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heißen Quantenzahlen.N wird Hauptquantenzahl genannt, weil die Energie der Niveaus beim Wasser-stoffatom nur vonN abh¨angt, und der Eigenraum vonHCzum EigenwertEN Schale. Es zeigt sich, daß alle Zust¨ande einer Schale einen vergleichbaren”Radius“ haben, innerhalb dessen die Aufenthaltswahr-scheinlichkeit des Elektrons merklich von Null verschieden ist. Wie wir in Abschnitt 4.5 sehen werden, gibt das bereits in Gleichung (11) aufgetretene Produktl(l+ 1) den Betrag des Bahndrehimpulses eines Teilchens bzw. hier der Relativbewegung an. Aus diesem Grunde nennt manldie Bahndrehimpulsquan-tenzahl. Die Eigenr¨aume der Operatoren HC,l heißen Unterschalen und werden durch Angabe von N und eines Buchstabens, der die Bahndrehimpulsquantenzahllfestlegt, bezeichnet. Diese Buchstaben ha-ben ihren Ursprung in der Spektroskopie und sind die Anfangsbuchstaha-ben der englischen Attribute, mit denen die Serien von Spektrallinien charakterisiert wurden, die durch ¨Uberg¨ange von Zust¨anden ausHl zu (bestimmten) anderen entstehen. Die Drehimpulsel= 0, 1, 2, 3 werdens(harp),p(rincipal),d(iffuse) und f(undamental) abgek¨urzt, nach f nimmt man die darauf folgenden Buchstaben im Alphabet. Bei-spielsweise ist 3ddie Bezeichnung der Eigenvektoren zum tiefsten Eigenwert vonHC,2.

Der Begriff”Quantenzahl“ weist darauf hin, daß viele Gr¨oßen, die in der klassischen Mechanik konti-nuierliche Werte annehmen k¨onnen, in der Quantenmechanik auf gewisse Werte beschr¨ankt, eben” quan-tisiert“ sind. Die theoretische Erkl¨arung dieses Ph¨anomens, das namensgebend f¨ur die ganze Disziplin war, markiert einen Meilenstein in der Entwicklung der Physik.

Haupt- und Bahndrehimpulsquantenzahl zusammen reichen noch nicht, um einen Eigenzustand von HC eindeutig zu klassifizieren. Das wird die magnetische Quantenzahl m erlauben, auf die wir in Ab-schnitt 4.6 zu sprechen kommen. Allgemein nennt man einen Eigenwert eines Hamiltonoperators H entartet, wenn der zugeh¨orige Eigenraum mehrdimensional ist. IstH G-Morphismus f¨ur eine GruppeG, dann sind die Eigenr¨aume G-Untermoduln, und man unterscheidet zwischen minimaler und zuf¨alliger Entartung: Ein Eigenwert heißt minimal entartet, wenn der zugeh¨orige Eigenraum einfacher Untermo-dul ist, im anderen Fall zuf¨allig entartet. Wie wir gesehen haben, sind die Eigenr¨aume vonHC zuf¨allig entartet.5 Diese zuf¨allige Entartung wird bei Atomen mit mehreren Elektronen durch deren gegenseiti-ge Coulombabstoßung aufgegenseiti-gehoben, wie in Abschnitt 4.7 ausgegenseiti-gef¨uhrt wird. Trotzdem benutzt man auch in diesem Falle den Begriff

”Schale“ und meint damit die direkte Summe aller Unterschalen zu einem gegebenen Wert der HauptquantenzahlN.

F¨ur das kontinuierliche Spektrum vonHC gilt

σc(HC) =σc(H0) = [0,∞). (17)

F¨ur den Beweis, der hier nur angedeutet sei, ist der Begriff deswesentlichen Spektrumseines Ope-ratorsA∈sa(H) n¨utzlich: Der Wertλ∈σ(A) geh¨ort zum wesentlichen Spektrumσess(A), fallsλkein Eigenwert endlicher Vielfachheit ist. Die Bezeichnung

”wesentliches Spektrum“ kommt daher, daßσess(A) unter einer bestimmten Klasse von St¨orungen, den relativ kompakten St¨orungen, stabil bleibt (Weylsches Theorem). Weil das Coulombpotential eine relativ kompakte St¨orung vonH0ist, gilt demnach

σess(HC) =σess(H0).

