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Bestimmungsfaktoren der Strategieberichterstattung

C Aufbau einer Untersuchung der strategieorientierten Berichterstattung börsennotierter Unternehmen

3 Konzeption der Untersuchung

3.1 Formulierung der Hypothesen der Untersuchung

3.1.2 Bestimmungsfaktoren der Strategieberichterstattung

Es wurde eingangs die Behauptung aufgestellt, dass sich systematische Faktoren sowohl im Umfeld eines Unternehmens als auch innerhalb desselbigen ermitteln lassen, die das jeweilige Niveau der Strategieberichterstattung determinieren. In Summe sind vier Kategorien von Bestimmungsfaktoren voneinander zu trennen, entsprechende Hypothesen für die Untersuchung werden nachfolgend abgeleitet.

(a) Externe Einflüsse als Bestimmungsfaktoren

Unternehmen sind in vielfacher Hinsicht mit ihrer Umwelt verknüpft, Parameter der Umwelt könnten daher in vielfältiger Weise Einfluss auf das Unternehmens-geschehen ausüben: Unternehmen werden folglich, sobald sie Transparenz über relevante Ereignisse erhalten, Maßnahmen zur Reaktion ergreifen.700 Sofern also Verhaltensreaktionen seitens der Unternehmen, ausgelöst durch Veränderungen von Umweltbedingungen, grds. akzeptiert sind, ist es gleichfalls plausibel anzu-nehmen, dass auch das Berichtsverhalten als eine Dimension unternehmerischen Verhaltens bzw. als möglicher Aktionsparameter Veränderung erfahren wird.

Eine wesentliche Umweltbedingung, die i.d.R. unmittelbaren Einfluss auf Unter-nehmen hat, ist die konjunkturelle Lage. Zu unterstellen ist, dass konjunkturelle Bedingungen zugleich Einfluss auf das Berichtsverhalten und damit das Niveau der Strategieberichterstattung besitzen. Hypothese H 2.1 lautet daher:

H 2.1: Die konjunkturellen Bedingungen besitzen einen Einfluss auf das Niveau der Strategieberichterstattung. Positive konjunkturelle Be-dingungen führen zu einem Anstieg des Berichterstattungsniveaus.

Einen Anhaltspunkt hierzu lieferten kürzlich Ruhwedel et al. (2009), die in ihrer Untersuchung auf die Prognoseberichterstattung deutscher Aktiengesellschaften abstellen 701 und beim Vergleich der Jahre 2006 bis 2008 einen Einfluss der kon-junkturellen Bedingungen feststellen. Zu berücksichtigen ist bei der Prüfung der

700 701

Dies ist schließlich Ausgangspunkt der externen Analyse im Rahmen des Strategiepro-zesses, vgl. nochmals Abschnitt B 2.2.3 sowie grdl. Hahn/Hungenberg (2001), S. 3 l 9ff.

Vgl. Ruhwedel et al. (2009), S. 1308. Einen weiteren Anhaltspunkt liefert zudem der dt.

Standardsetter, der zu Beginn des Jahres 2009 angesichts der globalen Wirtschaftskrise einen ,Hinweis zum Prognosebericht gemäß DRS 15' vorlegte, vgl. DSR (2009). Einen Einfluss des Umfeldes auf das Berichtsverhalten bestätigen auch Einhorn/Ziv (2008).

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Hypothese H 2.1 jedoch die zeitliche Verschiebung der jeweiligen Parameter: In der Strategieberichterstattung wird sich stets das konjunkturelle Umfeld zur Zeit der Aufstellung des Lageberichts niederschlagen, die Strategieangaben im Lage-bericht des Jahres t werden determiniert von den Bedingungen des Jahres t+ 1.

