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Spiegelung an einer Geraden

Im Dokument Ebene Geometrie (Seite 88-91)

Die Multiplikation mit einer komplexen Zahl bewirkt eine Drehstreckung. Jetzt ¨uberlegen wir uns, wie man eine Spiegelung mit Hilfe komplexer Zahlen darstellen kann.

Satz 110: Seien u, v und p komplexe Zahlen. Dann entspricht die komplexe Zahlp−u)¯ vv¯uu¯ +u= (¯p−v)¯ uu¯vv¯ +v

dem Punkt, den man erh¨alt, wenn man den der komplexen Zahlp zugeordneten Punkt an der Gerade g durch u und v spiegelt.

Beweis: Die Spiegelung von p an der Gerade g durch u und v erh¨alt man durch Hinter-einanderausf¨uhrung folgender f¨unf Abbildungen:

(a) Subtraktion von u: Translation, die den Punkt u in den Punkt 0 verschiebt (b) Division durch |vvuu|: dreht die verschobene Gerade g auf die reelle Achse (c) Bilden der konjugiert komplexen Zahl: Spiegelung an der reellen Achse

(d) Multiplikation mit |vvuu|: dreht die reelle Achse wieder in Richtung der Geradeg (e) Addition von u: Translation, die den Punkt 0 in den Punkt u zur¨uckschiebt Die Zusammensetzung dieser Abbildungen ergibtp7→ (p−u)|vv−uu| vu

|v−u|+u. Das Bilden der konjugiert komplexen Zahl ist mit den Rechenoperationen vertr¨aglich. Wir k¨onnen den Querstrich in die Klammern hineinziehen (|v−u| ∈R ¨andert sich nicht). Wir erhalten

p7→p−u)¯ |v−u|v¯u¯ |vvuu| +u= (¯p−u)¯ vv¯uu¯ +u

Das ist die erste Formel. Die Gleichheit mit der zweiten Formel ist leicht zu zeigen.

Satz 111: Spiegelt man den H¨ohenschnittpunkt H eines Dreiecks 4ABC an den (Ver-l¨angerungen der) drei Seiten, dann liegen die gespiegelten Punkte auf dem Umkreis.

Beweis: Wir fassen die Eckpunkte des vorgegebenen Dreiecks als komplexe Zahlen a, b und c auf und den H¨ohenschnittpunkt als komplexe Zahl h. Da die H¨ohen senkrecht auf den jeweiligen Dreiecksseiten stehen, sind die Zahlen hb−ca und ha−cb imagin¨ar.

Sei G der an der Seite AB gespiegelte H¨ohenschnittpunkt H und g die entsprechende komplexe Zahl. Nach Satz 110 gilt

g= (¯h−¯a)¯bbaa¯ +a= (¯h−¯b)b¯ba¯a +b

Wir k¨onneng6=a undg 6=bannehmen, da andernfalls die Aussage des Satzes zutrifft. Es gilt dann auch h 6=a und h6=b. Es folgt abgg = ¯h¯h¯a¯b und damit dann

(bc)(ag)

(ac)(bg) = (b(a−c)(¯c)(¯hh−¯a)¯b) = (b(a−c)(¯c)(¯hh−¯a)(h¯b)(h−b)(h−a)a)(hb) = ||hhba||22(a(hc)(hb)(ba)c)

Nun ist ||hhab||22 reell und oben haben wir gesehen, dass habc und hbca imagin¨ar sind. Damit ist gezeigt, dass (b(ac)(ac)(bg)g) reell ist. Das bedeutet, dassa,b,cundgauf einem Kreis liegen.

Da a, b und c auf dem Umkreis liegen, muss dieser Kreis der Umkreis sein.

Satz 112: Sei 4ABC ein Dreieck und P ein Punkt. Seien D, E und F die Punkte, die man erh¨alt, wenn man P an den Dreieckseiten spiegelt. Die Punkte D, E und F liegen auf einer Gerade (zweite Steinergerade) genau dann, wenn P auf dem Umkreis liegt.

Beweis: Ist P ein Eckpunkt des Dreiecks, dann fallen zwei der drei Punkte D, E und F zusammen. Die Punkte D, E und F liegen trivialerweise auf einer Gerade. Wir nehmen daher an, dass P kein Eckpunkt ist.

