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Der Satz von Feuerbach

Im Dokument Ebene Geometrie (Seite 39-45)

Sei 4ABC ein Dreieck mit H¨ohenschnittpunkt H, Umkreismittelpunkt U und Inkreis-mittelpunkt I. Weiters sei Z der Mittelpunkt des Neunpunktkreises. Da Z auch der Mittelpunkt der Strecke U H ist, ist IZ eine Schwerlinie im Dreieck 4U HI. Wir berech-nen die L¨angen der Seiten des Dreiecks4U HI und verwenden dann die Formel aus Satz 38 f¨ur die L¨ange der Schwerlinie, um |IZ|zu berechnen.

Um die L¨ange der Strecken U H, U I und IH, der Seiten des Dreiecks 4U HI, zu berechnen, verwenden wir den Cosinussatz. Dazu bestimmen wir die Winkel zwischen den Strecken U C, IC und HC und deren L¨angen. Zuvor beschaffen wir uns noch eine Formel f¨ur den Inkreisradius.

Satz 40: Sei 4ABC ein Dreieck. Seien r und ϱ die Radien des Umkreises und des Inkreises. Dann gilt ϱ= 4rsin α2 sinβ2 sinγ2.

Beweis: Sei I der Inkreismittelpunkt und P der Punkt, in dem der Inkreis die Seite AB ber¨uhrt. Weiters sei s der halbe Umfang des Dreiecks. Es gilt |AP|=s−a, |IP|=ϱ und ]IAP = α2, daI auf der Winkelsymmetrale durch A liegt. Es folgt tan α2 = s−aϱ .

Mit Hilfe des Sinussatzes erhalten wir 2(s−a) =b+c−a = 2r(sinβ+ sinγ−sinα). F¨ur die Winkel eines Dreiecks gilt sinβ+ sinγ−sinα = 4 cosα2 sin β2 sinγ2. Das kann man mit Hilfe der Formeln sinφ = 2i1(e−e−iφ) und cosφ = 12(e +e−iφ) beweisen. Es folgt s−a= 4rcosα2 sinβ2 sinγ2. Wegen ϱ= (s−a) tanα2 ergibt sich ϱ = 4rsinα2 sinβ2 sinγ2. Satz 41: Sei 4ABC ein Dreieck mit H¨ohenschnittpunktH, Umkreismittelpunkt U und Inkreismittelpunkt I. Wir nehmen an, dass γ < 900 und β α gilt. Dann erhalten wir ]ICH =]ICU = β2α und ]U CH =β−α.

Beweis: Wir zeigen ]ICH = γ2 +β−900. Es gilt ]ICB = γ2, da I auf der Winkelsym-metrale durch C liegt. Ist β 900, dann gilt ]HCB = 900−β. Wegen β α gilt auch ]HCB ]ICB. Es folgt]ICH =]ICB−]HCB = γ2 +β−900. Ist β >900, dann gilt ]HCB =β−900. Es folgt ]ICH =]ICB+]HCB = γ2 +β−900.

Wir zeigen ]ICU = γ2 +β−900. Es gilt ]ICA = γ2 wie oben. Ist β 900, dann folgt ]AU C = 2β aus dem Peripheriewinkelsatz und daraus dann ]U CA = 900−β, da das Dreieck 4AU C ja gleichschenkelig ist. Wegen β α gilt auch 900 −β γ2. Es folgt ]ICU = ]ICA−]U CA = γ2 +β 900. Ist β > 900, dann folgt ]AU C = 36002β aus dem Peripheriewinkelsatz und daraus dann ]U CA=β−900, da das Dreieck4AU C ja gleichschenkelig ist. Es folgt ]ICU =]ICA+]U CA= γ2 +β−900.

Da die Winkelsumme in einem Dreieck 1800 betr¨agt, erhalten wir γ2900 = β2α. Damit ist die erste Formel gezeigt. Nun gilt ]U CH =]ICH +]ICU, da IC immer zwischen HC undU C liegt. Aus der ersten Formel folgt daher ]U CH = β−α2 + β−α2 =β−α. Das

ist die zweite Formel.

