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SCHLUSSBETRACHTUNG UND VORSCHLAG ZUR

zusammengefasst. Im Anschluss daran wird eine Neugestaltung des Musterarbeitsvertrages im Hinblick auf dessen §§ 2 Abs. 1 S. 2 lit. i), 6 MAV vorgeschlagen und ein entsprechender Klauselentwurf vorgestellt.

A. Ergebnisse der vorliegenden Arbeit

Die Ergebnisse lassen sich bzgl. des Musterarbeitsvertrages und bzgl. der Verbands- bzw. der Vereinsregelungen wie folgt zusammenfassen:

I. Musterarbeitsvertrag

Der Musterarbeitsvertrag regelt – wie der Name letztlich auch sagt – das als Arbeitsverhältnis einzuordnende Rechtsverhältnis zwischen Spieler und Club. Die Grundrechte sind aufgrund ihrer sog. Ausstrahlungswirkung auch in diesem privatrechtlichen Rechtsverhältnis zu berücksichtigen. Meinungsäußerungen der Lizenzspieler sind also auch in deren Eigenschaft als Arbeitnehmer gegenüber den Clubs grundsätzlich von dem Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt.

Abseits von speziellen arbeitsvertraglichen Regelungen wurde festgestellt, dass die Meinungsfreiheit durch allgemeine Gesetze i. S. d. Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt werden kann. Hierzu zählen auch die „Grundregeln des Arbeitsverhältnisses“, zu denen insbesondere die Treuepflichten aus § 242 BGB (Interessenwahrungs- und Loyalitätspflichten), die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB sowie die Pflicht zur Wahrung des Betriebsfriedens zählen. Diese Grundregeln des Arbeitsverhältnisses lassen eine Einschränkung der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit in engen Grenzen zu, jedoch erst dann, wenn eine konkrete Störung des Betriebsfriedens (z. B.

Existenzgefährdung/kundenfeindliches Verhalten) respektive eine negative Beeinflussung des Arbeitsverhaltens anderer Arbeitnehmer oder eine sonstige erhebliche Beeinträchtigung des Arbeitgebers vorliegt. Mag dem Lizenzspieler als sportlichem Repräsentanten seines Clubs auch im Privatbereich eine erhöhte Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 BGB auferlegt sein, so sind die Grundregeln des Arbeitsverhältnisses dennoch nicht ausreichend, um eine Meinungsbeschränkung des Lizenzspielers, insbesondere eine präventive Kontrolle von Meinungsäußerungen,

zu rechtfertigen, wie sie im Interesse der Clubs ausweislich § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) MAV nötig wäre. Die Ahndung eines gegen die Grundregeln des Arbeitsverhältnisses gerichteten Verhaltens ist stets nur als Reaktion auf ein bereits erfolgtes Verhalten des Spielers möglich. Zudem ist die Durchsetzung derartiger auf die Generalklauseln aus

§§ 241 Abs. 2, 242 BGB gestützter Schadensersatzansprüche mit erheblichen Prozessrisiken, insbesondere mit Beweislastproblemen, verbunden.

Zugleich wurde festgestellt, dass ein Grundrechtsverzicht über die allgemeinen Gesetze aus Art. 5 Abs. 2 GG und insbesondere über die Grundregeln des Arbeitsverhältnisses hinaus grundsätzlich auch im Rahmen des Musterarbeitsvertrages möglich ist. Die konkreten Voraussetzungen werden im Rahmen der Neugestaltung von § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) MAV nochmals im Einzelnen aufgelistet.

Hinsichtlich der aktuellen, die Meinungsfreiheit betreffenden Regelungen im Musterarbeitsvertrag (§ 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) MAV sowie § 6 MAV) wurde eine umfassende Inhaltskontrolle unter besonderer Berücksichtigung der Wertungen des Art. 5 Abs. 1 GG durchgeführt; mit folgenden Ergebnissen:

• § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 1 MAV verstößt aufgrund der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe und pauschaler Formulierungen gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und ist insbesondere wegen Nichtberücksichtigung des überragenden Grundrechts der Meinungsfreiheit auch unangemessen benachteiligend gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Damit ist § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 1 MAV rechtlich unwirksam.

