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Ebene Geometrie

Ein weiterf¨ uhrendes Skriptum f¨ ur das Lehramtsstudium

Franz Hofbauer

April 2020

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Dieses Skriptum soll zeigen, wie vielf¨altig die Beweismethoden der ebenen Geometrie sind. Es ist aus Seminarunterlagen entstanden und als weiterf¨uhrender Text f¨ur das Lehr- amtsstudium gedacht.

Man kann die Geometrie nach den verwendeten Beweismethoden in Teilgebiete einteilen.

Die wichtigsten dieser Teilgebiete sind die synthetische Geometrie, die Trigonometrie und die analytische Geometrie. W¨ahrend in der Trigonometrie und in der analytischen Geome- trie auf Hilfsmittel aus Algebra und Analysis zugegriffen wird, arbeitet die synthetische Geometrie nur mit geometrischen Methoden, insbesondere mit dem Strahlensatz, dem Satz von Pythagoras und dem Peripheriewinkelsatz. Das Skriptum ist im Wesentlichen nach solchen Teilgebieten in Kapitel unterteilt.

I. Strahlensatz und Satz von Pythagoras 1

II. Peripheriewinkelsatz und Sehnensatz 11

III. Die S¨atze von Menelaos und Ceva 26

IV. Trigonometrie und Koordinatensystem 34

V. Besondere Punkte eines Dreiecks 47

VI. Das Vierseit 56

VII. Koordinatenfreie Vektoren 63

VIII. Geometrie mit komplexen Zahlen 78

IX. Beweisen mit Hilfe von Abbildungen 87

X. Orientierte Fl¨achen und orientierte Normalabst¨ande 100

XI. Homogene Koordinaten und Kegelschnitte 109

Die synthetische Geometrie wird auf drei Kapitel aufgeteilt. In Kapitel I f¨uhren wir die Beweise nur mit Hilfe des Strahlensatzes und des Satzes von Pythagoras. In Kapi- tel II arbeiten wir auch mit dem Peripheriewinkelsatz und dem Sehnensatz. In Kapitel III kommen noch die S¨atze von Menelaos und Ceva dazu. Kapitel IV bringt S¨atze, die haupts¨achlich mit trigonometrischen Methoden bewiesen werden. Manchmal f¨uhren wir Beweise aber auch mit Hilfe von kartesischen Koordinaten. Die n¨achsten beiden Kapitel sind gemischt. Die besonderen Punkte werden mit synthetischen Methoden (haupts¨achlich Strahlensatz und Satz von Ceva) untersucht, es kommt aber auch ein wenig Trigonometrie zum Einsatz. Im Kapitel ¨uber das Vierseit wird teilweise mit kartesischen Koordinaten und teilweise synthetisch (haupts¨achlich Peripheriewinkelsatz und Satz von Ceva) gearbeitet.

Die folgenden f¨unf Kapitel verwenden speziellere Methoden. In Kapitel VII wird mit koordinatenfreien Vektoren gearbeitet und Kapitel VIII zeigt, wie man mit Hilfe komplexer Zahlen Geometrie betreiben kann. In Kapitel IX kommen in den Beweisen Abbildungen zum Einsatz, zuerst sind das Drehungen, Spiegelungen und zentrische Streckungen, dann wird die Inversion am Kreis ausf¨uhrlich behandelt und angewendet. In Kapitel X wird mit orientierten Fl¨achen und orientierten Normalabst¨anden gearbeitet. Durch die Orientierung erspart man sich Fallunterscheidungen. In Kapitel XI schließlich f¨uhren wir homogene kartesische Koordinaten ein. Wir betreiben keine projektive Geometrie, sondern rechnen mit Vektoren, Matrizen und Determinanten.

Grundkenntnisse aus Elementargeometrie und Linearer Algebra werden vorausgesetzt, insbesondere inneres Produkt und Determinante imR2 undR3. Folgende S¨atze werden als bekannt angenommen: Strahlensatz, Satz von Pythagoras, Peripheriewinkelsatz, Satz von Menelaos und Satz von Ceva, sowie Sinus- und Cosinussatz. Vorausgesetzt werden auch

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die Eulergerade und der Neunpunktkreis, ebenso Formeln f¨ur die Fl¨ache eines Dreiecks (Heron), f¨ur Umkreis-, Inkreis- und Ankreisradien, sowie f¨ur die Abst¨ande der Eckpunkte eines Dreiecks von den Punkten, in denen der Inkreis und die Ankreise die Dreiecksseiten ber¨uhren. F¨ur Kapitel XI sollten auch Kegelschnitte in Hauptlage und die Hauptach- sentransformation bekannt sein. Tangenten an Kegelschnitte und deren Eigenschaften kommen auch im letzten Abschnitt von Kapitel II vor.

Wir verwenden folgende Abk¨urzungen:

ℓ(A, B) Gerade durch die Punkte A undB AB Strecke zwischen den Punkten A und B

−→AB Vektor vom Punkt A zum Punkt B

|AB| Abstand der Punkte A undB

AB orientierter Abstand vom Punkt A zum Punkt B 4ABC Dreieck mit den Eckpunkten A,B und C

]ABC Winkel bei B im Dreieck mit den EckpunktenA, B und C

Der orientierte Abstand spielt eine wichtige Rolle. Er eignet sich sehr gut zum Rechnen.

F¨ur zwei Punkte P und Q gilt P Q = −QP. F¨ur drei Punkte P, Q und R, die auf einer Gerade liegen, gilt P Q+QR =P R und P R= QR P =Q. Weiters gilt P QP R < 0, wenn P zwischen Q und R liegt, und P QP R >0, wenn P außerhalb der Strecke QR liegt.

