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3.2.1 Verhaltenstests

3.2.1.2 Sciatic Function Index (SFI)

Der SFI ist ebenfalls eine nichtinvasive Methode um den Stand der motorischen Regeneration zu untersuchen. Durch die unilaterale Läsion kommt es zu einem Unterschied in der Fußhaltung der beiden Hinterpfoten. Daraus resultiert ein Wert von -100, wenn die Abstände der Zehen in die in Absatz 2.3.7.2 beschriebene Formel (Formel 2-1) eingesetzt werden.

Somit kann eine funktionelle Reinnervation der Fuß- und Unterschenkelmuskeln durch eine Verbesserung des SFI gegen 0 ermittelt werden. Der SFI aller Tiere lag 2 Wochen post OP wie erwartet bei etwa -100. Aufgrund von Autotomie-Verletzungen kam es im Verlauf der Beobachtungszeit immer wieder dazu, dass einzelne Tiere nicht weiter getestet werden konnten. 8 Wochen post OP war der SFI der einzelnen Gruppen nur geringgradig verbessert.

Werden nur die Tiere gewertet, die in der makroskopischen Betrachtung ein durchgehendes Gewebekabel im Silikonröhrchen aufwiesen (Absatz 3.2.2), so ändert sich das Ergebnis kaum.

Es gibt einzelne Tiere, die sich über die Zeit von 2 auf 8 Wochen oder von 4 auf 8 Wochen signifikant verbessern. Es gibt allerdings auch in Tier, das kein Gewebekabel aufwies, das eine signifikante Verbesserung des SFI von 6 auf 8 Wochen zeigte. Die Mittelwerte für die Gruppen an den verschiedenen Messzeitpunkten sind in Tabelle 3-7 dargestellt.

Insgesamt zeigt sich aufgrund der großen Schwankungen des SFI keine signifikante Verbesserung in den verschiedenen Transplantationsgruppen. Diese Problematik, die sich aus der Ungenauigkeit der Messmethode ergibt, wird im Diskussionsteil ausführlich abgehandelt.

Tabelle 3-7: Durchschnittswerte des SFI.

In Klammern ist die Anzahl der Tiere jeder Gruppe angegeben, die getestet wurde.

2 Wochen 4 Wochen 6 Wochen 8 Wochen

3.2.1.3 Pinch-Test

Die Schmerzsensibilität der Tiere wurde getestet, indem die 3. – 5. Zehe mit einer Pinzette gereizt wurden. Kam es zu einem reflektorischen Zurückziehen der Pfote oder zu einer Lautäußerung, so wurde dies als positive Reaktion gewertet. Die 3. Zehe der kontralateralen Seite diente dabei als Kontrolle. Aufgrund von Verletzungen der lädierten Pfoten durch Autotomie-Verhalten konnten einige Tiere nicht weiter getestet werden. Drei Tiere der Gruppe G, die nach sechs Wochen Bisswunden an der Pfote hatten, konnten jedoch nach acht Wochen wieder in den Versuch genommen werden, sodass die Anzahl der Tiere innerhalb des Beobachtungszeitraumes leicht schwankt. Für die 4. und 5. Zehe konnte zu keinem Zeitpunkt eine positive Reaktion festgestellt werden. In Abbildung 3-14 sind die Ergebnisse des Pinch-Tests der einzelnen Gruppen für die 3. Zehe gezeigt.

Anzahl positiver Reizungen im Pinch-Test für die 3. Zehe

Abbildung 3-14: Anzahl der Tiere, die eine positive Reaktion der 3. Zehe auf den Pinch-Test zeigten.

Auf Signifikanzen geprüft mit Hilfe des Chi-Quadrat-Testes (*: Unterschied zwischen Gruppe G und der jeweils angegebenen Gruppe; #: Unterschied zwischen Gruppe H und der jeweils angegebenen Gruppe; : Unterschied zwischen Gruppe I und der jeweils angegebenen Gruppe; ***p < 0,001; **p < 0,01; *p < 0,05).