Sofern weiterhin davon ausgegangen wird, dass die konjunkturelle Situation ent-scheidenden Einfluss auf Bewertungsparameter der Kapitalmärkte besitzt, sollte sich ein Zusammenhang zwischen Kapitalmarktparametern und dem Niveau der Strategieberichterstattung gleichfalls nachweisen lassen. Hypothese H 2.2 lautet:

H 2.2: Die Bedingungen des Kapitalmarktes besitzen einen Einfluss auf das Niveau der Strategieberichterstattung. Positive Kapitalmarktbe-dingungen führen zu einem Anstieg des Berichterstattungsniveaus.

Anzumerken ist jedoch, dass sich in diesem Fall das soeben dargestellte Problem einer zeitlichen Verschiebung nicht zeigen wird: Es gilt grds. als akzeptiert, dass der Kapitalmarkt das konjunkturelle Geschehen mehrere Monate vorwegnimmt, das Niveau der Strategieberichterstattung des Jahres t wäre also in Beziehung zu setzen zu Kapitalmarktparametern des Jahres t.702

(b) Unternehmenscharakteristika als Bestimmungsfaktoren

Neben den externen Einflüssen sind auch untemehmensinterne, nicht-finanzielle Parameter daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie Einfluss auf das Niveau der Strategieberichterstattung ausüben. Das ist konsistent mit bisherigen Arbeiten zu den Bestimmungsfaktoren freiwilliger Berichterstattung, wie gezeigt wurde.703 Für die eigene empirische Untersuchung werden konkret vier Parameter ausge-wählt, die empirisch überprüft werden sollen: die Größe704 eines Unternehmens, die Branchenzugehörigkeit, managementbezogene Aspekte und Charakteristika der Rechnungslegungspraxis im Unternehmen. Im Einzelnen zu den Parametern:

7112

703 704

Diese Annahme gründet sich auf einer Feststellung von Axe/Flinn ( 1925). Seither gelten Aktienindizes grds. als recht valide vorlaufende Konjunkturindikatoren, wobei bzgl. der Dauer des zeitlichen Vorlaufs keine Einigkeit besteht, i.d.R. aber von ca. sechs Monaten ausgegangen werden kann. Vgl. auch Lerch (1971), S. 83ff.; Rühle (1991), S. 88ff.

Vgl. dazu nochmals die Ausführungen in Abschnitt C 2.3.2 dieser Arbeit.

Zwar erfolgt eine Operationalisierung der ,Größe' auch anhand finanzieller Indikatoren, doch scheint die Einordnung als Unternehmenscharakteristikum sinnvoll; vgl. Fn. 713.

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In der überwiegenden Anzahl von Arbeiten zur Berichterstattung wird die Größe des berichtenden Unternehmens als wesentlicher Bestimmungsfaktor gezeigt, es gilt: ,,the variable most consistently reported as significant in studies exarnining differences across firms in their disclosure policy is firm size"705 • Diese ist daher auch als ein ,Sammelindikator' für verschiedene Charakteristika anzusehen.706 Als Begründung für die Annahme, dass die Größe Einfluss auf das Berichtsver-halten ausüben sollte, werden unterschiedliche Überlegungen angestellt. So wird darauf verwiesen, dass große Unternehmen mit einer starken Nachfrage707 nach Informationen konfrontiert werden. Darüber hinaus wird unterstellt, dass die Pro-duktion von Informationen in großen Unternehmen kostengünstiger sei, so dass diese Nachfrage durch ein adäquates Angebot708 befriedigt werden kann. Zudem werden wettbewerbliche Aspekte zur Begründung herangezogen: ,,smaller firms may feel that fuller disclosure of their activities will put them at a competitive disadvantage with other, larger companies in their industry."709

Um den Einfluss der Größe auf das Niveau der Strategieberichterstattung zu be-stimmen, wird hier Hypothese H 2.3 formuliert, sie lautet folgerichtig:

H 2.3: Die Größe eines Unternehmens hat einen positiven Einfluss auf das Niveau der Strategieberichterstattung dieses Unternehmens.

Belege für jenen Zusammenhang lassen sich in der Literatur zahlreich finden,710 neben der frühen Arbeit von Ce,f(1961) seien bspw. Cooke (1989), Meek et al.

705 706 707

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709 710

Foster (1986), S. 44.