Literatur: B¨ucher zur Elementargeometrie:

Johnson: Advanced Euclidean Geometry, Dover, 1960 Altshiller-Court: College Geometry, Barnes & Noble, 1952 Coxeter, Greitzer: Geometry revisited, MAA, 1967

Honsberger: Episodes in Nineteenth and Twentieth Century Euclidean Geometry, 1995 Liang-shin Hahn: Complex Numbers and Geometry, MAA, 1994

Fukagawa, Rothman: Sacred Mathematics, Japanese Temple Geometry, Princeton, 2008 Alsina, Nelsen: Charming Proofs, MAA, 2010

Skripten zur Elementargeometrie:

Franz Hofbauer: Geometrie und Lineare Algebra f¨ur das Lehramt, 2020

Yimin Ge: Fortgeschrittene Geometrie f¨ur Mathematikolympioniken, Wien, 2007 Paul Yiu: Introduction to the Geometry of the Triangle, 2002

Zeitschriften und Internet:

Forum Geometricorum http://forumgeom.fau.edu/

American Mathematical Monthly https://www.jstor.org/journal/amermathmont The Mathematical Gazette https://www.jstor.org/journal/mathgaze

Mathematical Excalibur http://www.math.ust.hk/excalibur/

Cut the knot http://www.cut-the-knot.org/geometry.shtml

Enc. of triangle centers https://faculty.evansville.edu/ck6/encyclopedia/ETC.html Cubics in the triangle plane https://bernard-gibert.pagesperso-orange.fr/index.html Enc. of quadri-figures https://www.chrisvantienhoven.nl/mathematics/encyclopedia

Die beiden B¨ucher “Johnson: Advanced Euclidean Geometry” und “Altshiller-Court:

College Geometry” kann man als Standardlehrb¨ucher der Elementargeometrie bezeichnen.

Sie werden immer dann zitiert, wenn ein einf¨uhrender Text zitiert werden soll.

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1. Arbelos und Archimedeskreise 2

2. Eine Gerade durch den Schwerpunkt 4

3. Der Satz von Carnot und der Orthopol 6

4. Die Erd¨os-Mordell-Ungleichung 8

Sei 4ABC ein Dreieck mit Seitenl¨angen a, b und c und einem rechten Winkel beim Eckpunkt C. Sei h die L¨ange der H¨ohe durch C und H deren Fußpunkt. Schließlich sei p der Abstand der Punkte H und B und q der Abstand der Punkte H und A. Dann gilt c2 = a2 +b2 (Satz von Pythagoras) und h2 = pq (H¨ohensatz). Weiters gilt a2 = pc und b2 =qc (Kathetensatz).

Seien g und h Gerade, die einander im Punkt S schneiden. Weiters sei u eine Gerade, die g im Punkt A und h im Punkt B schneidet, und v eine Gerade, die g im Punkt C und h im PunktD schneidet. Diese Schnittpunkte seien alle ungleichS. Der Strahlensatz besagt dann, dass u und v genau dann parallel sind, wenn SASC = SDSB gilt. In diesem Fall gilt auch SASC = CDAB. (Weiters gilt auch CACS = DBDS und ACAS = BDBS. Die erste Gleichung folgt aus SASC = SBSD, indem man SA=SC+CAund SB=SD+DB einsetzt, die zweite Gleichung folgt, indem man SC =SA+AC und SD=SB+BD einsetzt.)

Dieser soeben formulierte Strahlensatz verwendet orientierte Abst¨ande. Oft wird der Strahlensatz aber auch auf ¨ahnliche Dreiecke angewendet. Seien 4ABC und 4DEF zueinander ¨ahnliche Dreiecke, wobei die Winkel bei A und D gleich groß sind, ebenso die bei B und E, und daher auch die bei C und F. Es gilt dann |AB||DE| = |AC||DF| = |BC||EF|. Diese Gleichungen sind ¨aquivalent zu ||ABAC|| = ||DEDF||, ||ABBC|| = ||DEEF|| und ||ACBC|| = ||DFEF||. Hier verwenden wir die ¨ublichen Abst¨ande, die nicht orientiert sind.

Im ersten Abschnitt dieses Kapitels untersuchen wir den Arbelos. Man erh¨alt ihn, indem man aus einem Halbkreis mit Radius r1 +r2 einen Halbkreis mit Radius r1 und einen zweiten Halbkreis mit Radius r2 herausschneidet. Es stellt sich heraus, dass man in diese Figur viele Kreise einbetten kann, die alle Radius rr1r2

1+r2 haben. Diese Kreise heißen Archimedeskreise.

Im zweiten Abschnitt dieses Kapitels legen wir eine Gerade durch den Schwerpunkt eines Dreiecks. Wir beweisen eine Gleichung f¨ur die Abst¨ande vom Schwerpunkt zu den Schnittpunkten dieser Gerade mit den (Verl¨angerungen der) drei Dreiecksseiten. In diesem Abschnitt findet man auch ¨Ubungsaufgaben, die mit Hilfe des Strahlensatzes gel¨ost werden k¨onnen.

Im dritten Abschnitt dieses Kapitels beweisen wir den Satz von Carnot. Dieser gibt eine Bedingung an, wann Senkrechte auf die Seiten eines Dreiecks einander in einem Punkt schneiden. Mit Hilfe des Satzes von Carnot behandeln wir dann den Orthopol eines Dreiecks bez¨uglich einer Gerade.

Im vierten Abschnitt dieses Kapitels beweisen wir die Erd¨os-Mordell-Ungleichung: Ist P ein Punkt im Innern eines Dreiecks, dann ist die doppelte Summe der Normalabst¨ande von P zu den Seiten des Dreiecks kleiner oder gleich der Summe der Abst¨ande von P zu den Eckpunkten des Dreiecks.

(5)

1. Arbelos und Archimedeskreise

Der Arbelos ist ein Dreieck, dessen Seiten einander ber¨uhrende Halbkreise sind. Er wurde von Archimedes eingef¨uhrt.

A M1 M C M2 B

k

k2

k1

Sei AB eine Strecke, auf der ein Punkt D C gew¨ahlt wird. ¨Uber der Strecke AB als Durchmesser errichten wir einen Halbkreisk mit Radius r. Aus diesem Halbkreis schnei- den wir den Halbkreis k1 mit Durchmesser AC und Radiusr1 und den Halbkreisk2 mit DurchmesserCBund Radiusr2 heraus. Die verbleibende Fl¨ache ist der Arbelos. Es gilt

|AB| = 2r, |AC| = 2r1, |CB| = 2r2 und

r =r1+r2. SeiM der Mittelpunkt der StreckeAB,M1der der StreckeAC undM2 der der Strecke CB. Das sind auch die Mittelpunkte der Halbkreise. Es gilt |M M1|=r−r1 =r2

und |M M2|=r−r2 =r1.

