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2.4.1 Telomeren als Funktionseinheit der Chromosomen

Telomeren sind hochspezialisierte Strukturen an den Enden eukaryotischer Chromosomen (BLACKBURN, 1991; GREIDER, 1991). Sie bestehen aus hoch repetitiven DNA-Elementen und speziellen DNA-bindenden Proteinen (SMOGORZEWSKA und DE LANGE, 2004). Der Begriff Telomeren wurde 1938 von Hermann Muller eingeführt. Er leitet sich aus den griechischen Wörtern „telos“ für Ende und „meros“ für Teil ab. Abbildung 5 zeigt den schematischen Aufbau der Chromosomen mit den Telomeren als sog. Kappenstruktur an den Chromosomenenden.

Abb. 5: Schematische Darstellung der Struktur der Chromosomen, mit den Telomeren (Abb. aus GREIDER und BLACKBURN, 1998)

Bei der Arbeit mit Drosophila stellte Muller fest, dass von Röntgenstrahlen induzierte chromosomale Schäden nie die Chromosomenenden betrafen, was auf einen besonderen Schutz schließen ließ (MULLER et al., 1937). Das Phänomen, dass die Enden der Chromosomen aus besonderen Strukturen bestehen und sich anders als das restliche Chromatin verhalten, wurde von McClintock durch Arbeiten an Maischromosomen in den vierziger Jahren bestätigt (MCCLINTOCK, 1942;

MCCLINTOCK, 1941). Obwohl die Telomeren in einem Genom aus denselben Sequenzen bestehen, variieren die Sequenzen bei verschiedenen Spezies (DE

LANGE et al., 1990). Die Sequenz der Telomeren wurde zuerst bei dem Ciliaten Tetrahymena entschlüsselt (5´TTGGGG) (YAO et al., 1981). In Säugerzellen bestehen diese terminalen DNA-Strukturen aus guaninreichen hexameren Wieder-holungen der Nukleotid Sequenz 5´-TTAGGG-3´ (GREIDER, 1996; MOYZIS et al., 1988). Die Länge der Telomeren variiert spezies-spezifisch. Bei Rindern, Menschen und Wildmäusen liegt sie bei 10-15 kb (HEMANN und GREIDER, 2000). Bei ingezüchtenen Labormäuselinien kann die Telomerenlänge zwischen 30-150 kb variieren (HEMANN und GREIDER, 2000). Die Hauptfunktion der Telomeren besteht darin, die DNA-Enden zu schützen (BLACKBURN, 2001) und von Doppelstrangbrüchen innerhalb der Chromosomen zu unterscheiden. Dadurch verhindern die Telomeren eine Aktivierung der DNA-Reparaturmechanismen, die Bildung chromosomaler Fusionen sowie die Entstehung von chromosomaler Instabilität (HANDE et al., 1999; COUNTER et al., 1992). Schon frühzeitig wurde erkannt, dass die Telomeren die doppelsträngigen DNA-Enden vor Degradierung, Fusion und Rekombination mit chromosomeninterner DNA verhindern (MCCLINTOCK, 1941). Telomeren verhindern also nicht nur die End-zu-End-Fusion, sondern sowohl fehlerhafte Rekombination zwischen den Chromosomenenden während des Zellzyklus (D´ADDA Di FAGAGNA et al., 2003; HABER und THORBURN, 1984) als auch die Auslösung der DNA-Schadensreparations-maschinerie. Sie schützen die DNA desweiteren vor enzymatischen Angriffen (VERDUN und KARLSEDER, 2007; ZAKIAN, 1997).

Am äußeren Chromosomen-Ende bilden die Telomeren einen G-reichen etwa 200 Basenpaare langen einzelsträngigen 3´Überhang, der mit den Telomer bindenden Proteinen interagiert (WRIGHT et al., 1997; HENDERSON und BLACKBURN, 1989).

Diesen 3´Einzelstrang-Überhang gibt es bei Menschen und anderen Vertebraten (MAKAROV et al., 1997). Das sogenannte T-Loop Modell besagt, dass dieser 3´Überhang sich zurückfaltet, eine lassoähnliche Struktur ausbildet und in weiter proximal gelegenen Abschnitten mit doppelsträngiger Telomersequenz inseriert (STANSEL et al., 2001; GRIFFITH et al., 1999).

