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Theorien zur Bedeutung von Informationen am Kapitalmarkt Zur Untersuchung der Bedeutung von Informationen am Kapitalmarkt kann ein

Informationen kapitalmarktorientierter Unternehmen 1 Bedeutung von Informationen im Kontext des Kapitalmarktes

1.2.2 Theorien zur Bedeutung von Informationen am Kapitalmarkt Zur Untersuchung der Bedeutung von Informationen am Kapitalmarkt kann ein

Rückgriff auf das Konzept der sog. Kapitalmarkteffizienz erfolgen, welches auf Fama (1970) zurückgeht und sich reger Beachtung sowohl in der theoretischen Diskussion als auch in der empirischen Forschung erfreut.7

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Kernelement ist die recht knapp gehaltene Definition der Kapitalmarkteffizienz: ,,A market in which prices always 'fully reflect' available information is called 'efficient"'71 •

Kritik wurde v.a. angesichts des vagen Charakters der Formulierungen ,fully re-flect' sowie ,information available' geübt.72 Dennoch geben diese wichtige Hin-weise zum Stellenwert von Informationen am Kapitalmarkt: Es ist offensichtlich, dass in einem streng neoklassischen Marktverständnis hierzu keine Aussage

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Vgl. Healy/Palepu (2001), S. 406. Zudem ist ein Informationsstrom ausgehend von sog.

Informationsintermediären (insb. Finanzanalysten, Banken, Öffentlichkeit) in Richtung der Investoren zu erkennen. Jene filtern, interpretieren und ergänzen die von den Unter-nehmen ausgehenden Informationen, die einzige originäre Quelle der Informationen zur Schätzung von Zahlungsströmen sind jedoch die Unternehmen.

Ein unmittelbarer Rückkanal der Investoren in Richtung der Unternehmen wäre grds. je-doch vorstellbar, insb. im Falle von Großinvestoren, davon sei hier aber abstrahiert.

Vgl. Beaver (1983), S. 344f.

Fama (1970), S. 383. Im Original ebenfalls mit Hervorhebungen. Neben jenem Begriff der ,Kapitalmarkteffizienz' hat sich weiterhin der gleichbedeutende verwendete Begriff der , Informationseffizienz' etabliert.

Vgl. grdl. Beaver (1983), v.a. S. 346f., ebenso zur Kritik an der Definition der Kapital-markteffizienz. Jedoch schreibt Fama (1970), S. 384 selbst: ,,The definitional statement that in an efficient market prices fully reflect available information is so general that it has no empirically testable implications." (Im Original ebenfalls mit Hervorhebung).

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leitbar wäre, da die Markteffizienz a priori gegeben ist.73 Folglich sind Modelle erforderlich, die Marktimperfektionen explizit zulassen. Drei Ansätze sind nach-folgend skizziert, die die Bedeutung von Informationen aufzuzeigen vermögen:

Merton ( 1987) weist in seinem Ansatz auf bestehende Informationsasymmetrien am Kapitalmarkt hin, insb. unter den Investoren: Nicht jeder Investor kennt alle am Kapitalmarkt verfügbaren Titel, kann aber nur diejenigen in seinem Portfolio halten, welche er kennt - vollständige Diversifikation ist ergo nicht erreichbar.74 Die Risikoposition des Investors steigt daher mit sinkender Anzahl an bekannten Titeln. Aus Sicht eines Kapitalnachfragers bedeutet dies, dass nur eine limitierte Investorenbasis verfügbar ist, die für eine Bereitstellung von finanziellen Mitteln in Frage kommt. Um jene zu verbreitern, kann ein Unternehmen Maßnahmen er-greifen, die u.a. die Informationsdistribution umfassen. Das würde nicht nur den Bekanntheitsgrad des Nachfragers erhöhen, sondern auch die Empfangs- und die Interpretationskosten auf Seiten der Investoren reduzieren und folglich könnten mehr Investoren die betreffenden Titel bei der Portfoliostrukturierung beachten.

Die höhere Informationsdistribution führt sodann im Modell Mertons dank einer breiteren Investorenbasis cet. par. zu geringeren Kapitalkosten.

Barry/Brown (1985) lassen dagegen Informationsasymmetrien auf der Ebene der Titel, also der Unternehmen, zu, da sich diese annahmegemäß hinsichtlich ihrer Informationsqualität unterscheiden - Investoren haben in diesem Modell jedoch einen identischen Bestand an Informationen.75 Es folgt, dass der Informationsge-halt ein titelspezifisches, unsystematisches Risiko darstellt. Investoren wären da-her selbst bei stark heterogener Informationsqualität indifferent hinsichtlich der Titelalternativen, wenn sie das titelspezifische Informationsrisiko durch Diversi-fikation eliminieren könnten. Eine höhere Informationsqualität einzelner

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Diese Voraussetzung stellt die Prüfung der Markteffizienzhypothese per sein Frage. Da für den Test der Markteffizienz Überrenditen in Relation zu den kapitalmarkttheoretisch korrekten Renditen zu untersuchen wären, besteht ein ,Joint Hypotheses'-Problem: Ein Test der Markteffizienz ist zugleich ein Test des Kapitalmarktmodells et vice versa, vgl.

