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Resümee und Ausblick

Im Dokument in der Deutschen Gesellschaft für (Seite 116-120)

Erlebte Resonanz im Weiterbildungsgeschehen – eine empirische Annäherung

5 Resümee und Ausblick

Meines Erachtens fungiert die Erwachsenenbildung und Weiterbildung als eine Art „Scharnier“ zwischen den Bildungsbereichen und den Transitionen innerhalb einer Bildungsbiografie: zwischen der Schule und dem Beruf, der Erwerbstätigkeit und Phasen der Nicht-Erwerbstätigkeit oder auch des Wie-dereinstiegs oder der Neuorientierung sowohl im Rahmen von beruflicher als auch allgemeiner Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Erlebte Momente von Resonanz oder auch Entfremdung nehmen in diesem Zusammenhang eine wei-chenstellende Rolle für das Lernen über den Lebenslauf – und somit für die Erwachsenenbildung/Weiterbildung – ein.

Veränderte Anforderungen an das Subjekt ergeben sich darüber hinaus u.a.

aus den Auswirkungen des digitalen Wandels, die eine flexiblere Orts- und Zeitnutzung von Bildungsangeboten oder auch veränderte Settings zur Aus-übung von Bildungsaktivitäten mit sich bringen. Auch eine zunehmende Stei-gerungslogik könnte der Anverwandlung von (subjektivem) Resonanzerleben entgegenstehen, da theoriekonform grundsätzlich von einem Moment des Un-verfügbaren und deshalb Unbezahlbaren bzw. Unverdinglichten ausgegangen wird. Es verlangt vielmehr ein „Sich-einlassen auf die Dinge sowie die Bereit-schaft, sich selbst zu verändern, sich gleichsam aufs Spiel zu setzen, zugleich ist sie nur dort möglich, wo Selbstwirksamkeit erfahrbar wird“ (Rosa 2016a:

433).

Die Relationalen Resonanzstrategien als ein heuristisches Modell scheinen zur Beschreibung von Momenten erlebter Resonanz und Entfremdung sowie resonanzermöglichenden Strategien beizutragen. Hierbei geht es um die Her-ausbildung und den (bewussten) Einsatz von förderlichen Strategien, um Mög-lichkeiten von Resonanz zu vergrößern. Lebensnah lässt es sich meines Erach-tens wie folgt ausdeuten: Wer beim Anblick von Nordseewellen bereits Reso-nanz verspürt hat, kann dieses erneute Erleben zwar nicht sicherstellen, jedoch kann die Möglichkeit an der Nordsee zu sein und Wellen zu sehen die Wahr-scheinlicht des individuellen Resonanzerlebens durchaus erhöhen. (meines Er-achtens)

Abschließend lässt sich konstatieren, dass die zuvor beschriebenen zentra-len Aspekte der Erwachsenenbildung, welche sich mitunter vom Lernen im schulischen Kontext unterscheiden, in der resonanztheoretischen Diskussion in der Resonanzachse ‚lebenslanges Lernen‘ Berücksichtigung finden. Dieses vollzieht sich zum einen in der Ausgestaltung und Ausdeutung des Bildungs-begriffs. Jenem Bildungsverständnis liegt die Idee zu Grunde, dass Bildung ein lebensgeschichtlicher Vorgang sei, in dessen Verlauf die Individuen versu-chen, Identität für sich immer wieder neu herzustellen und erweiterte Hand-lungsfähigkeit zu entwickeln (Holzkamp 1993). Zudem sollte in der Betrach-tung von Lehr-Lern-Geschehen stärker der Aspekt der Leiblichkeit berück-sichtigt werden.

Die bisherige Forschung lässt eine starke Ausrichtung der Analysen auf individuelle Prozesse erkennen. Aus erwachsenenpädagogischer Sicht er-scheint jedoch weiterführend eine Übertragung auf institutionelle und kollek-tive Prozesse sinnvoll, insbesondere im Hinblick auf die (berufliche bzw. be-triebliche) Erwachsenenbildung/Weiterbildung.

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Beatrix Niemeyer

Weggehen, um dazuzugehören? Kritische

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