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7. Welche Ziele können bis 2027 erreicht werden

7.1 Umsetzungshindernisse und Anforderungen an die politischen

Zieler-reichung bis 2027 in Bremen wie auch bundesweit nicht realistisch ist. Es besteht allerdings von Seiten der Wasserwirtschaftsverwaltung und der Umweltminister Konsens darüber, dass von der Inanspruchnahme verminderter Umweltziele so wenig Gebrauch wie möglich gemacht und am Ni-veau der Zielerreichung der WRRL so weit wie möglich festgehalten werden soll, auch wenn dies eine Planung über 2027 hinaus bedingt. In Kapitel 7.1 werden die wesentlichen Umsetzungshinder-nisse, Lösungsvorschläge und das entsprechende Vorgehen der Bewirtschaftungsplanung für den anstehenden Bewirtschaftungszyklus dargelegt. In den Kapiteln 7.2 und 7.3 wird beschrieben welche Maßnahmen auf bremischem Gebiet bis 2027 umgesetzt werden können und zu welchem Grad die Ziele der WRRL in den Oberflächenwasserkörpern und den Grundwasserkörpern bis dahin voraus-sichtlich erreicht werden können.

7.1 Umsetzungshindernisse und Anforderungen an die politischen Rahmenbedingungen

Von den über 9.800 bewirtschafteten Oberflächenwasserkörpern in Deutschland erreichten bis Ende 2015 z.B. nur 8,2 % das Bewirtschaftungsziel „guter ökologischer Zustand“ bzw. „gutes ökologisches Potenzial“. Knapp 1/3 der Wasserkörper erreicht jeweils einem „mäßigen“ bzw. einem „unbefriedi-genden“ ökologischen Zustand und fast 20 % nur einen „schlechten ökologischen Zustand“. Belas-tungsschwerpunkte in den Oberflächengewässern sind Abflussregulierungen und morphologische Gewässerveränderungen (etwa bei 41,5 % der Wasserkörper), diffuse stoffliche Einträge (38 %) und Einträge aus Punktquellen (etwa 19 %) (LAWA 2018b). Der chemische Zustand wird aufgrund ubiqui-tärer Belastungen mit Schadstoffen wie z.B. Quecksilber und PAKs in ganz Deutschland als schlecht eingestuft. Mehr als 1/4 der Grundwasserkörper verfehlen den guten chemischen Zustand wegen zu hoher Nitratkonzentrationen.

In den Maßnahmenprogrammen der Flussgebiete wurden von den Bundesländern mehr als 100.000 Maßnahmen gemeldet. Von den Maßnahmen zur Verbesserung der morphologischen Beeinträchti-gungen wurden etwa 19 % und von den Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit ca. 17 % umgesetzt. Auch in Bezug auf die Umsetzung der Maßnahmen an Punktquellen im Bereich Abwasser, Maßnahmen zur Verringerung der Bodenerosion und Abschwemmung sowie Beratungsmaßnahmen im Handlungsfeld Landwirtschaft sind bisher nur zu kleinen Teilen umgesetzt. Bereits jetzt ist abseh-bar, dass trotz enormer Anstrengungen die Ziele der WRRL bis 2027 nicht in allen Wasserkörpern bzw. nicht in allen Kriterien erreichbar sind.

Die LAWA (2018b) hat vielfältige Gründe für die Verzögerungen bei der Maßnahmenumsetzung be-nannt. Bundesweit und auch in Bremen sind insbesondere für die Oberflächenwasserkörper im We-sentlichen folgende Hindernisse relevant, die zu einer deutlichen Verzögerung der Maßnahmenums-etzung führen können:

1) Eine fehlende Flächenverfügbarkeit: Viele notwendige Umgestaltungen am Gewässer kön-nen nicht umgesetzt werden, da die Flächen anderweitig genutzt werden. Im Außenbereich von Bremen bspw. ist es schwierig, Flächen von den Landwirten zu erhalten, da diese eine grundsätzliche, von der landwirtschaftlichen Produktion entkoppelte, flächenbezogene Di-rektzahlungen von der EU erhalten oder die Fläche im Rahmen einer flächengebundenen Viehdichte benötigen. Im Stadtgebiet ist in der Regel wenig Raum für gewässerökologische Maßnahmen aufgrund enger Bebauung oder der Nutzung zur Naherholung, nicht selten be-finden sich im öffentlichen Grün Wege direkt am Gewässer.