Wir fassen die Eckpunkte des vorgegebenen Dreiecks wieder als komplexe Zahlen a, bund c auf und den Punkt P als komplexe Zahl p. Aus Satz 110 folgt, dass d= (¯p−¯b)cc¯¯bb +b, e = (¯p−¯a)cc¯a¯a +a und f = (¯p−¯a)b¯ba¯a+a= (¯p−¯b)aa¯b¯b +b die komplexen Zahlen sind, die den Punkten D, E und F entsprechen. Wir berechnen

f−e = (¯p−a)(¯ b¯baa¯ cc¯a¯a) = (¯p−¯a)(ba)(¯cc¯a)¯a)(¯(cba)¯a)(¯ba)¯

= ( ¯(pp¯a)(pa)(ca)(ca)(¯ca)¯a) (ba)(¯ca)¯¯ba(c¯a)(¯b¯a) = (c(pa)a)||pcaa||22

(ba)(¯c¯a)(ca)(¯b¯a)

¯b¯a

Nun sind|p−a|2 und|c−a|2 reell und (b−a)(¯c−a)¯ (c−a)(¯b−¯a) ist die Differenz zweier zueinander konjugiert komplexer Zahlen und daher imagin¨ar. Es existiert eine reelle Zahl s mit f−e= (p−a)(¯(ca)sib−¯a). Analog erh¨alt man f−d= (p−b)(¯(cb)tia−¯b) f¨ur eine reelle Zahlt (man muss in obiger Rechnung nur b durch a unda durch b ersetzen). Wir erhalten daher

fe

fd =(c(pa)(pa)(cb)sb)t mit s, t∈R

Somit ist ff−de genau dann reell, wenn (c−a)(p−b)(p−a)(c−b) reell ist. Das bedeutet, dass d, e und f genau dann auf einer Gerade liegen, wenn a, b, c und p auf einem Kreis liegen. Da a, b und c die Eckpunkte des Dreiecks sind, ist dieser Kreis der Umkreis.

Die Gerade im folgenden Satz ist die erste Steinersche Gerade. Wir behandeln nur die durch den Eckpunkt A. Es gibt auch je eine durch die Eckpunkte B und C.

Satz 113: Sei P ein Punkt auf dem Umkreis eines Dreiecks 4ABC. Sei Q der Schnitt-punkt 6=P des Umkreises mit dem Lot von P auf die Seite BC. Wenn Q 6=A gilt, dann liegt die Gerade durch Q und den Eckpunkt A parallel zur zweiten Steinerschen Geraden.

Beweis: Ist P =A, dann ist die Senkrechte durch A auf die Seite BC sowohl die zweite Steinergerade als auch die Gerade durch Qund A. Die Aussage des Satzes ist erf¨ullt. Wir nehmen daher an, dass P 6=A gilt.

Wir verwenden die Bezeichnungen aus dem letzten Beweis und den Punkt Q fassen wir als komplexe Zahl q auf. Da die Gerade durch b und c auf der Gerade durch q und p senkrecht steht, ist qb−cp imagin¨ar. Da a, b, c, p und q alle auf dem Umkreis liegen, sind

(pa)(cb)

(ca)(pb) und (b(qp)(qp)(ba)a) reell (wennp=bgilt, dann tauschen wir die Rollen vonbundc).

Multiplikation dieser drei Quotienten ergibt, dass (p−a)(q−a)(ca)(ba) imagin¨ar ist.

Im letzten Beweis wurde gezeigt, dassf−e= (p(ca)(¯a)sib¯a)f¨ur eins Rgilt. Durch Erweitern mit b−a erhalten wir f −e = (c−a)(b−a)si

(pa)(¯ba)(b¯ a) = (c−a)(b−a)si

(pa)|ba|2 . Wegen |b−a|2 R ergibt sich f−e= (ca)(b(p−a)a)ri f¨ur einr R. Daraus folgt qf−ea = (c−a)(b−a)ri(pa)(qa) mit r∈R. Wegen

(pa)(qa)

(ca)(ba) I ist fq−ae reell. Damit ist gezeigt, dass die Gerade durch q und a parallel zur Geraden durch f und e liegt. Die erste Steinergerade liegt parallel zur zweiten.

