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2. Grundzüge einer Theorie öffentlicher Aufgabenwahrnehmung in Kleinstaaten

3.2 Überprüfung des Soll-Profils der Aufgabenwahrnehmung Im folgenden werden die Ausgaben-Hypothesen des Soll-Profils aus

3.2.9 Umwelt, Raumordnung

In diesem Abschnitt wird die Wasserversorgung (Punkt 3.2.9.1) und Ab­

fallentsorgung (3.2.9.3) analysiert.71 Darüber hinaus werden auch die Gewässer- und Lawinenverbauungen hier eingeordnet (3.2.9.4).72

Für diese Bereiche der technischen Infrastruktur wurde in Punkt 2.4.2.1 folgende Erwartung formuliert:

Da in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein vergleichbare topographische Verhältnisse und Qualitätsansprüche vorherrschen, sind hier a priori keine Belastungsunterschiede zu erwarten, zumal es noch zu staatsübergreifenden Kooperationen in diesen Bereichen kommt.

71 Diese Aufgaben sind dem eigenen Wirkungskreis der liechtensteinischen Gemeinden zuzuordnen (Art. 5 Abs. 2 lit. e GemG beziehungsweise Art. 18 Abwasser- und Abfall­

beseitigungsverordnung 1977).

72 Für die Aufgabenverteilung dieser technischen Einrichtungen auf die Gemeinden aus juristischer Sicht vgl. detailliertere Ausführungen unter Punkt 3.3.1.2. Für weitere em­

pirische Nachweise über die Ausgabenintensität beziehungsweise die Nettobelastung vgl. Punkt 3.3.2.

Abbildung 3.17: Wasserversorgung

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• Durchführung - Vollzug - Produktion O Finanzierung - Betrieb (Abgang) - Investitionen

3.2.9.1 Wasserversorgung

Mit der Wasserversorgung ist ein erster Aspekt der technischen Infra­

struktur angesprochen. Im Bereich der Wasserversorgung haben sich der Zweckverband Gruppenwasserversorgung Liechtensteiner Oberland (Balzers, Triesen, Triesenberg, Vaduz, Schaan) und die Genossenschaft Wasserversorgung Liechtensteiner Unterland (Eschen, Gamprin, Mau­

ren, Ruggell, Schellenberg) herausgebildet (siehe Abbildung 3.17).

Während die Gemeindeverbände für die Förderung, Speicherung und Grobverteilung des Wassers zuständig sind, verbleiben den Gemeinden die Erstellung und Unterhaltung der Anlagen zur Feinverteilung des Wassers (WL Unterland) oder die Erstellung aller Wasserversorgungs­

anlagen ihres Gebietes (GL Oberland). Der Staat unterstützt die ge­

meindliche Wasserversorgung73 mit Subventionen für neue Wasserlei­

tungen und Erweiterungen der Wasserversorgungsanlagen (30 Prozent) beziehungsweise für Anlagen der Gruppenwasserversorgung (50 Pro­

zent; SubvG 1991, Anhang).

73 Die Wasserversorgung wird in den Schweizer Publikationen nicht eigens ausgewiesen und kann daher nicht mit den Liechtensteiner Werten verglichen werden.

Umwelt, Raumordnung Abbildung 3.18: Abwasser

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3.2.9.2 A bwasserbeseitigung

Seit 1. Januar 1997 gehören dem Abwasserzweckverband Liechtenstein neben den Unterländer Gemeinden Schaan und Planken nunmehr auch Vaduz, Triesen und Triesenberg an, die die veraltete Kläranlage Vaduz aufgegeben haben. Die Abwässer werden in der ARA Bendern geklärt.

Einzig die Gemeinde Balzers ist an dieses Netz nicht angeschlossen. Der Staat unterstützt die Ausarbeitung von Kanalisationsprojekten, den Bau von Kläranlagen und weiterer Anlagen mit 30 beziehungsweise 50 Pro­

zent (SubvG 1991, Anhang).