Die Halbkreise k und k1 ber¨uhren einander im Punkt A, die Halbkreise k und k2 im Punkt B und die Halbkreise k1 und k2 im Punkt C. Wir zeichnen noch die gemein- same Tangente der Halbkreise k1 und k2 im Punkt C. Sie schneidet den Halbkreis k in einem Punkt, den wir D nennen. Diese Bezeichnungen verwenden wir im Folgenden als Standardbezeichnungen.

Ein Arbelos hat einen Inkreis. Es ist der Kreis, der den Halbkreis k von innen und die beiden Halbkreise k1 und k2 von außen ber¨uhrt.

Satz 1: F¨ur den Radius ϱ des Inkreises gilt ϱ= rr12r2(r1+r2) 1+r1r2+r22.

A M1 M F M2 B

k

k2 k1

I Beweis: SeiIder Mittelpunkt des Inkreises

und F der Fußpunkt des Lots von I auf AB. Wir setzen d = |M F| und h = |IF|. Wir verwenden den Satz von Pythagoras.

Es gilt (r −ϱ)2 = d2 +h2, da der Inkreis den Halbkreis k von innen ber¨uhrt. Weiters gilt auch (r1 +ϱ)2 = (r2 + d)2 + h2 und (r2+ϱ)2 = (r1−d)2+h2, da der Inkreis die Halbkreise k1 undk2 von außen ber¨uhrt.

Wir l¨osen diese drei Gleichungen. Subtraktion der ersten von den beiden anderen ergibt die zwei Gleichungen r12+ 2r1ϱ−r2+ 2rϱ=r22+ 2r2d undr22+ 2r2ϱ−r2+ 2rϱ=r122r1d.

Aus diesen beiden Gleichungen eliminiert man d und setzt r = r1 +r2 ein. Das ergibt dann ϱ= rr12r2(r1+r2)

1+r1r2+r22.

Satz 2: Sei I der Inkreismittelpunkt eines Arbelos. Dann ist rr1r2

1+r2 der Inkreisradius des Dreiecks 4IM1M2.

Beweis: Seiϱ der Inkreisradius des Arbelos. Die Seiten des Dreiecks4IM1M2 sind dann a =ϱ+r2,b=ϱ+r1 undc=r1+r2, da der Inkreis und die Halbkreisek1 undk2 einander ber¨uhren. (Daraus ergibt sich auch, dass der Inkreis des Dreiecks4IM1M2 durch die drei Ber¨uhrpunkte geht.)

Jetzt berechnen wir den Inkreisradius q des Dreiecks 4IM1M2 aus den Seitenl¨angen a, b und c. Eine Formel f¨ur den Inkreisradius ist Fs, wobei s = a+b+c2 der halbe Umfang und

(6)

F =p

s(s−a)(s−b)(s−c) die Dreiecksfl¨ache ist. Setzt man f¨ur a, bund c ein, so ergibt sich s=ϱ+r1+r2, s−a=r1, s−b=r2 unds−c=ϱ. Aus Satz 1 folgt s= r2(r1+r2)3

1+r1r2+r22

und (s−a)(s−b)(s−c) = rr212r22(r1+r2)

1+r1r2+r22, also q2 = (sa)(ssb)(sc) = (rr21r22

1+r2)2.

Satz 3: Der Kreis l, der in einem Arbelos den Halbkreis k von innen, den Halbkreis k2

von außen und die Strecke CD ber¨uhrt, hat Radius rr1r2

1+r2.

A M1 M F M2 B

k

k2

k1 N

C D

l Beweis: Sei q der Radius des Kreises l.

Sei N der Mittelpunkt des Kreises l und F der Fußpunkt des Lots von N auf AB. Sei d =|M F| und h =|N F|. Es gilt |F C|=q, da der Kreis l die StreckeCD ber¨uhrt. Wir verwenden den Satz von Pythagoras. Es folgt (r2+q)2 = (r2−q)2+h2, da der Kreis l den Halbkreis k2 von außen ber¨uhrt. Wei- ters gilt (r−q)2 = (r2r2 +q)2 +h2, da

der Kreis l den Halbkreis k von innen ber¨uhrt. Wir l¨osen diese zwei Gleichungen. Wir subtrahieren die zweite von der ersten Gleichung und vereinfachen dann. Wir erhalten dadurch 4rq+ 4r224rr2 = 0. Wegen r=r1+r2 ergibt sich q= rr1r2

1+r2.

Bemerkung: Der Kreis l aus Satz 3 hat einen Zwillingskreis. Es ist der Kreis, der den Halbkreis k von innen, den Halbkreis k1 von außen und die StreckeCD ber¨uhrt. Er ist in obiger Zeichnung ebenfalls eingezeichnet. Man kann seinen Radius genauso berechnen wie den Radius von l, es ist nur r1 mitr2 zu vertauschen. Da sich dadurch das Ergebnis nicht

¨

andert, hat er ebenfalls Radius rr1r2

1+r2.

In den letzten beiden S¨atzen haben wir Kreise gefunden, die in einen Arbelos eingebettet sind und Radius rr1r2

1+r2 haben. Solche Kreise nennt man Archimedeskreise. Manche treten allein auf, wie der in Satz 2, andere haben einen Zwillingskreis, wie der in Satz 3. Es sind viele Archimedeskreise (http://home.wxs.nl/lamoen/wiskunde/Arbelos/Catalogue.htm) bekannt. Einige davon werden in den folgenden ¨Ubungsbeispielen behandelt.

Ubung:¨ Seigdie gemeinsame Tangente6=ℓ(C, D) an die Halbkreisek1undk2. Der gr¨oßte Kreis, der g und den Halbkreis k von innen ber¨uhrt, hat Radius rr1r2

1+r2 (Strahlensatz).

Ubung:¨ Sei h die Tangente vom Punkt A an den Halbkreis k2. Der Kreis, der h ber¨uhrt und die Geradeℓ(C, D) im Punkt C jedoch auf der anderen Seite alsk2, hat Radius rr1r2

1+r2

(Strahlensatz). Dieser Kreis hat einen Zwillingskreis.

