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Unternehmens-Innovationen

Im Dokument Innovationsnetzwerke in Portugal (Seite 28-38)

2.3 Innovationen – Motoren in der Wissensökonomie

2.3.1 Unternehmens-Innovationen

Innovation sind elementare Voraussetzungen für einen dauerhaften Erfolg von konkurrieren-den Unternehmen und damit auch von Volkswirtschaften. PORTER stellt z. B. im Zusammen-hang mit der Entwicklung von Wettbewerbsvorteilen fest, dass diese „grundsätzlich aus Verbesse-rung, Innovation und Veränderung“ erwachsen (kursiv im O., PORTER, 1991: 596). Der Rahmen, in dem sich Innovationsprozesse in Unternehmen abspielen, und welche Elemente daran beteiligt sind, sollen daher im Folgenden näher beschrieben werden.

Eine erste grundlegende Definition von Innovation im Zusammenhang mit wirtschaftlichem Handeln hat der Wirtschaftsklassiker JOSEPH A. SCHUMPETER (1934) gegeben. Nach ihm sind Innovationen:

• die Einführung neuer Produkte oder Produkteigenschaften (Produktinnovationen)

• die Einführung neuer Produktionsmethoden (Verfahrensinnovationen)

• die Erschließung neuer Beschaffungs- und Absatzmärkte sowie

• die Einführung neuer Organisationsstrukturen und Marktformen (SCHUMPETER, 1934, 66, zitiert in: KIESE, 2004: 12).

Ausgehend von seiner Definition wurden in den letzten Jahrzehnten eine Fülle von Ansätzen und Theorien entwickelt, die ein besseres Verständnis von Innovationsprozessen geben können.

Einen guten Überblick gibt es hierzu im OECD – OSLO MANUAL von (2005b: 29), das fünf ent-scheidende Faktoren für den Innovationsprozess nennt. So ist es unerlässlich zu verstehen:

• warum Unternehmen innovieren,

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• welche Kräfte Innovationen lenken und welche diese behindern können,

• wie die internen Arbeitsprozesse eines Unternehmens funktionieren,

• wie das Unternehmen seine Innovationen im Markt einbringt,

• welche Bedeutung Wissen und Wissensaneignung hat und wie es zwischen Unternehmen fließt

• und welche Bedeutung Innovationsprozesse für Industrie, Region oder Staat allgemein ha-ben.

„The ultimate reason is to improve firm performance, for example by increasing demand or reducing costs“

(ebd. 29)(ebd. 29). Dazu dienen entweder neue Produkte, die es einem Unternehmen ermöglichen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten zu erzielen, indem es eine neue oder höhere Nachfrage am Markt induziert, oder die Produktivität wird durch Prozessinnovationen erhöht, sodass in beiden Fällen ein größerer Gewinnanteil erzielt werden kann. Auch kann durch Produktdifferenzierung oder durch die Eroberung neuer Märkte ein Wettbewerbsvorteil erzielt werden.

Innovationen sind nicht nur das Ergebnis der Umsetzung von Kenntnissen, sie können selbst zur Herausbildung von neuem Wissen in Unternehmen beitragen und somit Anstoß zu neuen Innovationen geben. Dass dieser Prozess nicht linear verläuft, wird in dem Modell von KLINE u.

ROSENBERG (1986) deutlich (s.u.). Die Produktion und Verwaltung neuen Wissens hat aber auch noch andere Aspekte. Während der Weg zu einer Innovation zumeist mit deutlichen Kosten ver-bunden ist, ist oftmals die Verbreitung derselben kaum mehr zu verhindern, sobald eine Innova-tion die Öffentlichkeit erreicht hat. Folge ist, dass Unternehmen versuchen diese Verbreitung zu kontrollieren bzw. zu begrenzen, indem sie z. B. Patente erwirken.

„Appropriation is an important factor in innovation, given that research results and new technologies often have aspects of a public good, as the costs of making them available to many users are low compared to their development costs. (...) There-fore, the ability to protect innovations will have an important influence on innovation activity“ (OECD, 2005a: 30).