Ubung:¨ Der Beweis von Satz 113 funktioniert nicht, wenn das Lot von P auf die Seite BC eine Tangente an den Umkreis ist (P und Q fallen zusammen). Wie muss man den

Beweis von Satz 113 modifizieren, um einen Beweis f¨ur diesen Fall zu erhalten?

Hinweis: Sei r auf der Tangente beliebig: rbpc I, (b−c)(p−a)(pc)(ba) R, (p−a)(c−p)(ca)(rp) R.

1. Drehungen, zentrische Streckungen und Spiegelungen 88

2. Inversion an einem Kreis 92

3. Der Satz von Feuerbach mit Inversion 95

4. S¨atze ¨uber einander ber¨uhrende Kreise 96

Zuerst arbeiten wir mit den bekannten Abbildungen, das sind Translation, Drehung um einen Punkt, zentrische Streckung und Spiegelung an einer Geraden, dann mit der Inversion an einem Kreis.

Im ersten Abschnitt dieses Kapitels f¨uhren wir die Beweise mit Hilfe von Drehungen, zentrischen Streckungen und Spiegelungen. Gelegentlich greifen wir auch auf den Peri-pheriewinkelsatz zur¨uck. Wir beweisen damit S¨atze ¨uber geometrische Figuren, die auf den Seiten eines Dreiecks aufgesetzt werden. Es sind Quadrate und gleichseitige Dreiecke.

Insbesondere erhalten wir auch einen Beweis des Satzes von Napoleon. Dieser besagt, dass die drei Mittelpunkte der gleichseitigen Dreiecke, die auf den Seiten eines beliebigen Dreiecks aufgesetzt werden, die Eckpunkte eines gleichseitigen Dreiecks bilden.

Im zweiten Abschnitt dieses Kapitels definieren wir die Inversion (Spiegelung) an einem Kreis und untersuchen ihre Eigenschaften. Ein Punkt im Innern des Kreises wird durch die Inversion auf einen Punkt außerhalb des Kreises abgebildet und dieser wieder zur¨uck auf den urspr¨nglichen Punkt. Die Punkte auf dem Kreis werden auf sich selbst abgebildet.

Sie sind Fixpunkte. F¨ur den Mittelpunkt des Kreises ist die Inversion nicht definiert. Wir beweisen eine Formel f¨ur den Abstand der Bilder zweier Punkte unter dieser Inversion.

Gerade und Kreise werden durch die Inversion wieder in Gerade und Kreise abgebildet.

Das beweisen wir mit Hilfe komplexer Zahlen. Zur Illustration dieser Eigenschaften werden einige S¨atze bewiesen, unter anderem der Satz von Ptolem¨aus. Dieser gibt eine Ungleichung f¨ur die L¨angen der Seiten und Diagonalen eines Vierecks, die f¨ur ein Sehnenviereck zu einer Gleichung wird.

Im dritten Abschnitt dieses Kapitels geben wir einen Beweis des Satzes von Feuerbach mit Hilfe der Inversion. Das gelingt deshalb, da es eine Inversion gibt, die sowohl den Inkreis als auch einen der drei Ankreise eines Dreiecks in sich selbst ¨uberf¨uhrt, und die eine gemeinsame Tangente des Inkreises und dieses Ankreises auf den Neunpunktkreis abbildet. So beweist man gleichzeitig, dass der Neunpunktkreis den Inkreis und diesen Ankreis ber¨uhrt.

Im vierten Abschnitt dieses Kapitels beweisen wir S¨atze, die einander ber¨uhrende Kreise zum Inhalt haben. Diese kann man deshalb mit Hilfe der Inversion an einem Kreis be-handeln, da einander ber¨uhrende Kreise durch eine geeignete Inversion in parallele Ge-rade verwandelt werden k¨onnen. Wir beweisen den Vierkreisesatz von Descartes, der eine Gleichung f¨ur die Radien von vier einander ber¨uhrenden Kreisen angibt, und eine Ver-allgemeinerung von Archimedes’ Formel, das ist eine Formel f¨ur die Radien von einander ber¨uhrenden Kreisen, die in dem sichelf¨ormigen Gebiet zwischen zwei Kreisen, die einander ebenfalls ber¨uhren, eingeschlossen sind. F¨ur diese Beweise nehmen wir ebenfalls komplexe Zahlen zu Hilfe.

Im Dokument Ebene Geometrie (Seite 88-91)