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Begriffliche Charakterisierung von »Strategie((

Informationen kapitalmarktorientierter Unternehmen 1 Bedeutung von Informationen im Kontext des Kapitalmarktes

2 Strategisches Management zur

2.1.1 Begriffliche Charakterisierung von »Strategie((

Der Begriff der ,Strategie' in der betriebswirtschaftlichen Literatur ist grds. von gewisser Unschärfe gekennzeichnet, diverse Ansätze zur terminologischen Ab-grenzung existieren parallel: ,,There is not much agreement about strategy."128 Daher wird der Begriff Strategie heute i.d.R. als Oberbegriff angesehen, denn es ist eine „einheitliche Definition von Strategie und strategischer Planung bisher weder in Wissenschaft noch Praxis zustande gekommen"129• Gleichwohl muss dies nicht bedeuten, dass eine theoretische Beschäftigung mit der Begrifflichkeit überflüssig wäre. Zwar gilt, eine „einwandfreie und erschöpfende Definition für Strategie gibt es nicht und wird sich auch kaum finden lassen"130, dennoch ist eine inhaltliche und kontextspezifische Auseinandersetzung mit dem Begriff der ,Strategie' hilfreich, was als Ziel der folgenden Ausführungen gelten kann.

Beginnt man bei der Etymologie dieses Begriffs führt dies in das Altgriechische, in dem ,stratos' mit Heer und ,agein' mit ,führen' zu übersetzen ist.131 So wurde schließlich der Begriff des , strategos' abgeleitet, der bereits deutliche Verwandt-schaft mit ,Strategie' zeigt. Der ,strategos' kann als der Führer des Heeres inter-pretiert werden.132 Zudem wurde das militärische Oberkommando als , Strategia' bezeichnet, das sich primär mit militärischen, später aber auch mit politischen

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Whittington (2001), S. 2. Diese prägnante Aussage entstammt der Arbeit des Autors, die den interessanten Titel „What is Strategy - and does it matter?" trägt.

Welge/Al-Laham (1993), S. 193.

Hinterhuber (2004), S. 17.

Auseinandersetzungen mit ,Strategie' beginnen i.d.R. mit der etymologischen Begriffs-erläuterung - dem wird hier gefolgt. Vgl. bspw. Müller-Stewens/Lechner (2005), S. 8.

Vgl. ebenso Hungenberg (2001), S. 4; Müller-Stewens/Lechner (2005), S. 8f.

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Fragestellungen auseinandersetzte.133 Der Ursprung des heute verwendeten Be-griffs der Strategie liegt folglich eindeutig im militärischen Bereich.

Diese Erkenntnis fortführend kann der Begriff in einen übergeordneten Bezugs-rahmen eingegliedert werden. Eine Systematisierung ist von Clausewitz vorge-stellt worden, der Strategie als Bindeglied in einem dreigliedrigen System aus Politik, Strategie sowie Taktik sah. 134 Während Politik als übergeordnetes Ziel-system künftig zu erreichende Zustände vorgibt, umfasst Taktik alle operativen Tätigkeiten, die - unter Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel - zur Verwirklichung dieser Ziele erforderlich sind. 135 Taktik dient in diesem Bild der Anwendung der durch die Strategie vorgegebenen, geplanten Mittel. Clausewitz charakterisiert Strategie folgerichtig als die ,,Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krieges"136• Strategie bildet also einen Rahmen, in dem sodann konkretes taktisches Handeln erfolgt, das jedoch lediglich derivativen Charakter besitzt. Beachtenswert an der Arbeit Clausewitz' ist neben der Errichtung eines Systems dreier interdependenter Ebenen die Betonung des übergeordneten Ziel-systems, das die Strategie inhaltlich leitet: ,,Man fängt keinen Krieg an [ ... ] ohne sich zu sagen, was man mit und was man in demselben erreichen will."137 Es ist folglich festzuhalten, dass Strategie vom begrifflichen Ursprung her eine militärische Führungsaufgabe beschreibt - zudem besitzt sie primär planerischen Charakter, umfasst in diesem Begriffsverständnis jedoch weder die Zielbildung noch die konkrete Umsetzung, hat aber Schnittstellen zu diesen beiden Ebenen.

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Vgl. Evered (1983), S. 58f., ähnlich Porter (1996), S. 63f.; Hahn/Simanek (2000), S. 18.

Vgl. grdl. Oetinger et al. (2003). Carl von Clausewitz war selbst als militärischer Führer tätig. In Diensten der preußischen Armee nahm er u.a. an den napoleonischen Kriegen teil. Aufgrund zahlreicher (meist posthum erschienener) Veröffentlichungen über Sinn und Zweck des Krieges sowie die Kunst der Kriegsführung hat dieser sich den Ruf eines ,Militärphilosophen' erarbeitet. Weiterhin wird Clausewitz heute i.d.R. als geistiger Ur-vater der modernen Strategielehre angesehen. Vgl. im Detail bspw. Schössler (1991 ).

