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Die Gruppenalgebra

2.4 Die Gruppenalgebra

Bis zum Ende dieses Kapitels bezeichnenGundH kompakte Gruppen. Ausgenommen sind zwei Stellen in diesem Abschnitt, bei denen die Kompaktheit vonGexplizit nicht vorausgesetzt wird.

Zu einer endlichen GruppeGbetrachtet man den freien Vektorraum ¨uberG, die sogenannte Linearisie-rungC[G]. Verm¨oge der Faltung

(a∗b)(g) =X

h∈G

a(h−1)b(hg) wirdC[G] zu einer Algebra mit Einselement, in derGdurch

g7→1{g}

eingebettet ist. Ziel dieses Abschnittes ist es, zu einer beliebigen kompakten Gruppe G eine Algebra zu erkl¨aren. Allerdings ist jetzt der freie Vektorraum ¨uber G viel zu groß und nimmt auch nicht auf die topologische Struktur von G Bezug, so daß sich die Frage nach der passenden Verallgemeinerung vonC[G] stellt. Obwohl der nat¨urliche Raum f¨ur die Faltung der RaumL1(G) ist, beschr¨anke ich mich hier auf den HilbertraumL2(G), der gleichzeitig der regul¨areG-Modul ist. Dies gen¨ugt nicht nur f¨ur die Anwendungen (S¨atze von Peter-Weyl), sondern erm¨oglicht auch ein besonders sch¨ones Resulat, n¨amlich daß die Faltung zweier Elemente der Algebra stetig ist.

Wie stets bei R¨aumen mit normiertem Maß liefert die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung die Absch¨at-zung

kak1= Z

|a|dµ=h1,|a|i ≤ kak2

f¨ur a∈L2(G), so daß man insgesamt folgende Einbettungen, jeweils mit Norm 1, erh¨alt:

C(G),→L2(G),→L1(G) (4) F¨ur das n¨achste Lemma sei f¨ura∈L2(G) die Notation

˜

a= ¯a◦ι∈L2(G), also ˜a(g) =a(g−1)

eingef¨uhrt [˜a∈L2(G): Invarianz des Haarmaßes]. Die Operationa7→˜aistinvolutiv, erf¨ullt also ˜˜a=a f¨ur allea, und antiunit¨ar.

Definition und Lemma 2.11. F¨ura, b∈L2(G) definiert (a∗b)(g) =

Z

a(h−1)b(hg)dh eine stetige Funktion aufG, dieFaltunga∗b vonaund b, und es gilt

(a∗b)(g) =h˜a, R(g)bi. Die Faltung ist eine stetige AbbildungL2(G)×L2(G)→C(G)mit

ka∗bk≤ kak2kbk2. f¨ur allea, b∈L2(G).

Beweis. Es gilt

(a∗b)(g) = Z

a(h−1)b(hg)dh= Z

a(h−1)(R(g)b)(h)dh=h˜a, R(g)bi.

DaR(g) unit¨ar ist, liefert die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung die behauptete Absch¨atzung der

Supre-mumsnorm vona∗b.

Aufgrund der Invarianz des Haarmaßes unter Translationen und Inversion schreibt sich die Faltung

Wegen der Stetigkeit der EinbettungC(G),→L2(G) folgt aus dem letzten Lemma auch die Absch¨at-zung

ka∗bk2≤ kak2kbk2.

Insbesondere ist die Faltung als Abbildung nach L2(G) stetig. Als n¨achstes werden wir zeigen, daß der RaumL2(G) auf diese Weise zu einer Algebra im folgenden Sinne wird.

Definition. Eine involutive Banachalgebra oder∗-Algebraist eine assoziative AlgebraA(nicht not-wendig mit Einselement) mit einer Operation ∗ (Involution) und Norm k · k, die die folgenden Eigen-schaften erf¨ullt:

(a) (A,k · k) ist Banachraum, (b) ∀a, b∈A kabk ≤ kak kbk,

(c) ∗ist antilinear, isometrisch und involutiv, (d) ∀a, b∈A (ab) =ba,

Ein Morphismus involutiver Banachalgebren oder kurz ∗-Morphismus ist ein stetiger Algebrenmor-phismusφmitφ(a) =φ(a) f¨ur allea∈A. Ein∗-Isomorphismusist ein∗-Morphismus mit stetigem Inversen.