Man kann im Beweis von Satz 41 den Peripheriewinkelsatz vermeiden und so vorgehen wie zu Beginn von Abschnitt 4 in Kapitel I.

Satz 42: Sei 4ABC ein Dreieck mit H¨ohenschnittpunkt H, Umkreismittelpunkt U, Inkreismittelpunkt I und Umkreisradius r. Wir nehmen an, dass γ < 900 gilt. Es gilt dann auch |CU|=r, |CH|= 2rcosγ und |CI|= 4rsinα2 sinβ2.

Beweis: Es gilt |CU|=r, da der Umkreis ja durch den EckpunktC geht.

Sei D der Fußpunkt der H¨ohe durch A. Dann gilt |CD| = |AC|cosγ und |CH| = |CD|sinβ, wobei wir ]DHC = ]CBA = β im Fall β 900 und ]DHC = 1800 β im Fall β > 900 verwenden. Weiters erhalten wir |AC| = 2rsinβ aus dem Sinussatz. Es folgt

|CH|= 2rcosγ.

Da der Inkreisradius ϱ der Normalabstand des Punktes I zur Dreiecksseite BC ist und ]BCI = γ2 gilt, erhalten wir sinγ2 = |CIϱ |. Mit Satz 40 folgt |CI|= 4rsinα2 sinβ2.

Satz 43 (Euler) Sei 4ABC ein Dreieck. Seien U und r Mittelpunkt und Radius des Umkreises und I und ϱ die des Inkreises. Dann gilt |U I|2 =r22rϱ.

Beweis: Wir k¨onnen die Bezeichnung des Dreiecks so w¨ahlen, dass γ < 900 und β α gilt. Wir wenden den Cosinussatz auf das Dreieck 4U IC an, um |U I|2 zu berechnen.

Unter obigen Annahmen gilt ]ICU = β2α nach Satz 41. Nach Satz 42 gilt |CU|=r und

|CI|= 4rsinα2 sinβ2. Der Cosinussatz besagt

|U I|2 =|CU|2+|CI|22|CU| · |CI|cosβ2α

=r2+ 16r2sin2 α2 sin2 β2 8r2sin α2 sinβ2 cosβ2α Aus dem Summensatz folgt cos β2α = cosα2 cosβ2 + sinα2 sin β2. Das ergibt

|U I|2 =r2+ 8r2sin2 α2 sin2 β2 8r2sin α2 sinβ2 cosα2 cosβ2 Wegen cosα2 cosβ2 sinα2 sin β2 = cos α+β2 = cos(900 γ2) = sinγ2 erhalten wir

|U I|2 =r28r2sinα2 sinβ2 sinγ2

Nun gilt ϱ= 4rsinα2 sinβ2 sinγ2 nach Satz 40. Damit folgt |U I|2 =r22rϱ.

F¨ur ein Dreieck 4ABC mit Winkeln α, β und γ und Umkreisradius r definieren wir das H¨ohenabschnittsprodukt η durch η= 4r2cosαcosβcosγ.

Bemerkung: F¨ur ein spitzwinkeliges Dreieck kann man mit einem ¨ahnlichen Beweis wie f¨ur die Formel |CH| = 2rcosγ in Satz 42 zeigen, dass |HHc| = 2rcosαcosβ gilt, wobei Hc der Fußpunkt der H¨ohe durch C ist. Es folgt η = |CH| · |HHc|. Nat¨urlich gilt auch η = |AH| · |HHa| und η = |BH| · |HHb|, wobei Ha und Hb die Fußpunkte der H¨ohen durchA und durch B sind. Daher kommt der Name H¨ohenabschnittsprodukt. Bei einem stumpfwinkeligen Dreieck ist η negativ. Auch in diesem Fall gelten obige Formeln, allerdings muss man die H¨ohenabschnitte als orientierte Abst¨ande auffassen.

Satz 44: Sei 4ABC ein Dreieck mit H¨ohenschnittpunktH. Seien U und r Mittelpunkt und Radius des Umkreises undη das H¨ohenabschnittsprodukt. Dann gilt|U H|2 =r22η.

