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Räumlich-geographische und sektorale Innovationssysteme

Im Dokument Innovationsnetzwerke in Portugal (Seite 38-41)

2.3 Innovationen – Motoren in der Wissensökonomie

2.3.3 Räumlich-geographische und sektorale Innovationssysteme

Unternehmen nutzen ihre Vernetzung zu anderen Akteuren, wie Zulieferern, Kunden und Forschungseinrichtungen, um neues Wissen und Innovationen zu generieren. Diese Zusammen-hänge lassen sich auch in Form von Innovationssystemen (IS) beschreiben. Zwar gibt es nach mehr als zwanzig Jahren Forschung noch immer keine feststehende Theorie zu Innovationssy-stemen, und es sollte eher von konzeptionellen Ansätzen gesprochen werden (vgl. FISCHER et al., 2001). Gleichwohl ermöglicht diese Herangehensweise eine systemische Perspektive auf die Generierung von Innovationen und auf die Entwicklung einer wissensbasierten Ökonomie.

„Systems approaches to innovation shift the focus of policy towards an emphasis on the interplay of institutions and look at interactive processes in the creation, diffusion and application of knowledge. They emphasize the importance of the condi-tions, regulations and policies in which markets operate and hence the role of governments in monitoring and seeking to fine tune this overall framework.“ (OECD, 2005a)

Zu einem Innovationssystem werden alle Akteure wie Unternehmen, Organisationen und In-stitutionen gezählt, die an der Generierung, der Diffusion und der Nutzung von neuem ökono-misch verwertbarem Wissen beteiligt sind. Diese Akteure bestimmen das Ausmaß und die Rich-tung des technischen Fortschritts (vgl. HALL, 1994: ; LUNDVALL, 1992: ; NELSON, 1993). Es ist daher sinnvoll, die wichtigsten beteiligten Gruppen eines IS zu charakterisieren. Diese sind

39 nach FISCHER ET AL. (2001: 12) der Produktionssektor, der Forschungs- und Entwicklungssektor, die Innovationen unterstützenden Akteure und der Institutionelle Sektor, wobei deren Stärkepositionen und Beziehungen untereinander den Systemcharakter definieren (vgl. auch im Folgenden FISCHER;

et al., 2001).

Der Produktionssektor enthält die wichtigsten Akteure im IS, da diese entscheidend sind für den wirtschaftlichen Erfolg einer Region oder eines Landes. Die Fähigkeit der Unternehmen, neue Produkte und Dienstleistungen zu generieren, ermöglicht es erst, dass eine Volkswirtschaft dau-erhaft erfolgreich ist. Ihre Forschungs- und Entwicklungslabore stellen eine Basis für technologi-schen Fortschritt dar und bilden oftmals die Bezugspunkte für andere Akteure im System.

Der Forschungs- und Entwicklungssektor außerhalb der anwendenden Unternehmen spielt eine e-benfalls sehr bedeutende Rolle. Man unterscheidet dabei zwischen einer eher auf Forschung und Entwicklung ausgerichteten Gruppe von Akteuren und einer eher lehrenden bzw. ausbildenden Gruppe. Während Universitäten sowohl lehren als auch forschen, gibt es andere staatliche und private Forschungseinrichtungen, die sich fast ausschließlich der Forschung und Entwicklung widmen. Die Ergebnisse werden dabei vorrangig über Publikationen weitergegeben.

Innovationen unterstützende Akteure sind solche unternehmensorientierte Dienstleister, die Unter-stützung für die Entwicklung und/oder Einführung neuer Produkte und Prozesse anbieten. Dazu zählen Hersteller und Händler von Spezialgeräten und Software, Experten für technische Hilfe, Kreditinstitute (Wagniskapitalgeber) Firmen für Marketing oder für Training.

Was den institutionellen Bereich anbetrifft, lassen sich zwei Formen differenzieren (vgl.