Vgl. Hinterhuber (2004), S. 23ff. Auch in einem weiteren klassischen Definitionsansatz des preußischen Generalfeldmarschalls Moltke wird eine Orientierung an einem überge-ordneten Zielsystem erkennbar: ,,Fortbildung des ursprünglich leitenden Gedankens ent-sprechend den[ ... ] sich ändernden Verhältnissen", zitiert nach Hinterhuber (2004), S. 23.

Clausewitz, (1905), S. 69.

Clausewitz (1905), S. 609, mit dieser Aussage schneidet Clausewitz auch die Trennung von Ziel und Zweck einer Handlung an: Erst nennt er Zweck, dann Ziel des Krieges.

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2.1.2 Einzug strategischen Denkens in die Betriebswirtschaft Nicht zuletzt aufgrund seines militärischen Ursprungs hat dieser Strategiebegriff Verwendung im ökonomischen Kontext gefunden.138 Dies ist insofern nachvoll-ziehbar, als militärische Theorien erste Grundlagen von betriebswirtschaftlichen Strategiekonzepten darstellten.139 Als Begründer dieser Transformationsleistung sind im deutschsprachigen Raum insb. Neumann/Morgenstern zu benennen, die erstmals im Jahre 1944 eine Anwendbarkeit strategischen Denkens innerhalb der Wirtschaftswissenschaften feststellten. 140 Dabei wurde nicht nur das inhaltliche Verständnis von Strategie per se, sondern auch die Systematisierung übertragen:

Analog werden Strategien nicht als Selbstzweck verstanden, sondern als Mittel zur Erreichung der durch die Politik vorgegebenen Ziele. Strategie erscheint also auch hier als eine „vom Endziel her abgeleitete, kohärente Schrittfolge"141 , als Richtungsvorgabe für in der Taktik oder Operation umzusetzende Aktivitäten.

Konkretere praktische Anwendung innerhalb der Betriebswirtschaftslehre erhielt strategisches Denken schließlich ab Mitte des 20. Jahrhunderts im Rahmen der Spieltheorie. 142 Prägend für diese ist die sog. Interdependenz des Entscheidungs-problems, d.h. das konkrete Ergebnis einer Entscheidungssituation eines Akteurs wird determiniert durch Handlungen anderer Akteure. Der Entscheidungsträger muss daher bei einer Auswahl von Aktionen innerhalb des Spielfeldes beachten, welche Aktionen Mitspieler potenziell wählen können, um auf seine Aktionen zu reagieren. Ziel ist dabei, stets eine vollständige Beschreibung davon zu erstellen, welche Aktionen ein Spieler ggf. auszuführen plant, und zwar für jedes einzelne Entscheidungsproblem, das sich im Verlaufe eines Spiels stellen könnte.143 Zwar wurde die Spieltheorie z.T. aufgrund ihres deterministischen Charakters im

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Vgl. Bracker (1980), S. 219, auch Evered (1983), S. 59ff.

Vgl. Hinterhuber (1990) S. 3. Unterschiede zwischen dem militärischen sowie betriebs-wirtschaftlichen Strategiebegriff arbeitet Gälweiler (2005), S. 60f. heraus. Dennoch sind auch Ansätze bekannt, die unmittelbar militärstrategisches Vokabular und auch Denken im ökonomischen Kontext verwenden, vgl. z.B. Durö/Sandström (1986); Kotler/Achrol (1984 ), auch Danner (2003 ), S. 182.

Vgl. bspw. Hungenberg (2001), S. 4; Müller-Stewens/Lechner (2005), S. 8f.

Gälweiler (2005), S. 68.

Vgl. grdl. Knyphausen-Aufsess (2002), Sp. 1869; Welge/Al-Laham (2003), S. 12.

Für eine vertiefende Darstellung der Spieltheorie vgl. Holler/Illing (2006), hier S. 34ff.

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gesicht dynamischer Umweltbedingungen kritisiert, doch bewirkte sie nach ihrer Einführung nicht weniger als einen radikalen Wandel des Verständnisses unter-nehmerischen Handelns: Sie zeigte erstmals, dass eigenes Handeln nicht nur von eigenen Zielen sowie Fähigkeiten determiniert wird, sondern auch Handlungen anderer Akteure zu berücksichtigen sind, um angestrebte Ziele zu erreichen. Das Handeln anderer Akteure stellt folglich einen Rahmen dar, der eigenes Handeln beeinflusst - der aber auch durch eigenes Handeln beeinflusst wird. 144 Strategie, verstanden als Handlungsablauf eines Akteurs, ist in diesem Bild proaktiv sowie planerisch - und nicht nur reaktiv -, gleichwohl sind Aktionen anderer Akteure bei eigenen Planungen explizit zu beachten. 145 Es ist somit zentrale Aufgabe der Strategie, eigene Potenziale bzw. Fähigkeiten mit den Bedingungen der Umwelt abzustimmen, um die zuvor gesetzten Ziele zu verwirklichen.146