Ubung:¨ Sei h die Tangente vom Punkt M1 an den Halbkreis k2. Der Kreis mit Mit- telpunkt C, der h ber¨uhrt, hat Radius rr1r2

1+r2 (Strahlensatz).

Ubung:¨ Seig die gemeinsame Tangente6=ℓ(C, D) an die Halbkreise k1 undk2 undP der Punkt, in dem sie k2 ber¨uhrt. Der kleinste Kreis, der ℓ(C, D) ber¨uhrt und durchP geht, hat Radius rr1r2

1+r2 (Strahlensatz). Dieser Kreis hat einen Zwillingskreis.

Ubung:¨ Sei g die gemeinsame Tangente 6= ℓ(C, D) an die Halbkreise k1 und k2. Der kleinste Kreis, der g ber¨uhrt und durch C geht, hat Radius rr1r2

1+r2 (Strahlensatz).

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Ubung:¨ Sei k3 der Kreis mit Mittelpunkt A durch C. Sein Schnittpunkt mit k sei Q.

Der kleinste Kreis, derℓ(C, D) ber¨uhrt und durchQgeht, hat Radius rr1r2

1+r2 (Pythagoras).

Dieser Kreis hat einen Zwillingskreis.

Ubung:¨ Seik3 der Kreis mit MittelpunktA durchC undk4 der Kreis mit MittelpunktB durch C. Der Kreis, der k von innen und k3 undk4 von außen ber¨uhrt, hat Radius rr1r2

1+r2

(Pythagoras).

Ubung:¨ Sei N der Mittelpunkt des Halbkreisbogens k1 und g die Gerade durch M und N. Der Kreis, der k von innen und g im Punkt N ber¨uhrt (egal von welcher Seite), hat Radius rr1r2

1+r2 (Pythagoras). Dieser Kreis hat einen Zwillingskreis.

2. Eine Gerade durch den Schwerpunkt Wir beweisen folgenden Satz.

Satz 4: Sei 4ABC ein beliebiges Dreieck. Sei g eine Gerade durch den Schwerpunkt S.

Seien D, E und F die Schnittpunkte der Gerade g mit den (Verl¨angerungen der) drei Dreiecksseiten. Dann gilt SD1 + SE1 + SF1 = 0.

A U B D

R P

E S

s

F Q

C

Beweis: Die Gerade g schneidet zwei Dreicksseiten und die Verl¨angerung der dritten.

Wir nehmen an, dass das die Seite AB ist und dass g deren Verl¨angerung rechts vom Punkt B schneidet. Wir zeichnen eine Parallele zu AB durch F. Ihr Schnittpunkt mit der Schwerlinie s durch C sei Q. Ebenso zeichnen wir eine Parallele zu AB durch E. Ihr Schnittpunkt mit der Schwerlinie s sei P und ihr Schnittpunkt mit der Seite AC sei R.

Die Punkte Q und P liegen auf der Schwerlinie s, der erste oberhalb von S, der zweite unterhalb. Schließlich sei U der Mittelpunkt der Seite AB, der ebenfalls auf s liegt.

Es gilt P RU A = CPCU = P EU B wegen des Strahlensatzes. Da auch |U A|=|U B| gilt, erhalten wir |P R| = |P E|. Der Strahlensatz liefert auch SESF = EPF Q. Aus diesen beiden Gleichungen folgt

|SE|

|SF| = |F Q||RP|. Da auch CPCQ = RPF Q nach dem Strahlensatz gilt, erhalten wir schließlich ||CQ|CP| = ||SF|SE|.

Es gilt |CS| = 2|SU|, da der Schwer- punkt S die Schwerlinie im Verh¨altnis 1 : 2 teilt. Es folgt |CQ| + |QS| = 2|SU|, also |CQ| = 2|SU| − |QS|. Es gilt auch |CP| =|CQ|+|QS|+|SP|.

Dividiert man durch|CQ|und setzt f¨ur |CQ|ein, so hat man die linksstehende Gleichung

|CP|

|CQ| = 1 + 2||QSSU||−|+|SPQS|| ||CPCQ|| = 1 + 1+

|QS||SP|

2|SU||QS|−1 ||CPCQ|| = 1 + 1+

|SE||SF|

2|SD||SF|−1

Die Gleichung in der Mitte erh¨alt man, indem man Z¨ahler und Nenner durch|QS|dividiert.

Daraus folgt die rechtsstehende Gleichung, da ||SPSQ|| = ||SESF|| und ||SUSQ|| = ||SDSF|| nach dem Strahlensatz gelten. Oben wurde ||CPCQ|| = ||SESF|| gezeigt. Setzen wir das in die rechtsstehende Gleichung ein und l¨osen den Doppelbruch auf, dann erhalten wir

|SE|

|SF|(2||SDSF|| 1) = 2||SDSF|| 1 + 1 + ||SESF||

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Entsprechende Umformungen ergeben dann die folgenden Gleichungen 2|SE|SF| |SD| | = 2|SD|+ 2|SE| und |SF1 | = |SE1 | + |SD1 |.

Die Punkte F, S, E und D liegen alle auf der Gerade g, wobei F auf der einen Seite von S und E und D auf der anderen Seite von S liegen. Die orientierten Abst¨ande SE und SD haben daher das entgegengesetzte Vorzeichen des orientierten Abstandes SF. Somit erhalten wir SF1 + SE1 + SD1 = 0.

Es folgen ¨Ubungsbeispiele zum Strahlensatz.

Ubung:¨ Sei 4ABC ein Dreieck mit SchwerpunktS. Eine Gerade gdurch S schneide die Seite BC im Punkt E und die Seite AC im Punkt F. Man zeige, dass F CAF +BEEC = 1 gilt.

Hinweis: Lote von den Eckpunkten und vom Mittelpunkt M der SeiteAB auf g.

Ubung:¨ Sei4ABCein Dreieck undDein Punkt aufAB. SeienE aufBC undF aufAC so gew¨ahlt, dassDE parallel zuAC undDF parallel zuBC liegt. Sei U der Schnittpunkt von ℓ(A, E) und ℓ(D, F) und V der von ℓ(B, F) und ℓ(D, E). Man zeige, dass U V k AB und U V1 = AD1 + DB1 gilt.

