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Die 6. GWB Novelle, die am 01. 01. 1999 in Kraft getreten ist, sollte vor allem drei Zielsetzungen dienen: Das Wettbewerbsprinzip sollte gestärkt werden, das deutsche Recht sollte mit dem europäischen Recht harmonisiert werden und das GWB sollte neu geordnet und gestrafft werden.545 Durch die Novelle haben sich auch bei den Bußgeldvorschriften bedeutende Änderungen ergeben.546

1. Systematik der Kartellordnungswidrigkeiten

Mit der 6. GWB Novelle sind die Ordnungswidrigkeitenvorschriften grundlegend neu strukturiert worden.547 Zentrale Bußgeldvorschrift ist nunmehr § 81 Abs. 1 GWB, die in zwei Gruppen aufgeteilt werden kann:548 Zum einen in die schwerwiegenden "großen"

Kartellordnungswidrigkeiten nach § 81 Abs. 1 Nr. 1, 2, 5, 6a und Nr. 9 GWB und in die leichteren Ungehorsamstatbestände nach § 81 Abs. 1 Nr. 3, 4, 6b, 7 und 8 GWB. Die schwerwiegenden Kartellordnungswidrigkeiten können weiter untergliedert werden in Zuwiderhandlungen gegen gesetzliche Verbote nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB, in verwaltungsakzessorische Tatbestände nach § 81 Abs. 1 Nr. 5, 6a und 9 GWB und in den originären Tatbestand des § 81 Abs. 1 Nr. 2 GWB.

Die Empfehlungsverbote sind nunmehr in § 22 GWB geregelt, Verstöße dagegen sind Ordnungswidrigkeiten nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB. Bestimmungen zur Bußgeldhöhe sind in

§ 81 Abs. 2 GWB normiert. Die Vorschriften zur Verjährung finden sich in § 81 Abs. 3 GWB.

Die mit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz549 eingeführte Verjährungsfrist von fünf Jahren für bestimmte schwere Verstöße wurde in § 81 Abs. 3 S. 2 GWB unverändert beibehalten, ansonsten gelten die Verjährungsvorschriften des OWiG. Die Verfolgungszuständigkeit wird in

§ 81 Abs. 4 GWB geregelt. Nach § 81 Abs. 5 GWB besteht ein Verfolgungshindernis für den Zeitraum des Legalisierungsverfahrens eines Kartells.550 Das Verfolgungshindernis besteht bis zum Zeitpunkt einer die Freistellung ablehnenden Entscheidung der Kartellbehörde.

545 Vgl. Bunte DB 1998, 1748.

546 Einen Überblick über die Neuerungen bei den Ordnungswidrigkeitentatbeständen gibt beispiels weise Bechtold, 2. Aufl., Einführung, Rdnr. 34; § 81, Rdnr. 1ff.; zum neuen Kartellgesetz vgl. Bechtold NJW 1998, 2769.

547 Vgl. Müller-Gugenberger, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 57, Rdnr. 7ff., 12; 17ff.; kritisch Achenbach wistra 1999, 241, 242: "Chaotische Struktur der neuen einheitlichen Bußgeldnorm" und FK-Achenbach, 46. Lfg., September 2000, § 81 GWB 1999, Rdnr. 8 "völliges Durcheinander beider Gruppen" (gemeint sind die Gruppe der großen Kartellordnungswidrigkeiten und die der leichteren Ungehorsamstatbestände).

548 Vgl. FK-Achenbach, 46. Lfg., September 2000, Vorbem. § 81 GWB 1999, Rdnr. 6, 7; eine ganz ähnliche Aufteilung nehmen auch Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, 3. Aufl., Vor § 81 Rdnr. 19ff., Dannecker in Wabnitz/Janovsky, Hdb. Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 15. Kapitel, Rdnr. 32 und Müller-Gugenberger, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 57, Rdnr. 20 vor.

549 Gesetz vom 13. 8. 1997, BGBl. I 2038.

550 Vgl. Wiedemann/Klusmann, Hdb. KartellR, § 55, Rdnr. 3; Müller-Gugenberger, Hdb. Wirt-schaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 57, Rdnr. 32; FK-Achenbach, 46. Lfg., September 2000, § 81 GWB 1999, Rdnr. 34.