3.2.9.3 Abfallbeseitigung

Im Bereich der Abfallbeseitigung haben sich sämtliche liechtensteini­

schen Gemeinden dem regionalen Verein für Abfallbeseitigung mit Sitz in Buchs angeschlossen, dem auch alle Gemeinden der St. Galler Be­

zirke Werdenberg und Sargans sowie die Gemeinden Wildhaus, Alt St. Johann und Stein angehören. Dem Verein obliegt die Aufgabe, mit dem Bau und Betrieb der Anlage in Buchs Abfälle aller Art aus den Mitgliedsgemeinden zu beseitigen (siehe Abbildung 3.19). Die liech­

tensteinischen Gemeinden sind zudem in den letzten Jahren verstärkt auf dem Gebiet der Abfalltrennung und -bewirtschaftung tätig. Auch

Abbildung 3.19: Abfall

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im Bereich der Abfallbeseitigung vergibt der Staat beträchtliche Sub­

ventionen (30 Prozent, SubvG 1991, Anhang).

3.2.9.4 Gewässerverbauungen

Da die Schweiz und Liechtenstein bezüglich der topographischen Struk­

tur recht ähnlich einzuschätzen sind, ergibt sich bezüglich der Gewäs­

serverbauungen a priori kein Anhaltspunkt für eine relative Mehrbela­

stung Liechtensteins.

Das staatliche Amt für Gewässerschutz führt Grabenräumungen durch, unterhält die Rheinschutzbauten und nimmt präventiv Rüfever-bauungen vor beziehungsweise beseitigt und saniert die Folgen von Überschwemmungen, Rüfen (Muren) und Hangrutschungen (siehe Ab­

bildung 3.20). Die Ausgaben werden zwischen dem Land und den be­

troffenen Gemeinden geteilt, indem der Staat bedeutende Subventionen gewährt (80 beziehungsweise 50 Prozent, SubvG 1991, Anhang).

3.2.9.5 Nachweis der Ausgabenbelastungen

Nachweis Ausgabenbelastung bei der Abwasserbeseitigung: Der empi­

rische Befund zeigt, dass für die Abwasserbeseitigung über alle Ge­

bietskörperschaften hinweg in Liechtenstein das rund 1.7fache der Schweiz ausgegeben wird. Bemerkenswert scheint aber vor allem, dass

Umwelt, Raumordnung Abbildung 3.20: Gewässerverbauungen

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• Durchführung - Vollzug - Produktion O Finanzierung - Betrieb (Abgang) - Investitionen

für die liechtensteinischen Gemeinden eine um das 5fache höhere Nettobelastung aus der Abwasserbeseitigung verbleibt (246 zu 50 CHF, siehe Tabelle 3.18). Hier spielt naturgemäss die "Bepreisung"

eine wesentliche Rolle. Die übergeordneten Gebietskörperschaften haben hingegen kaum Lasten aus diesem Bereich zu tragen (Nettobe­

lastung: 45 zu 36 CHF).

Nachweis Ausgabenbelastung bei der Abfallbeseitigung: Auf der Ebene der übergeordneten Gebietskörperschaften liegen keine nennens­

werten Nettobelastungen vor (siehe Tabelle 3.18). Wiederum sind vor allem die Liechtensteiner Gemeinden weitaus stärker belastet als die schweizerischen (insgesamt um das 9facbe: 249 vs. 26 CHF), und wie­

derum öffnet sich eine breite Kluft zwischen Ausgaben und Nettobe­

lastung, das heisst vor und nach Gebühreneinnahmen.

Nachweis Ausgabenbelastung bei der Gewässerverbauung: Interes­

sante Abweichungen ergeben sich auch im Fall der Gewässerverbauun­

gen: Das Land tätigt das 7fache des Schweizer Ausgabenwertes, insge­

samt wird in Liechtenstein im Jahr 1995 mit 254 CHF netto das gut 20fache (!) ausgegeben (12 CHF, siehe Tabelle 3.18). Die Relation stellt in dieser Höhe einen einmaligen "Ausreisser" dar (Rüfeabgang im Jahr 1995), im Kontrolljahr 1993 wurde jedoch auch das Sfache ermittelt.74

74 Dies stellt eine Grössenordnung dar, die durch relative topographische Unterschiede al­

lein nicht zu erklären ist.