2) Fehlende bzw. begrenzte finanzielle oder personelle Ressourcen bei den zuständigen Behör-den und Behör-den Maßnahmenträgern.

3) Bestehende Nutzungs- bzw. Zielkonflikte, auch mit Hochwasser- und Naturschutz (z.B. bei Vogelschutzgebieten).

Weitere Gegebenheiten, die insbesondere in Bremen die Maßnahmenplanung und die spätere Um-setzung erheblich verzögern, sind.

4) Eine lückenhafte Datenlage bei den Grundlagendaten, die für die Planungen erforderlich sind (z.B. Wasserabfluss- und Pegeldaten). Zum Teil erweist sich die Machbarkeit von Maßnah-men dadurch erst im konkreten Bearbeitungsprozess als nicht möglich oder unwirtschaftlich.

5) Die große Anzahl von Akteuren vor Ort, die einen hohen Abstimmungsaufwand erfordert.

Absprachen müssen in der Regel mit dem Hochwasserschutz, dem Naturschutz, den Deich-verbänden und den Akteuren vor Ort erfolgen, zum Teil mit bremischen und niedersächsi-schen Institutionen.

Die UMK hat die grundsätzliche Problematik der verzögerten Maßnahmenumsetzung in Deutschland erkannt und in ihrer vom 11. bis 13. November 2020 stattgefundenen Sitzung die folgenden Fest-stellungen getroffen und Maßnahmenbedarfe identifiziert. Dabei sind unterschiedliche Rechtsberei-che betroffen und die unterschiedliRechtsberei-chen Umsetzungsakteure auf EU-, Bundes- und Länderebene zu adressieren. Vordringlich auf EU-Ebene umzusetzen ist die bessere Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) an den Zielen der WRRL. Parallel dazu soll die Kohärenz des EU-Rechts mit den Zielen der WRRL gestärkt werden und das Verursacherprinzip stärker greifen, damit die Verwendung gewässerschädlicher Substanzen von Anfang an in anderen EU-Rechtsgebieten verboten bzw. wei-test möglich begrenzt wird. End-of-pipe-Lösungen zu Lasten der gesamten Gesellschaft müssen durch Vermeidungs- und Minimierungsstrategien des Verursachers ersetzt werden.

Auch eine Harmonisierung der gewässerbezogenen EU-Richtlinien wird gefordert. So genügt z.B. die Kommunalabwasserrichtlinie insbesondere bei der Nährstoffelimination nicht mehr den Herausforde-rungen der WRRL.

Beispiele für Maßnahmen, die der Bund zur Erreichbarkeit der Ziele der WRRL beitragen soll, sind zum einen eine Anpassung des Abwasserabgabengesetzes: Die drei wesentlichen Funktionen der Abwasserabgabe (Lenkungsfunktion, flankierende Vollzugsunterstützung und Finanzierungsfunktion) haben weiterhin ihre Berechtigung und müssen durch die überfällige Novellierung gestärkt werden.

Auch soll die Abwasserverordnung angepasst werden, dabei stehen neben der Reduktion der Nähr-stoffeinträge aus Siedlungsabwässern und Regenwasserüberlastungen auch Kläranlagen und die in-dustriell-gewerbliche Abwasserreinigung im Fokus.

Weiterhin sollen zur Reduzierung der Nähr- und Schadstoffeinträge von landwirtschaftlichen Flächen die Regelungen zu den Gewässerrandstreifen im WHG erweitert werden, das Düngerecht in Bezug auf mehr Gewässerschutz evaluiert und fortentwickelt werden und die Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz (NAP) geprüft werden. Zur Reduzierung der Schadstoffeinträge werden strengere Bestimmungen insbesondere im Chemikalien- und Immissionsschutzrecht gefordert.