71 2. § 81 Abs. 1 Nr. 1, § 1 GWB

Nach § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig den im Tatbestand aufgeführten gesetzlichen Verboten zuwiderhandelt. Bei Submissionsabsprachen kommt ein Verstoß gegen das in § 81 Abs. 1 Nr. 1 GWB genannte Verbot des § 1 GWB in Betracht. Bei § 81 Abs. 1 Nr. 1, § 1 GWB handelt es sich wie bei § 38 Abs. 1 Nr. 1, § 1 GWB um eine unechte Blankettnorm, da sich die in Bezug genommenen Normen in demselben Gesetz befinden.551 Durch § 81 Abs. 1 Nr. 1, § 1 GWB wird im Zuge der Anpassung an eu-ropäisches Kartellrecht552 bereits der Abschluß von Kartellverträgen oder Kartellbeschlüssen zur Ordnungswidrigkeit erklärt. Neu ist auch die generelle Sanktionierung von Fahrlässigkeit in

§ 81 Abs. 1 GWB.553 Zu prüfen ist, unter welchen Voraussetzungen Submissionsabsprachen den Tatbestand des § 81 Abs. 1 Nr. 1, § 1 GWB erfüllen. Dabei ist von besonderem Inter-esse, ob und gegebenenfalls wie die Neuerungen sich auf strittige Rechtsfragen zur alten Rechtslage auswirken.

a) Voraussetzungen des § 1 GWB

§ 1 GWB verbietet Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.

§ 1 GWB als Grundnorm des Kartellgesetzes554 untersagt horizontale Wettbe-werbsbeschränkungen zwischen Wettbewerbern. Wichtigste Neuerung gegenüber der alten Rechtslage ist die Ausgestaltung der Vorschrift als echtes Kartellverbot, ferner stellt § 1 GWB nun auf bezweckte und auf bewirkte Wettbewerbsbeschränkungen ab; die bisher von § 25 Abs. 1 GWB a. F. erfaßten abgestimmten Verhaltensweisen werden nun von § 1 GWB erfaßt.

Mit diesen Änderungen ist eine Angleichung an die Regelung in Artikel 81 Abs. 1 EG-Vertrag erfolgt.555

(1) Beteiligung von Unternehmen

Normadressat von § 1 GWB sind Unternehmen und Unternehmensvereinigungen. Der Unternehmensbegriff des GWB ist weit gefaßt;556 ausreichend ist grundsätzlich jede

551 Vgl. Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, 3. Aufl., Vor § 81 Rdnr. 25; Dannecker in Wabnitz/Janovsky, Hdb. Wirtschafts - und Steuerstrafrecht, 15. Kapitel, Rdnr. 30, 31; FK-Achenbach, 46. Lfg., September 2000, § 81 GWB 1999, Rdnr. 19; ungenau Langen/Kollmorgen, 9.

Aufl., § 81, Rdnr. 27 und Wiedemann/Klusmann, Hdb. KartellR, § 55, Rdnr. 54, die ohne zu differenzieren einfach von "Blankettgesetz" sprechen.

552 Rittner, 6. Aufl., § 7, Rdnr. 5; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 28, 62.

553 Bemängelt wird zu Recht, daß die Begründung des Regierungsentwurfs der 6. GWB Novelle dafür keine Erklärung enthält; vgl. FK-Achenbach, 46. Lfg., September 2000, § 81 GWB 1999, Rdnr. 15;

Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, 3. Aufl., Vor § 81 Rdnr. 70.

554 Vgl. Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 7; Bechtold, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 1.

555 Siehe FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 1ff.; Wiedemann/Klusmann, Hdb. KartellR, § 55, Rdnr. 7; Bechtold NJW 1998, 2769, 2770; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 5; Bunte DB 1998, 1748, 1749; Rittner, 6. Aufl., § 7, Rdnr. 5; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, 3.

Aufl., § 81 Rdnr. 21, 23.