Tabelle 3.18

Abwasserbeseitigung Alle Gebietskörperschaften Land vs. Bund/Kantone Ausgaben Nettobelastung Ausgaben Nettobelastung

Liechtenstein 436 246 48 45

Schweiz 259 50 81 36

Index (CH = 100) 168 492 59 125

Relation 1.7 zu 1 5 zu 1 0.6 zu 1 1.2 zu 1

Abfallbeseitigung Alle Gebietskörperschaften Land vs. Bund/Kantone Ausgaben Nettobelastung Ausgaben Nettobelastung

Liechtenstein 459 249 29 29

Schweiz 142 26 27 0

Index (CH = 100) 323 958 107

Relation 3.2 zu 1 9.5 zu 1 1 zu 1

Gewässerverbauung Alle Gebietskörperschaften Land vs. Bund/Kantone Ausgaben Nettobelastung Ausgaben Nettobelastung

Liechtenstein 257 254 224 224

Schweiz 45 12 31 10

Index (CH = 100) 571 2 117 723 2 240

Relation 6 zu 1 21 zu 1 7 zu 1 22 zu 1

Quelle: Auszug aus Tabelle 3.1 bzw. 3.2 (Beträge in CHF pro Einw., 1995).

Einschätzung Umwelt, Raumordnung: Bemerkenswert sind sowohl die hohen Nettobelastungen (vor allem der Gemeinden) in den Berei­

chen Abwasser und Abfall als auch die intensiven Aktivitäten, die in der Gewässerverbauung gesetzt werden. Dies ist nicht nur auf topographi­

sche Unterschiede zurückzuführen. Vielmehr dürften die Gebühren im Wasser-, Abwasser- und Abfallbereich für Haushalte und Unternehmen in Liechtenstein im Vergleich zur Schweiz stark unterdurchschnittlich sein, zum anderen scheint auch in diesen Bereichen der Wettbewerb zu wenig zu spielen.

Volkswirtschaft Abbildung 3.21: Förderung Landwirtschaft

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3.2.10 Volkswirtschaft

In diesem Punkt werden diverse Förderungsaktivitäten zusammenge-fasst. Im liechtensteinischen Kontext spielen vor allem die Landwirt­

schaft (Punkt 3.2.10.1) und die Forstwirtschaft (Punkt 3.2.10.2) eine Rolle.

3.2.10.1 Landwirtschaft

In bezug auf die Land- und Forstwirtschaft wurde in Punkt 2.4.2.1 fol­

gende Erwartung formuliert:

- Land und Forstwirtschaft:

Auf die Höhe der Förderung von Land- und Forst(Wald-)wirtschaft nehmen die geltende Marktordnung (Preis- und Abnahmegarantien) und die topographischen Gegebenheiten (Alpwirtschaft) massgeblich Einfluss. Darüber hinaus spielen jedoch auch verteilungspolitische Motive eine Rolle. Dadurch sind überdurchschnittliche Ausgaben zu erwarten.

Das Land vergibt diverse Förderungen: zum Beispiel Alpungskosten-beiträge, Zahlungen für Alpverbesserungen und für landwirtschaftliche

Bauten sowie für die Bewirtschaftung von Hanglagen. Da die Erlöse aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte zurückgehen, wurden er­

gänzend einkommensverbessernde Direktzahlungen eingeführt (Gesetz über Direktzahlungen an die Landwirtschaft).75 Weitere Schritte in Richtung einer produktunabhängigen Stützung der Landwirtschaft stel­

len das Gesetz über die Abgeltung ökologischer und tiergerechter Lei­

stungen und das geplante Gesetz über die Förderung der Berglandwirt­

schaft76 dar. Diese Förderungen werden vom staatlichen Landwirt­

schaftsamt vergeben (siehe Abbildung 3.21).