Hinweis: EAEU = AEU E = F CAC = CACF und EVCF = BEBC = EDCA EDEV = CACF. Somit gilt U V kAD.

Jetzt ADU V = EAEU = AEU E = ABDB und AB =AD+DB.

Ubung:¨ Sei AB der Durchmesser eines Halbkreises. Sei t die Tangente im Punkt B an den Halbkreis und s die in einem anderen Punkt D. Sei T der Schnittpunkt von s und t. Sei g die Gerade durch D senkrecht auf AB, E ihr Schnittpunkt mit AB und F ihr Schnittpunkt mit ℓ(A, T). Dann gilt |DF|=|F E|. (Archimedes)

Ubung:¨ Sei k ein Kreis mit Durchmesser AB und C ein weiterer Punkt auf k. Seien tA, tB und tC die Tangenten in den Punkten A, B und C an den Kreis. Den Schnittpunkt von tA und tC bezeichnen wir mit P, den von tB und tC mit Q, den von ℓ(A, Q) und ℓ(B, P) mit Rund den von ℓ(C, R) undℓ(A, B) mit S. Man zeige, dass ℓ(C, R) senkrecht auf ℓ(A, B) steht und dass |CR|=|CS| gilt.

Hinweis: Legt man von einem Punkt die beiden Tangenten an einen Kreis, dann sind die Abschnitte bis zu den Ber¨uhrpunkten gleich lang. Strahlensatz und dessen Umkehrung.

Ubung:¨ Im vorhergehenden Beispiel sei M der Mittelpunkt und r der Radius des Kreises k. Dann gilt ]P M Q= 900 und r2 =|AP| · |BQ|.

Hinweis: ]AM P =]CM P, ]BM Q=]CM Q, H¨ohensatz im rechtwinkeligen Dreieck.

Ubung:¨ Sei k ein Kreis mit Durchmesser AB und C ein weiterer Punkt auf k. Seien tA, tB undtC die Tangenten in den PunktenA, BundC an den Kreis. Den Schnittpunkt von tA und ℓ(B, C) bezeichnen wir mit U, den von tB undℓ(A, C) mit V. Man zeige, dass die Geraden ℓ(A, B), tC und ℓ(U, V) parallel liegen oder einander in einem Punkt schneiden.

Ubung:¨ Sei AB eine Sehne in einem Kreis k. In dem kleineren Teil, den AB von k abschneidet, wird ein Kreis l eingeschrieben (es gibt viele solche Kreise), derAB im Punkt P undk im Punkt Q ber¨uhrt. Seig die Senkrechte auf AB durch den Mittelpunkt M des Kreises k. Sei R der Schnittpunkt von g mit dem Kreisbogen von A nach B, der nicht durch Q geht. Dann liegen die Punkte Q, P und R auf einer Gerade.

Hinweis: Sei N der Mittelpunkt des Kreises l. Es gilt |M Q| = |M R|, |N Q| = |N P| und ]RM Q =]P N Q. Daher auch ]N QP =]M QR.

(9)

3. Der Satz von Carnot und der Orthopol

Der folgende Satz ist der Satz von Carnot, der darauffolgende dessen Umkehrung.

Satz 5: Sei4ABC ein Dreieck. SeiD ein Punkt aufℓ(A, B), seiE ein Punkt aufℓ(B, C) undF ein Punkt aufℓ(C, A), sodass die Gerade durchDsenkrecht aufℓ(A, B), die Gerade durch E senkrecht auf ℓ(B, C) und die Gerade durch F senkrecht auf ℓ(C, A) einander in einem PunktP schneiden. Dann gilt |AD|2−|DB|2+|BE|2−|EC|2+|CF|2−|F A|2 = 0.

Beweis: Wir zeichnen die Lote vom Punkt P auf die (Verl¨angerungen der) drei Dreieck- seiten, das sind die Strecken vonP nachD, vonP nachEund vonP nachF. Weiters zeich-

A B

C

D P F

E nen wir die Strecken vom Punkt P zu den drei

Eckpunkten A, B und C. Dadurch entstehen sechs rechtwinkelige Dreiecke, wobei die rechten Winkel jeweils bei den PunktenD,EundF liegen.

Wir wenden den Satz von Pythagoras auf diese sechs Dreiecke an und erhalten die Gleichungen:

|AD|2 =|AP|2− |DP|2,|DB|2 =|BP|2− |DP|2,

|BE|2 =|BP|2− |EP|2, |EC|2 =|CP|2− |EP|2,

|CF|2 =|CP|2− |F P|2, |F A|2 = |AP|2− |F P|2. Das alles gilt auch, wenn der Punkt P außerhalb des Dreiecks liegt. Die Lage dieser rechtwinke- ligen Dreiecke ist dann nur etwas komplizierter.

Subtrahiert man die ersten beiden Gleichungen, die darauffolgenden beiden Gleichun- gen und die letzten beiden Gleichungen, so hat man |AD|2 − |DB|2 = |AP|2 − |BP|2,

|BE|2− |EC|2 =|BP|2− |CP|2 und |CF|2− |F A|2 =|CP|2− |AP|2. Addiert man diese drei Gleichungen, so folgt schließlich |AD|2− |DB|2+|BE|2− |EC|2+|CF|2− |F A|2 = 0.

Das ist bereits das gew¨unschte Resultat.

Satz 6: Sei4ABC ein Dreieck. SeiD ein Punkt aufℓ(A, B), seiE ein Punkt aufℓ(B, C) und seiF ein Punkt aufℓ(C, A), sodass|AD|2−|DB|2+|BE|2−|EC|2+|CF|2−|F A|2 = 0 gilt. Die Gerade durchD senkrecht aufℓ(A, B), die Gerade durchE senkrecht aufℓ(B, C) und die Gerade durch F senkrecht auf ℓ(C, A) schneiden dann einander in einem Punkt.