556 Vgl. Müller-Gugenberger, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 57, Rdnr. 23.

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selbständige, nicht rein private und außerhalb des Erwerbslebens liegende Tätigkeit einer Person in der Erzeugung oder Verteilung von Waren oder gewerblichen Leistungen, ohne Rücksicht auf die Rechtsform und die Frage der Gewinnerzielungsabsicht.557

(2) Kartellvereinbarungen und -beschlüsse

(a) Vereinbarungen zwischen miteinander im Wettbewe rb stehenden Unternehmen Der Begriff der "Vereinbarungen" in § 1 GWB wurde in Anlehnung an Artikel 81 Abs. 1 EGV gewählt; damit können die Auslegungsergebnisse dieser Vorschrift für das deutsche Recht herangezogen werden.558 Zu den Vereinbarungen im Sinne von § 1 GWB gehören vor allem Kartellverträge. Der Vertragsbegriff hat sich durch die Kartellnovelle nicht verändert, es handelt sich dabei um Verträge im Sinne des Zivilrechts.559 Rechtlich unverbindliche Vereinbarungen (sog. gentlemen's agreements), die dadurch gekennzeichnet sind, daß die Parteien wissen, daß durch ihre Einigung keine klagbaren Ansprüche begründet werden, sind ebenfalls Vereinbarungen in diesem Sinne.560

Neu hinzugekommen ist in § 1 GWB die Formulierung, daß es sich bei den Vereinbarungen um solche handeln muß, die von Unternehmen geschlossen werden, die "miteinander im Wettbewerb561 stehen"; dieses Tatbestandsmerkmal ersetzt562 das in § 1 GWB a. F.

enthaltene Tatbestandsmerkmal des Vertrags "zu einem gemeinsam Zweck" und soll vertikale Wettbewerbsbeschränkungen vom Tatbestand des § 1 GWB ausschließen.563 Hintergrund ist die im deutschen Kartellrecht geltende Differenzierung zwischen horizontalen und vertikalen Vereinbarungen.564 Miteinander im Wettbewerb stehen Unternehmen, wenn sie auf dem gleichen Markt bzw. auf der gleichen Marktstufe tätig sind.565 Potentieller Wettbewerb reicht aus.566 Zu einem gleichen Markt sind solche Waren oder gewerblichen Dienstleistungen zu

557 Vgl. Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7, Rdnr. 43; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 17ff.;

Dannecker in Wabnitz/Janovsky, Hdb. Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 15. Kapitel, Rdnr. 18.

558 Insofern kann auf die Ausführungen bei § 38 Abs. 1 Nr. 1, § 1 GWB a. F. verwiesen werden; vgl.

Rittner, 6. Aufl., § 7, Rdnr. 18; Bechtold, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 6; Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR,

§ 7, Rdnr. 49; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 34ff.; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 35, 36; FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 21; zu Unterschieden aufgrund des differierenden systematischen und historischen Umfelds von § 1 GWB und Artikel 81 Abs. 1 EGV vgl. FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 24.

559 Vgl. FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 26.

560 FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 27.

561 Zum Wettbewerbsbegriff vgl. Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 96; nach FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 30 hat die Unschärfe des Wettbewerbsbegriffs in der Praxis

"niemals" zu Abgrenzungsproblemen geführt.

562 Dem Gesetzgeber ging es mit der Neuerung in erster Linie um eine "sprachlich treffendere For-mulierung"; eine sachliche Änderung der bisherigen Rechtslage oder eine Korrektur der Rechtsprechung sollte nicht bewirkt werden, vgl. Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 105, 106; FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 13, 33.

563 Siehe Kahlenberg BB 1998, 1593, 1594; Rittner, 6. Aufl., § 7, Rdnr. 23; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr.

98.

564 Anders Artikel 81 Abs. 1 EGV, der keine Unterscheidung zwischen horizontalen und vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen macht, vgl. Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 28; Dannecker in Wabnitz/Janovsky, Hdb. Wirtschafts - und Steuerstrafrecht, 15. Kapitel, Rdnr. 45.

565 Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 98, 101; Müller-Gugenberger, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 57, Rdnr. 28 stellt auf die Ebene einer Wirtschaftsstufe ab.

566 Einzelheiten bei Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr.96ff.; FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung

§ 1 GWB n.F., Rdnr. 30.

