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Die Telomerase ist in der Lage, Nukleotidsequenzen an den Enden der Telomeren anzufügen und damit die Telomerenlänge wieder aufzubauen. Die Telomerase wurde 1985 von Greider und Blackburn im Cilaten Tetrahymena erstmals beschrieben (BLACKBURN, 1991; GREIDER und BLACKBURN, 1985).

2.5.2 Aufbau des Telomerase-Enzyms

Die Telomerase ist ein Holoenzym, das aus zwei Untereinheiten besteht, dem katalytischen Protein der Telomerase Reverse Transkriptase (TERT) und der Telomerase-RNA-Komponente (TERC), die als Matrize für die Telomerensynthese dient (MEYERSON et al., 1997; NAKAMURA et al., 1997). Die Telomerase verlängert das 3´Ende der DNA direkt (Abb.6), wobei ihre RNA-Komponente als Matrize genutzt wird (NAKAMURA und CECH, 1998; COLLINS et al., 1995). Die Telomerase verlängert dann den Leitstrang in 5´-3´-Richtung in einer RNA-abhängigen DNA-Synthese (GREIDER und BLACKBURN, 1985). Nach der Verlängerung des 3´-Endes wird der Folgestrang mittels einer DNA-Polymerase vervollständigt. Es bleibt ein 3´-Überhang bestehen, der die sog. Haarnadelstruktur ausbildet (LIU et al., 2002).

Abb. 6: Verlängerung der Telomeren durch das Telomerase-Holoenzym

Telomerase vermittelte Telomerenverlängerung. 1. Telomerase bindet an das 3´OH Ende und . synthetisiert komplementär zur RNA-Matrize neue Telomersequenzen. 2. Die Telomerase dissoziiert, um am neu entstandenen Ende wieder zu binden und 3. den DNA-Strang erneut zu verlängern. Nach Abschluss der Verlängerung dissoziiert die Telomerase und die DNA-Polymerase synthetisiert den Folgestrang. TP1 und Dyskerin sind assoziierte Proteine. (Abb. aus GREIDER, 1996).

2.5.3 Zelltyp-spezifische Expression der Telomerase

In den meisten einzelligen Eukaryoten wird die Telomerase konstitutiv exprimiert. Bei Säugetieren hingegen ist die Aktivität der Telomerase streng reguliert (KIM et al., 1999; MEYERSON et al., 1997). Die Telomerase ist nur während der Embryogenese (WRIGHT et al., 1996), in Zellen der Keimbahn sowie in Stammzellen aktiv (HIYAMA und HIYAMA, 2007). Die meisten Krebszellen weisen ebenfalls Telomeraseaktivität auf (COUNTER et al., 1995; BLACKBURN, 1991). In den meisten somatischen Geweben kommt es postnatal zur Unterdrückung der Telomeraseaktivität (WRIGHT et al., 1996).

2.5.4 Telomeraseaktivität in der Embryogenese und in Keimzellen

Die Aktivtät der Telomerase in humanen Geweben ist streng reguliert. Die Expression ist auf Stamm- und Progenitorzellen sowie unreife Keimzellen beschränkt (KIM et al., 1999; WRIGHT et al., 1996). An Keimzellen konnte gezeigt werden, dass sie längere Telomeren als somatische Zellen haben. Es wird vermutet, dass eine Expression der Telomerase in Keimzellen eine Telomeren-Reserve für die nachfolgende Generation sicherstellen soll (ALLSOPP et al., 1992; DE LANGE et al., 1990).

Während der Embryonalentwicklung sind in der ungereiften Oozyte hohe Telomeraseaktivitäten vorhanden, die bei humanen Zygoten unter die Nachweisgrenze abfallen, um dann im Blastozystenstadium wieder anzusteigen (WRIGHT et al., 2001; XU und YANG, 2000). Eine Übersicht über die Telomeraseaktivität in der Ontogenese zeigt Abbildung 7.