Einerseits entsteht durch Innovationen die Hoffnung auf Wettbewerbsvorteile, andererseits verbleibt eine große Unsicherheit bezüglich des Erfolgs einer Innovation (vgl. KLINE und ROSENBERG, 1986). Neben einer Vielzahl von externen Unsicherheitsfaktoren, wie beispiels-weise bezüglich Nachfragepotential, Akzeptanz und eventuell konkurrierender Neuerungen, be-stehen auch interne Unsicherheiten wie z. B. bezüglich Dauer und Kosten der Produkt- oder Prozessentwicklung. PORTER verweist in diesem Zusammenhang auf die innovationshemmenden Faktoren in einem Unternehmen, wie z. B. bisher erfolgreiche Organisationsrichtlinien, denen eine Innovation zwangsläufig zuwider laufen muss. „Vor allem in einem erfolgreichen Unternehmen wirken starke Kräfte gegen eine Veränderungsstrategie.“ (1991: 598)

30 Neben den Produkt- und Prozessinnovationen stellen neue Marketingstrategien einen weite-ren wichtigen Innovationsbereich dar. Hier spielen Gestaltung/Design, Verpackung und Preis des Produktes eine wichtige Rolle (vgl. PERREAULT und McCARTHY, 2005).

Wie bereits in Kapitel 2.2 herausgearbeitet hat bereits kodifiziertes Wissen in der Regel einen geringeren Wert für Innovationsprozesse, da potentielle Mitbewerber ebenfalls darauf zugreifen können. Eine große, bisweilen entscheidende Bedeutung hat bei der Nutzbarmachung die Frage, wie groß der finanzielle oder personelle Aufwand für ein Unternehmen ist, um diese Art von Wissen zu erlangen. Dem impliziten Wissen kommt dagegen eine bedeutendere Rolle im Innova-tionsprozess zu, da es durch seine nicht-kodifzierte Form nur dem jeweiligen Unternehmen zur Verfügung steht. In der Realität ist die scharfe theoretische Trennung zwischen allgemein verfüg-barem expliziten Kenntnissen und unausgedrücktem Insider-Wissen oft gar nicht so scharf gege-ben. Deshalb kommt den Kontakten, der ‘Nähe’ zu Wissensträgern im Innovationsprozess oft eine hohe Bedeutung zu.

“In most cases, a piece of knowledge can be located somewhere in a range between the completely tacit and the completely codified. Knowledge is always at least partly tacit in the minds of those who create it. (…) Knowledge closer to the frontier, and thus more recent, is likely to be more tacit than knowledge that is already established. The partly tacit character of knowledge is likely to be responsible for the importance that localised networks of personal contacts have for innovation activi-ties of firms in some metropolitan regions” (FISCHER und FRÖHLICH, 2001: 3).

Aus ökonomisch-evolutionärer Perspektive muss betont werden, dass Innovationen in der Regel nicht reine Zufallserscheinungen sind, wie sie als Mutationen in einer biologistischen Evo-lutionstheorie vertreten werden, sondern Neuheiten, die aktiv gesucht werden (vgl.

ESSLETZBICHLER, 2002). Firmen, die Innovationen schaffen möchten, müssen technische und wirtschaftliche Potentiale identifizieren (vgl. DOSI, 1997), wobei sie dabei in einem pfadabhängigen Prozess stehen, in dem Wissen und Technologie, wie in der folgenden Aufzählung vom dänischen Ökonom Esben Sloth ANDERSEN (1995) beschrieben, durch Interaktion zwischen den verschiedenen Akteuren und anderen Faktoren entwickelt werden. Er betont, dass:

• Akteure nie vollkommen informiert sein können und sich bestenfalls lokal optimieren, aber nicht global;

• sie ihre Entscheidungen normalerweise im Rahmen von Regeln, Normen und Institutionen treffen;

• sie nur bis zu einem gewissen Grad die Regeln anderer Akteure imitieren können, um selbst zu lernen und Neues zu kreieren;

• Innovationsprozesse durch signifikante pfadabhängige Stufen von Kumulation charakterisiert werden, jedoch manchmal auch punktuell überraschend aufkommen oder durch innerbetrieb-liche ‘Blockaden’ erstauninnerbetrieb-licherweise retardiert werden oder sogar ausbleiben;

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• Interaktionen zwischen Akteuren typischerweise in asymmetrischen Beziehungen entstehen und die Ergebnisse sowohl in Form von Produkt- als auch Methodenvarianten erfolgreich sein können;

• und die oben beschriebenen Prozesse nicht determiniert sind, also ein offenes Ende haben, aber gleichzeitig unumkehrbar bleiben.