2.4.2 Telomeren als molekularer Zähler von Zellteilungen

Eine besondere Rolle spielen die Telomeren im Zusammenhang mit dem Endreplikationsproblem (WATSON, 1972). Für die DNA-Replikation sind die DNA Polymerasen  und  sowie die Primase, ein Enzym, das den RNA-Primer synthetisiert, notwendig. Da der RNA-Primer am äußeren Telomerenende abgebaut wird, ohne in DNA umgeschrieben zu werden, kommt es bei jeder Replikation zu einer Telomerenverkürzung. Hayflick beschrieb 1961, dass es bei humanen Fibroblasten im Gegensatz zu Tumorzellen nur zu einer begrenzten Anzahl von Zellteilungen kommt (HAYFLICK und MOORHEAD, 1961). Später wurde postuliert, dass sich die Chromosomen bei jeder Zellteilung verkürzen (OLOVNIKOV, 1971) und dadurch eine „biologische Uhr“ des Alterns bzw. der erfolgten Zellteilungen darstellen. Im Zusammenhang mit zellulärer Seneszenz wurde die Telomeren-verkürzung als erster molekularer Mechanismus beschrieben (HARLEY et al., 1990).

Durch das Endreplikationsproblem kommt es in somatischen Zellen zu einer Verkürzung der Telomeren bei jeder Zellteilung, da die Primer an den Enden nicht mehr genau binden können (ALLSOPP et al., 1992; HARLEY et al., 1990). In somatischen Zellen kommt es zu einer Verkürzung der Telomeren um 50-100 bp bei jeder Zellteilung (MEYERSON et al., 1997). Nach einer bestimmten Anzahl von Zellteilungen kommt es zu einer kritischen Verkürzung der Telomeren. Die Zellen erreichen das Stadium der Seneszenz (Zellalterung) (LUNDBLAD, 1997; HARLEY et al., 1990). Dabei wird das Tumorsuppressor Protein p53 aktiviert, das die Zellteilung unterdrückt. Nur wenige kritisch verkürzte Telomeren pro Zellkern sind nötig, um zelluläre Seneszenz auszulösen (CAMPISI und D´ADDA DI FAGAGNA, 2007).

Wegen der kritischen Verkürzung der Telomeren ist die Teilungsfähigkeit primärer humaner Zellen in vitro auf etwa 60-80 Teilungen begrenzt (WRIGHT und SHAY, 1992). Die ausschlaggebende Rolle von Telomeren in Zellteilung und Alterung wird deutlich bei Patienten mit nur 50 % desTelomerase-Spiegels, die von einer Mutation einer oder mehrerer Telomerase-Gene herrühren. Dieses führt zu verschiedensten Erkrankungen, wie z.B. Knochenmarkserkrankungen (AUBERT und LANSDORP, 2008).

2.4.3 Telomerenverkürzung während des Alterns

Beim Menschen konnte in utero gezeigt werden, dass die Telomeren in verschiedenen fetalen Geweben gleich waren, während es zwischen verschiedenen Feten erhebliche Unterschiede gab (YOUNGREN et al., 1998). Einige genetische Krankheiten, wie z.B. das Werner Syndrom, führen zu einer beschleunigten Rate der Telomerenverkürzung und lösen somit eine frühzeitige Alterung aus (BLASCO, 2005). Die Lebensdauer somatischer Zellen ist durch die Verkürzung der Telomeren bei Fehlen von Telomerase-Aktivität beschränkt (ALLSOPP et al., 1992). Wenn es zu einer kritischen Verkürzung der Telomeren kommt, verlieren diese ihre Schutzfunktion; es kommt zur Seneszenz und die DNA-Schädigungssignalwege werden aktiviert (VAZIRI et al., 1993). Bei mitotisch inaktiven Organen, wie z.B. Herz und Gehirn, bleibt die Telomerenlänge während der Alterung relativ stabil, während mitotisch aktive Organe stark von der Telomerenverkürzung betroffen sind (TAKUBO et al., 2002). Bei Blutzellen scheint die Telomerenverkürzung postnatal nicht linear zu verlaufen. Es kommt während der ersten beiden Lebensjahre zu einer stärkeren Verkürzung (FRENCK, Jr. et al., 1998). Bei Frauen wurde ein Zusammenhang zwischen Telomerenlänge und altersabhängiger meiotischer Dysfunktion hergestellt.