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zählen, die aus der Sicht der Abnehmer nach Beschaffenheit, Verwendungszweck und Preis austauschbar sind. Die Vereinbarung der miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen muß sich inhaltlich auf das zwischen ihnen bestehende Wettbewerbsverhältnis beziehen.567 Auch einseitige Wettbewerbsbeschränkungen, bei denen sich ein Wettbewerber zugunsten eines anderen in seiner Handlungsfreiheit vertraglich einschränkt, werden als Regelungen des Wettbewerbs in diesem Sinne verstanden.568

Bei Submissionsabsprachen kann eine einseitige Wettbewerbsbeschränkung in der Form des "Abkaufs von Wettbewerb"569 Gegenstand der Vereinbarung sein, wenn ein Mitbewerber gegen die Zahlung einer Abstandssumme sich von der Auftragsvergabe fernhält und kein Angebot einreicht. Submissionsabsprachen sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die miteinander auf einem gleichen Markt im Wettbewerb stehen im Sinne von § 1 GWB, die da-mit auch eine Regelung des Wettbewerbs durch wechselseitige Wettbewerbsbeschränkung verabreden.

(b) Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen

Der Begriff des Kartellbeschlusses hat keine Neuerungen erfahren durch die Geset-zesänderungen mit der 6. GWB Novelle;570 es sind hierzu sämtliche Rechtsakte zu zählen, mittels derer eine Unternehmensvereinigung ihren Willen bildet, ohne daß diese eine rechtliche Bindungswirkung entfalten müssen; eine wirtschaftliche Bindung reicht insofern aus.

Vereinbarungen und Beschlüsse bezüglich des Angebotsverhaltens bei einer Submission stellen Kartellvereinbarungen bzw. -beschlüsse im Sinne von § 1 GWB dar.571

(3) Abgestimmte Verhaltensweisen

Abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind nach § 1 GWB verboten.

Das Verbot abgestimmten Verhaltens war vor der 6. GWB Novelle in § 25 Abs. 1 GWB a. F. enthalten, eine Zuwiderhandlung war nach § 38 Abs. 1 Nr. 8 GWB a. F.

ordnungswidrig.572 Im Unterschied zur Kartellvereinbarung oder zum Kartellbeschluß ist beim abgestimmten Verhalten nicht der Nachweis einer vertraglichen Einigung erforderlich.573 Das Verbot abgestimmten Verhaltens soll diejenigen Fälle erfassen, bei denen keine Vereinbarung im Sinne von § 1 GWB festgestellt werden kann; es handelt sich um einen Auffangtatbe-stand.574 Gentlemen's agreements sind vom Begriff der Vereinbarung erfaßt.575 Die

567 Vgl. Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 102; FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 48.

568 Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 104.

569 Einzelheiten bei Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 109.

570 Vgl. Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 39; Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7, Rdnr. 50;

Rittner, 6. Aufl., § 7, Rdnr. 53, 54; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr.51ff.; FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 29.

571 Wiedemann/Klusmann, Hdb. KartellR, § 55, Rdnr. 4; Langen/Kollmorgen, 9. Aufl., § 81, Rdnr. 45.

572 Vgl. Langen/Kollmorgen, 9. Aufl., § 81, Rdnr. 51.

573 Rittner, 6. Aufl., § 7, Rdnr. 59; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 66.

574 FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 52; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, 3. Aufl., § 81 Rdnr. 31.

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Abstimmung erfolgt in der Regel durch eine gegenseitige Information der Unternehmen über ihr geplantes Marktverhalten. Dies kann beispielsweise durch den Austausch von Preislisten und sonstigen Marktdaten geschehen.576 Nach zutreffender Ansicht muß neben der Abstimmung ein bestimmtes Marktverhalten vorliegen;577 für diese Auslegung spricht vor allem der Wortlaut des Begriffs.

(4) Wettbewerbsbeschränkung

Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen sind nach § 1 GWB nur verboten, wenn sie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.

Vor der 6. GWB Novelle war nach § 1 GWB a. F. zu prüfen, ob der Vertrag oder der Beschluß geeignet war, die Erzeugung oder die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen. Um das erforderliche Verhältnis zwischen dem Vertrag bzw. Beschluß und der Wettbewerbsbeschränkung zu bestimmen, wurden verschiedene Theorien entwickelt.578 Durch die 6. GWB Novelle ist die Diskussion um die hierbei anzuwendende Theorie obsolet579 geworden, da nunmehr auf das objektive Bewirken oder auf das Bezwecken einer Wettbewerbsbeschränkung abzustellen ist. Es ist damit eine Anpassung an die Regelung des Artikels 81 Abs. 1 EGV erfolgt.580 Der Wettbewerbsbegriff ist auch nach der 6. GWB Novelle unscharf geblieben;581 dies wirkt sich aus auf den Begriff der Wettbewerbsbeschrän-kung.582 Trotz dieser Schwierigkeit einer Begriffsbestimmung kann