• Auch der „Zustimmungsvorbehalt“ aus § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 2 MAV ist unangemessen benachteiligend und unbestimmt i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB und mithin rechtlich unwirksam. Insbesondere räumt diese Klausel dem Club die Macht ein, einseitig darüber zu entscheiden, ob der Lizenzspieler überhaupt von seiner grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit Gebrauch machen darf. Sie geht damit über eine bloße inhaltliche Einschränkung hinaus.

• Die Regelung des § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 3 MAV betrifft lediglich das Stillschweigen über innere Clubangelegenheiten (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) und hält für sich genommen einer Inhaltskontrolle nach

§§ 305 ff. BGB stand.

• Die Vertragsstrafenregelung des § 6 MAV weist auf der Rechtsfolgenseite erhebliche Mängel auf und verstößt insbesondere in Verbindung mit den ebenfalls unwirksamen Tatbeständen des § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 1 und S. 2 MAV gegen § 307 Abs. 1 BGB. Mithin ist der Ausspruch einer Vertragsstrafe nach § 6 MAV auch im Falle eines Verstoßes des Lizenzspielers gegen § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 3 MAV nicht möglich.

Im Ergebnis sind die gegenwärtigen Regelungen des Musterarbeitsvertrages größtenteils unwirksam. Jedenfalls können entsprechende Verstöße gegen § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) MAV aufgrund der unwirksamen Vertragsstrafenregelung aus § 6 MAV nicht adäquat geahndet werden. Die Unwirksamkeit der Musterarbeitsvertragsregelungen führt dazu, dass im Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung auf die unzureichenden Grundregeln des Arbeitsverhältnisses, insbesondere die Treue- und Rücksichtnahmepflichten, zurückgegriffen werden müsste.

Zwar ist es in der Praxis bislang so gewesen, dass Sanktionen für vertragswidrige öffentliche Meinungsäußerungen von den Lizenzspielern ohne Beanstandung hingenommen wurden. Die Sanktionierung der Meinungsäußerung eines Lizenzspielers auf Basis des Musterarbeitsvertrags würde einer gerichtlichen Überprüfung jedoch nicht standhalten. Probleme könnten sich in Zukunft insbesondere im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses eines Spielers ergeben. Derzeit könnte ein Spieler – folgt man der hier vertretenen Rechtsauffassung – etwa bis an die Grenzen der Schmähkritik provokative Äußerungen in der Öffentlichkeit tätigen, ohne die dafür auf Basis des Musterarbeitsvertrags verhängten Strafen bezahlen zu müssen. Nachträglich kann der Inhalt eines Arbeitsvertrages auch nicht mehr ohne Zustimmung des Arbeitnehmers geändert werden. Insofern ist eine Neugestaltung des Musterarbeitsvertrages bzgl. § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) MAV dringend geboten.

II. Verbands- und Vereinsregelungen

Neben den Regelungen des Musterarbeitsvertrages wurden im Rahmen dieser Arbeit auch die verbandsrechtlichen Regelungen, die auf den einzelnen Lizenzspieler Anwendung finden, im Hinblick auf meinungsbeschränkende Regelungen untersucht.

Der Lizenzspieler hat aufgrund von Verweisungen in Lizenzvertrag (Spieler) und Musterarbeitsvertrag eine mitgliedschaftsähnliche Stellung im Verhältnis zu

Ligaverband und DFB inne. Die Grundrechte, insbesondere die Meinungsfreiheit, strahlen auch in diesen verbandsrechtlichen Bereich des Privatrechts aus. Sowohl Verbände als auch Lizenzspieler sind also grundrechtsberechtigt.

Verbandsrechtliche Regelungen stellen keine allgemeinen Gesetze i. S. d. Art. 5 Abs. 2 GG dar. Darüber hinaus ist auch ein Grundrechtsverzicht des Lizenzspielers durch Zustimmung zu den verbandsrechtlichen Regelungen oder deren Hinnahme mangels Freiwilligkeit nicht möglich.

Eine Inhaltskontrolle der verbandsrechtlichen Regelungen richtet sich nach § 242 BGB.

Maßstab für diese Inhaltskontrolle ist in erster Linie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wobei ein Grundrechtseingriff insbesondere nur dann verhältnismäßig sein kann, wenn er zur Verwirklichung des nach Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Verbandszwecks legitim ist. Darüber hinaus ist die Bestimmtheit der Norm zu überprüfen.