Beweis: Wir k¨onnen die Bezeichnung des Dreiecks so w¨ahlen, dassγ <900 undβ ≥αgilt.

Wir wenden den Cosinussatz auf das Dreieck 4U HC an, um|U H|2 zu berechnen. Unter obigen Annahmen gilt ]U CH = β−α nach Satz 41 und |CU| = r und |CH|= 2rcosγ gelten nach Satz 42. Der Cosinussatz besagt dann

|U H|2 =|CU|2+|CH|2 2|CU| · |CH|cos(β−α) =r2+ 4r2cos2γ−4r2cosγcos(β−α)

=r24r2cosγ(cos(β−α)−cosγ) =r24r2cosγ(cos(β−α) + cos(β+α)) wobei cosγ = cos(β+α) verwendet wurde, was ja wegen γ = 1800−β−α gilt. Weiters folgt cos(β −α) + cos(β +α) = 2 cosαcosβ aus dem Summensatz. Damit erhalten wir dann |U H|2 =r28r2cosγcosαcosβ =r22η.

Satz 45: Sei 4ABC ein Dreieck mit H¨ohenschnittpunkt H. Seien I und ϱ Mittelpunkt und Radius des Inkreises und η das H¨ohenabschnittsprodukt. Dann gilt |IH|2 = 2ϱ2−η.

Beweis: Wir k¨onnen die Bezeichnung des Dreiecks so w¨ahlen, dassγ <900 undβ ≥αgilt.

Wir wenden den Cosinussatz auf das Dreieck 4IHC an, um |IH|2 zu berechnen. Unter obigen Annahmen gilt ]ICH = β2α nach Satz 41. Nach Satz 42 gilt |CH| = 2rcosγ und |CI|= 4rsinα2 sinβ2. Der Cosinussatz besagt

|IH|2 =|CI|2+|CH|22|CI| · |CH|cosβ−α2

= 16r2sin2 α2 sin2 β2 + 4r2cos2γ−16r2sin α2 sinβ2 cosγcos β−α2 Aus dem Summensatz folgt cos β−α2 = cosα2 cosβ2 + sinα2 sin β2. Das ergibt

|IH|2 = 16r2sin2 α2 sin2 β2(1cosγ) + 4r2cos2γ−16r2sinα2 cosα2 sinβ2 cosβ2 cosγ Mit Hilfe der Formeln 1cosγ = 2 sin2 γ2 und 2 sinφ2 cosφ2 = sinφ folgt

|IH|2 = 32r2sin2 α2 sin2 β2 sin2 γ2 + 4r2cosγ(cosγ sinαsinβ)

Nun gilt cosγ = cos(1800−α−β) =−cos(α+β) = sinαsinβ−cosαcosβ. Damit folgt

|IH|2 = 32r2sin2 α2 sin2 β2 sin2 γ2 4r2cosαcosβcosγ Mit Hilfe von Satz 40 ergibt sich |IH|2 = 2ϱ2−η.

Schließlich kommen wir zum Satz von Feuerbach.

Satz 46: Sei 4ABC ein Dreieck. Seien I und ϱ Mittelpunkt und Radius des Inkreises und Z und σ Mittelpunkt und Radius des Neunpunktkreises. Dann gilt |IZ|=σ−ϱ.

Beweis: Da IZ eine Schwerlinie im Dreieck 4U HI ist, erhalten wir aus Satz 38, dass

|IZ|2 = 12|IH|2+ 12|U I|2 14|U H|2 gilt. Wegen Satz 45, Satz 43 und Satz 44 ergibt sich

|IZ|2 =ϱ2 12η+ 12r2−rϱ− 14r2+ 12η = (12r−ϱ)2, also |IZ|2 = (σ−ϱ)2

wobei wir die Gleichungσ = 12r verwendet haben. Nach Satz 43 mussr22rϱ0 gelten, woraus σ ≥ϱ folgt. Wir k¨onnen die Wurzel ziehen und erhalten |IZ|=σ−ϱ.

Satz 46 besagt, dass der Inkreis den Neunpunktkreis von innen ber¨uhrt, da der Abstand der Mittelpunkte dieser Kreise gleich der Differenz ihrer Radien ist.