Vgl. Achleitner et al. (2005), S. 265 bzw. Wagenhofer/Ewert (2007), S. 399. Damit sind insb. nicht-beobachtbare Faktoren gemeint, die sich einer direkter Messung entziehen.

Vgl. u.a. Lang/Lundholm (1993), die argumentieren, dass sich große Unternehmen mit mehr Aufmerksamkeit von Analysten konfrontiert sehen, die Nachfragedruck erzeugen, auch Hossain et al. (1995). Diese haben Mehraufwand für eine Analyse der komplexen Strukturen großer Unternehmen und benötigen daher mehr Informationen, vgl. Bhushan ( 1989), S. 261. Auch eine verstärkte Aufmerksamkeit der allgemeinen sowie politischen Öffentlichkeit führe zu mehr Informationsnachfrage, so bspw. Debrensey et al. (2002).

Vgl. bspw. Meek et al. (1995), S. 558f. Als Begründung nennen die Autoren besser aus-gebaute Informations- und Kontrollsysteme im Vergleich zu kleineren Unternehmen.

Firth (1979), S. 274.

Stets wurde in den exemplarisch aufgeführten Arbeiten die Berichterstattung gesamthaft betrachtet und ein Einfluss der Unternehmensgröße bestätigt. Diese kann folglich als ein geeigneter Indikator des Berichterstattungsniveaus gelten, vgl. auch Abschnitt D 5.1.

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( 1995) und auch Franke! et al. ( 1999) erwähnt.711 Überwiegend wird in den rele-vanten Untersuchungen ein positiver Zusammenhang dargestellt.

Zu überlegen ist in der Vorbereitung der Überprüfung, mit welcher Kennzahl die Größe eines Unternehmens am besten approximiert werden kann. Innerhalb der Literatur existieren dazu verschiedene Vorschläge, für die eigene Untersuchung sollen daher vier alternative Kennzahlen verwendet werden:712 Umsatz, Bilanz-summe und Marktkapitalisierung bzw. die Anzahl der Mitarbeiter. Es ist folglich zu ermitteln, welche der Kennzahlen das Berichtsverhalten am besten erklärt.713 Aufgrund der Erkenntnis, dass sich einzelne Branchen in Bezug auf ihre Wettbe-werbsintensität bzw. die Gefahr potenzieller Konkurrenz unterscheiden, kann ge-folgert werden, dass auch die Branchenzugehörigkeit eines Unternehmens Ein-fluss auf das Berichtsverhalten ausüben wird.714 Auch wären - in Anlehnung an spieltheoretische Überlegungen - Berichtsinterdependenzen innerhalb einzelner Branchen zu vermuten, die dazu führen, dass Unternehmen einer Branche unter-einander ein eher homogeneres Berichterstattungsverhalten aufweisen als Unter-nehmen aus verschiedenen Branchen zueinander:715 „different industries display

711

712 713

714

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Vgl. grdl. Cerf (1961). Der Autor sucht Erklärungen für Unterschiede in der Berichter-stattung und ermittelt die Bilanzsumme als die am besten erklärende Kennzahl. Vgl. zu-dem Cooke ( 1989), Meek et al. (1995), Franke( et al. (1999), Lang/Lundholm (1993) so-wie auch Raffournier ( 1995) mit dem Fokus auf die Berichterstattung Schweizer Unter-nehmen bzw. mit ähnlichem Blickwinkel Cormier/Magnan (1999).

Die nachfolgend genannten Parameter nutzen bspw. Firth ( 1979), Hossain et al. (1995).

Vgl. Meek et al. (1995), S. 558, die dieses Approximationsproblem thematisieren. Ergo wird die ,Größe' auch durch finanzielle Parameter operationalisiert, ihr Einfluss auf das Unternehmensverhalten sollte jedoch unterschiedlicher Natur sein als derjenige von rein finanziellen Faktoren, wie z.B. der Profitabilität. Hinsichtlich der operationalisierenden Parameter ist auf Multikollinearität zu achten, vgl. Moore/Buzby (1972) bzw. C 3.4.2.

