• Keine Ergebnisse gefunden

Das portugiesische Wissenschaftssystem als Substruktur im nationalen In- In-novationssystem

Im Dokument Innovationsnetzwerke in Portugal (Seite 161-164)

4 Empirischer Teil

4.7 Das nationale Innovationssystem Portugals

4.7.1 Das portugiesische Wissenschaftssystem als Substruktur im nationalen In- In-novationssystem

Im Verhältnis zu den meisten anderen EU-Ländern hat das Wissenschaftssystem in Portugal trotz eines deutlichen Entwicklungsprozesses im vergangenen Jahrzehnt weiterhin deutliche

Effi-162 zienzdefizite. Im Wesentlichen gründen die Probleme in dem viele Jahrzehnte andauernden Des-interesse von staatlicher Seite an der Forschung und Bildung und der mangelnden Forschungsin-tensität und -neigung der Hochschullehrer (vgl. MINISTÉRIO DO AMBIENTE, 2005: 7). Die Herausbildung des portugiesischen Wissenschaftssystems ist dabei primär durch die Arbeit von staatlichen Organisationen, wie der ‘Nationalen Kommission für wissenschaftliche Forschung und Technologie’ (Junta Nacional de Investigação Científica e Tecnológica = JNICT; 1966), dem ‘Natio-nalen Institut für wissenschaftliche Forschung’ (Instituto Nacional de Investigação Científica = INIC;

197729) und in jüngerer Zeit der ‘Stiftung für Wissenschaft und Technologie’ (Fundação para Ciên-cia e Tecnologia = FCT; 1997) bestimmt worden. Diese haben in den ersten Dekaden ihrer Existenz vorrangig die Stipendienvergabe betreut und Oberaufsicht über die Forschungszentren der Uni-versitäten geführt. INIC und JNICT wurden Mitte der 1990er Jahre aufgelöst und deren Aufga-ben in die FCT überführt, um so eine deutlichere Kohärenz zwischen den einzelnen Institutionen und deren Arbeit zu erreichen. Das FCT wiederum untersteht dem ‘Ministerium für Wissenschaft und Technologie’ und finanziert sich vorrangig durch den Europäischen Fonds für regionale Entwick-lung - EFRE und dem Europäischen Sozialfonds - ESF. So sind in diesem Rahmen zum Beispiel das Sonderprogramm für die Entwicklung der portugiesischen Wirtschaft (PROGRAMA ESPECÍFICO DE

DESENVOLVIMENTO DA ECONOMIA PORTUGUESA) PEDIP I (1988-1993) und dessen Nachfol-geprogramm PEDIP II (1994-1999) aufgelegt worden, um im industriellen Sektor Forschung und Entwicklung fördern zu können.

Die Gründung des FCT 1997 und die zunehmende Einsicht in die fundamentale Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für Wirtschaft und Gesellschaft führten zu steigenden Ausga-ben im Bereich von F&E. So stieg der F&E-Anteil am BIP des Landes seit 1990 von 0,5 % auf 0,81 % im Jahr 2005. Damit liegt Portugal weiterhin im letzen Drittel der EU-25 Staaten und weist nur eine geringfügige Annäherung zum Mittelfeld der EU auf (vgl. EUROSTAT, 2007d).

Hauptakteur im F&E-Bereich war und ist bis heute der portugiesische Staat, der ca. 60 % aller F&E-Investitionen tätigt. Auf die Privatwirtschaft hingegen fallen ca. 32 % der Ausgaben (oder 0,29 % des BIP; vgl. EUROSTAT, 2007d). Vergleicht man hingegen diese Werte mit denen der EU-25 Staaten, so stammen bei diesen im Durchschnitt ca. 55 % der F&E-Ausgaben aus der Privatwirtschaft und nur 35 % aus staatlichen Einrichtungen. Diese Zahlen verdeutlichen die weiterhin allgemein geringe Bereitschaft portugiesischer Unternehmen in F&E zu investieren.

29 Die Vorläufer für das INIC waren die ‘Nationale Kommission für Bildung’ (1929) und deren Nachfolgerin, das

‘Institut für Hochkultur’ (Instituto de Alta Cultura, IAC; 1936). Beide Institutionen haben nur in geringem Maße wis-senschaftliche Forschung durch Stipendienvergabe gefördert und spiegeln das geringe Interesse der autoritären und teilweise wissenschaftsfeindlichen Salazar-Regierung wider.