Neben der Frage nach den Akteuren sind Ablauf und Resultat ‘normaler’ Innovationsprozesse von Interesse, um den Weg von Innovationen besser beschreiben und wenn möglich auch vor-hersagen bzw. unterstützen zu können. Giovanni DOSI (1988), einer der bedeutendsten Innova-tionsforscher, identifiziert fünf Elemente, die im Innovationsprozess eine Rolle spielen. Diese sind:

• Unsicherheit im Prozess bezogen auf das Ergebnis der Innovation;

• Zunahme der auf wissenschaftlichen Analyse- und Erkenntnisprozessen basierenden Innova-tionstätigkeit, welche sich letztendlich auch in der Wissensökonomie niederschlägt;

• zunehmende Komplexität von Innovationsprozessen, die oftmals nicht mehr von einzelnen Unternehmen allein bewältigt werden können und somit Netzwerkstrukturen erfordern bzw.

Innovationssysteme entstehen lassen;

• das Überwiegen von inkrementalen Innovationen gegenüber den seltenen, meist nur am En-de von EntwicklungspfaEn-den (trajectories) auftauchenEn-den Basisinnovationen (vgl. RIGBY und ESSLETZBICHLER, 1997);

• die Pfadabhängigkeit, indem Innovationen zumeist in bestehenden Technologiepfaden statt-finden und in der kumulative Prozesse aufeinander aufbauen.

Aus dieser postulierten Pfadabhängigkeit des Innovationsprozesses ergibt sich die Frage nach der Möglichkeit für technologisch rückständige Regionen und Länder, wie sie aufholen bzw. zu den führenden Nationen aufschließen können. Manche Autoren geben Belege dafür, dass Länder auch ‘Sprünge’ machen können, sodass ein Land oder eine Region von einer niedrigeren – in diesem Fall – technologischen Entwicklungsstufe auf eine höhere Stufe springen kann, wobei mögliche Zwischenstufen übersprungen werden (Leapfrogging-Hypothese). Dies wird z. B. vom Wirtschaftsgeographen Sam Ock PARK (2002) für Süd-Korea beschrieben. Unter räumlichem Aspekt gleichermaßen relevant ist die Hypothese vom Zeitfenster möglicher Standortbildung (windows of locational opportunity) nach Michael STORPER und Richard WALKER (1989), wonach Un-ternehmen mit neuen Fertigungen aufgrund ihrer temporären Monopolmacht die freie Standort-wahl haben, sodass sich bisher benachteiligte Regionen eine Chance schnellen Aufholens (catching-up) eröffnet. Umgekehrt bedeutet es aber nicht, dass dies für jede rückständige Region zutreffen muss. Nicht industrialisierte, periphere Regionen mit z. B. niedrigem Arbeitskräfte- und Absatz-potential werden in der Regel keine Chance auf Entwicklung bekommen.

32 Während für SCHUMPETER der Innovationsprozess eine lineare Entwicklung darstellte, ist heute unbestritten, dass dieser keineswegs planmäßig und linear verlaufen muss, sondern viel-mehr durch Wiederholungsroutinen und Rückkoppelungen geprägt ist. Ergänzend stellt Kondra-tieffs ‘Modell der langen Wellen’ den Einfluss von Basisinnovationen auf den gesamtwirtschaftli-chen bzw. -gesellschaftligesamtwirtschaftli-chen Entwicklung dar und verdeutlicht damit die mögliche Breitenwirkung einer Innovation.

KLINE und ROSENBERG (1986: 290) haben aus dieser Kritik heraus das interaktive Innovati-onsmodell entwickelt, welches in verschiedenen Abwandlungen eine große Verbreitung und Ak-zeptanz im wissenschaftlichen Bereich gefunden hat (vgl. MALECKI, 1991, 116 zit. in:

BATHELT und GLÜCKLER, 2002: 242). Grundlage des (veränderten) Modells (Abb. 2 ) ist die zentrale Innovationskette, die vom potentiellen Markt ausgehend über Ideengenerierung und Produktentwurf, Prototyp-Test, Pilotproduktion bis zur Markteinführung bzw. Distribution geht.

