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Soziodemographische Merkmale der deutschen und indischen Stichprobe

3.1 S TICHPROBE

3.1.2 Soziodemographische Merkmale der deutschen und indischen Stichprobe

Insgesamt nahmen 117 deutsche und 100 indische Kinder und ihre Mütter an der Stu-die teil. Zur Erfassung der soziodemographischen Daten beantworteten Stu-die Mütter einen schriftlichen Erhebungsbogen mit Fragen zu ihrer familiären Situation (z. B. Anzahl der), ihrer Ausbildung und Berufstätigkeit sowie zu Entwicklungsauffälligkeiten des Kin-des, das an der Studie teilnahm. Um die Homogenität der Stichproben zu gewährleisten, wurden die demographischen Angaben der Mütter bezüglich des kulturellen Hintergrundes der Familien sowie hinsichtlich Alter und möglicher Entwicklungsauffälligkeiten der Kin-der geprüft. In Deutschland wurden zwei Mütter und ihre KinKin-der aus Kin-der Datenanalyse ausgeschlossen, da die Mütter in Indonesien beziehungsweise Japan geboren wurden und dort mindestens bis zum 18. Lebensjahr gelebt hatten. In der indischen Stichprobe wurden drei Fälle aus der Datenanalyse ausgeschlossen. Zwei der indischen Mütter gaben hinsicht-lich ihrer Religion an, dem Islam anzugehören. Ein weiterer Fall wurde ausgeschlossen, da das Kind jünger als 4 Jahre alt war. Aufgrund der Angaben der Mütter gab es keine Hin-weise auf emotionale, soziale oder kognitive Entwicklungsauffälligkeiten oder Entwick-lungsstörungen (z. B. Autismus, ADHS) bei den teilnehmenden Kindern. Im Folgenden werden die soziodemographischen Merkmale für die deutsche (N = 115) und indische (N = 97) Gesamtstichprobe berichtet.

Die Zusammensetzung der deutschen und indischen Stichprobe unterschied sich nicht signifikant hinsichtlich des Geschlechts der Kinder (χ2 = 0.10, df = 1, p = 0.76). 50.4 % der deutschen Kinder waren männlich und 49.6 % weiblich, während sich die indische Stich-probe zu 52.6 % aus Jungen und zu 47.4 % aus Mädchen zusammensetzte. Hinsichtlich des Alters der Kinder ergab ein t-Test, dass die deutschen Kinder im Vergleich zu den indi-schen Kindern im Durchschnitt knapp fünf Monate jünger waren, wie in Tabelle 1 ersicht-lich ist. In beiden Stichproben hatte die Mehrheit der Kinder mindestens ein Geschwister-kind, 76.5 % der Kinder in Deutschland und 78.4 % der Kinder in Indien. Dementspre-chend war die Anzahl an Einzelkindern, die an der Studie teilnahmen, in beiden Stichpro-ben gleich verteilt (χ2 = 0.10, df = 1, p = .75). Dagegen war in der deutschen Stichprobe der Anteil an erstgeborenen Kindern (61.7 %) signifikant höher als in der indischen Stich-probe, in der der Anteil der ältesten Kinder einer Familie bei 42.3 % lag (χ2 = 17.34, df = 4, p < .01). Die teilnehmenden indischen Mütter hatten zum Zeitpunkt der Datenerhebung signifikant mehr Kinder geboren als die deutschen Mütter. Dies entspricht in der Tendenz

dem Unterschied in der Fertilitätsrate zwischen beiden Ländern im Jahr 2006 (durch-schnittlich 1.3 Kinder pro Frau in Deutschland gegenüber 2.5 in Indien; World Bank, 2008). Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass in der vorliegenden Stichprobe die deutschen Mütter zum Zeitpunkt der Datenerhebung im Durchschnitt über 6 Jahre älter waren als die indischen Mütter (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1 Soziodemographische Merkmale der deutschen und indischen Stichprobe

Deutschland

Anmerkung. aISCED-Klassifizierung (UNESCO, 1999) des Schul- und Ausbildungsabschlusses; 7-stufige Skala von 0 = vorschulische Erziehung bis 6 = Tertiäre Bildung, Forschungsqualifikation.

Mittelwertsunterschiede wurden mittels eines Mann-Whitney-U Tests geprüft. Die mittleren Ränge von 118.90 (Deutschland) im Vergleich zu 90.55 (Indien) unterschieden sich signifikant.

bItemwortlaut: „Im Vergleich zu anderen Menschen, die hier in Deutschland/Indien leben: Welcher ökonomi-schen Schicht würden Sie sich auf der folgenden Skala zuordnen?“; 5-stufige Skala von 1 = unten bis 5 = oben. In Deutschland N = 114, da eine Mutter keine Angaben gemacht hat.

cWelch Test. +p < .10. *p < .05. **p < .01.