Abb. 7: Übersicht der Telomeraseaktivität in der Ontogenese von der Fertilisierung bis zum Blastozystenstadium (BEKAERT et al., 2004)

In geklonten und parthenogenetisch erzeugten Embryonen wurde ein ähnliches Aktivitätsmuster nachgewiesen (XU und YANG, 2001). Dies zeigt, dass bereits in der frühen Emryonalentwicklung wesentliche Elemente der Telomerenregulation aktiv

sind. Bei Rind und Maus wurde ein Telomerenverlängerungsprogramm im Übergang vom Morula- zum Blastozystenstadium nachgewiesen. Dieses ist Telomerase-abhängig, da es in Telomerase-knock out Mäusen nicht nachzuweisen war (SCHAETZLEIN et al., 2004). Jedoch scheint es zwei Phasen der Telomerenverlängerung in der Embryonalentwicklung zu geben. Die erste Phase ist Telomerase-unabhängig und tritt direkt nach der Fertilisierung während des ersten Zellzyklus auf. Dieser Schritt der Telomeren-Verlängerung wird entweder über DNA Rekombination oder über ein „Alternative Lengthening of Telomeres“ (ALT) vermittelt (siehe 2.5.6) (LIU et al., 2007).

2.5.5 Telomeraseaktivität in Tumorzellen

Zelluläre Senezenz tritt auf, wenn die Telomeren kritisch verkürzt sind. Dieses Phänomen ist noch nicht vollständig aufgeklärt, aber Tumor-Suppressor-Gene und Zellzyklus Kontrollgene (p53 und RB/p16) sind sehr wahrscheinlich involviert (SHAY et al., 1991; HARA et al., 1991). Zellen brauchen etwa 4-6 Mutationen um malignant zu werden (CAIRNS, 1975). Die Telomeraseaktivität in Krebszellen korreliert mit einer Stabilisierung der Telomerenlänge und einer damit einhergehenden Immortalisierung (SHAY und BACCHETTI, 1997; KIM et al., 1994). In der Mehrheit der Tumorzellen ist Telomerase-Expression und -Aktivität nachweisbar (SHAY und BACCHETTI, 1997). Ein Screening der meisten humanen Krebsarten hat eine starke Assoziation zwischen der Telomeraseaktivität und dem Grad der Malignität der Krebszellen ergeben. 90 % aller Tumore weisen Telomerase-Expression auf. Die Telomerase ist deshalb zum gebräuchlichen Tumormarker geworden (SHAY und WRIGHT, 1996).

Die Telomerase ist aus diesem Grund ein primäres Ziel für die Forschung an Tumorarzneimitteln (SHAY und WRIGHT, 2006). Die Inhibierung der Telomerase führt zur Telomerenverkürzung und zum Zelltod der Tumorzelle (HAHN et al., 1999).

Mäuse, die die TERT-Komponente überexprimieren, sind anfälliger gegenüber chemischer Karzinogenese als ihre Wildtyp-Artgenossen (GONZALEZ-SUAREZ et al., 2001). Die Telomerase ist aber per se kein Onkogen (HARLEY, 2002).

2.5.6 Telomerase unabhängige Telomerenverlängerung

Die Telomerenverlängerung tritt in manchen humanen Zelllinien und Tumorzellen auch in Abwesenheit von Telomerase auf. Diese Zellen nutzen den Alternativen Mechanismus der Telomerenverlängerung: Alternative lengthening of Telomeres (ALT). Der molekulare Mechanismus von ALT ist noch nicht vollständig bekannt, es wird aber davon ausgegangen, dass er auf homologer Rekombination zwischen den Chromosomen beruht (HENSON et al., 2002). Charakteristisch für solche Zellen sind extrem heterogene Telomeren und das Auftreten von ALT assoziierten promyelocytic leukemia bodies (DUNHAM et al., 2000).

2.5.7 Phänotypen von über- bzw. unterexprimierten Telomerase-Genen

Das komplette Fehlen von Telomeraseaktivität wird bei der Maus über mehrere Generationen ohne pathologische Begleiterscheinungen toleriert. Beim Menschen jedoch führt eine reduzierte Telomeraseaktivität zu Knochenmarkserkrankungen, Lungenfibrose, Tumorbildung und anderen Krankheitsbildern (LANSDORP, 2009).