Es ist relativ leicht einzusehen, daßσ(H0) =σc(H0) =σess(H0) = [0,∞) ist, denn H0 geht durch Fou-riertransformation aus dem Multiplikationsoperator 2m1 kxk2 hervor (vgl. Satz 1.19). Da wir das Punkt-spektrum von HC bereits kennen, folgt damit (17). Mehr ¨uber relativ kompakte St¨orungen und das Weylsche Theorem ist in [HS96, Ch. 14] zu finden.

Literatur: [LS75, Sec. V.7], [Ste94, Sec. 4.5], [Tri72,§36], [Wei76, Abschnitt 10.5]

4.5 Tensoroperatoren

In Abschnitt 4.3 haben wir unbeschr¨ankteG-Morphismen als diejenigen Operatoren inHkennengelernt, die unter Konjugation mit Operatoren der FormT(g) invariant sind. Jetzt wenden wir uns Operatoren mit einem reichhaltigeren Transformationsverhalten zu.

5Hier stellt sich nat¨urlich – wie bei jeder zuf¨alligen Entartung – die Frage, ob die Entartung nicht minimal bez¨uglich einer gr¨oßeren GruppeGO(3) ist. In diesem Fall h¨atte man die Symmetrie vonH durchO(3) nicht vollst¨andig beschrieben.

Tats¨achlich kann man auf dem Unterraum vonL2(R3), der im Sinne des meßbaren Funktionalkalk¨uls zur Indikatorfunktion des negativen Teils des Spektrums vonHCgeh¨ort, (d. h. auf der direkten Summe aller Eigenr¨aume) unter Zuhilfenahme des Runge-Lenz-Vektors eine Darstellung vonSO(4) erkl¨aren, bez¨uglich der die Eigenr¨aume vonHCeinfach sind [GP90, Sec. 6.7], [GS90].

Definition. Sei G eine Gruppe, T eine Darstellung von G in H und D ⊂ H ein T-stabiler, dichter Unterraum. Eine Abbildung

R:W →LD(H)

von einem endlichdimensionalenG-Modul W in die Menge der dicht definierten Operatoren in H, die aufD definiert sind undDstabilisieren, heißtkomplexer Tensoroperator(oderrepresentation oper-ator) zuT, falls die Abbildung

W →End(D), w7→ R(w)

D,

ein Morphismus von algebraischen G-Moduln ist, wobei G auf End(D) verm¨oge In◦T wirkt. Wenn W ein endlichdimensionaler reeller G-Modul ist und R eine Abbildung von W in die Menge der her-miteschen Operatoren in H, so nennt man R unter den ansonsten gleichen Bedingungen einen reellen TensoroperatorzuT. (In diesem Fall faßt man End(D) als reellen algebraischenG-Modul auf.)

Ist R:W → LD(H) ein reeller oder komplexer Tensoroperator zu T, so gelten f¨ur alle v, w ∈ V, λ,µ∈Rbzw.C,g∈Gundu∈D

R(λv+µw)u = λR(v)u+µR(w)u und R(gv)u = T(g)R(v)T(g−1)u.

In den Beispielen aus der Quantenmechanik werden ausschließlich reelle Tensoroperatoren auftreten. Aus mathematischer Sicht lassen sich einige S¨atze aber einfacher f¨ur komplexe Tensoroperatoren formulieren.

Dabei ist klar, daß man durch Komplexifizierung und lineare Fortsetzung aus jedem reellen Tensorope-ratorR:W →LD(H) einen komplexen TensoroperatorRC:WC→LD(H) gewinnen kann. Falls aus dem Kontext ersichtlich ist, auf welche Darstellung bei einem Tensoroperator bezug genommen wird, werde ich einfach von einem Tensoroperator zuGoder schlicht von einem Tensoroperator sprechen.

Beispiel 4.12. Jeden hermiteschenG-MorphismusA kann man als reellen Tensoroperator zur trivia-len Darstellung von G auf R auffassen verm¨oge der Abbildung R:λ 7→ λA. Analog bestimmt jeder unbeschr¨ankteG-Morphismus einen komplexen Tensoroperator.