Beweis: Sei ga die Gerade durch den Punkt E senkrecht auf ℓ(B, C) und gb die Gerade durch den Punkt F senkrecht auf ℓ(C, A). SeiP der Schnittpunkt der Geradenga undgb. Weiters sei D der Fußpunkt des Lots vom Punkt P auf die Gerade ℓ(A, B). Aus Satz 5 erhalten wir |AD|2− |DB|2+|BE|2− |EC|2+|CF|2− |F A|2 = 0. Nach Vorassetzung gilt |AD|2− |DB|2+|BE|2− |EC|2 +|CF|2 − |F A|2 = 0. Es folgt |AD|2 − |DB|2 =

|AD|2− |DB|2. Setzt manx=DD, dann giltAD =AD+xundx+DB =DB. Setzt man das ein, so folgt |AD|2+ 2AD·x+x2− |DB|2+ 2DB·x−x2 =|AD|2− |DB|2, das heißt 2AD·x+ 2DB ·x = 0. Wegen AD+DB = AB 6= 0 folgt AB·x = 0 und daraus x = 0. Damit ist DD = 0 gezeigt, also D =D. Das Lot von P auf die Gerade ℓ(A, B) geht durch D. Somit liegt P auch auf der Gerade durch D senkrecht auf ℓ(A, B).

Diese S¨atze besagen, dass die Gerade durchDsenkrecht aufℓ(B, C), die Gerade durchE senkrecht auf ℓ(C, A) und die Gerade durch F senkrecht auf ℓ(A, B) genau dann einander in einem Punkt schneiden, wenn |AF|2− |F B|2+|BD|2− |DC|2+|CE|2− |EA|2 = 0 gilt.

Wir zeigen, dass dieses Resultat auch dann gilt, wenn wir nicht voraussetzen, dass die Punkte D, E und F auf den Tr¨agergeraden der Dreiecksseiten liegen.

(10)

Satz 7: Sei 4ABC ein Dreieck und D, E und F beliebige Punkte. Die Gerade ga durch D senkrecht auf ℓ(B, C), die Gerade gb durch E senkrecht auf ℓ(C, A) und die Gerade gc durch F senkrecht auf ℓ(A, B) schneiden einander in einem Punkt genau dann, wenn

|AF|2− |F B|2+|BD|2− |DC|2+|CE|2− |EA|2 = 0 gilt.

Beweis: Seien D, E und F die Fußpunkte der Lote von D auf ℓ(B, C), von E auf ℓ(C, A) und von F auf ℓ(A, B). Der Satz von Pythagoras liefert |AF|2 =|AF|2− |F F|2 und |FB|2 = |F B|2 − |F F|2. Subtraktion ergibt |AF|2 − |FB|2 = |AF|2 − |F B|2. Analog zeigt man|BD|2−|DC|2 =|BD|2−|DC|2und|CE|2−|EC|2 =|CE|2−|EA|2. Somit ist die Gleichung |AF|2− |F B|2+|BD|2− |DC|2+|CE|2− |EA|2 = 0 genau dann erf¨ullt, wenn |AF|2− |FB|2+|BD|2 − |DC|2+|CE|2− |EA|2 = 0 gilt. Und diese Gleichung ist nach dem Satz von Carnot und dessen Umkehrung wieder ¨aquivalent dazu, dass die Geraden ga, gb undgc einander in einem Punkt schneiden, da die Geradega auch die Senkrechte durch D auf ℓ(B, C), die Gerade gb auch die Senkrechte durch E auf ℓ(A, C) und gc auch die Senkrechte durch D auf ℓ(B, C) ist.

Mit Hilfe von Satz 7 beweisen wir folgenden Satz.

Satz 8: Sei 4ABC ein Dreieck und h eine Gerade. Seien D, E und F die Fußpunkte der Lote von den Eckpunkten A, B und C auf die Gerade h. Sei ga die Senkrechte durch D auf ℓ(B, C), gb die Senkrechte durch E auf ℓ(A, C) und gc die Senkrechte durch F auf ℓ(A, B). Dann schneiden die Geraden ga, gb und gc einander in einem Punkt P. Dieser Punkt P heißt Orthopol des Dreiecks 4ABC bez¨uglich der Geraden h.

A B

C D

E h F

Beweis: Wegen Satz 7 gen¨ugt es zu zeigen, dass

|AF|2− |F B|2+|BD|2− |DC|2+|CE|2− |EA|2= 0 gilt. Da AD senkrecht auf die Geradeh steht, folgt

|AF|2 =|AD|2+|DF|2 und|EA|2 =|AD|2+|DE|2 aus dem Satz von Pythagoras. Da BE senkrecht auf h steht, folgt auch |BD|2 =|BE|2+|ED|2 und

|F B|2 =|BE|2+|EF|2. Und da auchCF senkrecht auf h steht, folgt schließlich |CE|2 =|CF|2+|F E|2 und |DC|2 =|CF|2+|F D|2.

Jetzt setzen wir oben ein. Es f¨allt alles weg. Damit

ist die Gleichung |AF|2−|F B|2+|BD|2−|DC|2+|CE|2−|EA|2= 0 gezeigt. Nach Satz 7 schneiden die Geraden ga, gb und gc einander in einem Punkt P.

Ubung:¨ Man zeige mit Hilfe des Satzes von Carnot, dass die drei H¨ohen eines Dreiecks einander in einem Punkt schneiden.

Ubung:¨ F¨ur jede der drei Seiten eines Dreiecks zeichnen wir eine Gerade, die durch den Ber¨uhrpunkt des Ankreises geht und senkrecht auf die Dreiecksseite steht. Man zeige, dass diese drei Geraden durch einen Punkt gehen. Hinweis: Die Abst¨ande der Ber¨uhrpunkte von den Eckpunkten des Dreiecks findet man in Kapitel V.

Ubung:¨ Auf die Seiten eines Dreiecks4ABC als Basis werden gleichschenkelige Dreiecke 4ACB, 4BAC und 4CBA gesetzt. Sei gA die Senkrechte auf ℓ(B, C) durch A, sei gB die Senkrechte auf ℓ(A, C) durch B und gC die Senkrechte auf ℓ(A, B) durch C. Man zeige, dass diese drei Geraden einander in einem Punkt schneiden.

Ubung:¨ Sei ABCD ein Rechteck und sei P ein beliebiger Punkt. Man zeige, dass dann

|P A|2− |P B|2+|P C|2− |P D|2 = 0 gilt.