Unterschiedlichkeiten können bereits aus verschiedenen Wachstumsaussichten einzelner Branchen resultieren, vgl. z.B. Kent/Ung (2003), S. 275. Diese merken an, dass Berichte über Wachstumschancen neue Konkurrenten attrahieren; zu unterscheiden ist die Wett-bewerbsintensität zwischen aktuellen Wettbewerbern von der Gefahr des Eintritts neuer Konkurrenten, vgl. Wagenhofer/Ewert (2007), S. 350f.; Fischer/Wenzel (2002), S. 330.

So auch Wagenhofer/Ewert (2007), S. 400 sowie Cooke (1989), S. 180. Gedacht sei an ein aggressiv berichtendes Unternehmen innerhalb einer Branche, was dazu führt, dass Adressaten von anderen Unternehmen vergleichbare Information einfordern. Dies kann die Entwicklung spezifischer Branchenindikatoren zur Folge haben, wie z.B. des ARPU (,average revenue per user'), der insb. in der Telekommunikationsbranche eine stark be-achtete Kennzahl darstellt, vgl. Simpson (2009), auch Glaum/Friedrich (2006), S. 167.

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different patterns of disclosure.''716 Im Hinblick auf das Untersuchungsinteresse der vorliegenden Arbeit lautet Hypothese H 2.4a folgerichtig:

H 2.4a: Das Niveau der Strategieberichterstattung der Unternehmen unter-scheidet sich in Abhängigkeit von der Branchenzugehörigkeit.

Anhaltspunkte für diese Überlegungen finden sich in der Literatur zahlreich, den Einfluss der Branchenzugehörigkeit untersuchen z.B. Verrecchia (1983), Cooke (1989), ders. (1991 ), Meek et al. (1995), Chen et al. (2002) sowie auch Harris (1998).717 In der deutschsprachigen Literatur weisen u.a. Fischer/Wenzel (2005) signifikante Unterschiede im Berichtsverhalten für einzelne Branchen nach.718 Wenn also davon ausgegangen wird, dass die Branchenzugehörigkeit einen Ein-fluss auf das Berichtsverhalten ausübt, könnte diese Perspektive auf weitere, fix gegebene Merkmale eines Unternehmens ausgeweitet werden, die das Berichts-verhalten gleichfalls determinieren sollten. In erster Linie rückt dabei das Unter-nehmensalter in den Mittelpunkt der Betrachtung, da dieses als kulturprägendes Merkmal auch Einfluss auf das Berichtsverhalten haben könnte.719 Dies zu über-prüfen ist Inhalt der Hypothese H 2.4b, wobei unterstellt wird, dass die jüngeren Unternehmen mehr Informationen bereitstellen. Hypothese H 2.4b lautet daher:

H 2.4b: Das Niveau der Strategieberichterstattung unterscheidet sich in Abhängigkeit vom Alter eines Unternehmens. Die Berichterstattung jüngerer Unternehmen wird als umfangreicher angenommen.

Die Branchenzugehörigkeit bzw. das Unternehmensalter werden nachfolgend als zwei Teilaspekte der Hypothese H 2.4 angesehen, die gesamthaft einen Einfluss von sog. Unternehmensstammdaten auf das Berichtsverhalten unterstellt.

716 717

718 719

Botosan (1997a), S. 327.

Vgl. Verrecchia (1983), der anmerkt, dass die Kosten möglicher Wettbewerbsnachteile durch Veröffentlichung die sog. proprietären Kosten, vgl. grdl. Wagenhofer (1990b) -zwischen Branchen variieren. Empirisch Meek et al. (1995) am Beispiel der Chemiein-dustrie; Cooke (1989) mit Fokus auf schwedische Unternehmen, ders. (1991) für Japan;

Harris (1998) bzgl. Segmentdaten; Chen et al. (2002) für Hightech-Unternehmen.