Wichtiger Adressat der Forderungen der UMK ist auch die Generaldirektion Wasserstraßen. Zur Er-reichung der Ziele der WRRL soll der Bund eine hoheitliche Zuständigkeit für den wasserwirtschaft-lichen Ausbau der Bundeswasserstraßen erhalten. Es besteht über die Herstellung der Durchgängig-keit hinaus noch erhebliche weitere Defizite in Bezug auf die Umsetzung der WRRL. Die fehlende bzw. zögerliche Umsetzung verhindert die Realisierung.

Nicht zuletzt soll die Flächenverfügbarkeit zur Maßnahmenumsetzung durch die Etablierung eines Vorkaufsrechts für Grundstücke an Gewässern im Außenbereich im WHG sowie die Möglichkeit zur Förderung von Grunderwerb für WRRL-Umsetzungsmaßnahmen durch GAK4-Mittel verbessert wer-den.

Auch an die Länder sind umfangreiche Anforderungen formuliert. So wird die Konkretisierung und transparente Darstellung der WRRL-Maßnahmenplanung benannt, dabei soll an den Zielen und An-forderungen und dem bestehenden Zielniveau einschließlich der Ausnahmen grundsätzlich festge-halten werden. Zur Erhöhung der Flächenverfügbarkeit sollen die Länder ihre Flächenpolitik stärker auf die Ziele der WRRL auszurichten (z. B. Flurbereinigung, Einräumung von Dienstbarkeiten, Öko-konten). Auch durch eine Intensivierung der Förderung sieht die UMK einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung von Maßnahmen der WRRL, insbesondere, wenn die Umsetzung durch „Dritte“ (z. B.

durch die Kommunen) an der Finanzierung scheitert. Weiterhin sollen Synergieeffekte mit dem Na-turschutz stärker genutzt und die Ziele weiter harmonisiert werden.

Zur Reduzierung der Nährstoffeinträge sieht die UMK bei den Ländern die Verantwortung zur zeitna-hen Umsetzung des § 13 a der Düngeverordnung und zur Verbesserung von Kontrollen und Beratung in der Landwirtschaft.

Selbst wenn ein Großteil der Anforderungen der UMK zu Beginn der kommenden Bewirtschaftungs-planperiode umgesetzt werden würde, bleiben die Herausforderungen insbesondere in einem dicht besiedelten Staat wie Deutschland und einem urbanen Raum wie Bremen besonders groß. Daher besteht bundesweit das Verständnis, dass die ehrgeizigen Ziele der WRRL innerhalb der vorgesehe-nen Frist bis 2027 mit den vorhandevorgesehe-nen personellen und finanziellen Mitteln nicht flächendeckend erreichbar sind. Da Konsens darüber besteht, dass die Ziele der WRRL nicht geschwächt werden sollen, hat sich die LAWA auf die Anwendung des sogenannten Transparenz-Ansatzes verständigt.

Dieser beinhaltet eine vollständige Identifizierung und Benennung aller zur Zielerreichung notwendi-gen Maßnahmen (Vollplanung). Zusätzlich werden die Maßnahmen mit einem konkreten Umset-zungsplan inkl. Zeitpunkt der erwarteten Zielerreichung und einer Kostenschätzung versehen. Auf diese Weise wird die weitere beabsichtigte Vorgehensweise zur Zielerreichung in transparenter und

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nachvollziehbarer Weise in den Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmenprogrammen dargelegt und das Zielniveau der WRRL nicht herabgesetzt (vgl. Kap. 6.1).

Im Folgenden wird dargelegt bis zu welchem Grad die Ziele der WRRL in den bremischen Wasser-körpern im anstehenden Bewirtschaftungszyklus 2021 bis 2027 voraussichtlich erreicht werden kön-nen, auch im Kontext mit dem ermittelten Maßnahmenbedarf.