• Keine Ergebnisse gefunden

Konstruktionen mit Hilbertr¨aumen

Der DualraumH0 eines HilbertraumesHist unter der Abbildung H → H0, u7→(v7→ hu, vi),

als Banachraum zuH (antilinear) isometrisch isomorph [Darstellungssatz von Fr´echet-Riesz]. Das Bild eines Vektorsuunter dieser Abbildung bezeichne ich mitu0 oderhu,·i. Nun kann man inH0 ein Skalar-produkt

hv0, u0i=hv, ui=hu, vi (1) erkl¨aren, wodurchH0 ebenfalls zu einem Hilbertraum wird. Die kanonische Abbildung H → H0 ist mit dieser Definitionantiunit¨ar, d. h., sie ist antilinear, surjektiv und erf¨ullt Gleichung (1). Insbesondere ist die vom Skalarprodukt induzierte Norm aufH0 gleich der schon vorhandenen (Operator-)Norm.

SeiK eine h¨ochstens abz¨ahlbare1 Indexmenge und (Hk)k∈K eine Familie von Hilbertr¨aumen. Dann wird in der algebraischen direkten SummeLa

k∈KHk durch h⊕vk,⊕uki:= X

k∈K

hvk, uki

in kanonischer Weise eine Sesquilinearform erkl¨art. Wie man leicht nachpr¨uft, handelt es sich hierbei sogar um ein Skalarprodukt, so daß La

k∈KHk zu einem Pr¨ahilbertraum wird, in dem die einzelnen SummandenHk paarweise orthogonale Unterr¨aume sind.

Definition. Die direkte SummeL

k∈KHk der Hilbertr¨aumeHk ist die Vervollst¨andigung der alge-braischen direkten SummeLa

k∈KHk bez¨uglich der vom kanonischen Skalarprodukt induzierten Norm.

Bildet (ekm)m∈Mkeine Orthonormalbasis vonHk, dann ist (ekm)k∈K,m∈Mkeine solche vonL

k∈KHk. Insbesondere ist die direkte Summe von Hilbertr¨aumen separabel, da K h¨ochstens abz¨ahlbar ist und wir alle Summanden als separabel voraussetzen. Falls K endlich ist, ist bereits La

k∈KHk vollst¨andig.

Außerdem ist dann die Topologie vonL

k∈KHk gerade die Produkttopologie.

Es ist nicht ganz einfach, die direkte Summe von Hilbertr¨aumen wie die algebraische direkte Summe durch eine universelle Eigenschaft zu kennzeichnen, da im Falle einer unendlichen Indexmenge Probleme mit der Beschr¨anktheit von induzierten Abbildungen auftreten k¨onnen. Allerdings hat man den folgenden Satz:

Satz 1.5. Sind (Hk)k∈K und (Ik)k∈K zwei Familien von Hilbertr¨aumen mit gleicher IndexmengeK, und ist(Ak)k∈K eine Familie von Operatoren mit Ak ∈B(Hk,Ik) und supk∈KkAkk<∞, so existiert genau eine AbbildungA∈B(L

k∈KHk,L

1Diese Bedingung ist nicht wesentlich, sondern sichert nur die Separabilit¨at der zu definierenden direkten Summe, da wir auch alle R¨aumeHkals separabel annehmen.

1.2. Konstruktionen mit Hilbertr¨aumen 5

Der OperatorA aus dem Satz wird mit L

k∈KAk bezeichnet. Ist (Jk)k∈K eine weitere Familie von Hilbertr¨aumen und (Bk)k∈K eine Familie von Operatoren mit Bk ∈B(Ik,Jk) und supk∈KkBkk<∞, so pr¨uft man leicht die Identit¨aten M

k∈K

k∈KAk normal (unit¨ar, selbstadjungiert), falls alleAk normal (unit¨ar, selbst-adjungiert) sind. Kanonische Isomorphien mit direkten Summen von Hilbertr¨aumen werden zusammen mit denen von Tensorprodukten besprochen.

