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Zur Messung der sensorischen Regeneration wurden der Pinch-Test und der Withdrawal-Test angewandt. Auch hier wurden die Tests jede zweite Woche über einen Zeitraum von 8 Wochen durchgeführt.

Pinch-Test

Beim Pinch-Test wird die Rückkehr der Schmerzsensibilität getestet. Dazu wurden die lateralen Zehen (3. bis 5.) der lädierten linken Seite mit einer anatomischen Pinzette gereizt.

Eine Lautäußerung sowie das Zurückziehen der Pfote wurden als positive Reaktion gewertet.

Als interne Kontrolle diente die 3. Zehe der rechten Hinterpfote. Dieser Test wird häufig verwendet, um die wiederkehrende Nozizeption zu untersuchen (LINO et al. 2007; SICONOLFI

and SEEDS 2001; VERDU and NAVARRO 1997). Um sicherzustellen, dass die Reizung mit einer konstanten Kraft durchgeführt wurde, wurde sie immer vom gleichen Experimentator durchgeführt.

Das schlechteste Ergebnis in diesem Test erzielte die Autotransplantat-Gruppe. Es war nur bei einem Tier 8 Wochen nach der Transplantation eine positive Reaktion erkennbar. Dies ist vor allem im Hinblick auf die elektrodiagnostischen Messungen, die bei allen Autotransplantat-Tieren eine evozierte Bewegung der Zehen auslösten (s. Absatz 4.2.4), sowie die morphometrischen Ergebnisse (s. Absatz 4.2.5) verwunderlich. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass in dieser Gruppe hauptsächlich motorische Fasern regeneriert sind. Eine weitere Alternative wäre, dass die Axone zwar durch die Läsionsstelle gewachsen sind, jedoch nicht bis ins Zielgebiet eingewandert sind.

In der PolySia + SZ’-Gruppe gab es bereits 2 Wochen nach der Operation die ersten positiven Reaktionen für die 3. Zehe. Dies ist verglichen mit der Autotransplantat-Gruppe deutlich besser. Allerdings war bei einigen Tieren eine positive Reaktion auf das Reizen der 3. Zehe sichtbar, die 2 Wochen später bei der nächsten Messung nicht mehr vorhanden war. Dies lässt sich dadurch erklären, dass die Tiere versuchten, sich aus dem Griff des Experimentators zu befreien und das Zappeln fälschlicherweise als positive Reaktion gewertet wurde. Somit sind die Ergebnisse dieses Tests nicht eindeutig als Regeneration bewertbar.

In den Gruppen H und I wiesen nur 1 bzw. 2 Tiere ein Regenerat am Ende des Beobachtungszeitraumes auf, so dass für diese beiden Gruppen ebenfalls keine eindeutige Aussage bezüglich der funktionellen Regeneration getroffen werden kann.

Im gesamten Beobachtungszeitraum kam es nicht zu einer Rückkehr der Sensibilität der 4.

und 5. Zehe. Lediglich für die 3. Zehe konnten positive Reaktionen beobachtet werden. Eine schnellere Rückkehr der Sensitivität der 3. Zehe im Vergleich zur 4. und 5. Zehe konnte bereits in anderen Studien beobachtet werden (JUNGNICKEL et al. 2009b).

In der vorliegenden Studie kam es außerdem zu positiven Reaktionen bei Tieren, die kein Regenerat im Röhrchen aufwiesen. Dies ergibt sich daraus, dass die Pfoten der Tiere nicht nur

vom N. ischiadicus innerviert werden. Der mediale Part der Pfote und der Zehen wird vom N.

saphenus versorgt und der laterale und der zentrale Teil von verschiedenen Ästen des N.

ischiadicus (DE KONING et al. 1986). Nach einer Läsion des N. ischiadicus können Fasern des N. saphenus in den lateralen Teil des Fußes einwachsen und somit Areale innervieren, die ursprünglich vom N. ischiadicus versorgt wurden (DE KONING et al. 1986; KOVACIC et al.