Beispiel 4.13 (adjungierter Tensoroperator). SeiT Darstellung einer LiegruppeGinHmit (nach der in Abschnitt 3.2 getroffenen VereinbarungT-stabilem) determinierenden BereichD f¨ur die Liealge-brendarstellungLT. Dann ist

iLT:LG→saD(H), X 7→iLT(X),

ein reeller Tensoroperator, wobei LG G-Modul verm¨oge der adjungierten Darstellung von G ist. Auf diese Weise bekommt man zu jeder Darstellung einer Liegruppe in kanonischer Weise einen Tensoropera-tor geliefert, denadjungierten Tensoroperator. Die geforderten Eigenschaften eines Tensoroperators ergeben sich direkt aus der Definition einer Liealgebrendarstellung und aus Lemma 3.4.

Beispiel 4.14 (Drehimpulsoperatoren). Wie in der klassischen Mechanik gibt es auch in der Quan-tenmechanik einen Zusammenhang zwischen dem Drehimpuls eines Teilchens und den Generatoren von Drehungen. SeiH=HK⊗HSder Hilbertraum eines quantenmechanischen Systems mit Spin. Der Bahn-drehimpulsoperatorList der adjungierte Tensoroperator zur DarstellungTLvonO(K) oderSpin(K).

Zu jedemX ∈so(K) gibtL(X) den Bahndrehimpuls bez¨uglichXan. (Die DrehimpulsoperatorenLx,Ly

und Lz, wie man sie in Lehrb¨uchern der Quantenmechanik findet, sind in der hier verwendeten Nota-tion die OperatorenL(Zk) mit der in Abschnitt 3.5 definierten Basis (Zk).) F¨uru∈Cc(K) undX ∈ spin(K)⊂End(K) ist

L(X)u=−iXK[u] =−i T u·X, d. h. (L(X)u)(x) =−i Txu·Xx.

Konkret gilt f¨urK=R3

L(Z3)u=−i

x1

∂u

∂x2 −x2

∂u

∂x1

, ebenso f¨ur zyklische Permutationen der Indizes.

Der selbstadjungierte Operator 2LTL(C), das Zweifache des Casimir-Elementes zur Darstellung TL, geh¨ort zur Observablen”Betrag des Bahndrehimpulses“. In derl-isotypischen KomponenteHlist 2LTL(C) gerade die Skalierung mitl(l+1). Die Zerlegung vonHin die isotypischen Komponenten bez¨uglichTL be-deutet physikalisch eine Trennung in Zust¨ande mit verschieden großen Bahndrehimpulsen, daher auch der

4.5. Tensoroperatoren 63 Name”Bahndrehimpulsquantenzahl“ f¨url. Daß das Casimir-Element zum Betrag des Bahndrehimpulses geh¨ort, wird am Ende dieses Abschnittes nachvollziehbar werden bei der Diskussion von” Skalarproduk-ten“ hL, Livon Tensoroperatoren.

Der adjungierte Tensoroperator zur DarstellungTSvonSpin(K) heißtSpinoperatorSund der zuTJ

GesamtdrehimpulsoperatorJ. Die Bezeichnung

”Gesamtdrehimpuls“ bezieht sich auf die Tatsache, daß sowohl Bahndrehimpuls als auch Spin ber¨ucksichtigt sind. Besteht das System aus mehreren Teilchen, so beschreibt L die Summe der Bahndrehimpulse der einzelnen Teilchen und S die der Spins. Wenn in einem Mehrteilchensystem der Form H1⊗ · · · ⊗ Hn auf ein bestimmtes Teilchen Bezug genommen wird, schreibe ich zum Beispiel Lk f¨ur den Bahndrehimpulsoperator zum k-ten Teilchen. Da f¨ur jedes X ∈spin(K) der OperatorS(X) beschr¨ankt ist, gilt

J(X) =L(X) +S(X) mit dom(J(X)) = dom(L(X)); (18) zudem vertauschen die OperatorenL(X) undS(Y) auf dom(L(X)) f¨ur alleX,Y ∈spin(K). Die Ope-ratoren 2LTS(C) und 2LTJ(C) werden als Betr¨age des Spins und des Gesamtdrehimpulses interpretiert.

Analog zur Bahndrehimpulsquantenzahllf¨uhrt man zudem die Spinquantenzahlsund die Gesamtdreh-impulsquantenzahlj ein.