Da die Hermitizit¨at von h·,·i offensichtlich ist, bleibt nur die Positiv-Definitheit zu zeigen. Im endlich-dimensionalen Fall (d. h. H1 und H2 endlichdimensional) ist das leicht zu sehen: Wenn (ekm)m eine Orthonormalbasis von Hk ist, bildet (e1m⊗e2n)mn ein Orthonormalsystem in H1aH2 und aus Di-mensionsgr¨unden somit eine Basis. Schreibt man nun ein u∈ H1aH2 als Linearkombination dieser Basiselemente, folgt aushu, ui= 0, daß alle Koeffizienten 0 sind.

2Zum Begriff des AdjungiertenAeines OperatorsAvgl. in etwas allgemeinerem Zusammenhang Abschnitt 1.4.

Ist wenigstens einer der beiden R¨aume unendlichdimensional, so nutzt man aus, daß jedesu∈ H1a H2als Summeu=P

v1m⊗v2nmit endlich vielen Gliedern geschrieben werden kann. Mit der Bezeichnung Vm:= lin{vmn:n} ⊂ Hmgibt es genau einι, das das folgende Diagram kommutativ macht:

V1×V2 ⊗- V1aV2

H1× H2

?

⊗- H1aH2 ι

?

Test auf einer Orthononormalbasis zeigt, daßιeine Isometrie ist. Daher impliziert kukH1aH2 = 0, daß

kukV1aV2= 0 ist und damitu= 0.

Wiederum heißt das Skalarprodukt mit der im Lemma beschriebenen Eigenschaft das kanonische Skalarprodukt vonH1aH2.

Definition. Das Tensorprodukt H1⊗ H2 der Hilbertr¨aume H1 und H2 ist die Vervollst¨andigung von H1aH2 bez¨uglich der vom kanonischen Skalarprodukt induzierten Norm. Analog definiert man das Tensorprodukt von endlich vielen Hilbertr¨aumen. F¨urn >0 istH⊗n =H ⊗ · · · ⊗ H (n-mal), H⊗0 istC.

Wenn (ekm)m∈Mk eine Orthonormalbasis von Hk bildet f¨ur k = 1, 2, dann ist (e1m⊗e2n) eine Orthonormalbasis vonH1⊗ H2. Insbesondere ist das Tensorprodukt separabel. Die Vervollst¨andigung vonH1aH2 ist tats¨achlich nur n¨otig, fallsbeide R¨aume unendlichdimensional sind. Ist

t:H1× H2→ H

eine bilineare Abbildung in einen Hilbertraum H derart, daß die Vektoren t(e1m, e2n) eine Orthonor-malbasis von H bilden, dann ist H zu H1⊗ H2 isomorph. Diese Bemerkung leitet zur ”universellen Eigenschaft“ des Tensorproduktes von Hilbertr¨aumen ¨uber, die wiederum nur mit Einschr¨ankungen for-muliert werden kann.

Satz 1.7. Seien Hk, Ik Hilbertr¨aume und Ak ∈ B(Hk,Ik), k = 1,2. Dann existiert genau ein A ∈ B(H1⊗ H2,I1⊗ I2) mit

H1× H2 ⊗- H1⊗ H2

I1× I2 A1×A2

?

- I1⊗ I2 A

?

F¨ur dieses Agilt kAk=kA1k kA2k.

Beweis. Auch hier ist die Existenz einer linearen Abbildung A1aA2:H1aH2 → I1⊗ I2 mit der geforderten Eigenschaft aus der (multi-)linearen Algebra bekannt. F¨ur die Absch¨atzung kA1aA2k ≤ kA1kkA2k gen¨ugt es wegen A1a A2 = (A1a1)(1⊗aA2), die Ungleichung kA1a1k ≤ kA1k zu zeigen. Sei (em)m eine Orthonormalbasis von H2. Dann l¨aßt sich jedes u ∈ H1a H2 als endliche Summeu=P

mvm⊗emschreiben f¨ur gewissevm∈ H1. Nun gilt k(A1a1)uk2=X

m

A1vm⊗em

2=X

m

kA1vmk2≤ kA1k2X

m

kvmk2=kA1k2kuk2,

was zu zeigen war. F¨ur den NachweiskA1aA2k ≥ kA1k kA2kgeht man ¨ahnlich vor wie im letzten Satz und benutzt zwei Folgen (vkl)l inHk mit kvklk ≤1 und liml→∞kAkvklk=kAkk. Schließlich setzt man

A1aA2 wieder aufH1⊗ H2fort.