Nach 2 Wochen zeigte in der Autotransplantat-Gruppe keines der 8 Tiere eine positive Reaktion. Das ist im Chi-Quadrat-Test signifikant schlechter als in den anderen Gruppen (***p < 0,001). Bei den PolySia’-transplantierten Tieren zeigten 2 von 7 (29 %) eine positive Reaktion der dritten Zehe, bei den SZ’-transplantierten Tieren waren es 2 von 8 (25 %) und in der PolySia + SZ’-Gruppe waren es 2 von 6 Tiere (33 %). Nach vier Wochen zeigten die autotransplantierten Tiere immer noch keine Reaktion auf die Reizung der Zehen. Dies ist immer noch signifikant schlechter als in den anderen Gruppen (***p < 0,001,

Chi-Quadrat-Test). In der PolySia’-Gruppe zeigte nach 4 Wochen 1 von 7 Tieren eine positive Reaktion auf die Reizung der 3. Zehe (14 %). Das bedeutet, dass ein Tier, das nach 2 Wochen bereits auf die Reizung reagiert hat, nach 4 Wochen keine Reaktion mehr zeigte. Mögliche Gründe hierfür werden im Diskussionsteil erörtert. Das Gleiche gilt für ein Tier der SZ’-Gruppe, das nach 2 Wochen eine positive Reaktion zeigte, nach 4 Wochen aber nicht mehr. In der SZ’-Gruppe konnte aufgrund von Autotomie-Verletzungen ein weiteres Tier nicht getestet werden, sodass ebenfalls nur 1 von 7 Tieren (14 %) eine positive Reaktion zeigte. Signifikant mehr Tiere – 2 von 6 – in der PolySia + SZ’-Gruppe zeigten dagegen eine positive Reaktion. Nach 6 Wochen konnten in der Autotransplantat-Gruppe aufgrund von Autotomie-Verletzungen nur vier Tiere getestet werden. Diese zeigten alle keine Reaktion. Dies ist weiterhin signifikant schlechter als in den anderen Gruppen. In der PolySia’-Gruppe konnte ebenfalls ein weiteres Tier aufgrund von Verletzungen an der Pfote nicht getestet werden, sodass in dieser Gruppe 1 von 6 Tieren eine positive Reaktion der 3. Zehe zeigte (17 %). In der SZ’-Gruppe waren es 2 von 7 Tieren. Dies ist signifikant besser als in der PolySia’-Gruppe (*p < 0,05, Chi-Quadrat-Test). Die Tiere der PolySia + SZ’-Gruppe hatten noch mal eine im Vergleich signifikant bessere (***p < 0,01, Chi-Quadrat-Test) Regeneration. Nach 8 Wochen konnten in der Autotransplantat-Gruppe wieder 7 Tiere in den Test genommen werden, von denen 1 eine positive Reaktion zeigte (14 %). In der PolySia’-Gruppe gab es weiter 1 von 6 Tieren (17 %) mit einer positiven Reaktion und in der SZ’-Gruppe war noch bei 2 Tieren eine positive Reaktion nach der Reizung feststellbar. Allerdings konnten hier nur noch 6 Tiere gestestet werden. Dieses Ergebnis entspricht 29 % und ist signifikant besser als in der Autotransplantat-und in der PolySia’-Gruppe (***p < 0,001, Chi-Quadrat-Test). In der PolySia + SZ’-Gruppe kam es wieder dazu, dass ein Tier, das in vorherigen Wochen bereits positiv getestet wurde, keine Reaktion zeigte. Dadurch war nach 8 Wochen in dieser Gruppe nur noch bei 2 von 5 Tieren eine positive Reaktion der 3. Zehe sichtbar. Dies ist ebenfalls signifikant besser als in der SZ’- und der PolySia + SZ’-Gruppe (***p < 0,001, Chi-Quadrat-Test). Es zeigt sich also eine eindeutige Tendenz dahingehend, dass PolySia und Schwann-Zellen einen Effekt auf die Regeneration der Schmerzsensibilität haben. Überraschend ist dagegen das Ergebnis, dass die Tiere mit Autotransplantat eine so geringe funktionelle Regeneration aufweisen.

Berücksichtigt man nur die Tiere, die eine gewebliche Regeneration aufwiesen (s. Absatz 3.2.2), so ändert sich das Ergebnis deutlich. Eine positive Reaktion auf die Reizung der 3. Zehe ist in der Autotransplantat-Gruppe nur bei einem Tier 8 Wochen post OP erkennbar.

In de PolySia’- und der SZ’-Gruppe ist zu keinem Zeitpunkt eine positive Reaktion sichtbar.

