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5. Forschungsdesign

5.2 Erhebung der Daten

5.2.4 Sampling

Die theoretische Grundlage für die Auswahl der Interviewpartnerinnen und -partner ist das Prinzip der Varianzmaximierung (MAYRING 2002; PATTON 2002), denn im Unterschied zur quantitativen Forschung erfolgt in qualitativen Studien die Probandenauswahl unter einer anderen Prämisse. Es geht um das Aufdecken und Herausstellen von Erkenntnissen in einem bisher noch nicht untersuchten Forschungsfeld, um ein möglichst vielfältiges, heterogenes

Abbild von kognitiven Konstrukten bei Geographielehrkräften erkennbar werden zu lassen.

Aufgrund der Erhebungsmethode des problemzentrierten Leitfadeninterviews empfiehlt sich ein Sampling, welches nach den theoriegeleiteten Forschungszielen ausgerichtet ist. Dement-sprechend erfolgt die „kriteriengeleitete Fallauswahl“ (KELLE &KLUGE 2010, S. 50).Voraussetzung ist zunächst, dass die Interviewpartner über die erhebungsrelevanten Informationen verfügen und dass sie bereit und in der Lage sind, darüber zu kommunizieren. Das Auswahlkriterium der Verfügbarkeit ist speziell in dieser Studie von nicht unerheblicher Bedeutung. Es handelt sich bei den Interviewpartnerinnen und -partnern um Fachleute, die bei ihrer Berufsausübung einem relativ streng getakteten Zeitmanagement unterliegen. Da eine Lehrkraft mehrere Rollen innerhalb des Systems Schule zu erfüllen hat und einem erheblichen Arbeitspensum unterliegt, welches zudem oft durch Fristen determiniert ist (Zeugniszeiten, Abschlussprüfungen, Termine für Leistungserhebungen, Schülerfahrten, Korrekturzeiten etc.) sind die Zeitfenster, in denen sie zur Verfügung stehen können, klein. Dass die Interviewende als Lehrerin ebenfalls diesen äußeren Bedingungen unterlag, wirkte zusätzlich erschwerend auf die Terminfindung und -abstimmung ein. Infolgedessen zieht sich der Erhebungszeitraum der Interviews über einen längeren Zeitraum als gewöhnlich. Jedoch ist er kein Malus: Das Wissen und vor allem die subjektiven Theorien und epistemologischen Überzeugungen von Lehrkräften über Schüler-vorstellungen unterliegen nicht kurzfristigen Schwankungen oder schnelllebigen Veränderungen. Der Stichprobenplan muss zwar gut durchdacht sein, aber es ist nicht notwendig, dass er einen endgültigen Charakter trägt. Es steht offen, weitere Interviewpartner hinzuzuziehen, sollte sich dies als vorteilhaft herausstellen (GLÄSER &LAUDEL 2010, S. 118). Unter Berücksichtigung dieser Einflussfaktoren konnten Lehrkräfte von vier Gymnasien in der Stadt und des Landkreises Bayreuth für Interviews gewonnen werden. Obwohl die Auswahl der Gymnasien räumlich eingeschränkt ist, ist sie hinsichtlich der Schwerpunktsetzung an bayerischen Gymnasien repräsentativ: Es wurden Lehrkräfte an Gymnasien mit naturwissen-schaftlicher, wirtschaftswissennaturwissen-schaftlicher, sozialwissennaturwissen-schaftlicher, sprachlicher und musischer Ausrichtung interviewt. Außerdem wurde darauf geachtet, dass die Schulen sowohl in Städten als auch kleineren Gemeinden angesiedelt sind, um auf eventuell auftretende Unterschiede zwischen den Vorstellungen von Lehrkräften städtischer und ländlich geprägter Räume eingehen zu können. Die räumlichen Einschränkungen der Interviews in den Gymnasien auf Oberfranken und bei den Realschulen auf Bayern hat organisatorische Gründe, auf die bereits oben verwiesen wurde. Bezüglich der fachwissenschaftlichen Hintergründe der Befragung ist die Einschränkung ebenfalls nicht nachteilig. Das Thema Entstehung der Jahreszeiten ist laut Lehrplan vorrangig in globalem Kontext zu behandeln und somit nicht zwingend an

heimat-räumliche Spezifika gebunden. Der offene Charakter der Interviews erlaubt es den Interview-partnern dennoch, weitere Lehrervorstellungen zu Themen mit regionalspezifischem Charakter einbringen zu können. Die Streuung der Interviewpartnerinnen und -partner in den Realschulen konnte die Autorin aus netzwerktechnischen Gründen auf eine breitere Basis stellen. Vier Seminarlehrkräfte aus Oberbayern, Niederbayern und Schwaben konnten auf der alljährlichen Dienstbesprechung der Seminarlehrkräfte für ein Interview gewonnen werden. Die anderen Realschullehrkräfte sind in der Stadt Bayreuth, dem Bayreuther Landkreis oder im Landkreis Wunsiedel tätig. Die Interviewanzahl wurde anfangs auf 20 oder mehr vorgeplant, aber unter Berücksichtigung des Prinzips der theoretischen Sättigung letztendlich auf n=17 reduziert.

