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5. Forschungsdesign

5.5 Auswertung der Daten

5.5.1 Strukturierende Inhaltsanalyse

Um eine ergebnisorientierte Struktur für das umfangreiche Datenmaterial zu entwickeln ist es notwendig, zunächst jene Aussagen zu selektieren und zu bündeln, die auswertungsrelevant sind. Damit ein solches Ordnungsraster wegweisend für die Beantwortung der Forschungsfragen sein kann, kommt der Entwicklung eines Kategoriensystems, welches im Anhang nachzulesen ist, eine zentrale Bedeutung zu. Es bildet die Grundlage für eine begründete Zuordnung der Aussagen zu – zunächst allgemein formuliert – gedanklichen Einheiten, welche die Forschende bei ihrer Entscheidung darüber, welche konkreten Kategorien entwickelt werden sollen, leiten.

Erst ein durchdachtes, in mehreren Durchläufen optimiertes Kategoriensystem ermöglicht eine systematische und regelgeleitete Auswertung des Datenmaterials. Für diese Studie wird eine

Kombination von deduktiver und induktiver Kategorienbildung (MAYRING 2015, S. 85) angewendet. Die Oberkategorien in dieser Studie leiten sich aus den theoretischen Vorüberlegungen ab, die bereits einer Struktur (Kap. 3) unterliegen. Das Modell der professionellen Handlungskompetenz mit dem Wissensbereich des fachdidaktischen Wissens über Schülervorstellungen aus dem Professionswissen sowie die Überzeugungen und Werthaltungen der Lehrkräfte als Einflussfaktoren auf das Lehrerhandeln (siehe Kap. 3, Abschnitt 3.3) und auch das konstruktivistische Paradigma (Kap. 3, Abschnitt 3.2.3) bilden die theoretischen Grundlagen und sind damit ausschlaggebend für die Bildung von drei Oberkategorien:

 Lehrervorstellungen zur fachdidaktischen Theorie zu Schülervorstellungen

 Umgang mit Schülervorstellungen in der Unterrichtspraxis

 Bewertung von Schülervorstellungen.

Diese deduktiv entwickelten Kategorien werden an das Material herangetragen und zunächst für einige Fälle auf ihre Tauglichkeit hin überprüft. Im Zuge dessen wird auch das Abstraktionslevel der Kategorien festgelegt. Dem Grundsatz folgend, dass die Kategorien disjunkt und erschöpfend sein sollen (DIEKMANN 2007,zitiert nachKUCKARTZ, S. 67), ist es mitunter notwendig, die Anzahl der Oberkategorien auszuweiten um eine deutlichere Trennschärfe bei der Zuordnung der Aussagen erzielen zu können. In dieser Studie ergab die Sichtung der Materialien in Mehrfachdurchläufen die Notwendigkeit der Einrichtung einer weiteren Oberkategorie, um metareflexive Aussagen der Lehrkräfte über ihre didaktische Grundeinstellung, die wiederum teilweise auch mit Interessen der Lehrkräfte zusammenhängt, differenzierender erfassen zu können. Unter diese Kategorie fallen auch die Vorstellungen der Lehrkräfte darüber, welche kognitiven Inhalte Schülerinnen und Schüler in der Stunde zur Entstehung der Jahreszeiten (optional auch in anderen Stunden, über die die Lehrkräften berichten) überhaupt lernen sollen.

Es existieren zwar theoretische Darlegungen zu diesem Bereich; die ersten Leseeinheiten stellten aber recht schnell heraus, dass es vor allem im offenen Beginn des Interviews sehr viele Interviewaussagen gibt, welche die Sinnhaftigkeit der Einrichtung dieser weiteren, grundlegend strukturierenden Kategorie hierfür bestätigt. Diese Hauptkategorien spiegeln sich auch systematisierend im Interviewleitfaden als Bindeglied zwischen der Erhebung der Daten und ihrer Auswertung wider. Nach der deduktiven Kategorienbildung werden diese vier Oberkategorien induktiv ausdifferenziert. Das heißt, dass nun nicht mehr die Theorie maßgeblich für das Auffächern der Kategorien in Subkategorien ist, sondern sie sich aus der Materialsichtung heraus entwickeln. Dieses Vorgehen entspricht dem explorativen Charakter der Studie. Dem Grundgedanken des Erforschens und Aufdeckens von noch unbekannten Sachverhalten und Zusammenhängen - in dieser Studie sind das die Lehrervorstellungen und das unterrichtliche

