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Rechtsfolgen des § 306 BGB

KAPITEL 5: ÜBERPRÜFUNG DER RECHTSWIRKSAMKEIT

A. Arbeitsvertragliche Regelungen im Musterarbeitsvertrag

III. Rechtsfolgen des § 306 BGB

Die Rechtsfolgen im Hinblick auf die unwirksamen Klauseln der §§ 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 1 und 2 MAV sowie § 6 MAV ergeben sich aus § 306 BGB und können in aller Kürze behandelt werden.

1. §§ 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 1 und 2 MAV, § 6 MAV

Eine unwirksame AGB-Klausel ist nichtig.829 Die unwirksame Klausel kann auch nicht so ausgelegt werden, dass nur ihr „gerade noch zulässiger Kern“ seine Wirksamkeit behält (Verbot der sog. geltungserhaltenden Reduktion).830 Grundsätzlich tritt gem.

§ 306 Abs. 2 BGB das dispositive Gesetzesrecht an die Stelle der nichtigen AGB-Klauseln; der Arbeitsvertrag bleibt also im Übrigen wirksam (§ 306 Abs. 1 BGB).831 Demnach würde sich die Pflicht der Spieler zur Unterlassung von Meinungsäußerungen also nur nach den oben näher beschriebenen arbeitsrechtlichen Treue- und Rücksichtnahmepflichten richten. Für den arbeitsvertraglichen Bereich hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich offen gelassen, ob das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion mit dem Charakter des Arbeitsverhältnisses als ein auf lange Sicht angelegtes Schuldverhältnis vereinbar sei.832 Soweit ersichtlich wurde von dieser Ausnahme aber noch kein Gebrauch gemacht.833 Gegen eine solche ausnahmsweise zulässige geltungserhaltende Reduktion wird in der Literatur zutreffend vorgebracht, dass der Klauselverwender – also der Arbeitgeber – ohne das geringste

829 Schütz, Vertragspflichtverletzungen durch Lizenzfußballer, S. 26.

830 BAG, NJW 2005, 1820 (1822); BGHZ 84, 109, (114 f.); Ittmann, Pflichten des Sportlers im Arbeitsverhältnis, S. 49.

831 Jungheim, RdA 2008, 222 (228); Henssler/Moll, AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen, S. 2.

832 BAG, NZA 2008, 170 Rn. 35; BAG, NZA 2009, 370 Rn. 72.

833 Henssler/Moll, AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen, S. 16; a. A.: Ittmann, Pflichten des Sportlers im Arbeitsverhältnis, S. 49.

Risiko unwirksame Klauseln verwenden könnte und selbst bei Aufdeckung der Unwirksamkeit noch der maximal zulässige Klauselinhalt zu seinen Gunsten bestehen würde.834 Die von § 306 Abs. 2 BGB bezweckte Transparenz und Prävention unwirksamer Klauseln würde folglich nicht eingehalten.835 Gerade für die Arbeitsverhältnisse der Lizenzspieler kann die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits deshalb keine Anwendung finden, weil es hier nur vergleichsweise kurze Vertragsverhältnisse (1-5 Jahre) gibt. Es ist den Clubs aber durchaus zuzumuten, für diesen überschaubaren Zeitraum Allgemeine Geschäftsbedingungen auf dem neuesten Stand der Rechtsprechung zu verwenden und gegebenenfalls unwirksame Klauseln durch Änderungsverträge anzupassen. Insofern kann im Hinblick auf § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 1 und 2 MAV sowie § 6 MAV nicht vom Verbot der geltungserhaltenden Reduktion abgewichen werden. Diese Klauseln sind nichtig. Es gelten damit die gesetzlichen Vorschriften, insbesondere die Treue- und Rücksichtnahmepflichten, die aus § 242 BGB abgeleitet werden.