Vgl. Fischer/Wenzel (2005), S. 459f., die ein höheres Berichtsniveau bei Versorgungs-/

Telekommunikationsfirmen sehen, als Ursache wird Regulierungseinfluss vermutet.

Vgl. Bushee et al. (2003) mit einem empirischen Beleg, zudem Chen et al. (2002). Zum Einfluss des historischen Hintergrunds eines Unternehmens vgl. Gibbins et al. (1990).

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Das Niveau der Strategieberichterstattung könnte außerdem durch die generelle Berichterstattungspraxis eines Unternehmens determiniert werden. So scheint es plausibel zu unterstellen, dass Unternehmen, die grds. eine tendenziell eher pro-gressive Berichtsphilosophie zeigen, auch im Hinblick auf strategische Berichts-inhalte ein höheres Berichtsniveau aufweisen werden. Diese Überlegung ist kon-sistent zu der These von Einhorn/Ziv (2008), welche postulieren, dass ein einmal gewähltes Berichtsverhalten als ein dauerhaftes „commitment" zu interpretieren ist, das dazu führt, dass Unternehmen sich gezwungen sehen, dieses auch in der Zukunft konsequent weiterzuverfolgen.720 Im Rahmen der Untersuchung ist ergo eine geeignete Maßgröße zu verwenden, die die individuelle Berichterstattungs-philosophie eines Unternehmens zum Ausdruck bringt - dies kann bspw. anhand der Befolgung internationaler Rechnungslegungsstandards approximiert werden:

Unternehmen, die Standards anwenden, die als eher informationsorientiert ange-sehen sind, dürften auch in Bezug auf strategieorientierte Angaben informations-freudiger sein.721 Die zu untersuchende Hypothese H 2.5 lautet folglich:

H2.5: Das Niveau der Strategieberichterstattung unterscheidet sich in Ab-hängigkeit von den Rechnungslegungspraktiken der Unternehmen.

Unternehmen, die eine eher progressive Rechnungslegungsstrategie verfolgen, weisen ein höheres Niveau der Berichterstattung auf.

Dass die Informationsqualität der Finanzberichterstattung einen Einfluss auf das Berichtsverhalten hinsichtlich zusätzlicher Informationen hat, zeigt insb. Tasker (1998) eindeutig auf.722 Eine Untersuchung der Auswirkungen einer frühzeitigen Umstellung deutscher Unternehmen auf internationale Standards nehmen bspw.

720 721

722

Vgl. Einhorn/Ziv (2008), S. 567ff., ähnlich LeuzNerrecchia (2000), S. 94f.

Erinnert sei daran, dass dt. börsenorientierte Unternehmen erst seit 2005 zur Aufstellung des Abschlusses nach internationalen Standards verpflichtet sind. Zuvor war dies gern. § 292a HGB jedoch ,befreiend' möglich, vgl. Fey/Deubert (2006), zudem B 3.1. Dass bei jenen Standards eine höhere Entscheidungsnützlichkeit der Angaben erwartet wird, ver-muten Pellens/fomaszewski (1999), S. 20lf. Eine Studie von C&L (1998), S. 28f. zeigt, dass 69% der Befragten dem HGB-Abschluss geringe Informationsqualität beimessen.

Vgl. grdl. Tasker (1998), S. 160ff. Die Autorin zeigt einen Einfluss des Informationsge-gehalts der Rechnungslegung auch dann, wenn weitere mögliche Bestimmungsfaktoren des Berichtsverhaltens kontrolliert werden, wie z.B. die Größe. Modelltheoretisch weist z.B. Einhorn (2005) den Einfluss der Finanz- auf die freiwillige Berichterstattung nach.