"Wettbewerbsbeschränkung" definiert werden als künstliche Beschränkung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit der an einer Vereinbarung oder einer Verhaltensabstimmung beteiligten Un-ternehmen bzw. der durch einen Beschluß betroffenen UnUn-ternehmen.583

Die Ausschaltung von Geheimwettbewerb kann als Wettbewerbsbeschränkung zu qualifizieren sein.584 Geheimwettbewerb liegt vor, wenn den Marktteilnehmern nicht bekannt ist, ob überhaupt eine Wettbewerbssituation vorliegt, oder wenn sie nicht wissen, wer im konkreten Fall Konkurrent ist. Da beim Submissionsverfahren die Anbieter weder wissen, ob

575 FK-Roht, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 92.

576 Vgl. Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 67; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 38.

577 Diese Frage ist auch bei Artikel 81 Abs. 1 EGV umstritten. Nach Bechtold, 2. Aufl., § 81, Rdnr. 5 und Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 68 ist ein Marktverhalten erforderlich; siehe auch FK-Roht, 43. Lfg.

Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 92.

578 Die wichtigsten sind die Gegenstandstheorie, die Zwecktheorie und die Folgetheorie.

579 Vgl. Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 48; Müller-Gugenberger, Hdb. Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl.,

§ 57, Rdnr. 28; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 124, 161ff.; widersprüchlich Wiedemann/Klusmann, Hdb. KartellR, § 55, Rdnr. 4.

580 Bechtold, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 26; FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 8, 58; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 47; Dannecker in Wabnitz/Janovsky, Hdb. Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 15. Kapitel, Rdnr. 45.

581 Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7, Rdnr. 57; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 125.

582 Vgl. Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 41.

583 Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 127, 129; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 42; FK-Huber, 43. Lfg.

Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 54ff.

584 Vgl. Immenga/Mestmäcker-Immenga, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 213ff.; Bechtold, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 32; Lan-gen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 130.

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und wieviele weitere Submittenten sich um den erwünschten Auftrag bemühen und deren Identität auch nicht bekannt ist, liegt ein solcher Geheimwettbewerb vor.

Wettbewerbsbeschränkungen durch Beeinträchtigung bzw. Ausschaltung des Geheimwettbewerbs585 können durch Marktinformationsverfahren verursacht werden.586 Dies sind Verfahren, bei denen in institutionalisierter Form ein zumeist vertraglich vereinbarter Informationsaustausch zwischen Unternehmen stattfindet über marktrelevante Informationen, beispielsweise über Kalkulationen, Rabatte und Preise.587 Marktinformationsverfahren sind zulässig, soweit der Wettbewerb durch die vertraglichen Meldepflichten nicht eingeschränkt wird.588 Ein Beispiel für ein Marktinformationsverfahren waren die Angebotsmeldeverfahren für Bauvorhaben der Bauwirtschaft. Bei diesem Verfahren meldeten die Unternehmen an, daß sie sich an einer Ausschreibung beteiligen wollen. Sie wurden informiert, wer noch alles an dem ausgeschriebenen Auftrag interessiert ist.589 Die beteiligten Unternehmen konnten diese Informationen in ihre Preisgestaltung einfließen lassen.590 Unter dem Aspekt der Ausschaltung von Geheimwettbewerb wurden von der Rechtsprechung591 diese Meldestellen der Bauwirtschaft als horizontale Wettbewerbsbeschränkung eingestuft und wegen Verstoßes gegen § 1 GWB a. F. untersagt.

Bei bezweckten Wettbewerbsbeschränkungen ist es grundsätzlich nicht erforderlich, noch zusätzlich zu untersuchen, ob voraussichtlich objektive Auswirkungen auf die Marktverhältnisse eintreten werden.592 § 1 GWB stellt insofern - wie Artikel 81 Abs. 1 EGV - nach zutreffender Ansicht einen Gefährdungstatbestand mit vorbeugendem Charakter dar.593 Die Beschränkung des Wettbewerbs braucht im übrigen nicht der einzige Zweck oder der Hauptzweck der Vereinbarung zu sein.594 Wenn die Beteiligten die vertragliche oder auf einem Beschluß beruhende Verpflichtung zu einem gezielt den Wettbewerb beschränkenden Marktverhalten übernehmen,595 erfüllt dies die Voraussetzungen des Begriffs der Wettbewerbsbeschränkung.

