-fasst, obwohl sie es für wichtig halten. Mögliche Gründe für die unzureichende Ausei-nandersetzung mit dem Thema sind die genannten: mangelnde Zeit und Fokussierung auf andere Aufgaben und Anforderungen für Kinder und Familien, die unter Umständen mehr Aufmerksamkeit bedürfen.

Relevanz haben diese Überlegungen vor allem deshalb in dieser Betrachtung, da einer der hauptsächlichen gefundenen Unterschiede zwischen Eltern- und Erzieherwissen im un-terschiedlichen Antwortverhalten bei der Hautkrebsrisikofaktoren-Frage besteht, eben gerade als größere Ja-Sage-Tendenz der befragten Erzieher. Die gerade diskutierten Zu-sammenhänge können als Erklärung dafür dienen, da eine große Zahl der Kindergärten über höhere Migrantenanteile verfügt, wie die mehrgipflige Verteilung der Migrantenan-teile für die Kindergartenkinder zeigt. Sie indiziert, dass es eine große Gruppe mit Kin-dergärten mit geringem und eine zweite große Gruppe mit hohem Anteil an Migranten unter den Kindergartenkindern gibt. Für die bezuschussten Familien verhält sich dies ana-log.