In der PolySia + SZ’-Gruppe zeigen dagegen signifikant mehr Tiere eine positive Reaktion auf die Reizung der 3. Zehe (***p < 0,001, Chi-Quadrat-Test). Nach 2 Wochen ist bei 2 von 5 Tieren eine Reaktion sichtbar (40 %). Nach 4 Wochen ist ebenfalls bei 2 von 5 Tieren eine Reaktion sichtbar. Nach 6 Wochen konnten nur noch 4 Tiere evaluiert werden, von denen 3 positiv auf einen Reiz der 3. Zehe reagierten (75 %) und nach 8 Wochen zeigten noch 2 von den 4 Tieren eine positive Reaktion (50 %). In dieser Darstellung (Abbildung 3-15) wird besonders deutlich, dass PolySia und Schwann-Zellen gemeinsam eine signifikant bessere funktionelle Regeneration bewirken als die anderen Gruppen. Das Resultat der beiden Faktoren alleine ist jedoch aufgrund der geringen Tierzahl mit Regeneraten schwer auswertbar. Die Autotransplantat-Gruppe zeigt eine unerwartet schlechte Schmerzsensibilität.

Die Diskrepanz zwischen der Anzahl an Tieren mit und ohne regeneriertem Gewebekabel wird im nächsten Abschnitt diskutiert.

Anzahl positiver Reizungen im Pinch-Test für die 3. Zehe

berücksichtigt sind nur Tiere, die ein regeneriertes Gewebekabel aufwiesen

2 4 6 8

0 25 50 75 100

auto polySia SZ

polySia + SZ

*** ***

***

***

p < 0,001

Wochen post OP [%]

Abbildung 3-15: Anzahl an positiven Antworten der 3. Zehe im Pinch-Test.

Auf Signifikanzen geprüft mit Hilfe des Chi-Quadrat-Testes (***p < 0,001).

3.2.1.4 Withdrawal-Test

Zur Evaluation der Temperatursensibilität wurden die Hinterpfoten der Tiere frei beweglich in ein 50°C heißes Wasserbad gehalten und die Zeit bis zum reflektorischen Zurückziehen der Pfote gemessen. Die kontralaterale Seite diente hier als Kontrolle. Hatten die Tiere die Pfote

nach 5 sec nicht zurückgezogen, wurde der Versuch zur Vermeidung von Gewebeschäden abgebrochen. Abbildung 3-16 gibt die Ergebnisse dieses Versuches graphisch wider, in Tabelle 3-8 sind die Werte noch mal zusammengefasst.

2 Wochen

Abbildung 3-16: Ergebnisse des Withdrawal-Tests 2, 4, 6 und 8 Wochen post OP.

Auf Signifikanzen geprüft mit Hilfe des Mann-Whitney-Tests (***p < 0,001).

Die Kontrollseite ist zu jedem Zeitpunkt in allen Gruppen signifikant schneller zurückgezogen worden als die lädierte Pfote (Mann-Whitney-Test, ***p < 0,001). Vergleicht man die Rückzieh-Zeiten für die lädierten Pfoten der verschiedenen Gruppen miteinander, so ergeben sich allerdings zu keinem Zeitpunkt signifikante Unterschiede. 4 Wochen post OP ist ein Trend erkennbar, wonach die Tiere der SZ-Gruppe ihre Pfoten schneller zurückgezogen haben als die autotransplantierten und die PolySia-transplantierten Tiere. In der PolySia + SZ-Gruppe war der Zeitraum bis zum Zurückziehen der Pfote noch mal geringer. Diese Unterschiede sind jedoch nicht signifikant. Nach 6 Wochen ist dieser Trend jedoch weniger stark ausgeprägt und nach 8 Wochen sind keine Unterschiede zwischen den Gruppen mehr erkennbar. Die Zeit zum Zurückziehen der Pfoten ist nach 8 Wochen sogar schlechter als zu

Beginn des Tests 2 Wochen post OP. Dieses weist somit auf Mängel in der Methodik hin. Im nächsten Abschnitt wird das Ergebnis diskutiert.

Tabelle 3-8: Ergebnisse des Withdrawal-Tests der einzelnen Gruppen.

Es sind jeweils die Rückzieh-Zeiten der Tiere in sec angegeben. Wurde eine Pfote gar nicht zurückgezogen, so wurde die Pfote nach 5 sec aus dem Wasser genommen, um Gewebeschäden zu vermeiden. In diesem Fall wurde die Rückzieh-Zeit als 5 sec gewertet. makroskopische Regenerationserfolg bestimmt. Dazu wurde das Implantat freigelegt und das Silikonröhrchen herauspräpariert. War ein Gewebekabel vom proximalen Stumpf durch das Röhrchen bis zum distalen Stumpf ausgewachsen, so dass ein durchgehendes Kabel vorhanden war, wurde dies als makroskopische Regeneration gewertet. Abbildung 3-17 zeigt eine Übersicht über den makroskopischen Regenerationserfolg für die einzelnen Gruppen. Da den Tieren der Autotransplantat-Gruppe keine Silikonröhrchen implantiert, sondern die Nervenstümpfe direkt wieder vernäht wurden, wurde die makroskopische Regeneration in