Innovationen werden demnach durch einen potentiellen Markt ‚hervorgerufen’ (demand pull), während im linearen Modell noch von einem Ursprung in der wissenschaftlichen Forschung aus-gegangen wird (science push).

Abb. 2 Interaktives Innovationsmodell adaptiert nach KLINE und ROSENBERG Quelle: verändert nach KLINE und ROSENBERG 1986, 290

Dabei spielen mögliche Rückkoppelungen zwischen den einzelnen Innovationsschritten eine wichtige Rolle, da sie helfen, das entstehende Produkt zu verbessern bzw. durch die Berücksich-tigung von nachgelagerten Entwicklungsstufen Produktspezifizierungen zu antizipieren. Eine

33 weitere wichtige Rolle spielen die potentiellen Kunden, die ebenfalls in den verschiedenen Ent-wicklungsstufen Einfluss nehmen und damit eine bessere Adaptation des Produkts für die eige-nen Bedürfnisse ermöglichen.

Entscheidende Einflussfaktoren sind in dem Modell das existierende Wissen innerhalb und außerhalb des Unternehmens und die Möglichkeit, darauf und auf das bestehende Forschungssy-stem zurückgreifen zu können, wenn es keine unternehmensinternen Lösungen für Probleme im Innovationsprozess gibt. Betont wird auch, dass sich durch diese Prozesse auch radikale Innova-tionen bilden können, die dann eventuell sogar zu neuen technologischen Entwicklungspfaden führen können.

Bei der Präsentation dieses veränderten interaktiven Innovationsmodells muss auf zweierlei Einflussfaktoren hingewiesen werden, die den Innovationsprozess maßgeblich beeinflussen. Er-stens steht jedes Unternehmen in einem geographischen Kontext, der z. B. durch räumliche, zeitdistanzielle oder soziale Nähe bzw. Ferne den Zugriff auf Wissenschaft und Forschung er-leichtern oder aber beschränken kann. Zweitens beeinflusst die kulturelle Einbettung des Unter-nehmens die Fähigkeit, Wissen zu akquirieren bzw. in den Innovationsprozess zu integrieren.

Beide Faktoren bewirken eine Beschränkung des Unternehmens in seiner Entwicklung, sodass auch von einem „technologischen oder unternehmensspezifischen Entwicklungspfad“ gesprochen werden kann (vgl. CANTWELL und FAI, 1999, zit. in: BATHELT und GLÜCKLER, 2002:

243f.).

Das interaktive Innovationsmodell weist durch seinen systemischen Charakter auf die Not-wendigkeit hin, sowohl die Netzwerke des innovierenden Unternehmens zu berücksichtigen als auch die räumlichen und sektoralen Innovationssysteme (vgl. Kap. 2.3.3) mit einzubeziehen.

Darüber hinaus müssen die dahinter liegenden verschiedenen räumlichen und kulturellen Einbet-tungsebenen, wie sie später vorgestellt werden, im Verlauf der Innovationskette berücksichtigt werden (vgl. Kap. 2.4.7).

2.3.2 Innovationsnetzwerke

Ähnlich wie beim New Economy-Ansatz ist als erstes festzustellen, dass der Begriff Netzwerk geradezu inflationär und dabei oft in terminologischer Unschärfe verwendet wird. Beispielsweise wird oftmals von Netzwerken gesprochen, obwohl die Beziehungen zwischen den Akteuren eher als feste Kooperationen bzw. sonstige Austauschformen bestehen, sei es, dass marktmäßige oder auch hierarchische Steuerungsmodi vorliegen (vgl. KIESE, 2004). Die vielfältigen Ansätze zur Theorie der Netzwerke machen es dabei notwendig, nach einer kurzen allgemeinen Definition von Netzwerken sich speziell auf Innovationsnetzwerke von Unternehmen zu beschränken.