Begründet wird dies damit, dass sich mit zunehmender Anzahl der Interviews keine neuen oder erweiternden Erkenntnisse ergaben, die verändernd auf die Forschungsergebnisse einwirken hätten können. Eine höhere Anzahl an Interviewpartnern würde zu keinen neuen oder erweiternden Erkenntnissen führen. Ein weiteres Auswahlkriterium ist das Dienstalter der Lehrkräfte. Hier wurde auf eine maximale Streuung Wert gelegt, denn in den theoretischen Darlegungen (Kap. 3) zum Forschungsgegenstand wurde bereits auf eine mögliche Relevanz der Berufserfahrung für die Handlungsschemata der Lehrkräfte im Unterricht hingewiesen. Es werden Lehrpersonen mit weniger als fünf Jahren, mit fünf bis fünfzehn Jahren und mehr als fünfzehn Jahren Berufserfahrung interviewt, wobei darauf geachtet wird, dass hier auch Lehrkräfte sehr hohen Dienstalters einbezogen werden. Die Einteilung orientiert sich grob am Stufenmodell von DREYFUS UND DREYFUS (1988, Kap. 3) und BERLINER (2004, Kap. 3) und soll in dieser Studie Aufschluss darüber geben, ob und inwieweit sich Berufserfahrungen aufgrund des Dienstalters der Geographielehrkräfte auf ihre professionelle Handlungskompetenz auswirken.

Dabei werden für diese Studie bezüglich der Berufserfahrung die ersten drei Stufen (Kap. 1, Abschnitt 1.1.3) zusammengefasst und als Berufsanfänger, -einsteiger (0-5 Dienstjahre) verstan-den. In der Stufe der erfahrenen Fachkraft (6-15 Dienstjahre) befinden sich im Zeitraum der Inter-viewdurchführung zehn Lehrkräfte und rein nach Berufserfahrung – nicht nach Qualität ihres Unterrichts – wurden vier Lehrkräfte der Expertenstufe zugeordnet (16 und mehr Dienstjahre, vgl. Kap. 3 Abschnitt 3.3.3). Es ist anzunehmen, dass die jeweilige Fächerkombination die mentalen Konstrukte von Geographielehrkräften beeinflusst (SCHLICHTER 2012, S. 131). Das Streben nach einer maximalen Streuung der Fächerkombinationen beziehungsweise die Berücksichtigung einer gleichmäßigen Verteilung auf naturwissenschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Fächer wird durch institutionelle Vorgaben seitens des bayerischen Kultusministeriums eingeschränkt. Die bayerische Lehramtsausbildung für Gymnasien sieht die Fächerkombinationen von Geographie mit Chemie, Physik, Deutsch, Eng-lisch, Französisch vor, in der Realschule kann Geographie in Kombination mit Wirtschaft,

Deutsch, Englisch und Französisch studiert werden (vgl.BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT UND KULTUS O.J.). Betrachtet man die Dominanz der Verbindung des Faches Geographie mit sprachlichen Fächern, ergeben sich Einschränkungen in der Varianz für die Probandenauswahl. Es konnten für die Interviews sieben Lehrkräfte mit dem anderen Fach Deutsch, vier mit Englisch, eine Lehrkraft mit Sozialwissenschaften, eine mit Sport, eine mit der Kombination Physik und drei mit Wirtschaftswissenschaften gewonnen werden. Außerdem wurde auf eine relativ ausgewogene Verteilung der Interviews auf neun männliche und acht weibliche Probanden Wert gelegt und somit eine Erkenntnis aus einer Studie von SCHLICHTER (2012, S. 131) Berücksichtigung findet, dass die Genderspezifik Einfluss auf lehr- und lerntheoretische Überzeugungen nehmen kann. Von den 17 befragten Lehrkräften arbeiten acht als Lehrkräfte am Gymnasium und neun an der Realschule.