1999). Um solch falsch-positive Reaktionen zu vermeiden, sollte dementsprechend der N.

saphenus ebenfalls durchtrennt werden (DIJKSTRA,J.R. et al. 2000; KOVACIC et al. 1999).

Insgesamt sind die Ergebnisse dieses Tests kritisch zu bewerten. Aufgrund der oben beschriebenen Faktoren lässt sich keine eindeutige Aussage über ihre Validität machen.

Eine andere Möglichkeit die Rückkehr der sensorischen Funktion zu testen, ist die Verwendung von von Frey-Filamenten (CHAPLAN et al. 1994; TAKAGI et al. 2009). Dabei werden Filamente mit definierter Steifheit für eine bestimmte Zeitspanne auf die Fußsohle der Ratte gedrückt, so dass eine Krümmung des Filaments sichtbar ist. Das Zurückziehen der Pfote wird als positive Antwort gewertet. Die Filamente werden in aufsteigender Steifheit nacheinander getestet, um die Reizschwelle zu bestimmen.

Withdrawal-Test

Der Withdrawal-Test ist ebenfalls ein häufig genutzter Test, um die sensorische Regeneration nach einer Verletzung des N. ischiadicus zu testen (DE KONING et al. 1986; DIJKSTRA,J.R. et al. 2000; HAASTERT et al. 2006; YOUNG et al. 2001). In der vorliegenden Studie zeigte die lädierte Seite 2 Wochen nach der Implantation bei allen Tieren eine signifikant längere Zeit bis zum Zurückziehen der Pfote als die gesunde Kontrollseite. Bei fast allen Tieren musste der Versuch für die linke Pfote nach 5 sec abgebrochen werden, um Gewebeschäden zu vermeiden. Die Tiere zeigten keinerlei Reaktion auf die Stimulation durch das warme Wasser.

Eine signifikante Verbesserung gab es auch nach 8 Wochen für keines der Tiere. Allerdings waren auch die Rückzieh-Zeiten der Kontrollpfoten mit bis zu 2 sec recht hoch. Das warme Wasser schien die Tiere nicht gestört zu haben. Aus Tierschutzgründen war es aber nicht möglich, heißeres Wasser zu verwenden.

Ein Problem bezüglich der Sensitivität dieses Testes besteht auch hier darin, dass der mediale Part der Pfote und der Zehen vom N. saphenus versorgt wird (DE KONING et al. 1986). Es ist schwierig, die Pfote so ins Wasser zu halten, dass nur der laterale und der zentrale Teil der Pfote Kontakt mit dem heißen Wasser haben.

Eine Variante des Withdrawal-Testes ist die elektrische Stimulation der Fußsohle als Reiz der Hautsensibilität. Damit konnte eine Regeneration nach Nervenquetschung oder Autotransplantation erfolgreich gezeigt werden (DE KONING et al. 1986; DIJKSTRA,J.R. et al.

2000). Bei der Verwendung einer Elektrode zur Reizung kann der stimulierte Bereich präziser bestimmt werden. Daher ist der Test weniger fehleranfällig. Allerdings konnte auch mit der Nutzung eines Wasserbades als Stimulus eine erfolgreiche Reinnervation der lateralen Zehen nach Überbrückung einer 15 mm langen Defektstrecke gezeigt werden (DERBY et al. 1993;

HAASTERT et al. 2006).

Es scheint in der vorliegenden Studie ein methodischer Fehler die Ergebnisse verfälscht zu haben. Die Ratten haben sich teilweise gegen die Fixierung gewehrt und gezappelt, so dass eine eindeutige Reaktion nicht immer erkennbar war. Durch die Bewegung der Tiere konnte auch nicht immer ausgeschlossen werden, dass die medialen Zehen ins Wasser getaucht sind.

Es ist für die Durchführung von funktionellen Tests somit besonders wichtig, dass die Tiere an das Handling durch den Experimentator gewöhnt sind und sich nicht in einer Stress-Situation befinden.