Die verschiedenen Netzwerkdefinitionen können durch einen gemeinsamen Kern charakteri-siert werden. So werden Netzwerke als soziale Organisationsform beschrieben, die sich von

phy-34 sischen Netzen, wie z. B. Computernetzen oder Telekommunikationsnetzen unterscheiden (vgl.

SCHENK, 1984). Beteiligt an diesen Netzwerken sind Akteure, z. B. Personen oder korporativ verfasste Personengemeinschaften, wie Unternehmen, staatliche oder private Institutionen (vgl.

JANSEN, 1999). Differenzieren lassen sich diese Netzwerke nach ihren Funktionen und unter-schiedlichen Organisations-, Steuerungs- und Wirkungsstrukturen (vgl. BUTZIN, 2000). Es gibt soziale (vgl. SCHENK, 1984), politische (vgl. MAYNTZ, 1997) und wirtschaftliche Netzwerke (vgl.

SYDOW, 1992).

Soziale Netzwerke heben sich nach dem Soziologen Michael SCHENK von Verhaltens- oder Handlungsweisen einzelner Individuen dadurch ab, dass sie die Beziehungen zwischen Personen beschreiben. Dabei ist von besonderem Erkenntnisinteresse, inwieweit das Netzwerk als solches das Handeln des Einzelnen oder der Gruppe beeinflusst (vgl. SCHENK, 1984: 30f.).

Was die politischen Netzwerke anbetrifft, sieht die Soziologin Renate MAYNTZ deren Hauptent-stehungsgrund in der gewachsenen Bedeutung von formalen Organisationen in fast allen Sekto-ren der Gesellschaft. Die damit verbundene zunehmende Fragmentierung von Macht auf ver-schiedene korporative Akteure, wie große Unternehmen, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, etc. führt zu einer Machterosion in der Legislative und Exekutive. Durch Politik-Netzwerke ver-sucht man dieser Entwicklung gerecht zu werden, indem man z. B. die verschiedenen gesell-schaftlichen Akteure im politischen Entscheidungsprozess zusammenbringt. „Das Aufkommen von Policy-Netzwerken hat daher zwei wichtige Implikationen: es ist ein Zeichen für einen ‘schwachen’

Staat, aber es signalisiert gleichzeitig Sensibilität für die erhöhte Komplexität politischer Herrschaft und für zunehmende Konsensbedürfnisse in modernen demokratischen Gesellschaften“ (MAYNTZ, 1997:

241f.).

Während bei sozialen Netzwerken die Beziehungen zwischen drei9 oder mehr individuellen Ak-teuren im Vordergrund stehen, erweitert sich diese Beziehungsfunktion bei ‘Unternehmensnetz-werken’ um den Leistungs- und Ressourcen-Austausch und die daraus entstehenden gegenseiti-gen Abhängigkeiten (vgl. FRITSCH, 2001). Sie werden jeweils durch mehrere Akteure in den beteiligten Unternehmen kontrolliert und gelenkt, wobei sich daraus indirekt auch die übrigen Netzwerkpartner beeinflussen lassen (vgl. HÅKANSSON und JOHANSON, 1993: 44).

Unternehmensnetzwerke können als eine Hybridorganisation bezeichnet werden, da sie eine Transaktionsform zwischen den beiden Polen ‘Markt’ (potentiellen, aber persönlich ungebunde-nen Akteuren) und ‘Hierarchie’ (weisungsgebundeungebunde-nen Akteuren) darstellen. Das ‘Hybride’ daran ist nach HÅKANSSON das Zusammenwirken von ‘Persönlichem’ und ‘Allgemeinen’ (Markt,

9 JANSEN (1999) nennt als Mindestzahl für ein Netzwerk zwei Akteure, andere wiederum betonen, dass erst bei einer triadischen Beziehung von einem Netzwerk gesprochen werden kann (vgl. BUTZIN 2000; FRITSCH 2001).

35 triebsorganisation). Beide Extreme sind in der realen Welt nicht in ‘Reinform’ anzutreffen, bzw.

würden in ihrer Logik zu erheblichen Nachteilen für die Unternehmen führen, da sie destabilisie-rende und dysfunktionale Folgen hervorbringen. Das könnten beispielsweise durch Hierarchien hervorgerufene Verhaltenszwänge für den rangniedrigeren Akteur im Netzwerk sein oder soziale und umweltbezogene Verwerfungen, die durch einzelne Netzwerkakteure hervorgerufen werden (vgl. BUTZIN, 2000: ; KIESE, 2004).