Die Drehimpulsoperatoren werden auch zur Beschreibung von geladenen Teilchen in einem homogenen MagnetfeldB∈V2

K0 ben¨otigt. Dabei identifiziere ichV2

K0 mit spin(K) verm¨oge des Isomorphismus vonSpin(K)-Moduln6

^2

K0→spin(K)⊂End(K), x0∧y07→ z7→ hx, ziy− hy, zix

(vgl. [FH91, S. 303];xundy sind die Urbilder vonx0 undy0 unter der kanonischen AbbildungK→K0).

Im Falle eines Teilchens mit Ladungqund Massemist WL(B) =− q

2mL(B) =−γLL(B)

die Wechselwirkungsenergie zwischen dem Magnetfeld und dem durch den Bahndrehimpuls induzierten magnetischen Moment. Der FaktorγL = 2mq heißt gyromagnetisches Verh¨altnis und beschreibt wie in der klassischen Elektrodynamik das Verh¨altnis zwischen dem Bahndrehimpuls und dem magnetischen Moment. Oft gibt man das gyromagnetische Verh¨altnis als Vielfaches von 2mq an und nennt es dann den Land´escheng-Faktor. Derg-Faktor zum Bahndrehimpuls des Elektrons ist (wie bei jedem Punktteilchen) gleich 1 und das gyromagnetische Verh¨altnis gleich dem negativen des Bohrschen MagnetonsµB= 2mee. Auch der Spin wechselwirkt mit einem Magnetfeld, hier ergibt sich in Analogie zu oben der Ausdruck

WS(B) =−γSS(B),

allerdings mit einem anderen gyromagnetischen Verh¨altnis γS, zum BeispielγS ≈2γL f¨ur Elektronen.

Die Summe

WJ =WL+WS,

die die gesamte Wechselwirkung eines Teilchens mit einem Magnetfeld beschreibt, heißtmagnetischer Dipoloperator.

F¨ur einen Normalteiler N G ist LN LG Ad-stabil. In diesem Fall ist die Einschr¨ankung des adjungierten Tensoroperators aufLN ein Tensoroperator bez¨uglichGund jeder Untergruppe davon.

Beispiel 4.15 (Impulsoperator). Die Euklidische Gruppe E(K) (Beispiel 4.5) besitzt eine kanoni-sche Darstellung inHK. Die Einschr¨ankung des zugeh¨origen adjungierten Tensoroperators aufLK=K ist derImpulsoperator

P:LK=K → saD(H),

P(x)u = −i T u·x f¨uru∈D=Cc(K).

Man faßt P in der Regel als Tensoroperator zu O(K) (d. h. zur Darstellung TL) auf, weil die K-Modulstruktur trivial ist.

6Ber¨ucksichtigt man zus¨atzlich das in Abschnitt 3.5 definierte Skalarprodukt inspin(K) und das kanonische Skalarpro-dukt inV2

K0[AMR88, Prop. 6.2.11; es ist gerade das vonK0⊗K0induzierte], so ist der Isomorphismus auch isometrisch.

Man beachte zudem, daß V2K0 im Gegensatz zu spin(K) zwar eine O(K)-Modulstruktur tr¨agt, jedoch mit positiver Parit¨at. Die Frage, wie man die Rauminversion inspin(K) darstellen soll, beantwortet sich damit auf triviale Weise.

Als n¨achstes wenden wir uns Multiplikationsoperatoren zu. Sei L der Vektorraum der Lebesgue-meßbaren Funktionen auf dem EinteilchenkonfigurationsraumK (modulo Funktionen, die sich nur auf einer Menge vom Maß 0 unterscheiden). Die Gruppe O(K) wirkt in kanonischer Weise auf L, und f¨ur jedesf ∈ L undg∈Ggilt f¨ur die Operatoren inHK

Mgf = In(g)Mf.

(Dies beweist man wie in Beispiel 4.4.) Damit stehen die Chancen, auf diese Weise Tensoroperatoren zu TLzu erhalten, nicht schlecht. Allerdings muß man sich gem¨aß der Definition von Tensoroperatoren auf endlichdimensionale Untermoduln vonLbeschr¨anken:

Beispiel 4.16 (Ortsoperator). Die Abbildung

TX:K0→U(L2(K)), τ 7→Me−iτ

ist eine Darstellung vonK0 (vgl. den Beweis von Satz 3.7); der zu TX adjungierte Tensoroperator heißt OrtsoperatorX. Es gilt

X(τ) =Mτ.