163 Die Schwächen im F&E-Bereich werden auch durch den insgesamt geringen Anteil an Beschäf-tigten im Spitzentechnologiesektor bestätigt, der Portugal im EU-Vergleich auf die drittletzte Stelle verweist (vgl. Abb. 34 im Anhang 1). Da gerade der Bereich der Spitzentechnologien wich-tig für ein erfolgreiches catching-up des Landes ist, erscheint eine genauere Betrachtung der Effekte dieser Technologien in den einzelnen Wirtschaftsbranchen angebracht.

Schaut man sich beispielsweise die Dienstleistungsbranche an, lässt sich in Bezug auf die Ver-änderung seit dem Jahr 2000 eine deutliche Steigerung der Beschäftigtenzahlen im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen (WID) beobachten. Portugal verzeichnet in diesem Sektor mit annähernd 10 % den höchsten Zuwachs im europäischen Vergleich, während beim verarbei-tenden Sektor ein geringfügiger Rückgang zu beobachten ist (vgl. Abb. 35 im Anhang). Diese Dynamik in den WID bestätigt auch die Beobachtungen bei der F&E-Entwicklung der interview-ten IT-Dienstleister, die eine dynamischere Steigerung im Verhältnis zum Rest der Befraginterview-ten zu verzeichnen hatten (vgl. Tab. 16, S. 144; Signatur der Dienstleister: IT-L).

Positiv erscheint der hohe Anteil an Forschern im Verhältnis zu den restlichen Beschäftigten in F&E. Dieser liegt in Portugal für das Jahr 2005 bei 82 % und stellt damit im europäischen Ver-gleich (EU-25: 60 %; Deutschland: ca. 57 %) den höchsten Wert dar (vgl. EUROSTAT, 2007e:

5). Die Vermutung, dass dadurch eine höhere Ausbeute an privatwirtschaftlichen Innovationen im Verhältnis zum eingesetzten Kapital für F&E zu erwarten ist, bestätigt zum Teil eine Studie der Beobachtungsstelle für Wissenschaft und Hochschulbildung (Observatório da Ciência e do Ensino Superior = OCES) aus dem Jahr 2000. Nach dieser nutzen die portugiesischen Unternehmen trotz der im europäischen Vergleich geringsten Ausgaben für Innovationen diese effektiver als z. B. Finnland oder Schweden, auch wenn diese wiederum insgesamt am meisten für Innovationen aufwenden (vgl. OCES, 2000: ohne Seitenangabe).

Dennoch sind diese positiven Zeichen sehr zu relativen, wenn man andere Indikatoren wie z.

B. die Zahl der Patentanmeldungen berücksichtigt. Während für Deutschland im Jahr 1993 ca.

145 und im Jahr 2004 ca. 281 Patente pro Million Einwohner gezählt wurden, konnte man in Portugal im selben Jahr (1993) lediglich ca. zwei Patente pro Million Einwohner und 2004 knapp sechs zählen. Damit ist zwar ein überdurchschnittliches Wachstum der Patentanmeldungen für Portugal im Verhältnis zur EU (27) festzustellen, jedoch bleibt das Land nach Patentdichte an sechstletzter Stelle in der EU. Im Jahre 2004 wurde Portugal sogar von Griechenland mit fast sieben Patenten pro Million Einwohner überholt (vgl. EUROSTAT, 2007e).

Entscheidende Gründe für diese schwache Leistung sieht die portugiesische Ökonomin Isabel SALAVISA LANÇA – neben dem großen Anteil an kleinen Unternehmen, die vor allem in den tra-ditionellen Industrien tätig sind – insbesondere in der Dominanz der im Bildungssektor beschäf-tigten Forscher (SALAVISA LANÇA, 2001, 220ff.). So beschäftigen die Privatunternehmen 1997 lediglich 8,7 % der Forscher, während die Übrigen in Universitäten oder sonstigen staatlichen

164 Forschungseinrichtungen beschäftigt ist. Der Anteil in Privatunternehmen hat sich zwar auf 22,5% im Jahr 2005 erhöht, liegt aber weiterhin noch weit unterhalb des europäischen Mittelwer-tes (50%) (vgl. EUROSTAT, 2007d: 5). Dadurch ist zwangsläufig auch das nationale Innovati-onssystem betroffen, da dieses wesentlich durch die ‘Größenverhältnisse’ zwischen den einzelnen Akteursgruppen beeinflusst wird.

Im Dokument Innovationsnetzwerke in Portugal (Seite 161-164)

Outline

ÄHNLICHE DOKUMENTE