Die folgenden f¨unf ¨Ubungsbeispiele geben an, wie man obige Beweise modifizieren kann, um zu zeigen, dass der Neunpunktkreis auch die drei Ankreise ber¨uhrt. Dazu seien Ia, Ib, Ic die Mittelpunkte und ϱa, ϱb, ϱc die Radien der Ankreise.

Ubung:¨ Man zeige ϱa= 4rsinα2 cosβ2 cosγ2 analog zu Satz 40 und |CIa|= 4rsinα2 cosβ2 analog zu Satz 42.

Ubung:¨ Es gilt ]IaCH = 900 β2α und ]IaCU = 900+ β2α.

Ubung:¨ Man zeige, dass |U Ia|2 = r2 + 2rϱa gilt. Wir k¨onnen γ < 900 annehmen (sonst vertauschen wir B und C) und wie im Beweis von Satz 43 vorgehen. Ebenso gilt

|U Ib|2 =r2+ 2rϱb und |U Ic|2 =r2+ 2rϱc.

Ubung:¨ Man zeige |IaH|2 = 2ϱ2a−η. Wir k¨onnenγ <900 annehmen und wie im Beweis von Satz 45 vorgehen. Ebenso gilt |IbH|2 = 2ϱ2b −η und |IcH|2 = 2ϱ2c −η.

Ubung:¨ Man zeige |IaZ|=σ+ϱa. Ebenso gilt |IbZ|=σ+ϱb und |IcZ|=σ+ϱc.

Ubung:¨ Man berechne |SI|2 und|SH|2 und zeige, dass |SI|2+|IH|2 ≤ |SH|2 gilt, wobei S der Schwerpunkt des Dreiecks ist. Es folgt, dass I im Kreis mit Durchmesser SH liegt.

Satz 46 wurde bewiesen in “K. W. Feuerbach, Eigenschaften einiger merkw¨urdiger Punkte des geradlinigen Dreiecks und mehrerer durch sie bestimmten Linien und Figuren:

Eine analytisch-trigonometrische Abhandlung, Riegel & Wiesner, N¨urnberg, 1822”

3. Sehnentangentenvierecke

Ein Tangentenviereck ist ein Viereck, das einen Inkreis besitzt. Wir f¨uhren zuerst ein-mal eine Standardbezeichnung f¨ur ein Tangentenviereck ein. Die Eckpunkte bezeichnen wir mitA, B,C undDund die Winkel bei diesen

Eckpunkten mit den entsprechenden griechischen Buchstabenα, β,γ undδ. Die L¨angen der Seiten AB, BC, CD und DA bezeichnen wir in dieser Reihenfolge mit a, b, c und d. Seien I und ϱ der Mittelpunkt und der Radius des Inkreises. Die Punkte, in denen der Inkreis die Seiten ber¨uhrt, nennen wir T, Q, R und S. Da die Abschnitte der beiden Tangenten von einem Punkt außerhalb an einen Kreis bis zu den Ber¨uhrpunkten gleich lang sind, ergibt sich |AT|=|AS|, |BT|=|BQ|,

|CQ|= |CR| und |DR| = |DS|. Wir bezeichnen diese Abst¨ande der Reihe nach mit ta, tb, tc und td. Insbesondere gilta+c=ta+tb+tc+td =b+d.

Sei M der Schnittpunkt der Verbindungslinien T RundQSgegen¨uberliegender Ber¨uhrpunkte des

Inkreises. Wir w¨ahlen die Bezeichnung immer so, dassI im ViereckAT M S liegt (oder auf dessen Rand). Es gilt dann ]BT R = ]CRT 900 und ]CQS = ]DSQ 900. Wir setzen σ = ]BT R und ν =]CQS. Wir nennen σ den Sehnenwinkel der Seiten AB und CD und ν den der Seiten BC und DA. Da die Radien IT, IR, IQ und IS senkrecht auf die Vierecksseiten stehen, ergibt sich]QIS = 2ν und]T IR= 2σ. IstK der Mittelpunkt von QS und L der von T R, dann gilt ]QIK =]SIK =ν und ]T IL=]RIL=σ.