Auch hier ist die Modulstruktur auf K0 zun¨achst trivial. Nach der oben angestellten ¨Uberlegung ist X aberO(K)-Tensoroperator. Der Vorteil davon, X als adjungierten Tensoroperator einer Darstellung einzuf¨uhren, liegt darin, daß damit automatisch die Frage der Selbstadjungiertheit (bzw. der Hermitizit¨at) beantwortet ist.

Der elektrische Dipoloperator −qX zu einem Teilchen mit Ladung q tritt bei homogenen elek-trischen Feldern auf. In einem solchen Feld der St¨arke E ∈V1

K0 =K0 gibt −qX(E) die Wechselwir-kungsenergie des Teilchens mit dem Feld an.

Man beachte, daß der Ortsoperator – wie alle Tensoroperatoren – diejenige Abbildung ist, die jedem Vektorτ einen OperatorX(τ) im Hilbertraum zuordnet. Der in Abschnitt 4.1 als Beispiel angegebene Ortsoperator in einer Raumdimension w¨urde mit der jetzt getroffenen Definition als X(e1) geschrieben werden mit dem kanonischen Basisvektore1= 1 vonR.

Beispiel 4.17 (Multipoloperatoren). Als Verallgemeinerung des vorhergehenden Beispiels betrach-ten wir denO(K)-ModulHl(K,R) der harmonischen Polynomel-ten Grades aufK mit reellen Koeffi-zienten. Man bekommt zu einem Teilchen mit Ladungqeine Familie von elektrischen Multipolopera-torengenannten reellen Tensoroperatoren

Q(l):Hl(K,R)→saD(L2(K)), h7→ −qMh,

etwa mit dichtem UnterraumD=Cc(K) [Beispiel 1.20]. Definiert man dieParit¨ateines O(K)-Tensor-operatorsR:W →LD(H) als die Parit¨at vonW (vgl. Abschnitt 3.5), dann hat der MultipoloperatorQ(l) die Parit¨at (−1)l.

Diese Operatoren treten bei geladenen quantenmechanischen Systemen mit ¨außerem elektrostatischen Potentialφauf. In Raumbereichen, die frei von den das Potential erzeugenden Ladungen sind, istφ har-monisch. Setzt manφin einem derartigen Gebiet, etwa in einer Umgebung des Koordinatenursprunges, als reell analytisch voraus, dann muß jedes einzelne homogene Taylorpolynomp(l)harmonisch sein, denn

∆φ= ∆X

l

p(l)=X

l

∆p(l)= 0 =⇒ ∆p(l)= 0 f¨ur allel.

Die Taylorentwicklung liefert verm¨oge der Multipoloperatoren eine Familie von Multiplikationsoperatoren Q(l) p(l)

in L2(K). Man kann nun das exakte Potential φdurch eine endliche Taylorreihe approximieren in der Hoffnung, daß die zeitliche Entwicklung des Systems mit dem approximierten Potential eine N¨aherung der des wahren Systems ist. Der Vorteil der Multipoloperatoren liegt in ihrem einfachen Transforma-tionsverhalten unterO(K), so daß man gut darstellungstheoretische Methoden anwenden kann, wie wir im folgenden sehen werden.

4.5. Tensoroperatoren 65 Sind H1 und H2 G-Moduln und R:W → LD(H1) ein Tensoroperator zu G, dann erh¨alt man zur Darstellung vonGin H1⊗ H2 einen Tensoroperator

R:˜ W →LD˜(H1⊗ H2), w7→R(w) =˜ R(w)⊗a1,

mit ˜D=D⊗aH2. Sind alle OperatorenR(w) sogar selbstadjungiert (wie etwa bei adjungierten Tensor-operatoren), dann sei die Fortsetzung ˜Rdurch ˜R(w) =R(w)⊗1 gegeben, so daß man wieder selbstadjun-gierte Operatoren erh¨alt. Ich werde diese Erweiterungen von Tensoroperatoren oftmals nicht mit eigenen Namen kennzeichnen. Man kann also die in den Beispielen 4.14 bis 4.17 definierten Tensoroperatoren wahlweise als solche zur Darstellung TL in HK oder HK⊗ HS oder zur Darstellung TJ in HK ⊗ HS auffassen.