Die katalytische Untereinheit TERT wird nicht konstitutiv exprimiert und scheint der limitierende Faktor für die Erhaltung der Telomerenlänge zu sein. Bei verschiedenen Zelltypen wurde gezeigt, dass die Telomeraseaktivität mit der TERT-mRNA Expression korreliert (BLASCO et al., 1999). Die Transfektion von TERT in Telomerase-negativen Zellen führt zu einer verlängerten Proliferation der Zellen und zu verlängerten Telomeren ohne Transformation oder maligne Veränderung (YANG et al., 1999; BODNAR et al., 1998). In Fibroblasten, die aus Patienten mit dem Werner Syndrom gewonnen wurden, verhindert eine Expression der Telomerase ebenfalls die beschleunigte Zellalterung (WYLLIE et al., 2000). Bei Lymphozyten, die von Dysceratosis congenita Patienten gewonnen wurden, ist es allein mit exogenem TERC gelungen, das proliferative Potential, Telomeraseaktivität und die Telomerenlänge zu erhöhen (KIRWAN et al., 2008). Bei Zellen, die von Patienten mit der autosomal dominanten Form der Dysceratosis congenita gewonnen wurden, gab es die besten Resultate mit der Expression beider Komponenten (WESTIN et al., 2007). Die meisten somatischen Zellen exprimieren nur TERC, aber nicht TERT, so

dass TERT als limitierendem Faktor für die katalytische Aktivität der Telomerase fungiert (BODNAR et al., 1998). Deshalb verkürzt sich in den meisten somatischen Zellen die Telomerenlänge während der Proliferation.

Somatische Zellen aktivieren nur vorübergehend die Telomerase. Studien mit kultivierten Zellen haben gezeigt, dass die transiente Aktivierung der Telomerase durch ektopische Expression von TERT mit einer stark gesteigerten Proliferationsfähigkeit verbunden ist (STEINERT et al., 2000).

Bei der an das X-Chromosom gebundenen Form der Dyskeratosis congenita ist der Telomerase-RNA-Gehalt für die Telomeren-Instandsetzung der limitierende Faktor, weil ohne ein ausreichendes Angebot der RNA-Komponente die Telomerasefunktion herabgesetzt ist (WONG und COLLINS, 2006). Sowohl TERT als auch TERC sind essentiell für die Aufrechterhaltung und Verlängerung der Telomeren (CHIANG et al., 2004). Somit können sowohl TERT als auch TERC als funktionale Ziele für die Telomerasemodulation dienen.

2.5.7.1 Überexpression in somatischen Zellen und Keimzellen

Die Transfektion von TERT in Telomerase-negative Zellen führte zu verlängerten Telomeren und zu einer deutlich verlängerten Proliferation der transfizierten Zellen (BODNAR et al., 1998). Die ektopische Expression von hTERT induziert die Telomeraseaktivität wieder und verlängert damit die Lebensspanne zahlreicher Zelltypen (YANG et al., 1999).

In murinen embryonalen Stammzellen führt die Überexpression der Telomerase zu einer erhöhten Selbsterneuerung und Differenzierung. Die Proliferation ist verstärkt und die Resistenz gegenüber Apoptose ist erhöht. Desweiteren kommt es zu einem Wachstumsvorteil, erhöhter Stressresistenz und einer verbesserten Differenzierung in Richtung hämatopoetischer Zellen (ARMSTRONG et al., 2005).

Bovine microvasculäre Endothelzellen, die mit hTERT immortalisiert wurden, zeigten eine Proliferationsrate über 40-45 Passagen, während die Kontrollgruppe nicht mehr als 20-22 Passagen durchlief (BUSER et al., 2006). Die konstitutive Expression von TERT in Thymocyten führte zu einem erhöhten Auftreten von T-Zell Lymphomen (CANELA et al., 2004).

2.5.7.2 Telomerase Knock out Mäuse

Arbeiten mit homozygoten knock out Mäusen der RNA-Komponente haben gezeigt, dass Telomerenverkürzungen erheblichen Einfluss auf Alterung und Regeneration in verschiedenen Geweben haben können (BLASCO et al., 1997). Homozygote knockout Mäuse (mTER-/-/(p16/p19ARF)-/-) hatten in einer späten Generation verkürzte Telomeren und die Tumorbildung war reduziert (GREENBERG et al., 1999). Desweiteren wurde beschrieben, dass es bei verkürzten Telomeren neben verminderter Zellproliferation und erhöhter Apoptose zu einer verminderten Stammzelldichte als Ursache gestörter Organhomöostase kommt (LEE et al., 1998).

Ein Knock down der Telomerase könnte ein sehr interessantes Ziel der Chemotherapie sein, da die Telomerase in über 90 % der Tumoren aktiviert ist (BLASCO et al., 1999).