„Demgegenüber scheint das Netzwerk mindestens potentiell in der Lage zu sein, Dysfunktionen zu vermeiden, indem es die für Marktteilnehmer typische Autonomie mit der Fähigkeit von Hierarchien kombiniert, bewusst Ziele zu verfolgen und ihre Handlungen im Hinblick auf ihre antizipierten Folgen bewusst zu kontrollieren“ (MAYNTZ, 1997: 247).

Neben diesem Verständnis von Unternehmensnetzwerken als einer intermediären Organisati-onsform zwischen Markt und Hierarchie lassen sich nach Jörg SYDOW Unternehmensnetzwerke auch in strategische und regionale Netzwerke differenzieren (vgl. SYDOW, 1992). Ein strategisches Netzwerk ist für ihn vorwiegend hierarchisch-pyramidaler Natur und wird von einem (oder einigen weni-gen) Unternehmen dominiert. Der Zweck von strategischen Netzwerken ist, durch die strategische Metakoordination der ökonomischen Aktivitäten im Netzwerk eine Optimierung der Individual- und Kollektivziele und damit eine partielle Potentialerweiterung zu erreichen.

Ausgehend von der Beobachtung, dass weltweit Regionen zu finden sind, die sich durch flexi-ble Kooperationen von kleinen und mittleren Unternehmen charakterisieren lassen, beschreibt SYDOW zusätzlich den Typus des regionalen Netzwerks (vgl. ebd.). Im Vergleich zu strategischen Netzwerken sind die geschäftsbezogenen Beziehungen bei den regionalen Netzwerken weniger langfristig ausgerichtet und stärker auftragsbezogen, wodurch es gegebenenfalls auch zu simulta-nen Wettbewerbs- und Kooperationsverhältnissen kommen kann (vgl. PIORE und SABEL, 1984: 294). Weitere wichtige Merkmale sind die über die reinen sozioökonomischen Verbindun-gen hinaus reichenden politischen, religiösen und kulturellen Bande. Sie führen zu einer gemein-samen regionalen Identität und üben gleichzeitig kontrollierende Funktionen aus, indem bei Fehlverhalten von Einzelnen soziale Sanktionen ausgeübt werden und in wirtschaftlichen Notsi-tuationen fürsorgend tätig werden. Darüber hinaus scheinen regionale Netzwerke geeignet zu sein, die Kosten und Risiken bei Produktinnovationen zu reduzieren, indem diese auf mehrere Akteure im Netz verteilt werden (vgl. SAXENIAN, 1991: 424).

Beide Netzwerktypen stehen nicht zwingend im Widerspruch zueinander, sondern können auch parallel vorhanden sein, so ist eine Trennung zwischen diesen beiden Typen gerade bei größeren Konzernen aufgrund ihrer vielen Netzwerkbeziehungen kaum möglich.

Ergänzend sieht Philip COOKE (2002: 112) in seinem Standardwerk zur Knowledge Economy, Unternehmensnetzwerke durch weitere Aspekte gekennzeichnet:

• Sie sind relativ klein in der Zahl der beteiligten Unternehmen.

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• Der Zugang zum Netzwerk ist begrenzt und in der Regel eher horizontal als hierarchisch strukturiert.

• Sie beruhen auf der Entwicklung von Vertrauen, Reputation, starker Bindungen und gegen-seitiger Verpflichtung. Das dadurch entstehende Sozialkapital ermöglicht es den Netzwerk-teilnehmern stärker und konkurrenzfähiger zu werden, um gegen andere Firmen, die außer-halb des Netzwerks sind, besser bestehen zu können.

• Netzwerke sind mehr oder weniger formalisiert, ob explizit oder implizit. Es mag nicht im-mer formale Verträge geben, aber zumindest verbale, auf einen „Händedruck“ basierende Vereinbarungen.