In der Quantenmechanik, etwa bei der St¨orungstheorie (Abschnitt 4.7), ist man h¨aufig an Matrixele-menten genannten Ausdr¨ucken der Formhv, Auimit A∈sa(H),u∈dom(A) undv ∈ Hinteressiert.

(Dieser physikalische Gebrauch des Begriffes

”Matrixelement“ ist von der Definition auf Seite 28 zu trennen. Aus dem Kontext wird allerdings immer hervorgehen, welche Bedeutung gemeint ist.) Ist nun R:W →LD(H) ein komplexer Tensoroperator, so bekommt man eine Abbildung

H ×W×D→C, (v, w, u)7→ hv, R(w)ui, (19) die antilinear im ersten Argument und linear in den beiden ¨ubrigen ist. Ich bezeichne Abbildung (19) (und m¨ogliche Einschr¨ankungen davon auf Untermoduln von H bzw. D) als Matrixelementenabbildung zu R. Jede Matrixelementenabbildung bestimmt durch ¨Ubergang zum Dualraum im ersten Argument eine trilineare AbbildungH0×W×D→C, die im algebraischen SinnG-Morphismus ist, wenn manC als trivialenG-Modul auffaßt.

Eine ¨ahnliche Situation liegt bei Erwartungswerten vor: Ein reeller oder komplexer Tensoropera-tor R:W → LD(H) induziert f¨ur jedes u ∈ D eine lineare Abbildung ER(u):W → R bzw. C, w 7→

E(R(w), u). (Da die Operatoren R(w) bei einem reellen Tensoroperator hermitesch sind, bildet in die-sem Fall ER(u) tats¨achlich nach Rab. Aus genau diesem Grunde wurde in der Definition von reellen Tensoroperatoren die Hermitizit¨at gefordert.) Man erh¨alt eine Abbildung vonG-Mengen

ER:D→W0, u7→ER(u).

DaßER nur Abbildung vonG-Mengen ist, liegt an der fehlenden Linearit¨at inu.

Korollar 4.18. Sei H G-Modul, R:LG → LD(H) der adjungierte Tensoroperator und H ein selbst-adjungierter G-Morphismus derart, daß D ⊂ dom(H) von H und exp(−itH) stabilisiert wird.7 Dann gilt

ER◦exp(−itH) =ER

f¨ur allet∈R.

Wenn H der Hamiltonoperator des Systems ist, sind die WerteER(exp(−itH)u)(X) f¨uru∈D also Konstanten der Bewegung. Dies ist die quantenmechanische Version des Noetherschen Theorems.

Beweis. WeilH selbstadjungierterG-Morphismus ist, bekommt man eine Darstellung von G×Rin H [Korollar 4.8]. Dabei kann manRals Einschr¨ankung des adjungierten Tensoroperators zuG×Rauffassen.

Also ist

ER(exp(−itH)u) = Ad(t)ER(u) =ER(u),

daRaufLGtrivial wirkt.

Beispiel 4.19. Der HamiltonoperatorH0 eines freien Teilchens ist selbstadjungierter E(K)-Morphis-mus [Beispiel 4.5]. Folglich sind Impuls- und Drehimpulserwartungswerte Konstanten der Bewegung.

Beispiel 4.20 (Spinpr¨azession). SeiH=HK⊗HS der Hilbertraum zur Beschreibung eines Systems mit Spin. Der Hamiltonoperator sei von der Form

H=HK⊗1 +WS(B) =HK⊗1−1⊗γSS(B)

7Diese Bedingung ist nicht wirklich von Bedeutung und dient hier nur dazu, den Beweis in der Terminologie der Tensoroperatoren zu f¨uhren, weil meiner Ansicht nach die zugrunde liegenden Strukturen auf diese Weise deutlicher zutage treten. Letztlich gen¨ugtudom(R(X)) f¨ur einXLG, um die zeitliche Konstanz vonE(R(X),exp(−itH)u) zu beweisen.

etwa HK =H0−γLL(B) f¨ur ein Teilchen in einem homogenen MagnetfeldB ∈V2

K0 (vgl. n¨achsten Abschnitt). Die Zeitentwicklung wird dann durch

exp(−itH) = exp(−itHK)⊗exp(itγSS(B))

beschrieben. Bez¨uglich des Erwartungswertes des Spins gilt f¨ur normiertesu∈ HundX∈spin(K) ES(exp(−itH)u)(X) = hexp(−itH)u, S(X) exp(−itH)ui

= hexp(itγSS(B))u, In(expitHK)S(X)

exp(itγSS(B))ui

= hexp(itγSS(B))u, S(X) exp(itγSS(B))ui (20)

= ES(exp(itγSS(B))u)(X).