(11)

4. Die Erd¨os-Mordell-Ungleichung

Zeichnet man in einem Dreieck die Strecken vom Umkreismittelpunkt U zu den Eck- punkten A, B und C, dann entstehen drei Dreiecke. Wir berechnen die Winkel in diesen drei Dreiecken.

Das Dreieck4AU B ist gleichschenkelig. Die Winkel bei den EckpunktenA undB sind gleich groß. Wir nennen sie u. Ebenso ist das Dreieck 4AU C gleichschenkelig. Die gleich großen Winkel bei den Eckpunkten A undC nennen wir v. Und die gleich großen Winkel bei den Eckpunkten B und C im Dreieck 4BU C nennen wirw.

Ist das Dreieck spitzwinkelig, dann liegtU im Dreieck und wir erhalten die Gleichungen u+v= α, u+w= β und v+w =γ. Das ist ein lineares Gleichungssystem. Die L¨osung ist u = α+β2γ = 900−γ,v = αβ+γ2 = 900−β undw = α+β+γ2 = 900−α.

Ist ein Winkel stumpf, zum Beispiel γ, dann liegt der Umkreismittelpunkt U außerhalb des Dreiecks. In dieser Rechnung ist dann einfach nur udurch−u zu ersetzen. Die L¨osung ist dann u=γ 900,v = 900−β und w= 900−α.

In den folgenden Beweisen werden wir]BAU = 900−γ (bzw]BAU =γ−900, wenn γ stumpf ist) und ]CAU = 900−β (bzw]CAU =β−900, wennβ stumpf ist) verwenden.

Wir beginnen mit einem Hilfsresultat. Wir verwenden dazu zwar die Definition des cos, aber keine S¨atze aus der Trigonometrie.

Hilfssatz: Sei4ABC ein Dreieck mit Seitenl¨angena,bundc. SeienU undrMittelpunkt und Radius des Umkreises und P ein Punkt im Innern dieses Dreiecks. Sei φ =]P AU, sei ψ= ]P BU und ϱ =]P CU. Weiters seienD, E und F die Fußpunkte der Lote von P auf die Geradenℓ(B, C),ℓ(A, C)undℓ(A, B). Dann gilt |P A|cosφ= ba|P F|+ca|P E|,

|P B|cosψ= cb |P D|+ ab |P F| und |P C|cosϱ= ac |P E|+ bc |P D|.

Beweis: Es sei ]P AB =δ und ]P AC =ε. Auf die SeiteAB des Dreiecks 4ABC set- zen wir außen das Dreieck4ABS mit den Winkeln ]ABS =ε und]BAS = 900−ε auf.

A

S

F B

U P C

E T

Es muss dann ]ASB = 900 gelten.

Auf die SeiteAC des Dreiecks4ABC setzen wir außen das Dreieck 4ACT mit]ACT =δund]CAT = 900−δ auf. Wieder gilt ]AT C = 900. Es folgt ]SAT = 900−δ+α + 900−ε.

Wegen δ+ε =α ist das 1800. Somit geht die Strecke ST durch A. Wegen ]ASB = 900 und ]AT C = 900 sind die StreckenBS undCT parallel. Das Viereck SBCT ist ein Trapez. Bei B hat es den Winkel β +ε und bei C den Winkel γ +δ. Die Winkel bei S undT sind rechte Winkel. Die Winkel β +ε und γ +δ haben Summe 1800. Wir w¨ahlen den Winkel, der900 ist

(sind beide 900, dann w¨ahlen wir irgendeinen). Wir nehmen an es sei γ+δ. Wir erhalten dann |ST|=acos(γ+δ−900).

Ist γ ein spitzer Winkel, dann gilt ]BAU = 900 −γ nach den eingangs durchgef¨uhrten Uberlegungen und¨ U liegt im Dreieck. Da wir annehmen, dass γ+δ 900 gilt, erhalten

(12)

wir δ 900 −γ. Es folgt ]P AU = δ (900 −γ) = δ+γ 900. Ist γ stumpf, dann gilt ]BAU = γ 900. Da jetzt U außerhalb des Dreiecks liegt, erhalten wir wieder ]P AU = δ+γ 900. Da φ = ]P AU definiert wurde, erhalten wir φ = δ+γ 900. Damit ist |ST|=acosφ gezeigt.

Da die StreckeST durchAgeht, gilt|ST|=|SA|+|AT|. Die Dreiecke4BSAund4AEP sind ¨ahnlich. Aus dem Strahlensatz folgt ||ABSA|| = ||EPP A|| und daraus |SA|= c||EPP A||. Ebenso sind die Dreiecke 4CT A und 4AF P ¨ahnlich. Es folgt ||ACT A|| = ||F PP A|| und |T A| = b||F PP A||. Wir setzen oben ein und erhalten c|EP|P A|| +b|F P|P A|| = acosφ. Wir multiplizieren mit |P A| und dividieren durch a. Das ergibt die erste der drei Gleichungen. Die andern beiden beweist man analog.

Zweiter Beweis: Im Dreieck4ABC seiH der Fußpunkt der H¨ohe durch den Eckpunkt A und wα die Winkelsymmetrale durch A. Sei ˜P der an wα gespiegelte Punkt P. Dann

A F F˜ B˜ B

U P˜ P

H C

wα

g E˜

E C˜ liegt ˜P zwischen der Halbgeraden von

A durch B und der von A durch C.

Seien ˜E und ˜F die Fußpunkte der Lote von ˜P auf ℓ(A, C) undℓ(A, B).