Über die Hälfte der deutschen Mütter (61.7 %) gab an, dass sie berufstätig sind, wäh-rend nur 25.8 % der indischen Mütter die Frage, ob sie zur Zeit einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, bejahten. Obwohl sich dieser Unterschied auch im Ausbildungsniveau der Mütter widerspiegelte (siehe Tabelle 1), lässt sich unter Berücksichtigung des jeweiligen soziokulturellen Kontextes das Bildungs- bzw. Ausbildungsniveau der Mütter in beiden Stichproben als überdurchschnittlich hoch charakterisieren. Die große Mehrheit der indi-schen Mütter (93 %) verfügte mindestens über einen Abschluss einer weiterführenden

Schule (sekundärer Bildungsabschluss), wobei insgesamt 48 % der indischen Mütter einen höheren Bildungsabschluss (z. B. Bachelor, Master) erreicht hatten.

Das Bildungsniveau der indischen Mütter kann in der vorliegenden Stichprobe inso-fern als vergleichsweise hoch beurteilt werden, berücksichtigt man, dass die durchschnittli-che Alphabetisierungsrate bei Frauen in Indien im Jahr 2006 bei 50.8 % lag und das allge-meine Bildungsniveau sowohl bei den Schulabschlüssen als auch bei der Berufausbildung in Indien weit hinter dem durchschnittlichen Bildungsniveau in Deutschland zurückfällt (UNESCO Institute for Statistics, 2011). Der durchschnittliche Bildungsunterschied lässt sich auch dadurch erklären, dass in der deutschen Stichprobe überproportional viele Mütter (68 %) einen tertiären Bildungsabschluss (d. h. Hochschulabschluss, Abschluss an einer Berufsakademie oder höheren Fachschule) aufwiesen und in gehobenen beruflichen Positi-onen (z. B. Ärztin, leitende Angestellte) tätig waren. Im Vergleich zur vorliegenden Stich-probe lag der Anteil der Frauen, die in Deutschland im Jahr 2006 einen Abschluss im terti-ären Bildungsbereich erworben haben, bei 20 % (Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2008). In Indien arbeiteten die berufstätigen Frauen überwiegend als Lehrerinnen und Schneiderinnen oder waren als Mitarbeiterinnen beziehungsweise Helferinnen in ei-nem WHO-Programm tätig. Ihren sozioökonomischen Status im Vergleich zu anderen in Deutschland beziehungsweise in Indien lebenden Familien schätzten die Mütter in Deutschland und Indien im mittleren Bereich ein. Die deutschen Mütter unterschieden sich bezüglich der Einschätzung ihres sozioökonomischen Status nicht signifikant von den indi-schen Müttern (siehe Tabelle 1).

Nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft befragt, gaben 67 % der deut-schen Mütter an, dass sie einer christlichen Religionsgemeinschaft (z. B. römischer Katho-lizismus, Protestantismus) angehören. 22 % antworteten, dass sie keiner Religionsgemein-schaft angehören und 11 % machten keine Angaben oder nannten eine andere Religion (z. B. Buddhismus). In der indischen Stichprobe berichteten alle Mütter, dem Hinduismus anzugehören. Nach der Wichtigkeit von Religion in ihrem Leben befragt, gaben die deut-schen Mütter unter Verwendung einer 5-stufigen Skala (von 1 = überhaupt nicht wichtig bis 5 = sehr wichtig) im Mittel an, dass Religion in ihrem Leben einigermaßen wichtig ist (M = 3.04, SD = 1.09). Dagegen spielte Religion für die indischen Mütter eine sehr wichti-ge Rolle (M = 4.94, SD = 0.24). Der Unterschied hinsichtlich der Wichtigkeit von Religion zwischen den beiden Gruppen erwies sich als statistisch signifikant, t(122.65) = -17.93, p <

.01.

Des Weiteren lassen sich aufgrund der demographischen Angaben der Mütter weitere Unterschiede hinsichtlich der familiären Situation der teilnehmenden Kinder feststellen. So bestand ein signifikanter Unterschied in der durchschnittlichen Haushaltsgröße zwischen Deutschland und Indien (siehe Tabelle 1). Eine genaue Betrachtung der Angaben zur Fa-milienstruktur ergab, dass die deutschen Kinder überwiegend mit ihren Eltern und Ge-schwistern in Kernfamilien zusammenlebten. Hingegen lebten die Kinder in Indien meist in einem erweiterten Familienverband, der neben den leiblichen Eltern und Geschwistern der Kinder weitere Personen (z. B. Eltern und Geschwister des Vaters) umfasste, mit denen die indischen Kinder gemeinsam in einem Haushalt lebten.

Insbesondere die Frage, welche Personen neben der Mutter an der Erziehung beteiligt sind, gibt weiteren Aufschluss über die Sozialisationsbedingungen in der deutschen und der indischen Stichprobe (siehe Abbildung 1). Zunächst fällt auf, dass sich hinsichtlich der Frage nach der Erziehung in der indischen Stichprobe ein uneinheitliches Bild ergab.

