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Das Periodensystem der Elemente

erhal-ten bleiben. Da diese Voraussetzung an H in der Praxis n¨aherungsweise erf¨ullt ist (Vernachl¨assigung der Spin-Bahn-Kopplung), kann man Eigenvektoren vonH nach dem Gesamtspins klassifizieren. Die Eigenzust¨ande, die zu einem bestimmten Wert von s geh¨oren, also die Eigenr¨aume der Einschr¨ankung von H auf (HK)χsign⊗(HS)χ nennt man ein Termsystem. Wenn H von der beschriebenen Form ist, sind ¨Uberg¨ange zwischen den verschiedenen Termsystemen verboten. Diese Aussage beruht allein auf Symmetrie¨uberlegungen und gilt unabh¨angig von der konkreten Gestalt von HK und HS. Spektrosko-pisch erscheint etwa ein chemisch reines Gas als ein Gemisch aus Komponenten mit unterschiedlichem Spin, zum Beispiel Helium als eine Mischung aus Parahelium (s= 0) und Orthohelium (s= 1). Die ver-schiedenen Termsysteme besitzen in der Regel unterschiedliche Energieniveaus, weil die Ortsanteile der Zust¨ande, die die Ladungsverteilung der Elektronen beschreiben, aufgrund ihrer unterschiedlichen Sym-metrie zu gr¨oßerer oder kleinerer Abstoßung der Elektronen untereinander f¨uhren. Obwohl die direkte Wechselwirkung der Elektronenspins untereinander vernachl¨assigbar klein ist, hat es wegen der Korre-lation von Orts- und Spinanteil den gegenteiligen Anschein. Diese indirekte Form der Wechselwirkung heißt Austauschwechselwirkung; sie spielt bei der Erkl¨arung des Ferromagnetismus eine entscheidende Rolle.

Literatur: [FH91, Lect. 6], [Jos73, Kap. VII]

4.12 Das Periodensystem der Elemente

Ordnet man die chemischen Elemente in einer Reihe nach aufsteigender Kernladungszahl an, so treten periodisch Elemente mit ¨ahnlichen chemischen Eigenschaften auf. Um diesen Sachverhalt anschaulich darzustellen, unterteilt man die Reihe derart in Zeilen, daß chemisch verwandte Elemente untereinander zu stehen kommen. Auf diese Weise entsteht das Periodensystem der Elemente. Die Anordnung in Zeilen geht auf Mendelejew (1869) zur¨uck. Weil damals die innere Struktur der Atome unbekannt war, ordnete er die Elemente nach aufsteigender Atommasse an, was an wenigen Stellen zu einer anderen Ordnung f¨uhrt.

In solchen F¨allen mußte Mendelejew die Ordnung durchbrechen, um die Periodizit¨at zu erhalten. Zudem waren zu seiner Zeit noch nicht alle Elemente bekannt, was zu L¨ucken im Periodensystem f¨uhrte. Als diese Elemente sp¨ater entdeckt wurden, hatten sie tats¨achlich die vorhergesagten chemischen Eigenschaften.

In diesem Abschnitt soll skizziert werden, wie sich der Aufbau des Periodensystems aus dem bisher Besprochenen ergibt, namentlich aus dem Spektrum des Wasserstoffatoms und der Antisymmetrie von Fermionenzust¨anden. Mit der Bezeichnung H = L2(K)⊗U1/2 f¨ur den Zustandsraum eines Teilchens werden Zust¨ande eines Atoms mitnElektronen (unter Vernachl¨assigung der Kernbewegung) durch Vek-toren inVn

Hbeschrieben, da Elektronen als Spin-1/2-Teilchen Fermionen sind. Der OperatorHC(n)aus Gleichung (26) ist wohldefiniert im antisymmetrischen Tensorprodukt, da (26) einen selbstadjungierten Sn-Morphismus in H⊗n definiert. Gleiches trifft auf die St¨ortermeWC,Wf undWhf zu.

F¨ur ein qualitatives Verst¨andnis des Periodensystems gen¨ugt es, zus¨atzlich zuHC(n) die gegenseitige Abstoßung der Elektronen zu ber¨ucksichtigen, also die St¨orungWC. Auch diese sei in einer ersten ¨ Uber-legung vernachl¨assigt, so daß sich die Elektronen gegenseitig nicht sp¨uren. Eine derartige N¨aherung wird Modell unabh¨angiger Teilchen genannt und erm¨oglicht eine einfache Bestimmung der Eigenvektoren und -r¨aume des Hamiltonoperators. Denn weilVn

Hein Unterraum vonH⊗n ist, trifft Satz 4.2 insofern zu, daß Eigenwerte und -vektoren von HC(n) ausschließlich aus denen von H durch geeignete Kombination hervorgehen.