EDQUIST und JOHNSON, 1997), zum einen formale Institutionen, wie Rahmengesetzgebun-gen und Regularien, und zum anderen informelle Institutionen, wie ungeschriebene Verhaltens-weisen, Normen und Regeln, die das Miteinander bestimmen und Verhalten voraussehbar ma-chen, was wiederum als Vorbedingung für Vertrauen und Reputation gilt (vgl. GLÜCKLER, 2004). Gerade im Hinblick auf die Kommunikation zwischen den Akteuren im System sind die institutionellen Rahmenbedingungen wichtig. Ohne ein gemeinsames Wertesystem ist Zusam-menarbeit mit erhöhtem Koordinierungsaufwand verbunden, da z. B. unterschiedliche Mentalitä-ten oder andere kulturelle Prägungen schnell zu Missverständnissen, bzw. zu falschen oder über-höhten Erwartungen an den Partner führen können.

Für das Verständnis von Innovationssystemen sind auch deren Erscheinungsformen differen-ziert zu betrachten. So lassen sich IS unter technologisch-sektoralem oder räumlich-geographischem Aspekt betrachten.

In technologischer Perspektive werden spezifische Wirtschaftssektoren oder Technikbereiche analy-siert, wie z. B. das IS der Chemischen Industrie oder das der Verbrennungsmotoren (vgl.

BRESCHI und MALERBA, 1997: ; CARLSSON, 1995: ; MALERBA, 2004). Sie lassen sich da-bei eher nach ihrem Wissens- und Kompetenzfluss denn nach dem Fluss von Gütern oder

40 Dienstleistungen charakterisieren. Weiter sind sie durch dynamische Wissens- und Kompetenz-netzwerke zu beschreiben (vgl. CARLSSON und STANKIEWICZ, 1991).

Technologische Systeme sind nach DALUM ET AL (1999) gekennzeichnet durch drei Elemente, nämlich:

1. der ‘Kompetenz’ in Form von technologischer, finanzieller und/oder politischer Macht, die es erlaubt, initiativ oder aber zumindest wesentlich zur Entwicklung und Verbreitung einer neuen Technologie beizutragen;

2. einem ‘Netzwerkcharakter’, der förderlich bei der Identifikation von neuen Problemen und deren technologischer Lösung ist, sei es allgemeinen Netzwerken der Informationsverbrei-tung oder speziellen Nutzer-Zulieferer Netzwerke

3. dem ‘Institutionstypus’, welcher ‘hart’ sein kann in Form von Gesetzen, Kapitalmarkt oder Bildungssystem, oder auch ‘weich’, z. B. als ‘Kultur’. Die allgemeine Rolle dieser Institutionen ist es, eine hohe Konnektivität im System zu ermöglichen bzw. in Teilen als Brücke zwischen den Unternehmen zu dienen. Die Finanzgesetzgebung kann durch Anreizstrukturen Einfluss ausüben.

Räumlich-geographische Innovationssysteme basieren im weitesten Sinne auf Näherelationen und werden auf verschiedenen räumlichen Maßstabsebenen dargestellt bzw. analysiert. Sie können differenziert werden in Regionale Innovationssysteme (RIS; vgl. BRACZYK et al., 1998), Metropolitane Innovationssysteme (MIS; vgl. FISCHER; et al., 2001) und Nationale Innovationssysteme (NIS; vgl.

LUNDVALL, 1992: ; NELSON, 1993). Die technologisch-sektoralen Innovationssysteme sind dabei ein Teil der räumlichen Innovationssysteme und werden als komplementär zu ihnen gesehen (vgl.

GREGERSEN und JOHNSON, 1997). Was die Metropolitanen Innovationssysteme anbetrifft, werden zwar in der Publikation von FISCHER ET AL. (2001) drei Metropolregionen und ihre Innovations-systeme vorgestellt und verglichen, jedoch bleibt ungeklärt, was sie nun in ihrem Charakter von einem Regionalen Innovationssystem unterscheidet. Die Tatsache, dass es sich hier um Metro-polregionen handelt, bedeutet nicht automatisch, dass es typische metropolitane Arten von Inno-vationen oder deren Entstehungsweisen im Unterschied zu sonstigen Regionen gibt.