Labhart/Volkart (2001) S. l l 9f. Im neoklassischen Finanzmarkt wäre jede beliebige In-formation unmittelbar korrekt interpretiert in den Bewertungsmodellen reflektiert.

Vgl. im Folgenden ausführlich Merton (1987), S. 483ff.

Vgl. im Folgenden ausführlich Barry/Brown (1985), S. 407ff.

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nehmen würde sich in diesem Modell schließlich nicht lohnen, da nur das nicht-diversifizierbare Risiko am Markt abgegolten wird. Wäre jedoch das aus der In-formationsqualität resultierende Risiko nicht vollständig diversifizierbar, würde es das systematische Risiko erhöhen und insofern eine Prämie für Investoren be-gründen. Dieses titelspezifische Risiko, das sog. ,Estimation Risk', ist, wie em-pirisch nachgewiesen werden kann, in der Tat nicht völlig diversifizierbar.76 Auf kapitalmarkttheoretischer Basis berechnete Kapitalkosten sind für Unternehmen mit guter Informationsqualität also zu hoch, die mit schwächerer Qualität setzen zu geringe Kosten an. Durch konsistentes Informationsmanagement können also auch in diesem Modell Effekte erzielt bzw. die Kapitalkosten gesteuert werden.

Modelle der sog. Market Microstructure Theory setzen sich schließlich mit dem Mechanismus des Prozesses der Preisbildung für Finanzierungstitel am Kapital-markt auseinander: Dieser Prozess bleibt in der klassischen Finanztheorie ohne Beachtung, da sich annahmegemäß immer der Gleichgewichtspreis einstellt. An-genommen wird, dass eine in ihrem Aussagegehalt schwache und intransparente Informationsbereitstellung zu geringerem Vertrauen der Investoren in die Preis-bildung am Markt führen muss, da für diese stets die Gefahr besteht, dass besser informierte Investoren Informationsvorsprünge zur Erzielung höherer Renditen verwerten können.77 Dies hat negativen Einfluss auf die Liquidität im Markt, in der Folge steigen die Kapitalkosten des betrachteten Unternehmens an - aktives Informationsmanagement sollte daher Investoren in einem transparenten Prozess mit einem identischen sowie umfassenden Set an Informationen versorgen.78

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,Estimation Risk' bezeichnet das Risiko der Investoren, in ihrer Einschätzung der Ent-wicklung eines Unternehmens falsch zu liegen. Barry/Brown teilen Wertpapiere in zwei Klassen ein: hohe vs. niedrige Informationsqualität. Der Fokus liegt auf Aktien, aber die Ausdehnung auf alle Wertpapierarten, die im Marktportfolio enthalten sind, ist möglich, vgl. Barberis (2000) bzw. für internationale Diversifikation Hasan/Simaan (2000).

Dies wird in der Literatur auch als sog. ,lemons problem' bezeichnet: ,,The information or ,lemons' problems arises from information differences [ ... ] it can potentially lead to a breakdown in functioning of the capital market", so Healy/Palepu (2001), S. 407f. Das ,lemons problem' geht ursprünglich auf Akerlof (1970) zurück.

Vgl. bspw. Labhart/Volkart (2001), S. 120f. Natürlich umfasst dies eine Informations-bereitstellung sowohl für aktuelle wie auch für potenzielle Investoren. Zur Überprüfung werden empirische Analysen des Handelsvolumens sowie weiterer liquiditätsbezogener Parameter durchgeführt, vgl. beispielhaft Welker ( 1995); LeuzN errecchia (2000).

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Mit diesen exemplarischen Modellen kann folglich - trotz jeweils individueller Schwerpunktsetzung - eine generelle Bedeutung von Informationen am Kapital-markt abgeleitet werden, da in allen Fällen der Nachweis erbracht wird, dass die Menge und die Qualität verfügbarer Informationen zu feststellbaren Effekten am Kapitalmarkt führen. Neben diesen modelltheoretischen Arbeiten liegt weiterhin eine Vielzahl von empirischen Studien vor, die sich mit diesem Themenkomplex befassen: Stellvertretend sei hier bereits die Untersuchung von Botosan (1997a) erwähnt, welche einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Niveau der Informationsbereitstellung von Unternehmen und den Kapitalkosten aufzeigt.79 Abschließend kann folglich für den weiteren Verlauf dieser Arbeit festgehalten werden, dass Informationen am Kapitalmarkt offensichtlich von Bedeutung sind und ohne diese ein Funktionieren des Marktmechanismus fraglich erscheint.80