585 Kritisch zu den Grundlagen der wettbewerbstheoretischen Überlegungen zum Begriff des Ge -heimwettbewerbs Sedemund, FS-Lieberknecht, S. 571, 576.

586 Vgl. Bechthold, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 57; Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 8, Rdnr. 241.

587 Ebel § 1, Rdnr. 25; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 50, 51.

588 Zu Einzelheiten und der Ansicht des BKartA dazu (Presseinformation des BKartA, 24. 1. 1977, Nr.

8/77 = WuW 1977, S. 248) vgl. Ebel § 1, Rdnr. 25ff.; ferner ausführlich Sedemund, FS-Lieberknecht, S. 571.

589 Auch als "Baumarkt-Statistik" bezeichnetes Verfahren; vgl. BGH NJW 1987, 1821; BayObLG WuW/E OLG 745; Pickel, Anmerkung zu BayObLG, Beschluß vom 4. 6. 1965, KB 1/1964 - ("Baumarktstatistik"), WuW/E OLG 750; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 51; Wiede-mann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 8, Rdnr. 241.

590 Pickel, Anmerkung zu BayObLG, Beschluß vom 4. 6. 1965, KB 1/1964 - ("Baumarktstatistik"), WuW/E OLG 750 geht sogar noch weiter: "Im vorliegenden Verfahren ist erstmals nachgewiesen und entschieden worden, daß eines dieser Meldeverfahren einzig und allein dem Zweck diente, Baupreisabsprachen zu ermöglichen und zu organisieren und daß die Mitglieder mit ihrem Vorhaben auch Erfolg hatten."

591 BGH NJW 1987, 1821; zustimmend Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 51; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 290; kritisch Immenga/Mestmäcker-Immenga, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 215.

592 Instruktiv FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 59, der ausführt, daß anhand der Vereinbarung entschieden werden muß, ob eine Wettbewerbsbeschränkung "bewirkt"

werden soll, woraus folgt, daß es nicht auf tatsächlich eingetretene Marktfolgen ankommen kann, sondern nur darauf, ob diese Folgen voraussichtlich eintreten werden.

593 Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 164, 169.

594 Vgl. Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 167.

595 Vgl. Ebel § 1, Rdnr. 5; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 103.

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Auch abgestimmte Verhaltensweisen, die sich auf das Marktverhalten der Beteiligten beziehen, können in diesem Sinne wettbewerbsbeschränkend sein.596

Bei Submissionsabsprachen als Sonderfall des Preis- und Quotenkartells597 liegt eine durch die Vereinbarung bezweckte Wettbewerbsbeschränkung vor, da die beteiligten Unternehmen gerade die Regelung des Angebotsverhaltens im Rahmen einer Ausschreibung bezwecken, um den Wettbewerb auszuschalten.598 Da die beteiligten Unternehmen auf die Erstellung eines eigenen Angebots verzichten, wird eine Wettbewerbsbeschränkung ebenfalls bewirkt. Ebenso verhält es sich, wenn das Angebotsverhalten durch abgestimmtes Verhalten koordiniert wird.

Die vom Bundeskartellamt veröffentlichte Bagatellbekanntmachung599 gilt weiterhin, privilegiert aber Submissionsabsprachen nicht.

(5) Eignung zu spürbarer Marktbeeinflussung

Durch die Neuformulierung des § 1 GWB ist das in § 1 GWB a. F. enthaltene Tat-bestandsmerkmal der Eignung zur Beeinflussung der Marktverhältnisse weggefallen. In der Literatur wird aber zu Recht die Ansicht vertreten, daß eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von § 1 GWB auch nach der 6. GWB Novelle geeignet sein muß, spürbare Außenwir-kungen zu entfalten.600 Die Spürbarkeit beurteilt sich nach der Situation, wie sie sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bzw. des Beschlusses darstellt, es ist also kein Abwarten der tatsächlichen Entwicklung erforderlich.601 Entscheidend ist, ob nach allgemeiner wirtschaftlicher Erfahrung eine Eignung zu spürbarer Außenwirkung anzunehmen ist. Eine Wettbewerbsbeschränkung ist geeignet, spürbar zu wirken, wenn von ihr konkret feststellbare Veränderungen der relevanten auf den Markt bezogenen Faktoren ausgehen können, die für Dritte nachteilig wirken. Ein solcher Nachteil ist vor allem dann zu bejahen, wenn die Marktge-genseite in ihren Auswahlmöglichkeiten eingeschränkt wird.602 Wenn eine Wettbewerbsbeschränkung durch die Vereinbarung bezweckt wird, sollen schon geringfügige mögliche Auswirkungen auf den Markt genügen, um die Spürbarkeit zu bejahen.603