Handeln von Geographielehrkräften im Zusammenhang mit Schülervorstellungen – wird durch die induktive Ausdifferenzierung des deduktiven Kategoriensystems entsprochen. Die Entscheidung, problemzentrierte Interviews zu führen, zieht konsequenterweise „die Vorab-Kategorisierung ohne empirisches Material” (KUCKARTZ 2014, S. 60) als Entscheidung im Bereich der Datenauswertung nach sich. Nachdem das theoriegeleitete Grundraster (= die zunächst drei Hauptkategorien) noch im Papier-und-Bleistift-Verfahren ausgearbeitet wurde, erfolgte die weitere Entwicklung des Kategoriensystems, insbesondere die induktive Kategorienbildung mit Unterstützung der Computersoftware MAXQDA. Der Vorteil der softwaregestützten Auswertung liegt eindeutig in ihrer flexiblen und für Außenstehende jederzeit nachvollziehbaren Anwendung. Damit die Auswertung dem Gütekriterium der Reliabilität und auch der Validität entspricht, müssen klar definierte Kodierregeln festgelegt werden. Dies betrifft zunächst die Festlegung der Analyseeinheiten. Die Auswertungseinheit ist jeweils das gesamte einzelne Interview und es wird in der Reihenfolge der Aufnahme der Interviews kodiert. Entsprechend sind die Interviews im Dokumentenfenster in MAXQDA als Interview 1, 2, 3 und so weiter gekennzeichnet. Die kleinste Kodiereinheit bildet ein einzelnes Wort, die Kontexteinheit kann ganze Textabschnitte enthalten und besteht aus mehreren Sätzen. Ein Abschnitt kann auch mehrfach kodiert werden, da davon auszugehen ist, dass sich in einem Abschnitt Aussagen befinden, die mehreren Kategorien zugeordnet werden können. Als Entscheidungshilfe, unter welchen Code die Textstelle fällt, werden dem Kategoriensystem Ankerbeispiele zugeordnet und es wird eine Beschreibung gegeben, was unter der jeweiligen Kategorie subsumiert werden soll (Anhang 2). Der Kodierungsprozess ist ein mehrstufiger. In einem ersten Durchgang wurde das Material hinsichtlich der Hauptkategorien analysiert, deren Überarbeitung bereits oben beschrieben wurde. Der zweite Durchgang hatte die Kodierung mehrerer vollständiger Interviews zum Ziel, wobei bereits die induktive Kategorienbildung anhand des Materials vorgenommen wurde. Nach fünf Interviews wurde das System einer diskursiven Revision unterzogen, um Unklarheiten oder verschiedene Sichtweisen der Bildung der Subkategorien zu diskutieren. Erst danach erfolgte die Kodierung für alle Dokumente. Eine weiterer Kodierdurchlauf durch die Erstkodiererin (= Autorin) erfolgte deutlich zeitversetzt. Die Dokumentation des Codesystems und des Kodierprozesses sichern die Güte des qualitativen Auswertungsprozesses. Zu einem wird auf ein mehrfaches, zeitlich weit auseinanderliegendes Kodieren durch den ersten Kodierer verwiesen, zudem unterlag das Codesystem und der Kodierungsprozess einem ständigen Diskurs mit erfahrenen Fachdidaktikern, zum einen bezüglich der Technik des Codierens, zum anderen hinsichtlich des Diskurses auf theoretischer Ebene. Die nachfolgende Tabelle zu einem Coding zeigt, dass die Aussagen noch ungeordnet vorliegen sowie Doppelungen aufweisen.

Codename Beschreibung Ankerbeispiel

Ich glaube definitiv Chancen, weil, wenn man von irgendwas eine Vorstellung hat, hat man schon mal sich diesbezüglich Gedanken gemacht, und der Aha-Effekt, wenn man von was ausgegangen ist und dann klar aufgelegt bekommt, dass das doch nicht so ist, dass da viel mehr im Kopf noch drinnen bleibt als irgendwas, was man erfährt, wo man sich vorher nie damit beschäftigt hat.

(codiert mit: Bewertungen) (50–50)

Also ich finde, wenn man es punktuell immer mal wieder macht, ist es eine Bereicherung. Wenn man es jede Stunde machen würde, dann lähmt es natürlich die Schüler irgendwann auch, die haben ja nicht so viel Kraft, sich das jede Stunde gut zu erarbeiten, da ermüden sie relativ schnell.

Also wenn sie vorher eine Fehlvorstellung hatten, z. B. die Sonne dreht sich um die Erde, und sie hatten diese Fehlvorstellung und üben dann die-ses Miniexperiment durch, zeigen sie sich ja sel-ber, nein, das ist ja gar nicht so.

(codiert mit: Subjektive Theorien von Lehrkräften über Schülervorstellungen/Metareflexion/über Strategien im Umgang mit Schülervorstellungen (22-22)

Hm, also nicht explizit, es ist öfters so, dass ich mal als Einstieg so ein Brainstorming mache, und wenn mir dazu was auffällt, dass da irgendwie ne Fehlvorstellung ist, dann schon, aber es ist nicht so, dass ich rangehe und erstmal alle falschen Vorstellungen ausmerze oder so.

codiert mit: Subjektive Theorien von Lehrkräften über Schülervorstellungen/Metareflexion/über Strategien im Umgang

(32-32)

Auf jeden Fall sind es vier oder fünf Stationen, die die Schüler in kleinen Gruppen bearbeiten und sich dann gegenseitig vorstellen.

Tab. 4: Ankerbeispiele für Codes aus Interview 2, (vollständige Auflistung der Ankerbeispiele im Anhang 2)