Satz 47: Sei ABCD ein Tangentenviereck. Die Diagonalen und die beiden Verbindungs-linien gegen¨uberliegender Ber¨uhrpunkte des Inkreises gehen alle durch einen PunktM.

A

Sei M der Schnittpunkt der Diagonale AC und der Verbindungslinie T R. Sei ε = ]AM T = ]CM R.

Weiters gilt ]AT M = 1800−σ und]CRM =σ. Der Sinussatz f¨ur die Dreiecke4AT M und4CRM liefert

|AM|

sin(1800σ) = |ATsinε| und |CMsinσ| = |CR|sinε. Division ergibt

|AM|

|CM| = |CR||AT|, da ja sin(1800−σ) = sinσ gilt.

Sei N der Schnittpunkt der Diagonale AC und der Verbindungslinie QS. Wie oben folgt ||ANCN|| = ||CQAS||. Weiters gilt |AT|= |AS| und |CQ|=|CR|. Damit ist

|AM|

|CM| = ||ANCN|| gezeigt. Die PunkteM undN teilen AC im selben Verh¨altnis. Somit sind M und N identisch.

Wir haben gezeigt, dass die beiden Verbindungslinien gegen¨uberliegender Ber¨uhrpunkte und die Diagonale AC durch einen Punkt M gehen. Genauso kann man zeigen, dass die beiden Verbindungslinien gegen¨uberliegender Ber¨uhrpunkte und die Diagonale BD durch einen Punkt ˜M gehen. Klarerweise muss dann ˜M =M gelten.

Ein Viereck ist ein Sehnenviereck, wenn es einen Umkreis hat. Aus dem Peripheriewin-kelsatz folgt, dass das genau dann der Fall ist, wenn die Summe einander gegen¨uberliegender Winkel gleich 1800 ist.

Satz 48: Ein Tangentenviereck ist genau dann ein Sehnenviereck, wenn die beiden Verbin-dungslinien gegen¨uberliegender Ber¨uhrpunkte des Inkreises aufeinander senkrecht stehen.

Beweis: Wir verwenden die Standardbezeichnung. Insbesondere ist M der Schnittpunkt der Verbindungslinien ℓ(T, R) und ℓ(Q, S) einander gegen¨uberliegender Ber¨uhrpunkte.

Wir nehmen an, dass der Inkreismittelpunkt I im Viereck AT M S liegt.

Sei χ=]T M S =]QM R. Es folgtα = 3600(1800−σ+ 1800−ν+χ) =σ+ν−χ und γ = 3600(σ+ν+χ). Das Viereck ist genau dann ein Sehnenviereck, wennα+γ = 1800 gilt. Das ist ¨aquivalent zu χ= 900.

Ein Viereck, das sowohl Tangentenviereck als auch Sehnenviereck ist, nennen wie Sehnen-tangentenviereck.

Satz 49: Sei ABCD ein Sehnentangentenviereck mit Inkreismittelpunkt I und Diago-nalenschnittpunkt M. Sei E der Schnittpunkt der Geraden ℓ(A, B) und ℓ(C, D) und F der der Geradenℓ(B, C)undℓ(A, D). Wir nehmen an, dass diese Schnittpunkte existieren.

Dann stehen die Geraden ℓ(I, M) undℓ(E, F) aufeinander senkrecht.

Beweis: Wir verwenden die Standardbezeichnung. Insbesondere ist K der Mittelpunkt der SehneQS undLder der SehneT R. Nach Satz 47 istM auch der Schnittpunkt vonQS und T R. Es gilt ]SIK =ν und ]T IL =σ. Es folgt|IK|=ϱcosν und |IL|=ϱcosσ.

Da ℓ(A, B) und ℓ(C, D) die Tangenten an den Inkreis in den Endpunkten der Sehne T R sind, erhalten wir ]T IE =]T IL = σ und |IE| = cosϱσ = cosνϱcosσ cosν. Ebenso ergibt sich ]SIF =]SIK =ν und |IF|= cosϱν = cosνϱcosσcosσ.