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Leuz/Verrecchia (2000) vor und bestätigen, dass durch Anwendung tendenziell informationsorientierter Standards ein glaubwürdiges Signal gesendet wird bzw.

dies als generelle Verpflichtung zu höherer Berichtsqualität interpretiert wird.723 Für den dt. Kapitalmarkt zeigt z.B. Wenzel (2005) einen Einfluss des Standards auf das Berichtsverhalten im Hinblick auf Inhalte des Value Reportings.724 Im Rahmen dieser Untersuchung werden drei unterschiedliche Aspekte als Indi-katoren für die individuellen Rechnungslegungspraktiken identifiziert: der Zeit-punkt des Wechsels auf einen internationalen Standard, der konkret verwendete Standard im Jahresabschluss sowie die Reputation des mandatierten Prüfers.

Weiteren Einfluss auf das Berichtsverhalten in Bezug auf strategieorientierte In-halte sollte annahmegemäß das Management eines Unternehmens besitzen. Dies folgt der Überlegung, dass dieses wesentliche Verantwortung für die Weiterent-wicklung des Unternehmens und schließlich für dessen strategische Ausrichtung übertragen bekommen hat. 725 Konsequenterweise ist folglich davon auszugehen, dass das Management bzw. der CEO auch die Angaben einer Strategieberichter-stattung kontrollieren wird, für welche dieser letztlich gleichfalls verantwortlich zeichnet. Zudem scheint - aus einer externen Perspektive - die Person des CEO stets untrennbar mit der Strategie verknüpft. Hypothese H 2.6 lautet sodann:

H2.6: Das Niveau der Strategieberichterstattung der Unternehmen unter-scheidet sich in Abhängigkeit von Persönlichkeitsmerkmalen des Vorstandsvorsitzenden (CEO).726

Anhaltspunkte für jene Überlegung finden sich bspw. bei Clarkson et al. (1999), die einen signifikanten Einfluss des Managements auf das Berichtsverhalten

auf-723

724 725

726

Vgl. Leu:dVerrecchia (2000). Dagegen nimmt Verrecchia (1990) an, dass Unternehmen mit weniger informativen Standards eher Zusatzinformationen berichten werden.

Vgl. Wenzel (2005), S. 457f., ähnlich auch Rolvering (2002), S. 23f.

Diese Aussage findet sich u.a. bei Gibbins et al. (1990), S. 139. Vgl. Hahn/Hungenberg (2001), S. 13, die die langfristige „erfolgreiche Weiterentwicklung der Unternehmung"

als zentrale Aufgabe des Managements sehen. Hahn (1999a), S. 2 nennt eine Festlegung der Strategie die wichtigste Führungsaufgabe des Top-Managements.

Nachfolgend wird stets das Akronym ,CEO' verwendet, gemeint ist damit jedoch regel-mäßig die Person des Vorstandsvorsitzenden deutschen Rechts i.S.v. § 77 AktG.

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zeigen. 727 Tasker ( 1998) stellt das Alter des CEO als Determinante des Berichts-verhaltens in den Fokus und ermittelt in der Tat signifikante Zusammenhänge.728 Weiterhin zeigen Karamanou/Vafeas (2005), dass Organisationsstrukturen eines Unternehmens das Berichtsverhalten determinieren;729 Cheng/Courtenay (2006) bestätigen dies bzgl. der Struktur des Vorstandes.730 Zudem seien Haniffa/Cooke (2002) angesprochen, die sich mit ethnischen Merkmalen des Managements aus-einandersetzen und in diesen gleichfalls relevante Bestimmungsfaktoren des Be-richtsverhaltens identifizieren.731 In der vorliegenden Untersuchung sollen daher zwei Aspekte differenziert werden: Neben dem Einfluss von drei verschiedenen Charakteristika des amtierenden CEO, im Einzelnen das Alter, der Ausbildungs-hintergrund sowie die Nationalität, ist zudem der Einfluss der Person per se, also eines Austauschs des jeweiligen CEO, zu betrachten.732

(c) Finanzielle Parameter als Bestimmungsfaktoren

Neben den soeben behandelten nicht-finanziellen Parametern erscheint es zudem plausibel zu unterstellen, dass finanzielle Parameter ebenfalls als Determinanten des Berichtsverhaltens eines Unternehmens in Frage kommen. Die Annahme des Einflusses finanzieller Parameter auf das Berichtsverhalten stellt darüber hinaus eine zentrale Grundlage der Signalling-Theorie dar:733 Diejenigen Unternehmen, die eine überragende finanzielle Leistung erbracht haben, werden dies berichten.