3.2.10.2 Forstwirtschaft

Obwohl der Grossteil der Waldflächen im Besitz der liechtensteinischen Gemeinden oder der Alpgenossenschaften ist, erfolgt die Bewirtschaf­

tung der Gemeindewaldungen nur im Einvernehmen mit dem Land (Regierung, staatliches Forstamt). Die Gemeinden haben einen Gemein­

deförster zu bestellen und zu besolden (30 Prozent übernimmt das Land, SubvG 1991, Anhang). Die Gemeindeförster unterliegen in tech­

nisch-forstwirtschaftlicher Beziehung den Anweisungen des staatlichen Forstamts (siehe Abbildung 3.22).

3.2.10.3 Nachweis der Ausgabenbelastungen

Nachweis Landwirtschaft: Im Vergleich zur Schweiz fällt die Nettobe­

lastung Liechtensteins aus der Förderung der Landwirtschaft deutlich geringer aus (338 zu 540 CHF, siehe Tabelle 3.19). Die Agrarpolitik stellt in der Schweiz insofern ein massives Problem dar, als die Märkte noch nicht geöffnet sind und so suboptimale Betriebsstrukturen, die durch Direktzahlungen unterstützt werden, nur schleppend abgebaut werden.77

75 Im Jahr 1995 wurden aus diesem Titel 3.1 Mio. CHF vergeben (LVB vom 26. Juli 1996,

S . l ) .

76 LVB vom 17. Oktober 1996, S. 1.

77 Vgl. Jean-Philippe Kohl in der NZZ vom 7. Januar 1998: Protektionismus als Bume-rang. Die Agrarreform aus marktwirtschaftlicher Optik.

Volkswirtschaft Abbildung 3.22: Waldwirtschaft

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Tabelle 3.19

Landwirtschaft Alle Gebietskörperschaften Land vs. Bund/Kantone Ausgaben Nettobelastung Ausgaben Nettobelastung

Liechtenstein 392 338 315 308

Schweiz 572 540 564 536

Index (CH = 100) 69 63 56 57

Relation 0.7 zu 1 0.6 zu 1 0.6 zu 1 0.6 zu 1

Waldwirtschaft Alle Gebietskörperschaften Land vs. Bund/Kantone Ausgaben Nettobelastung Ausgaben Nettobelastung

Liechtenstein 413 221 158 119

Schweiz 113 69 61 47

Index (CH = 100) 365 320 259 253

Relation 3.5 zu 1 3 zu 1 2.5 zu 1 2.5 zu 1

Quelle: Auszug aus Tabelle 3.1 bzw. 3.2 (Beträge in CHF pro Einw., 1995).

Ähnliches gilt auch (noch) für Österreich, dessen alpine Landwirt­

schaft sehr klein strukturiert ist. Auch gegenüber seinem östlichen Nachbarn ist der Kleinstaat recht gering belastet (427 vs. 626 CHF, siehe Tabelle 3.20).

Nachweis Waldwirtschaft: Die liechtensteinischen öffentlichen Haus­

halte sind um das 3fache stärker belastet als die Schweizer

(Nettobe-Tabelle 3.20

Land- und Forstwirtschaft Land vs. Bund/Länder

Ausgaben Nettobelastung

Liechtenstein 472 427

Osterreich 650 626

Index (A = 100) 73 68

Relation 0.7 zu 1 0.7 zu 1

Quelle: Auszug aus Tabelle 3.3 (Beträge in CHF pro Einw., 1995).

lastung von 221 zu 69 CHF, siehe Tab 3.19). Dabei ist der Unterschied zwischen den Gemeinden deutlich höher (Relation: 4.5 zu 1) als zwi­

schen den übergeordneten Gebietskörperschaften (2.5 zu 1).

Einschätzung: Die Förderung der Land- und Forstwirtschaft, die ins­

gesamt an Bedeutung verliert, bleibt in Liechtenstein sowohl im Ver­

gleich zur Schweiz wie auch zu Osterreich deutlich unter den Werten der Nachbarn zurück.

3.2.11 Vergleich der öffentlichen Aufgabenerfüllung