Dabei wurdeS in Zeile (20) als Tensoroperator zu dem Tensorprodukt von Darstellungen R×Spin(K)→U(H), (t, g)7→exp(itHK)⊗TS(g),

aufgefaßt. Nun ist aber

exp(itγSS(B)) = exp(LTS(−tγSB)) =TS(exp(−tγSB)), so daß man schließlich

ES(exp(−itH)u) = exp(−tγSB)ES(u).

erh¨alt. Der Erwartungswert beschreibt eine Bahn in spin(K)0 unter der koadjungierten Darstellung.

Der Zustand u ∈ H tritt nur noch insofern in Erscheinung, als er den Anfangswert ES(u) bestimmt.

Durch Symmetrie¨uberlegungen kann man also die Dynamik vom unendlichdimensionalen Raum Hauf den Dualraum der Liealgebra zur¨uckspielen.

Stellt man sich das FunktionalES(exp(−itH)u) als einen Vektor imR3vor verm¨oge des Isomorphis-musR3'su(2)0 von SU(2)-Moduln (Abschnitt 3.5), so zeigt die letzte Gleichung, daß die Zeitentwick-lung dem Pr¨azedieren dieses Vektors um die durchγSB bestimmte Drehachse mit der Winkelgeschwin-digkeitkγSBkentspricht.

In diesem Beispiel wurde nebenbei gezeigt, daß bei einem zusammengesetzten System ohne Wech-selwirkung, also mit HamiltonoperatorH1⊗1 + 1⊗H2, die zeitliche Entwicklung der Erwartungswerte eines Teilsystems unabh¨angig von dem anderen Teilsystem ist. Genau das w¨urde man bei Fehlen jeglicher Wechselwirkung erwarten.

Wenn man in der Definition vonERauf die Normierung vonuverzichtet, alsoER(u)(w) =hu, R(w)ui setzt, dann bekommt man im Falle eines adjungierten Tensoroperators eine ¨aquivariante Impulsabbildung (equivariant momentum map).8 Solche Abbildungen treten auch in der klassischen Mechanik auf: Bei einem Teilchen mit Phasenraum K×K0 (Kotangentialb¨undel) ist EX = prK die Projektion auf die erste Komponente vonK×K0 [K00=K],EP = prK0 und EL(x, p)(X) =p(Xx). Um die letzte Formel einzusehen, schreibe man nebenx=~xauchpund (verm¨oge des IsomorphismusR3'so(3) aus Abschnitt 3.5)X als Vektorenp,~ X~ ∈K. Dann ist

p(Xx) =h~p, ~X×~xi=hX, ~x~ ×~pi;

dem FunktionalEL(x, p) entspricht also der klassische Drehimpulsvektor~x×~p.

Literatur: [Ste94, Sec. 3.6]

8Daß die ¨Aquivarianz der AbbildungERgesondert angegeben wird, deutet darauf hin, daß die charakteristische Eigen-schaft einer Impulsabbildung eine andere ist: Hat man eineG-Wirkung auf einer symplektischen MannigfaltigkeitMderart, daß die symplektische FormG-invariant ist, dann heißtJ:M LG0Impulsabbildung zuG, wenn f¨ur jedesX LGdas Hamiltonsche Vektorfeld zu der Funktionx7→J(x)(X) aufMgleich dem Killingschen VektorfeldXM ist. Diese Bedingung ist hier (modulo der Schwierigkeiten mit Definitionsbereichen) mit der in Abschnitt 4.1 angegebenen symplektischen Formω erf¨ullt, denn beide Vektorfelder ergeben sich zuu7→LT(X)u. Mehr ¨uber Impulsabbildungen einschließlich Beispielen aus der Quantenmechanik findet man in [MR94, Ch. 11].