Satz und Definition 2.12. Der RaumL2(G)mit der Faltungsoperation und der Involutiona7→˜aist eine∗-Algebra, dieGruppenalgebra.

Beweis. Nachzuweisen sind noch die Assoziativit¨at und Punkt (d) der Definiton einer∗-Algebra.

assoziativ: Seiena,b,c∈L2(G). Wegen Fubini und der Invarianz des Haarmaßes gilt a∗(b∗c)

Falls G eine endliche Gruppe ist, besitzt die Algebra L2(G) ein Einselement, und G ist kanonisch inC[G] eingebettet. Man kann zeigen, daß die Existenz der Eins auch hinreichend f¨ur die Endlichkeit der Gruppe ist [NˇS82, Sec. IV.3.1, Prop. I]. Ihr Fehlen macht es gerade n¨otig, bei den Beweisen von S¨atzen

¨uber Darstellungen kompakter Gruppen neue Wege zu gehen, obwohl die Resultate Verallgemeinerungen von solchen endlicher Gruppen sind.

Auch der Raum B(H) aller beschr¨ankten linearen Operatoren in einem Hilbertraum H mit der Komposition von Abbildungen, der Operatornorm und der Adjunktion als Involution ist eine∗-Algebra.2 Das erm¨oglicht eine kurze Definition einer Darstellung einer∗-Algebra.

Definition. Eine Darstellung einer ∗-Algebra A in H ist ein ∗-Morphismus T:A → B(H). Ein A-Modul ist ein Hilbertraum H, der algebraischer A-Modul ist mit stetiger Operation (a, u) 7→ au derart, daß a der zu aadjungierte Operator in H ist. Ein A-Morphismuszwischen zwei A-Moduln HundIist einB∈B(H,I), das mit denA-Operationen vertauscht, alsoBa=aBf¨ur allea∈Aerf¨ullt.

Bei Gruppendarstellungen haben wir dieG-Invarianz des Skalarproduktes vonG-Moduln gefordert, damit sich die Begriffe

”Modul“ und

”Darstellung“ entsprachen. Diese Entsprechung ergibt sich f¨ur Algebren ohne weitere Voraussetzung, denn eine bilineare Abbildung s:A× H → H ist genau dann stetig, wenn die zugeh¨orige AbbildungA→B(H), a7→s(a,·), stetig ist [sstetig ⇔ ∃M >0∀a∈A, u∈ H ks(a, u)k ≤Mkak kuk].

2Da zus¨atzlich die Identit¨atkAAk=kAk2 ur alleAB(H) gilt, handelt es sich hierbei sogar um eine sogenannte C∗-Algebra.

2.4. Die Gruppenalgebra 25 Bei einer endlichen GruppeGerh¨alt man eine Darstellung vonC[G] aus einer vonGdurch Gewichtung derGzugeordneten Automorphismen vonHmittelsa∈C[G],

T(a) = X

g∈G

a(g)T(g).

Wir definieren die naheliegende Verallgemeinerung auch f¨ur nicht kompakte Gruppen, weil wir im Zu-sammenhang mit Darstellungen von Liegruppen in Abschnitt 3.2 darauf zur¨uckgreifen werden.

Definition. Zu einer DarstellungT einer nicht notwendig kompaktem GruppeGinHunda∈L1(G, µ) sei der OperatorT(a) durch

T(a)u= Z

a(g)T(g)u dg f¨ur u∈ Hgegeben.

(Zur Integration vektorwertiger Funktionen siehe [Lan93, Ch. VI].) T(a) ist wohldefiniert, denn die Stetigkeit vonT sichert dieµ-Meßbarkeit des Integranden, und die Absch¨atzung

Z eine stetige Abbildung L2(G) →B(H) mit Norm ≤1. Auch die ¨ubrigen Kriterien einer ∗-Darstellung

¨uberpr¨uft man leicht:

Satz 2.13. Jede Darstellung T von G in H liefert eine ebenfalls mit T bezeichnete Darstellung der Gruppenalgebra L2(G). Dabei sindG-Morphismen gleichzeitig L2(G)-Morphismen und G-Untermoduln L2(G)-Untermoduln. L2(G)-Morphismus, denn mit der BezeichnungS f¨ur die Darstellung inI gilt

BT(a)u=B

Weil die Orthogonalprojektion auf einen Untermodul G-Morphismus ist, folgt damit auch die letzte

Behauptung.