Bei Mäusen mit verkürzten Telomeren zeigte sich der gleiche Phänotyp wie bei der reproduktiven Alterung der Frau (KEEFE et al., 2007).

2.4.4 Telomeren assoziierte-Krankheiten

Bei verschiedenen chronischen Erkrankungen mit erhöhtem Zellumsatz, wie z.B.

Leberzirrhose und unterschiedliche Formen der Anämie, kommt es zu einer beschleunigten Verkürzung der Telomeren (BRUMMENDORF et al., 2001). Beim Menschen treten Telomerenverkürzungen in der Seneszenz vor allem in hochproliferativen Geweben auf (ALLSOPP et al., 1995). Auch Stress wurde mit einer beschleunigten Telomerenverkürzung in Zusammenhang gebracht (EPEL et al., 2004).

Bei einer Reihe chronischer Humanerkrankungen wurde in verschiedenen betroffenen Organen eine starke Telomerenverkürzung nachgewiesen. Bei Patienten mit chronischen Lebererkrankungen (AIKATA et al., 2000) ließ sich dieses in den

Hepatozyten nachweisen, in den Endothelzellen bei Atheriosklerose (SAMANI et al., 2001) und bei unterschiedlichen Knochenmarkserkrankungen in den peripheren Blutzellen (BRUMMENDORF et al., 2001). Beim Werner Syndrom handelt es sich um eine autosomal rezessive Erkrankung, bei der vor allem mesodermales Gewebe betroffen ist. Die Erkrankung tritt in der Lebensmitte als massiv einsetzender Alterungsprozess auf. Im Vordergrund stehen außer vorzeitigem Altern, Symptome wie erhöhte genetische Instabilität und erhöhtes Tumorrisiko. Diese stehen in engem Zusammenhang mit verkürzten Telomeren (CHANG et al., 2004). Auch die Dysceratosis congenita ist eine Krankheit, die im Zusammenhang mit Funktionsstörungen der Telomeren steht. Hauptsymptome bei Patienten mit Dyskeratosis congenita sind Knochenmarksdefekte, Lungenfibrosen und das Auftreten von Krebs (LANSDORP, 2009). Bei der X-chromosomal gebundenen Form der Dyskeratosis congenita ist die niedrige TERC-Expression der limitierende Faktor für eine ausreichende Telomerase-Aktivität, was wiederum mit einer reduzierten Telomerenlänge verbunden ist (WONG und COLLINS, 2006). Auch bei der autosomal dominanten Form der Dysceratosis congenita wurden Mutationen von TERC gefunden (VULLIAMY et al., 2001). Schließlich wurden auch bei der aplastischen Anämie Mutationen der TERC Komponente gefunden (YAMAGUCHI et al., 2003).

2.4.5 Telomerenregulation bei Nachkommen aus somatischem Kerntransfer Da die Telomerlängen Einfluss auf Regeneration und Alterung haben, besteht ein mögliches Problem des Klonens in der Telomerenverkürzung, da für das Klonen Zellkerne somatischer Zellen verwendet werden, die i.d.R. kürzere Telomeren haben als Keimzellen (ALLSOPP et al., 1992; DE LANGE et al., 1990). Beim Schaf „Dolly“, das aus einer Euterepithelzelle geklont wurde, konnte eine Verkürzung der Telomeren im Vergleich zu altersgleichen Kontrollen festgestellt werden (SHIELS et al., 1999). Andere geklonte Tiere wie z.B. Rinder wiesen hingegen Telomeren gleicher Länge wie altersgleiche Kontrollen auf (SCHAETZLEIN et al., 2004). In einer Arbeit wurden bei der Verwendung seneszenter Donorzellen jedoch bei den resultierenden Klonrindern Verlängerungen der Telomeren im Bezug auf die

Ausgangszellen ermittelt (LANZA et. al, 2000). Die Telomerenlänge nach somatischem Klonen wurde bei einer vergleichenden Studie im Wesentlichen von der Art der verwendeten Spenderzelle beeinflusst. Klonnachkommen (Rind) aus fetalen Zellen, Muskelzellen oder Fibroblasten wiesen eine normale Telomerenlänge auf, während die Telomeren aus Epithelzellen im Vergleich zu altersgleichen Kontrolltieren verkürzt waren (MIYASHITA et al., 2002).

2.5 Telomeren-Regeneration durch die reverse Transkriptase Telomerase