727

72X

729

?]() 7]1 7]2 733

Vgl. Clarkson et al. (1999). Gezeigt wird, dass sich bei den Unternehmen, die den CEO austauschen, das Berichtsverhalten in der Folge signifikant verändert. Sie unterschieden rein binär: ,CEO-Wechsel' oder kein Wechsel. Vgl. auch bereits Gibbins et al. (1990).

Vgl. Tasker ( 1998), S. 146. Die Autorin unterstellt, dass das Berichtsverhalten letztlich durch sog. ,Career Concerns' des CEO determiniert ist. Bei jüngeren Managern erwartet sie ein Signalling, d.h. breite Berichterstattung, bei älteren Managern das Gegenteil.

Vgl. KaramanouNafeas (2005). Effektive Strukturen fördern nach Ansicht der Autoren die Berichterstattung. Ob dies nicht jedoch eher ein Treiber der Effizienz und damit des Ergebnisses ist, was wiederum das Berichtverhalten bestimmt, ist nicht auszuschließen.

Vgl. Cheng/Courtenay (2006).

Vgl. Haniffa/Cooke (2002). Die Autoren stellen bei einer Analyse von Unternehmen in Malaysia fest, dass ein hoher Anteil an Malaien zu intensiverer Berichterstattung führt.

Das wird von Gibbins et al. (1990), S. 139 angeregt. Sie vermuten, ,,a change in CEO, particularly replacement by a new CEO [ ... ], may precipitate a change in disclosure".

Vgl. Ross (1979); Abschnitt B 1.2.4. Diese Theorie geht davon aus, dass Unternehmen, die über positive Informationen verfügen, dies auch berichten. Nicht-berichtende Unter-nehmen haben annahmegemäß eher negative Informationen - und werden so bewertet.

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Folgerichtig stellt die wirtschaftliche Unternehmensleistung bzw. -situation eine oft untersuchte Bestimmungsgröße für das Publizitätsverhalten dar.734 Wird da-von ausgegangen, dass Informationen über die wirtschaftliche Situation stets in Verbindung mit weiteren Angaben bereitgestellt werden, so sollte sich dies auch auf die Berichterstattung über strategieorientierte Inhalte auswirken.735 Folglich besteht Anlass zu der Vermutung, dass das Niveau der Strategieberichterstattung durch die finanzielle Situation determiniert wird - Hypothese H 2.7 lautet daher:

H2.7: Der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens hat einen positiven Einfluss auf das Niveau der Strategieberichterstattung.

Jener Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Situation und Berichtsverhalten ist bereits häufig thematisiert worden, einen positiven Zusammenhang ermitteln modelltheoretisch v.a. Dye und auch Verrecchia.136 Eine empirische Bestätigung bringen z.B. Patell (1976), Penman (1980), Lev/Penman (1990), Tasker (1998), Franke[ et al. (1999) sowie Wang et al. (2008).737 Andere empirische Arbeiten kommen hingegen zu weniger eindeutigen Aussagen bzw. sehen gar Anzeichen für einen gegenteiligen Zusammenhang, wie bspw. Ajinkya/Gift (1984), Skinner (1994) und Lang/Lundholm (1993).738 Folgerichtig muss gelten: ,,The empirical evidence on the relation between firm performance and disclosure is mixed. "739 Dennoch sollte hier weiterhin von einem positiven Zusammenhang ausgegangen werden. Für die konkrete Operationalisierung des wirtschaftlichen Erfolgs eines

734 735

736 737 738

739

Vgl. bspw. Fischer (2003), S. 212ff., auch Meek et al. (1995); Raffournier (1995).