Sei δ = ]P AH˜ und g die Parallele zu ℓ(B, C) durch ˜P. Sie schneide ℓ(A, B) im Punkt ˜B und ℓ(A, C) im Punkt ˜C. Weiters sei G die Fl¨ache des Dreiecks 4AB˜C. Da die H¨˜ ohe durch den EckpunktAin diesem Drei- eck gleich|P A˜ |cosδ ist, erhalten wir 2G=|B˜C˜| · |P A˜ |cosδ. Da das Drei- eck 4AB˜C˜ in die beiden Dreiecke

4AP˜C˜ und 4AP˜B˜ zerf¨allt, haben wir auch 2G = |AC˜| · |P˜E˜|+|AB˜| · |P˜F˜|. Da die Dreiecke 4AB˜C˜ und 4ABC ¨ahnlich sind, existiert nach dem Strahlensatz ein λ > 0, sodass |AB˜|=λ·c, |AC˜|=λ·bund |B˜C˜|=λ·a gilt. Damit erhalten wir

a· |P A˜ |cosδ =b· |P˜E˜|+c· |P˜F˜|

Bei Spiegelung an wα geht A in sich selbst, ˜E in F und ˜F in E uber. Damit erhalten¨ wir dann |P A˜ | = |P A|, |P˜E˜| = |P F| und |P˜F˜| = |P E|. Ist β ein spitzer Winkel, dann gilt ]BAH = 900 −β und ]CAU = 900 −β wurde eingangs gezeigt. Wenn β ein stumpfer Winkel ist, dann liegt sowohl U ais auch H außerhalb des Dreiecks und es gilt ]BAH = β 900 und ]CAU = β 900. Das zeigt, dass wα auch die Symmetrale des Winkels ]U AH ist. Es folgt δ = ]P AH˜ = ]P AU = φ. Setzt man das alles in obige Formel ein, dann erh¨alt man schließlich

a· |P A|cosφ=b· |P F|+c· |P E|

Division durch a liefert die erste der drei zu beweisenden Gleichungen. Die andern beiden Gleichungen beweist man analog.

Diese Beweise sind relativ jung. Den ersten Beweis dieses Hilfssatzes findet man in

“Alsina, Nelsen: A Visual Proof of the Erd¨os-Mordell Inequality, Forum Geometricorum 7, 2007, 99-102”, den zweiten in “Komornik: A Short Proof of the Erd¨os - Mordell Theorem, American Mathematical Monthly, 104, 1997, 57-60”.

(13)

Jetzt setzen wir das zu einer Ungleichung zusammen

Satz 9: Sei 4ABC ein Dreieck mit Seitenl¨angena, b und c. Seien U und r Mittelpunkt und Radius des Umkreises und P ein Punkt im Innern dieses Dreiecks. Sei φ =]P AU, seiψ =]P BU undϱ=]P CU. Weiters seien D,E undF die Fußpunkte der Lote vonP auf die Geraden ℓ(B, C), ℓ(A, C) und ℓ(A, B). F¨ur positive Zahlen t1,t2 und t3 gilt dann t1|P A|cosφ+t2|P B|cosψ+t3|P C|cosϱ≥2

t2t3 |P D|+ 2

t1t3 |P E|+ 2

t1t2 |P F| Gleichheit liegt genau dann vor, wenn at12 = tb22 = ct32 gilt.

Beweis: Wir multiplizieren die erste Gleichung im Hilfssatz mitt1, die zweite mit t2, die dritte mit t3 und addieren dann. Die linke Seite der so erhaltenen Gleichung ist bereits wie gew¨unscht. F¨ur beliebige positive Zahlen x und y gilt x+y 2

xy mit Gleichheit genau dann, wenn x = y gilt. Es folgt t1b

a +t2a

b 2

t1t2, t1c

a +t3a

c 2

t1t3 und t2cb +t3bc 2

t2t3. Setzt man diese Ungleichungen auf der rechten Seite ein, dann steht die zu beweisende Ungleichung bereits da.

Gleichheit gilt genau dann, wenn t1b

a =t2a b, t1c

a =t3a

c und t2c b =t3b

c erf¨ullt sind. Diese Gleichungen sind ¨aquivalent zu at12 = bt22 = tc32.

Als Spezialfall erhalten wir die gewichtete Erd¨os-Mordell-Ungleichung.

Satz 10: Sei P ein Punkt im Innern eines Dreiecks 4ABC. Seien D, E und F die Fußpunkte der Lote von P auf die Geraden ℓ(B, C), ℓ(A, C) und ℓ(A, B). F¨ur positive Zahlen t1, t2 und t3 gilt dann

t1|P A|+t2|P B|+t3|P C| ≥2

t2t3 |P D|+ 2

t1t3 |P E|+ 2

t1t2 |P F|

Gleichheit liegt genau dann vor, wennP der Umkreismittelpunkt des Dreiecks4ABC ist und wenn at12 = tb22 = ct32 gilt.

Beweis: Folgt unmittelbar aus Satz 9, da ja cosφ 1, cosψ 1 und cosϱ 1 gilt.

Nur dann haben wir Gleichheit, wenn at12 = bt22 = tc32 gilt und wenn cosφ = 1, cosψ = 1 und cosϱ = 1 erf¨ullt sind. Die zweite Bedingung ist ¨aquivalent dazu, dass der Umkreis- mittelpunkt des Dreiecks 4ABC auf den drei Geraden ℓ(A, P),ℓ(B, P) undℓ(C, P) liegt.

Das ist nur dann erf¨ullt, wenn P selbst der Umkreismittelpunkt ist.

Als weiteren Spezialfall erhalten wir die (nicht gewichtete) Erd¨os-Mordell-Ungleichung.

Satz 11: Sei P ein Punkt im Innern eines Dreiecks 4ABC. Seien D, E und F die Fußpunkte der Lote von P auf die Geraden ℓ(B, C), ℓ(A, C) und ℓ(A, B). Dann gilt

|P A|+|P B|+|P C| ≥2|P D|+ 2|P E|+ 2|P F|

Gleichheit liegt genau dann vor, wenn das Dreieck 4ABC gleichseitig ist und P dessen Umkreismittelpunkt ist.

Beweis: Das ist der Spezialfall von Satz 10 mit t1 = 1, t2 = 1 undt3 = 1.

Die Erd¨os-Mordell-Ungleichung wurde 1935 von Paul Erd¨os als Problem gestellt und 1937 von Mordell bewiesen. Dieser Beweis ist ein trigonometrischer. In der Zwischenzeit sind die verschiedensten Beweise dieser Ungleichung erschienen. Siehe zum Beispiel die Literaturliste in “Hojoo Lee: Ptolemy meets Erd¨os and Mordell again, American Mathe- matical Monthly, 116, 2009, 738-742”

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