Den niedrigsten Eigenwert von HC(n) erh¨alt man offensichtlich, indem man so viele Vektoren wie m¨oglich aus dem Eigenraum zum kleinsten Eigenwert von HC w¨ahlt, dann sukzessive aus den darauf folgenden Eigenr¨aumen Vektoren hinzunimmt und am Ende das antisymmetrische Produkt bildet. Dieses Antisymmetrisieren verhindert gerade, dabei zweimal denselben EigenvektoruvonH auszuw¨ahlen, denn dann verschwindetu∧u∧u3∧· · ·∧unf¨ur alleu3, . . . ,un. Das ist das Pauli-Prinzip: Zwei Elektronen (oder allgemeiner Fermionen) k¨onnen nicht den gleichen Zustand besetzen. Weiterhin kann man h¨ochstens so viele Zust¨ande aus einem Eigenraum ausw¨ahlen, wie dessen Dimension ist, weil man sie linear unabh¨angig zu nehmen hat.

Weil man das Spektrum des genaueren Hamiltonoperators HC(n)+WC analytisch nicht bestimmen kann, versucht man die einfache Rechnung des Modells unabh¨angiger Teilchen so weit wie m¨oglich zu imitieren: In dieser sogenannten Zentralfeldn¨aherung nimmt man an, daß die Wechselwirkung der Elek-tronen untereinander in guter N¨aherung durch ein rotationssymmetrisches Potential beschrieben werden kann. F¨ur vollst¨andig gef¨ullte Unterschalen (Eigenr¨aume) ist dies tats¨achlich der Fall [GP91, Sec. 14.4].

Bei teilweise gef¨ullten Unterschalen ist die Zentralfeldn¨aherung nicht ganz korrekt, doch zeigt es sich, daß in der Regel h¨ochstens eine solche Unterschale auftritt.

Es gibt verschiede M¨oglichkeiten, dieses Zentralpotential zu erhalten. Eine besteht darin, aus der L¨osung des Modells unabh¨angiger Teilchen die Abstoßung der Elektronen untereinander zu berechnen und ¨uber Sph¨aren zu mitteln. Das so erhaltene Zentralpotential V addiert man zum Coulombpotential des Kerns, so daß sich der Hamiltonoperator in der Form

HC(n)+WC = (HC+V)(n)+ WC−V(n)

schreibt. Gewonnen hat man dabei, daß die eher schwierig zu berechnende St¨orung WC durch einen

”kleineren“ Term ersetzt ist. Jetzt l¨ost man (n¨aherungsweise) das Einteilchenproblem f¨ur den Opera-tor H = HC +V und erh¨alt durch das Modell unabh¨angiger Teilchen eine verbesserte L¨osung des Mehrteilchenproblems. Nun bestimmt man erneut die Wechselwirkungsenergie zwischen den Elektron und bekommt (nach Mittelung ¨uber Sph¨aren) ein neues Potential V0. Dieser Prozeß wird wiederholt, bis sich aufeinanderfolgende L¨osungen kaum noch unterscheiden. Dann ist der TermWC−V(n) in der Regel so klein, daß er f¨ur die meisten Atome keine qualitativen Ver¨anderungen der Energieniveaus ge-gen¨uber (HC +V)(n) mehr bewirkt. Bei der Zentralfeldn¨aherung erh¨alt man folgendes Resultat: Die Eigenr¨aume vonH sind minimal entartet, analog zum OperatorHC numeriert man die EigenwerteEN l

von Hl in aufsteigender Reihenfolge. F¨ur nicht zu große Werte f¨ur N und l liegen Eigenvektoren mit gr¨oßerer SummeN+lenergetisch h¨oher, und falls die Summe f¨ur zwei Eigenwerte gleich ist, ist derjenige mit kleinereml der energetisch g¨unstigere. Die Abfolge der Energieniveaus ist also

1s, 2s, 2p, 3s, 3p, 4s, 3d, 4p, 5s, 4d, 5p, 6s, . . . ,

dabei sind die Energiedifferenzen zwischen p- und s-Unterschalen besonders groß. Verglichen mit dem Wasserstoffatom, bei dem die Energie nicht von der Unterschale einer Schale abh¨angt, sind jetzt Zust¨ande mit h¨oherem Drehimpuls l nicht mehr so stark gebunden. Das ist plausibel, weil die Elektronen auf unteren Schalen, die im Mittel dem Kern n¨aher sind, dessen positive Ladung abschirmen, so daß die effektive Kernladung, die das ¨außere Elektron sp¨urt, geringer ist.

Als Beispiel sei das Mangan betrachtet. 20 der 25 Elektronen eines neutralen Manganatoms f¨ullen die Unterschalen 1s, 2s, 2p, 3s, 3pund 4svollst¨andig, die ¨ubrigen 5 besetzen die 3d-Schale. Die energetisch g¨unstigsten Zust¨ande liegen also im Unterraum

V2

eig(H, E10)⊗V2

eig(H, E20)⊗V6

eig(H, E21)⊗V2

eig(H, E30)⊗ V6

eig(H, E31)⊗V5

eig(H, E32)⊗V2

eig(H, E40). (34)

(An dieser Stelle benutze ich die Identit¨at [FH91, Gleichung (B.2)]