Die Geraden ℓ(Q, S) und ℓ(T, R) stehen nach Satz 48 senkrecht aufeinander und daher auch ℓ(I, L) undℓ(I, K). Wir k¨onnenI als Nullpunkt eines Koordinatensystems auffassen mit Koordinatenachsen ℓ(I, L) undℓ(I, K), wobeiLundK jeweils auf der positiven Achse liegen. In diesem Koordinatensystem gilt dann−→

IM =ϱ(coscosσν) und−→

EF = cosνϱcosσ(coscosσν).

Man sieht, dass −→

IM senkrecht auf −→

EF steht.

Wir wollen Zusammenh¨ange zwischen Inkreis und Umkreis eines Sehnentangentenvierecks finden. Wir beginnen mit einem Hilfssatz.

Hilfssatz: F¨ur die Tangentenabschnitte und die Sehnenwinkel in einem Sehnentangen-tenviereck gelten folgende Gleichungen, wobei wir φ= α2 und ψ= β2 setzen.

(a) ta=ϱ cotφ, tb =ϱ cotψ, tc =ϱ cotγ2 =ϱ tanφ und td =ϱ cotδ2 =ϱ tanψ

(b) ψ+φ=ν, ψ−φ= 900−σ, σ−φ= 900−ψ, σ+ψ = 900+φ und ν+σ= 2φ+ 900 Beweis: Es gilt ϱ = |IT| = |IS| und ta = |AT| = |AS|. Das Dreieck 4AT I hat bei T einen rechten Winkel und bei A den Winkel φ= α2. Somit gilt ta =ϱcotφ. Die anderen Gleichungen in (a) ergeben sich analog. Wegen α+γ = 1800 gilt cotγ2 = tan(900 γ2) = tanφ und wegen β+δ = 1800 gilt cotδ2 = tanψ.

Die Winkelsumme in einem Viereck ist bekanntlich 3600. F¨ur das Viereck ABQS erhalten wir α+β + 1800−ν+ 1800−ν = 3600. Es folgt ν = α2 + β2 = φ+ψ. F¨ur das Viereck BCRT erhalten wirβ+γ+σ+σ = 3600 und wegen α+γ = 1800 auch β−α= 18002σ.

Es folgt ψ−φ= 900−σ. Die anderen Gleichungen in (b) folgen aus den ersten beiden.

Satz 50: In einem Sehnentangentenviereck liegen der UmkreismittelpunktU, der Inkreis-mittelpunkt I und der Diagonalenschnittpunkt M auf einer Gerade.

A

Beweis: Wir verwenden die Standardbezeichnung und das im Beweis von Satz 49 einge-f¨uhrte Koordinatensystem. Mit dem Inkreisradius ϱ, den Sehnenwinkeln ν undσ und den Tangentenabschnitten ta, tb, tc und td Das k¨onnen wir aus der Zeichnung ablesen.

Diex-Koordinate des PunktesQistϱsinν.

Addiert man tbcosν, dann ergibt sich die x-Koordinate des Punktes B. Subtrahiert man tccosν, so hat man die x-Koordinate des PunktesC. Diex-Koordinate des Punk-tes S ist −ϱsinν. Durch Subtraktion von tacosν und Addition von tdcosν hat man die x-Koordinaten der Punkte A und D.

Diey-Koordinate des Punktes Ristϱsinσ.

Subtraktion von tccosσ ergibt die y-Koordinate des PunktesC und Addition von tdcosσ die des Punktes D. Die y-Koordinate des PunktesT ist−ϱsinσ. Subtraktion von tacosσ ergibt die y-Koordinate des PunktesA und Addition von tbcosσ die des Punktes B.