Auch eine darüber hinausgehende ergänzende Vertragsauslegung zugunsten der Clubs kommt nicht in Betracht. Tritt im Falle der Nichtigkeit einer AGB-Klausel eine regelungsbedürftige Vertragslücke auf, weil insofern kein dispositives Gesetzesrecht besteht, welches für eine angemessene und interessensgerechte Lösung sorgen kann, so wird zum Teil eine ergänzende Vertragsauslegung befürwortet.836 Ittmann will von dieser ergänzenden Vertragsauslegung im Rahmen des Musterarbeitsvertrages regelmäßig ausgehen, da die vertraglichen Rechte und Pflichten nicht mehr ausgewogen wären und der Club durch die Nichtigkeit einer Klausel erheblich beeinträchtigt würde.837 Es sei gem. §§ 157, 242 BGB zu ermitteln, welche Regelungen die Parteien im Hinblick auf den Vertragszweck bei sachgerechter Abwägung der Interessenlage unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und nach Treu und Glauben vorgenommen hätten.838 Für den vorliegenden Fall ist dieser Ansicht jedoch entgegenzuhalten, dass es tatsächlich gesetzliche Regelungen gibt, die den Spielern Rücksichtnahme- und Treuepflichten auferlegen (§§ 241, 242 BGB) und solche Äußerungen untersagen, die das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigen.839 Eine ergänzende Vertragsauslegung ist deshalb nicht nötig und würde zudem dazu führen, dass der Club trotz der Verwendung

834 Henssler/Moll, AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen, S. 16.

835 Henssler/Moll, AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen, S. 16.

836 BGHZ 151, 229, 234.

837 Ittmann, Pflichten des Sportlers im Arbeitsverhältnis, S. 56 f..

838 BGH, NJW-RR 1990, 817 (819).

839 Vgl. Kapitel 4 E. I. 2. b) (2).

offensichtlich unwirksamer Regelungen den Vorteil der ergänzenden Vertragsauslegung genießen würde. Als Klauselverwender ist er aber für die Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verantwortlich. Dieses Risiko soll auch nicht durch die ergänzende Vertragsauslegung abgemildert werden. Gerade beim Eingriff in einen grundrechtlich geschützten Bereich muss der Präventionszweck des § 306 Abs. 2 BGB gewährleisten, dass sich der Klauselverwender im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bewegt. Zudem tritt aufgrund des Eingreifens der Rücksichtnahme- und Sorgfaltspflicht keine unausgewogene Situation ein. Vielmehr wird durch die Anwendung des dispositiven Gesetzesrechts der überragenden Bedeutung der Meinungsfreiheit optimaler Schutz gewährt, so dass der Interessenkonflikt durchaus angemessen gelöst würde. Das dies zu Lasten des Clubs geht, der eigentlich eine maximale Beschränkung der Meinungsfreiheit bezweckte, führt nicht per se zu einer unangemessenen Interessenlage.

2. § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 3 MAV und der blue-pencil-test

Im Hinblick auf § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 3 MAV gilt es noch zu klären, ob die Unwirksamkeit der Sätze 1 und 2 des § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) diese Regelung ebenfalls erfasst. Insofern gilt der Grundsatz, dass die Teilrettung einer Klausel möglich ist, sofern sie sich sprachlich in einen unwirksamen und einen wirksamen Teil auftrennen lässt, ohne dass der Sinn des wirksamen Teils verloren geht („blue-pencil-test“).840 Insofern ist es bedeutsam, ob die jeweilige Klausel mehrere, selbständige Regelungen enthält.841 Davon ist im Rahmen des § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) MAV auszugehen. Bereits die obige Aufteilung zeigt, dass es sich bei den Sätzen 1-3 des § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) MAV um unterschiedliche Regelungen in Bezug auf die Meinungsäußerung handelt. § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 3 MAV kann aus dieser Regelung herausgelöst werden, ohne seinen Sinngehalt einzubüßen. Insofern ist diese Regelung für sich genommen wirksam. Wie bereits oben angedeutet, ist eine Sanktion nach § 6 MAV bei einem Verstoß gegen § 2 Abs. 1 S. 2 lit. i) S. 3 MAV jedoch aufgrund der Unwirksamkeit der Regelung des § 6 MAV nicht möglich. Gerade für die Neugestaltung einer vertraglichen Regelung sollte der blue-pencil-test berücksichtigt werden, da er es dem Vertragsgestalter erlaubt, durch geschickte Gliederung einer Klausel und der einzelnen Regelungsmaterien das Risiko der Gesamtunwirksamkeit erheblich zu minimieren.

840 Henssler/Moll, AGB-Kontrolle vorformulierter Arbeitsbedingungen, S. 17 f..

841 Butte, Das selbstgeschaffene Recht, S. 463; Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen/Schmidt, AGB-Gesetz, § 6 Rn. 12 f..

IV. Ergebnis bzgl. der arbeitsvertraglichen Regelungen des