Die Eignung zur spürbaren Marktbeeinflussung ist bei Submissionsabsprachen grundsätzlich gegeben. Da eine Wettbewerbsbeschränkung durch die Vereinbarung bezweckt und bei deren Umsetzung auch bewirkt wird, würden bereits marginale zu erwartende Auswirkungen auf den

596 Vgl. FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 68a.

597 Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7, Rdnr. 69.

598 Im Ergebnis ebenso Wiedemann/Klusmann, Hdb. KartellR, § 55, Rdnr. 4.

599 Bekanntmachung Nr. 57/80 des Bundeskartellamts über die Nichtverfolgung von Kooperati-onsabreden mit geringer wettbewerbsbeschränkender Bedeutung vom 8. Juli 1980; BAnz. Nr. 133 vom 23. 7. 1980, WuW 1980 S. 648; die Bagatellbekanntmachung wird derzeit überarbeitet; nach Ebel

§ 1, Rdnr. 14 und Bechtold, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 39 ist davon auszugehen, daß keine grundlegenden Änderungen der Rechtslage eintreten.

600 FK-Huber, 43. Lfg. Mai 1999, Kurzdarstellung § 1 GWB n.F., Rdnr. 10, 69; Bechtold, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 37; Bechtold NJW 1998, 2769, 2770; Ebel § 1, Rdnr. 14; Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 45;

Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7, Rdnr. 75; Müller-Gugenberger, Hdb.

Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl., § 57, Rdnr. 27; Bartsch S. 441; Dannecker in Wabnitz/Janovsky, Hdb.

Wirtschafts - und Steuerstrafrecht, 15. Kapitel, Rdnr. 47; Kahlenberg BB 1998, 1593, 1594; Rittner, 6.

Aufl., § 7, Rdnr. 50; Langen/Bunte, § 1 GWB, Rdnr. 152, 153ff.

601 Vgl. Bechtold, 2. Aufl., § 1, Rdnr. 40.

602 Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 45; Wiedemann/Stockmann, Hdb. KartellR, § 7, Rdnr. 75.

603 Vgl. Emmerich, Kartellrecht, 8. Aufl., S. 45.

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Markt genügen, damit § 1 GWB eingreift.604 Auch bei abgestimmtem Verhalten zur Regelung des Angebotsverhaltens wird eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt und bewirkt; die auch hier nach § 1 GWB erforderliche Spürbarkeit der Einflußnahme ist daher in aller Regel zu bejahen.

(6) Rechtsfolge von § 1 GWB

Kartellverträge und -beschlüsse sind nach § 1 GWB verboten, es sei denn, es greift einer der Freistellungstatbestände der §§ 2 bis 8 GWB. Zivilrechtlich ergibt sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit der Vereinbarungen oder Beschlüsse aus § 134 BGB.605 Submissionsabsprachen durch Vereinbarung oder Beschluß sind nach § 1 GWB verboten606 und daher nach § 134 BGB nichtig. Das gleiche gilt für abgestimmtes Verhalten, das einer Submissionsvereinbarung entspräche. Eine Koordinierung des Angebotsverhaltens bei einer Ausschreibung, die durch

Kartellverträge und -beschlüsse sind nach § 1 GWB verboten, es sei denn, es greift einer der Freistellungstatbestände der §§ 2 bis 8 GWB. Zivilrechtlich ergibt sich die Rechtsfolge der Nichtigkeit der Vereinbarungen oder Beschlüsse aus § 134 BGB.605 Submissionsabsprachen durch Vereinbarung oder Beschluß sind nach § 1 GWB verboten606 und daher nach § 134 BGB nichtig. Das gleiche gilt für abgestimmtes Verhalten, das einer Submissionsvereinbarung entspräche. Eine Koordinierung des Angebotsverhaltens bei einer Ausschreibung, die durch