Mit Hilfe der Formeln f¨ur die Tangentenabschnitte ta, tb, tc und td aus dem Hilfssatz und den Summens¨atzen folgt A = −ϱcos(ν−φ)sinφ ,−ϱcos(σ−φ)sinφ

Mit Hilfe der Formeln f¨ur die Sehnenwinkel ν und σ aus dem Hilfssatz ergibt sich daraus A = −ϱcossinφψ,−ϱsinsinψφ

Mit Hilfe der Summens¨atze ergibt sich

ϱ2 sincos22ψψcossin22ψψ = ucos(ψsinφ)ψcosvsin(φ+ψ)ψ Nach dem Hilfssatz gilt ψ−φ= 900−σ und φ+ψ=ν. Es folgt

(4) ϱ cos 2ψsin 2ψ =usinσ−vsinν

Aus den Gleichungen (2) und (4) lassen sich jetzt u und v leicht berechnen. Mit den Summens¨atzen und mit (b) aus dem Hilfssatz ergibt sich

u=−ϱsin 2φcossin 2ψσ und v =−ϱsin 2φcossin 2ψν

Da der Schnittpunkt M der Diagonalen, der nach Satz 47 auch der Schnittpunkt der Sehnen QS und RT ist, die Koordinaten (ϱcosσ, ϱcosν) hat, wie im Beweis von Satz 49 gezeigt wurde, liegen die Punkte U, I undM auf einer Gerade.

Bemerkung: In diesem Beweis wurden auch der Umkreisradius r und der Abstandd der Mittelpunkte I und U des Inkreises und des Umkreises berechnet. Wir erhalten

d2 =u2+v2 =ϱ2 cossin22ν+cossin22σ =ϱ2 1sinsin2ααsinsin2ββ

da cos2ν+ cos2σ = cos2(ψ+φ) + sin2−φ) = 1−sin 2φsin 2ψ aus dem Hilfssatz folgt und da 2φ=α und 2ψ=β gilt.

Die beiden Seiten der Gleichung (1) sind gleich r2−d2. Wir bilden die Summe 2(r2−d2) =ϱ2sin2φ1cos2φ + 2ϱucos(ψ+φ)+vsinφcossin(ψφ φ) = 4ϱ2sin12 + 4ϱucossin 2φν+vcosσ Wir setzen f¨ur u und v ein und erhalten 2(r2 −d2) = 4ϱ2sin12 2 2 cossin2νsin 2ψcosσ . Wir verwenden die Formel 2 cosνcosσ = cos(ν−σ) + cos(ν+σ). Aus dem Hilfssatz erhalten wir ν+σ = 2φ+ 900 undν−σ= 2ψ900, womit sich dann 2 cosνcosσ= sin 2ψsin 2φ ergibt. Wir setzen das oben ein. Dann haben wir

r2−d2 = 2ϱ2sin 2φ1sin 2ψ = 2ϱ2sinα1sinβ

In diesen Formeln f¨ur d2 und r2−d2 kann man auch α durch γ und β durch δ ersetzen.

Ubung:¨ Man beweise die Fuss’sche Formel f¨ur ein Sehnentangentenviereck. Sind r und ϱ die Radien des Umkreises und des Inkreises und ist d der Abstand ihrer Mittelpunkte, dann gilt 2(r2+d22 = (r2−d2)2. Weiters gilt ϱ≤ r2 mit Gleichheit genau dann, wenn das Sehnentangentenviereck ein Quadrat ist.

Mit der Beweismethode von Satz 47 kann man auch zeigen

Ubung:¨ Sei4ABC ein (spitzwinkeliges) Dreieck mit H¨ohenschnittpunktH. SeienD auf BC undE auf AC so gew¨ahlt, dass die Punkte A, B, Dund E auf einem Kreis liegen. Sei G der H¨ohenschnittpunkt des Dreiecks 4DEC. Dann gehen die drei Geraden ℓ(G, H), ℓ(A, D) und ℓ(B, E) durch einen Punkt. Hinweis: Die Dreiecke 4ABC und 4DEC sind ¨ahnlich (Peripheriewinkelsatz), somit gilt ||AHBH|| = ||DGEG||. Sei φ = ]DAE = ]DBE (Peripheriewinkelsatz). Es gilt ]DAH = (900 γ)− φ = ]EBH, wenn ]AEB = ]ADB 900, oder ]DAH =φ−(900 −γ) = ]EBH, wenn ]AEB = ]ADB 900. Weiters gilt ]GDA= 900−φ=]GEB.

Im Dokument Ebene Geometrie (Seite 39-45)