1.2. Konstruktionen mit Hilbertr¨aumen 7 Die Notation f¨ur diesen Operator A ist A1 ⊗A2. Sind J1, J2 zwei weitere Hilbertr¨aume und ist Bi ∈B(Ii,Ji), so gelten ¨ahnlich der direkten Summe die Gleichheiten

A1⊗A2

=A1⊗A2 und

B1⊗B2

A1⊗A2

=B1A1⊗B2A2.

Insbesondere istA1⊗A2normal (unit¨ar, selbstadjungiert), fallsA1undA2 normal (unit¨ar, selbstadjun-giert) sind.

Wenden wir uns nun den kanonischen Isomorphien bei Konstruktionen mit Hilbertr¨aumen zu.

Lemma 1.8. Sei(Vk)k∈K eine Familie von Pr¨ahilbertr¨aumen. Dann ist Ma

k∈K

Vk=Ma k∈K

Vk und V1aV2=V1aV2.

(Der Strich bezeichnet dieVervollst¨andigungeines Pr¨ahilbertraumesV zu einem HilbertraumV.) Beweis. Die kanonischen Einbettungen

Ma k∈K

Vk→Ma k∈K

Vk und V1aV2→V1aV2

sind Isometrien und lassen sich daher auf die Vervollst¨andigungen fortsetzen. Die Bilder der Vervollst¨andi-gungen sind abgeschlossen. Andererseits liegen schon La

k∈KVk und V1aV2 dicht in La

k∈KVk bzw.

V1aV2. Also sind die auf die Vervollst¨andigungen fortgesetzten Abbildungen surjektiv.

Satz 1.9. Es gelten die folgenden kanonischen isometrischen Isomorphien:

M

k∈K

Hk = M

k∈K

Hπ(k) f¨ur jede Permutationπ vonK, H1⊗ H2 = H2⊗ H1,

H ⊗C = H,

H1⊗ H2⊗ H3 = H1⊗(H2⊗ H3) = (H1⊗ H2)⊗ H3, H ⊗ M

k∈K

Hk

= M

k∈K

(H ⊗ Hk).

Beweis. Die Aussagen sind f¨ur die algebraische direkte Summe und das algebraische Tensorprodukt wohlbekannt, zudem sind die dabei auftretenden Isomorphismen isometrisch. Nach dem letzten Lemma kann man diese S¨atze durch wiederholtes Vervollst¨andigen auf die jetzige Situation ¨ubertragen, etwa

H1aH2aH3=H1a(H2aH3)⇒ H1aH2aH3=H1a(H2aH3) =H1a(H2aH3).

F¨ur einen abgeschlossenen UnterraumU <HistU⊗Iein abgeschlossener Unterraum vonH⊗I[Satz 1.7 f¨ur die Abbildungen U ,→ H und idI; die induzierte Abbildung ist isometrisch]. Die Distributivit¨at des Tensorproduktes ¨uber die direkte Summe zeigt

(U⊗ I)=U⊗ I, (2)

daH ⊗ I= (U⊕U)⊗ I= (U⊗ I)⊕(U⊗ I) ist.

Der aufmerksame Leser wird eine aus der endlichdimensionalen linearen Algebra bekannte Bezie-hung vermißt haben, n¨amlich den IsomorphismusU0⊗V = End(U, V). Dieser ¨ubertr¨agt sichnicht auf unendlichdimensionale Hilbertr¨aume. Das dieses so ist, erkennt man schon daran, daß zwarH0⊗ I ein Hilbertraum ist, nicht aberB(H,I): In diesem Raum gilt die Parallelogrammgleichung nicht, die notwen-dig und hinreichend daf¨ur ist, daß die Norm von einem Skalarprodukt induziert wird [Wer95, Satz V.1.6].

Allerdings definiert jedes Element aus H0⊗ I eine stetige, sogar kompakte Abbildung H → I. Die so erhaltenen Operatoren heißenHilbert-Schmidt-Operatoren, die vom Skalarprodukt aufH0⊗ I indu-zierte Norm Hilbert-Schmidt-Norm. Genaueres zu dieser Klasse von Operatoren findet man in [Wer95, Abschnitt VI.6] und [Rob83, Sec. I.8].

Literatur: [Pru81,§II.6], [RS80, Sec. II.4], [Wei76, Abschnitt 3.4]