Die meinungsbeschränkend wirkenden Verbandsregelungen aus § 9 Rechts- und Verfahrensordnung des DFB sowie die damit verbundene Sanktionsnorm aus § 44 DFB-Satzung halten einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB stand, zumal sie lediglich diskriminierende und beleidigende Verhaltensweisen erfassen. Eine weitergehende verbandsrechtliche Regelung zur Beschränkung der Meinungsfreiheit von Lizenzspielern würde aller Wahrscheinlichkeit nach dem Verbandszweck, dem Interesse der Lizenzclubs sowie vor allem dem überragenden Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG zuwiderlaufen. Zudem ist ein weitergehender Regelungsbedarf von Seiten der Verbände nicht ersichtlich. Insofern ist eine Neugestaltung nicht angezeigt.

Satzungen einzelner hinter den Clubs stehender Vereine wurden im Rahmen dieser Arbeit nicht überprüft. Obige Ausführungen gelten hierfür jedoch entsprechend.

B. Neugestaltung der §§ 2 Abs. 1 S. 2 lit. i), 6 MAV

Vor dem Hintergrund obiger Erkenntnisse ist es Ziel dieser Arbeit, eine in der Praxis verwendbare und zugleich rechtlich tragfähige, wirksame Neugestaltung der §§ 2 Abs. 1 S. 2 lit. i), 6 MAV herbeizuführen.

I. Allgemeine Bemerkungen zur Vertragsgestaltung

Vorab bedarf es einiger allgemeiner Bemerkungen zur Gestaltung von Verträgen.

Bei der Gestaltung von Verträgen geht es letztlich darum, die Ziele der Vertragsparteien so weit als möglich zu verwirklichen und bei Bedarf in angemessener Art und Weise zum Ausgleich zu bringen.964 Grundlage der Gestaltung sind also stets die Interessen und Wünsche der Vertragsparteien.965 Dabei ist die Beständigkeit und Praktikabilität der vertraglichen Regelung zu beachten und dem Gebot des sicheren Weges zu folgen.966 Im Rahmen einer Risikoplanung ist die weitest mögliche Vermeidung von Konfliktsituationen und drohender Nachteile im Zusammenhang mit der Nichterfüllung des Vertrages anzustreben.967

Es ist darauf zu achten, dass eine freie Vertragsgestaltung nur innerhalb der Grenzen des zwingenden Gesetzesrechts möglich ist.968 Eine das zwingende Gesetzesrecht missachtende vertragliche Regelung hält einer Inhaltskontrolle nicht stand und ist mithin unwirksam. Die Verwendung einer solchen Klausel verstößt – jedenfalls ohne eine entsprechende Absicherung – gegen das Gebot des sichersten Weges. Soweit eine Gestaltung im Rahmen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgrund des engen Kontrollmaßstabs der §§ 307 ff. BGB nicht möglich ist, bleibt es den Parteien unbenommen, weitere vertragliche Regelungen individuell auszuhandeln, so dass gem.

§ 305b BGB eine Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB nicht stattfindet. Diese Gestaltungsvariante der sog. Individualabrede kann gerade im Zusammenhang mit einem Grundrechtsverzicht durchaus sinnvoll sein.

Des Weiteren ist im Rahmen der Vertragsgestaltung die Entscheidung zu treffen, ob die vertraglichen Regelungen ausführlich und detailliert oder eher knapp und abstrakt gehalten werden sollen. Abstrakt-generelle Vertragsregelungen sind zwar besser geeignet, Regelungslücken zu verhindern; je abstrakter jedoch die Formulierung der Klausel ist, desto größer ist die Gefahr der Intransparenz der Klausel gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB.969 Gerade die dem Arbeitsvertrag zukommende Klarstellungs- und Beweisfunktion macht die Verwendung hinreichend bestimmter und konkretisierter Regelungen notwendig. Allerdings darf die Konkretisierung auch nicht so sehr ins Detail gehen, dass ein geringfügig anderer Sachverhalt entgegen dem Willen der

964 Ittmann, Pflichten des Sportlers im Arbeitsverhältnis, S. 232.

965 Preis, Der Arbeitsvertrag, I A Rn. 70; Rehbinder, AcP 174 (1974), 265 (292).

966 Ittmann, Pflichten des Sportlers im Arbeitsverhältnis, S. 232.

967 Preis, Vertragsgestaltung, S. 96; Küttner, RdA 1999, 59 (59).

968 Rehbinder, AcP 174 (1974), 265 (290 ff.).

969 Preis, Der Arbeitsvertrag, I A Rn. 23 ff..