dieser Gruppe auf 100 % gesetzt. In der PolySia’-Gruppe waren die Gewebekabel bei 2 von 8 Tieren durchgängig (25 %). In der SZ’-transplantierten Gruppe hatte 1 von 8 Tieren ein durchgängiges Gewebekabel (12,5 %) und in der PolySia + SZ’-Gruppe waren die Kabel bei 6 von 7 Tieren komplett durch das Röhrchen gewachsen (87,5 %). Die Werte unterscheiden sich für alle vier Gruppen signifikant voneinander (Chi-Quadrat-Test, *p < 0,05;

***p < 0,001).

Abbildung 3-17: Makroskopische Regeneration nach einem Beobachtungszeitraum von 10 Wochen.

Der Regenerationserfolg der Gruppe G wurde auf 100 % gesetzt, da anstelle des Silikonröhrchens ein Autotransplantat verwendet wurde. Auf Signifikanzen geprüft mittels Chi-Quadrat-Tests (***p < 0,001;

*p < 0,01).

3.2.3 Elektrophysiologie

Neben den Verhaltenstests als Evaluationsgrundlage für die funktionelle Regeneration wurden wie auch in der 10 mm-Studie am Ende des Beobachtungszeitraums von 10 Wochen elektrodiagnostische Messungen durchgeführt. Damit sollte getestet werden, ob die motorischen Fasern wieder Kontakte zu den distalen Muskeln ausgebildet hatten und diese dadurch reinnerviert wurden. Es wurden daher nur Tiere gemessen, die ein durchgehendes Nervenkabel im Silikonröhrchen aufwiesen, sowie alle Tiere der Autotransplantat-Gruppe.

Die Tiere wurden dazu narkotisiert, der Nerv freigelegt und proximal und distal des Regenerates stimuliert. Die Ableitung eines Elektromyogramms (EMGs) war aufgrund der

starken Atrophie des M. gastrocnemius nicht möglich. Es konnten jedoch wie in der 10 mm-Studie evozierte Bewegungen der Pfote bzw. der Zehe beobachtet werden. Dies ist in Abbildung 3-18 dargestellt. In der Autotransplantat-Gruppe konnte bei allen 8 Tieren eine Bewegung der Pfote oder der Zehe beobachtet werden. Von den beiden Tieren der PolySia’-Gruppe, die ein durchgehendes Regenerat aufwiesen, zeigte keines evozierte Bewegungen. Aufgrund der geringen Tierzahl ist eine statistische Auswertung nicht möglich.

Gleiches gilt für das eine Tier der SZ’-Gruppe, das sowohl ein durchgehendes Gewebekabel als auch eine evozierte Bewegung der Zehe zeigte. In der PolySia + SZ’-Gruppe schließlich konnte bei 2 von 6 Tieren mit Geweberegenerat eine evozierte Bewegung festgestellt werden.

Das entspricht 33 %. Damit ist die funktionelle Regeneration der motorischen Fasern in der PolySia + SZ’-Gruppe signifikant schlechter als in der Positivkontrolle Autotransplantat (Chi-Quadrat-Test, ***p <0,001).

G H I J

0 25 50 75

100 auto

polySia' SZ'

polySia + SZ'

8/8 0/2 1/1 2/6

Anzahl der Tiere mit evozierten Bewegungen

***p < 0,001 [%]

Abbildung 3-18: Anzahl der Tiere mit evozierten Bewegungen 10 Wochen post OP.

In der Autotransplantat-Gruppe zeigten alle 8 Tiere evozierte Bewegungen. Dies ist signifikant besser als das Ergebnis der PolySia + SZ’-Gruppe, in der 2 von 6 Tieren mit regeneriertem Gewebekabel eine Bewegung der Zehen zeigten (Chi-Quadrat-Test, ***p <0,001). In Gruppe H waren 2 Tiere mit regeneriertem Gewebekabel, bei denen bei beiden keine Bewegungen ausgelöst werden konnten. In Gruppe I hatte nur ein Tier ein Regenerat.

Dieses zeigte evozierte Bewegungen. Aufgrund der geringen Tierzahl in den beiden Gruppen ist jedoch eine statistische Auswertung nicht möglich.