Vgl. Hutton et al. (2003), S. 888. Die Autoren zeigen, dass Manager Informationen über finanzielle Parameter stets zusammen mit „qualitative ,soft talk"' senden (S. 867). Sind die finanziellen Parameter ,gut', sollten diese Begleitinformationen Glaubwürdigkeit er-zeugen. Im gegenteiligen Fall dienen diese dazu, Ursachen darzustellen bzw. zu zeigen, dass zukünftig Besserung eintreten wird, auch Wagenhofer/Ewert (2007), u.a. S. 401.

Vgl. grdl. die Studien von Dye (1985), ders. (1986) und Verrecchia (1983), ders. (1990).

Auch Darrough/Stoughton (1990), Wagenhofer (1990b), Feltham/Xie (1993).

Vgl. die Studien von Patell (1976), Penman (1980), Lev/Penman (1990), Tasker (1998), Frankel et al. (1999) sowie in jüngerer Zeit auch Wang et al. (2008).

Vgl. Ajinkya/Gift (1984); Skinner (1994); Baginski et al. (1992) sowie Lang/Lundholm (1993). Es sei der Vollständigkeit halber vermerkt, dass sich die Arbeiten z.T. bzgl. der Operationalisierung ,freiwilliger Berichterstattung' unterscheiden. So verwenden bspw.

Lang/Lundhom (1993) Ergebnisprognosen des Managements als Maßstab, Franke! et al.

(1999) nutzen hingegen die Anzahl der Analysten-Telefonkonferenzen als Indikator.

Lang/Lundholm (1993), S. 249.

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Unternehmens kommen grds. diverse Kennzahlen in Frage, neben absoluten zu-dem relative Angaben des Rechnungswesens.740

In Ergänzung zu dem soeben vermuteten Einfluss des Erfolgs könnten sich auch Parameter der Finanzierung auf das Berichtsverhalten auswirken. Dies erscheint in zweifacher Hinsicht plausibel: Zum einen ist die Kapitalstruktur ein aussage-kräftiger Indikator der finanziellen Konstitution eines Unternehmens.741 Darüber hinaus werden Finanzierungsbedarfe - und damit Veränderungen in der Kapital-struktur - stets mit der Forderung potenzieller Kapitalgeber nach Bereitstellung zusätzlicher Informationen einhergehen. In theoretischer Sicht kann insofern das Prinzipal Agenten-Modell zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen Kapital-struktur und Berichterstattung beitragen: Postuliert wird, dass Agency-Kosten in Unternehmen mit ausgeprägter Verschuldung höher sind und Kapitalgeber daher weitere Informationen einfordern, um das Geschehen kontrollieren zu können.742 Diesen Zusammenhang soll Hypothese H 2.8 abbilden, sie lautet demzufolge:

H2.8: Der Verschuldungsgrad eines Unternehmens steht in positivem Zusammenhang mit dem Niveau der Strategieberichterstattung.

Arbeiten zum Zusammenhang zwischen Berichtsverhalten sowie Finanzierungs-aspekten setzen sich ergo konsequenterweise meist mit dem Verschuldungsgrad in einer statischen und dynamischen Sicht auseinander.743 So kann der Einfluss

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Die Erfolgssituation wird meist durch Rentabilitätsgrößen operationalisiert, so bspw. bei Wagenhofer/Ewert (2007), S. 40lff. Absolute Größen scheinen ebenfalls prinzipiell ge-eignet, vgl. dazu Coenenberg (2005), S. 1025ff.

Insofern gelten auch hier die Aussagen der einschlägigen Literatur zur Veröffentlichung von Informationen bzgl. der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens, die zu-vor genannt wurden. Auch das Instrument der Kapitalstrukturanalyse demonstriert, dass der Kapitalstruktur hohe Bedeutung zukommt, vgl. Coenenberg (2005), S. 993f., der die ,,Abschätzung der Finanzierungsrisiken" als Ziel der Kapitalstrukturanalyse ansieht.

Vgl. Jensen/Meckling (1976), Smith/Warner (1979). Erwartet wird, dass in Situationen

Vgl. Jensen/Meckling (1976), Smith/Warner (1979). Erwartet wird, dass in Situationen