Seit Ende der neunziger Jahre gibt es eine Diskussion um die Bedeutung von RIS für den In-novationsprozess in Unternehmen, da es schwierig scheint, regionsspezifische Einflussfaktoren zu definieren, die nicht auch gleichzeitig national wirksam sein können. Viele empirische Unter-suchungen wurden seitdem angestoßen. Was die spezifisch regionalen Komponenten betrifft, gelangten sie zu keinem einheitlichen Ergebnis (vgl. FRITSCH et al., 1998: ; KOSCHATZKY und STERNBERG, 2000: ; TÖDTLING und KAUFMANN, 1999). Auf der anderen Seite gibt es allerdings zahlreiche Befunde, die zumindest auf eine wachsende Bedeutung von lokalen und regionalen Fertigkeiten und Institutionen hindeuten und die Herausbildung von lokalen oder

41 regionalen Innovationsnetzwerken belegen (vgl. BRACZYK; et al., 1998: ; COOKE et al., 1997: ; HEIDENREICH, 2004).

Eine Lösung dieser Problematik versuchen BATHELT und DEPNER (2003), indem sie nach den jeweiligen Systemverständnissen fragen. Diese werden anscheinend von den ‘RIS-Befürwortern‘

und ‘RIS-Gegnern’ in unterschiedlicher Form instrumentalisiert. Während Erstere den subnatio-nalen oder regiosubnatio-nalen Wirtschafts- und Branchenstrukturen, Akteuren und Institutionen eine höhere Bedeutung beimessen, bezweifeln die Gegner eine tatsächliche Eigenständigkeit und Un-abhängigkeit der Subsysteme vom nationalen Innovationssystem (vgl. BATHELT und DEPNER, 2003: 138). Da eine räumliche Abgrenzung dieser Subsysteme nicht durch admini-strative oder andere Grenzen möglich ist, kann ein räumlicher Bezug nur durch die Aktionsradien der Netzwerke und der Reichweite der lokalen und regionalen Institutionen definiert werden.

Einige Beispiele hierfür finden sich zwar bei dem ‘Modell des Industriedistrikts’ und dem

‘Modell der kreativen Milieus’ (vgl. MAILLAT, 1998: s.u.). Die Begrenztheit ihrer Aussagekraft durch die geringe Zahl an Beispielregionen lässt daran zweifeln, dass eine ausreichend große Grundlage für ein eigenständiges Modell vorliegt und dass dies gegebenenfalls auf andere Regio-nen übertragbar wäre.

Die Tatsache, dass intensive regionale oder lokale Vernetzung der Akteure im Innovations-prozess empirisch nachgewiesen wurden (vgl. EVANGELISTA et al., 2002: ; TÖDTLING und KAUFMANN, 1999) und dass es unterstützende regionale Institutionen geben kann, widerlegt für BATHELT und DEPNER nicht, dass „Einflüsse der nationalstaatlichen Institutionen (durch Arbeitsrecht, Tarifverträge, Aus- und Weiterbildungsstrukturen usw.) und der regionsextern an-gesiedelten Abschnitte der Wertschöpfungskette“ (2003: 139) im regionalen Wirtschaftskreislauf entscheidend sind.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass es sich bei einem RIS jedenfalls nicht um ein selb-streferenzielles System handelt (LUHMANN, 2001 (1984)), da es sich in seiner (Selbst-) Steue-rung nicht autonom und unabhängig von der Umwelt, in diesem Fall dem NIS, reproduzieren kann. Zu deutlich wird das RIS in seinen ökonomischen Prozessen von nationalstaatlichen insti-tutionellen Bedingungen beeinflusst.

2.4 Innovative Milieus und regionale Cluster oder metropolitane

Im Dokument Innovationsnetzwerke in Portugal (Seite 38-41)

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