Es stellt sich die Frage, ob man – wie bei endlichen Gruppen – den hier beschriebenen Prozeß auch umkehren, also zu einer Darstellung der Gruppenalgebra (in eineindeutiger Weise) eine Darstellung der Gruppe erkl¨aren kann. In dieser Form ist die Frage zu verneinen. Weil die AlgebraL2(G) im allgemeinen kein Einselement besitzt, kann man an einen ∗-Morphismus, also insbesondere an eine Darstellung T keine Bedingung der Gestalt T(1) = 1 ∈ B(H) stellen. Nach unserer Definition ist daher auch die triviale Abbildung T = 0 eine Darstellung der Gruppenalgebra. Es ist nicht schwer einzusehen, daß eine Darstellung T von G niemals die Algebrendarstellung T = 0 liefert. (Vergleiche die Bemerkung im Anschluß an Satz 3.10.) Beschr¨ankt man sich auf sogenannte nichtsingul¨are Algebrendarstellungen, bei denen zu jedem u∈ H ein a ∈ L2(G) existiert mit T(a)u6= 0, dann erh¨alt man wie f¨ur endliche Gruppen eine Bijektion zwischen Gruppendarstellungen und Gruppenalgebrendarstellungen. Der Beweis ist in [NˇS82, Sec. IV.3.2] (mit der Wahl vonL1(G) als Gruppenalgebra) ausgef¨uhrt.

Abschließend sei in diesem Abschnitt noch weitere wichtige Eigenschaften der Faltung im L2(G) erw¨ahnt.

Lemma 2.14. F¨ur jedesu∈ Hist die Abbildung

L2(G)→ H, a7→T(a)u, einG-Morphismus des regul¨aren Moduls in den ModulH; als Formel

T(L(g)a) =T(g)T(a)

f¨ur alle g ∈ G und a ∈ L2(G). Diese Gleichung gilt ohne Voraussetzung der Kompaktheit von G f¨ur allea∈L1(G, µ). Bei kompaktem Ggilt zus¨atzlich f¨ur alleb∈L2(G)

T(R(g)b) =T(b)T(g−1).

Beweis. Wegen der Linksinvarianz des Haarmaßes ist T(L(g)a)u =

F¨ur die zweite Gleichung rechnet man analog T(R(g)b)u =

weil bei kompaktemGdas Haarmaß auch rechtsinvariant ist.

DieG-Modulstruktur des regul¨aren Moduls liefert nach Satz 2.13 eineL2(G)-Modulstruktur zus¨atz-lich zur vorhandenen verm¨oge Faltung. Beide sind identisch.

Lemma 2.15. F¨ur alle a, b∈L2(G)ist

a∗b=L(a)b.

Insbesondere ist die Funktionen L(a)bimmer stetig.

Beweis. F¨ur allec∈L2(G) gilt

was zur Behauptung ¨aquivalent ist.

F¨ur den n¨achsten Satz sei an den Begriff deskompakten Operatorserinnert: Ein linearer Operator zwischen normierten R¨aumen heißt kompakt, wenn er beschr¨ankte Mengen in solche ¨uberf¨uhrt, deren Abschluß kompakt ist (solche Mengen werdenpr¨akompaktgenannt). Kompakte Operatoren sind immer stetig. F¨ur die Pr¨akompaktheit einer Teilmenge eines Raumes stetiger Funktionen gibt es ein einfaches Kriterium:

Satz 2.16 (Arzel`a-Ascoli). Sei X ein kompakter topologischer Raum. Dann istV ⊂C(X)(mit Su-premumsnorm) genau dann pr¨akompakt, wenn V beschr¨ankt und gleichgradig stetig ist.

Dabei heißtV gleichgradig stetig, wenn zu jedemx∈X und jedem >0 eine UmgebungU ⊂X von x derart existiert, daß f¨ur alle y ∈ U und alle f ∈V |f(y)−f(x)| < ist. F¨ur den Beweis siehe etwa [Lan93, §III.3]. (Man beachte, daß der dort f¨ur metrische R¨aume gef¨uhrte Beweis f¨ur beliebige topologische R¨aume g¨ultig ist.)

2.5. Orthogonalit¨atsrelationen 27