• Um durch das Netzwerk Erfolg zu haben, müssen sich die Teilnehmer über das Ziel ihrer Interaktionen im Klaren sein, da ansonsten bei ungenauem Ziel oder gar gegensätzlichen Be-strebungen das Netzwerk ineffektiv, ‘verwundbar’ und letztlich nutzlos wird.

Während Unternehmensnetzwerke umfassend die Beziehungen eines Unternehmens zu allen unternehmensrelevanten Akteuren beschreibt, fokussiert sich der Blick bei der Beschreibung von Innovationsnetzwerken auf die für die eigene Innovativität bedeutsamen Akteure und vor allem auf die Interaktion mit diesen. Innovationsnetzwerke lassen sich daher in Anlehnung an die in Kap.

2.3.1 bereits beschriebenen Unternehmensinnovationen durch Learning by interacting charakterisie-ren (vgl. LUNDVALL, 1992). Den Netzwerkpartnern kommt dabei eine wichtige Rolle zu, da sie durch den wechselseitigen Austausch von ‘kodifiziertem’ und insbesondere ‘implizitem’ Wissen (tacit knowledge) zur Generierung von Produkt- und Prozessinnovationen beitragen (vgl.

FISCHER und FRÖHLICH, 2001).

Neben dem Austausch von Wissen und dem gemeinsamen Learning by Interacting sind weitere wichtige Verbund-, Größen- und Spezialisierungsvorteile zu benennen (KOSCHATZKY, 2001:

141f.):

• Reduzierung des unternehmerischen Risikos in Bezug auf technologische und nachfrageseiti-ge Unsicherheiten im Innovationsprozess durch Verteilung des Risikos auf mehrere Akteure im Netzwerk;

• Minderung der einzelbetrieblichen Such- und Entwicklungskosten durch gemeinsame Nut-zung von Ressourcen;

• Möglichkeit des Rückgriffs auf das Wissen von anderen Netzwerkteilnehmern.

Während durch eine optimale Netzwerkeinbettung die beteiligten Unternehmen einen maxi-malen Nutzen für die eigene Innovationsfähigkeit erreichen können, bestehen andererseits erheb-liche Gefahren durch potentielle Nachteile für ein Unternehmen, dessen Interaktion zu stark auf das gewohnte Netzwerk eingeengt ist. Ähnlich wie im Fall von overembeddedness können sich

näm-37 lich verkrustende Netzwerkstrukturen zu lock-in-Prozessen führen (vgl. GRABHER, 1993). Dabei werden durch übermäßiges Vertrauen auf bisher bewährte Verhältnisse (Produkte, Verfahren, Standards) andernorts aufkommende Innovationen unzureichend wahrgenommen, sodass zum eigenen Schaden nicht adäquat reagiert wird. Der intensive Wissensaustausch birgt andererseits immer das Risiko, dass die Kontrolle des Wissensabflusses schwierig ist, also Vertrauensbrüche stattfinden können und somit eigenes tacit knowledge von anderen unsolidarisch zum eigenen Nut-zen verwertet werden kann. Ein weiteres Problem entsteht oft im Fall von unterschiedlich großen Netzwerkpartnern, da hier die Gefahr der Dominanz durch den größeren Partner besteht (vgl.

KOSCHATZKY, 2001).

Die ‘Innovationsnetzwerke’ lassen sich nach Christopher FREEMAN (1991: 502) nach unter-schiedlichen Zielen und Erscheinungsformen differenzieren:

Joint Ventures und Forschungsunternehmen;

• Vereinbarungen über einen Technologieaustausch;

• Direktinvestitionen in Technologien (Minderheitsbeteiligungen);

• Lizenzvergabe in Form von Zwei-Lieferanten-Vereinbarungen (second-sourcing)10;

• Auftragsfertigung, Produktionsteilung und Zulieferernetzwerke

• Forschungsverbünde und F&E-Vereinbarungen;

• öffentlich geförderte Forschungskooperationen;

• EDV-basierte Datenbanken und wertschöpfungsorientierte Netzwerke für technischen und

• EDV-basierte Datenbanken und wertschöpfungsorientierte Netzwerke für technischen und

Im Dokument Innovationsnetzwerke in Portugal (Seite 28-38)

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