^n

(U ⊕V)' Mn k=0

^n−k

U⊗^k

V

bzw. deren Verallgemeinerung auf mehrere Summanden, um (34) als Unterraum vonVn

Hzu erkennen.) Diese Elektronenkonfiguration des Mangans gibt man durch

1s22s22p63s23p63d54s2

an. Durch die Zentralfeldn¨aherung enth¨alt die Elektronenkonfiguration des Grundzustandes also immer eine Reihe von vollen Unterschalen und eventuell eine teilweise gef¨ullte. Diese muß aber nicht die ¨außerste des Atoms sein (maximales N); bei dem ¨Ubergangselement Mangan wird die 3d-Unterschale nach der weiter außen liegenden 4s-Unterschale aufgef¨ullt, was Einfluß zum Beispiel auf die optischen Eigenschaf-ten hat. Bei wenigen Atomen erkl¨art die Zentralfeldn¨aherung die tats¨achliche Elektronenkonfiguration nicht. So fehlt beim Chrom gegen¨uber dessen Nachfolger im Periodensystem, dem Mangan, ein Elektron in der 4s- statt in der 3d-Unterschale, wie es die Abfolge der Energieniveaus erwarten lassen w¨urde.

Dieser Energiegewinn durch gerade halbvolle Unterschalen l¨aßt sich mit diesem Modell nicht deuten.

Es zeigt sich, daß die chemischen Eigenschaften eines Atoms im wesentlichen durch die ¨außerste Schale bestimmt werden, insbesondere durch deren Unterschale mit gr¨oßteml. Dabei sind die Anzahl der Elek-tronen darin und deren r¨aumliche Wahrscheinlichkeits- bzw. Ladungsverteilung wichtig. Letztere sind f¨ur alle Unterschalen mit gleicher Bahndrehimpulsquantenzahll¨ahnlich, ebenso, wie die Anzahl Elektro-nen, die in dieser Unterschale Platz finden k¨onElektro-nen, gleich ist, denn diesesl bestimmt einen Untermodul

4.12. Das Periodensystem der Elemente 85 von L2(S2) mit Dimension 2l+ 1 und damit auch die Winkelverteilung der Aufenthaltswahrscheinlich-keitsdichte der Elektronen. Zus¨atzlich sind noch die Energiedifferenzen der teilweise gef¨ullten Schale zu der n¨achsth¨oher- und -tieferliegenden von Bedeutung. Damit erkl¨art sich schließlich die Periodizit¨at der chemischen Eigenschaften: Elemente mit der gleichen Anzahl Elektronen in ¨außeren Unterschalen mit gleichemlzeigen ¨ahnliches Verhalten, und solche kommen in der Reihe der Elemente in festen Abst¨anden vor, die durch die energetische Reihenfolge der Unterschalen und deren Dimensionen bestimmt sind. Bei-spielsweise gehen Atome mit aufgef¨ullterp-Unterschale so gut wie keine Bindungen ein, was an der großen Energiedifferenz zur n¨achsten Unterschale liegt. Zusammen mit Helium (volle 1s-Unterschale) bilden sie die Hauptgruppe der Edelgase.

Besonders interessant aus dem mathematischen Blickwinkel ist, daß die beim Periodensystem auf-tretenden Zahlen ihren Ursprung in der Darstellungstheorie von SU(2) haben: In eine l-Unterschale passen 2(2l+ 1) Elektronen; 2l+ 1 ist die Dimension des einfachen SO(3)-Moduls Ul, und 2 die des SU(2)-ModulsU1/2, der zur Beschreibung von Spin-1/2-Teilchen ins Spiel gebracht wurde.

Die teilweise gef¨ullte Unterschale spaltet durch Coulombabstoßung in verschiedene Terme auf,

^n

(Ul⊗U1/2) =M

k

Ulk⊗Usk.

Welcher Term der energetisch g¨unstigste ist, geben die Hundschen Regeln an: Der energetisch niedrigste Term ist derjenige mit maximaler Spinquantenzahlsk, und falls es davon mehrere gibt, liegen diejenigen mit gr¨oßtem lk am tiefsten. Beim oben angesprochenen Mangan ist nach den Hundschen Regeln der

Term ^5

U2⊗Sym5U1/2

der energetisch g¨unstigste, der zugeh¨orige Gesamtspin des Mangans betr¨agt 5/2 (nur die 3d-Schale liefert Beitr¨age). Dieser Term ist trivialer O(K)-Modul, d. h. r¨aumlich rotationssymmetrisch. Anschaulich ist diese Konfiguration deswegen bevorzugt, weil sich die Elektronen ”maximal ausweichen“ und dadurch die gegenseitige elektrostatische Abstoßung minimieren. Auch das Chrom erreicht durch den Wechsel eines Elektrons von der 4s- in die 3d-Schale eine rotationssymmetrische Konfiguration, die energetisch unterhalb der von der Zentralfeldn¨aherung vorhergesagten liegt.

Literatur: [Ste94, Sec. 4.6], [GP91, Sec. 14.4]

Kapitel 5

Projektive Darstellungen