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

Keine weitere Person Freunde der Familie ErzieherInnen, Tagesmutter Alle Familienmitglieder Tanten/Onkel Großeltern Geschwister des Kindes Vater des Kindes, Ehemann, Lebenspartner

Deutschland Indien

Abbildung 1 An der Kindererziehung beteiligte Personen in Deutschland und Indien

Anmerkung. Prozentuale Häufigkeiten der Antworten der Mütter auf die offene Frage „Welche Personen, außer Ihnen, waren bzw. sind besonders an der Erziehung Ihres Kindes beteiligt?“ Mehrfachantworten waren möglich. Mehrfachnennungen derselben Kategorie (z. B. Großmutter, Großvater) wurden nur einmal gezählt (d. h. Großeltern). Prozentangaben beruhen auf 104 deutschen Müttern (11 fehlende Angaben) und 90 indi-schen Müttern (7 fehlende Angaben), die die Frage beantwortet haben. Siehe Text für weitere Erläuterungen.

Einerseits gaben über 30 % der indischen Mütter an, dass sich aus ihrer Sicht keine weiteren Personen an der Erziehung der Kinder beteiligen. Andererseits berichteten knapp 10 % der indischen Mütter, dass alle Mitglieder der Familie in die Kindererziehung invol-viert sind. Zwischen der deutschen und der indischen Stichprobe bestanden darüber hinaus Unterschiede bezüglich der Personengruppen, die sich nach Auskunft der Mütter an der Kindererziehung beteiligten.

Der prozentuale Anteil der Mütter, die angaben, dass sich der Vater des Kindes, Ehe-mann oder Lebenspartner an der Kindererziehung beteiligt, war in der deutschen Stichpro-be mit üStichpro-ber 80 % fast doppelt so hoch wie in der indischen StichproStichpro-be (χ2 = 32.46, df = 1, p < .01).5 Im Vergleich dazu war der Anteil der Mütter, die berichteten, dass sie sich allei-ne um die Kindererziehung kümmern, in der indischen Stichprobe mit 33 % um ein Vielfa-ches höher als in der deutschen Stichprobe, in der nur 2 % der Mütter angaben, dass sich keine weitere Person an der Erziehung ihrer Kinder beteiligt (χ2 = 34.56, df = 1, p < .01).

Neben dem Vater des Kindes, Ehemann oder Lebenspartner waren in der deutschen Stich-probe die Großeltern die Familienmitglieder, die am zweithäufigsten genannt wurden. In der indischen Stichprobe entfielen die häufigsten Nennungen – neben der Nennung der Väter der Kinder – auf Tante und Onkel gefolgt von Großeltern und Geschwisterkindern.

Lässt man die Nennung der Väter außer Acht, war der Anteil der Mütter, die berichteten, dass mindestens ein Familienmitglied (d. h. Großeltern, Onkel / Tanten oder Geschwister-kinder) an der Erziehung ihrer Kinder beteiligt war, in der indischen Stichprobe (36 %) tendenziell höher als in der deutschen Stichprobe (24 %) (χ2 = 3.08, df = 1, p = .09). Ob-wohl deutsche Mütter (19.2 %) fast doppelt so häufig wie indische Mütter (11.1 %) Perso-nen nannten, die nicht der Familie angehörten (z. B. ErzieherinPerso-nen, Freunde der Familie), war der Unterschied statistisch nicht signifikant (χ2 = 2.43, df = 1, p = .12).

Da die Angaben der Mütter mitunter ungenau waren (z. B. Großeltern anstatt Großva-ter väGroßva-terlicherseits), sind keine Rückschlüsse über die genaue Anzahl der an der Erziehung beteiligten Personen möglich. Die Antworten der Mütter lassen jedoch vermuten, dass in den meisten Familien in der deutschen Stichprobe neben den Müttern insbesondere die Väter der Kinder beziehungsweise Ehemänner und Lebenspartner der Mütter wichtige Be-zugspersonen für die Kinder darstellten. Die Antworten der indischen Mütter legen nahe, dass in der indischen im Vergleich zur deutschen Stichprobe neben den Eltern weitere Familiemitglieder (z. B. Großeltern, Tanten / Onkel), die gemeinsam mit den Kindern in einem erweiterten Familienband lebten, tendenziell häufiger in die Kindererziehung einge-bunden waren.

5 Die Anzahl der indischen Mütter, die berichteten, dass sich alle Familienmitglieder an der Kindererziehung beteiligen, wurde hierbei berücksichtigt. In der deutschen Stichprobe gaben 85 von 104 Müttern (81.7 %) an, dass sich der Vater des Kindes, Ehemann oder Lebenspartner an der Erziehung beteiligt, in der indischen Stichprobe 38 von 90 Müttern (42.2 %).