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Rahmenbedingungen der Zusammenschaltung IP-basierter Netze

Im Dokument für den Bereich Telekommunikation (Seite 90-95)

Teil II Tätigkeiten

2. Next Generation Networks

2.1 Rahmenbedingungen der Zusammenschaltung IP-basierter Netze

Die Bundesnetzagentur hat im August 2005 eine Projektgruppe „Rahmenbedingungen der Zu-sammenschaltung IP-basierter Netze“ ins Leben gerufen. Ziel dieser mit hochrangigen Experten besetzten Projektgruppe war es, Entwicklungsrichtungen für ein zukunftsfähiges Zusammen-schaltungsregime und Migrationsschritte zu einem zukünftigen Regime aufzuzeigen. Dabei standen Festnetze im Fokus.

Die Projektgruppe hat am 15. Dezember 2005 ihren Abschlussbericht vorgelegt. Anschließend hat die Bundesnetzagentur allen interessierten Kreisen die Möglichkeit gegeben, bis zum 26. Februar 2007 Stellung zu nehmen (Amtsblatt 1/2007 vom 10. Januar 2007). Es sind 26 Stel-lungnahmen eingegangen, die von der Bundesnetzagentur ausgewertet wurden. Darauf aufbau-end erstellt die Bundesnetzagentur Eckpunkte der Zusammenschaltung IP-basierter Netze.

Der Bericht behandelt die Kernelemente eines Zusammenschaltungsregimes. Hierzu zählen die Anzahl und geografische Lage der Zusammenschaltungspunkte (einschließlich deren Hierarchie und funktionaler Bedeutung), eine Beschreibung hinsichtlich der Qualität, Preisbildungsprinzi-pien sowie ein Abrechnungssystem.

Im Rahmen des Berichts wurden von einer Marktteilnehmer-Arbeitsgruppe auch aktuelle Frage-stellungen aufgegriffen, die auf eine kurzfristige Realisierung der Zusammenschaltung IP-basierter Netze für Sprachdienste in der Praxis zielten.

Bundesnetzagentur Dezember 2007

Die Arbeit der Projektgruppe wurde außerdem durch drei von der Bundesnetzagentur in Auftrag gegebene Gutachten unterstützt. In diesen Gutachten wurde insbesondere auch der Aspekt der Migration vom heutigen zu einem zukünftigen Regime thematisiert:

– „Abrechnungssysteme und Zusammenschaltungsregime aus ökonomischer Sicht“

(Prof. Dr. Ingo Vogelsang, Boston University)

– „Framework for Interconnection of IP-Based Networks – Accounting Systems and Inter-connection Regimes in the USA and the UK“ (Scott Marcus, WIK-Consult GmbH)

– „Technische Aspekte der Zusammenschaltung in IP-basierten Netzen unter besonderer Berücksichtigung von VoIP“ (Prof. Dr. Klaus Hackbarth, Universidad de Cantabria, Dr. Gabriele Kulenkampff, WIK-Consult GmbH)

Nachfolgend werden die wesentlichen Ergebnisse des Abschlussberichts der Projektgruppe dargestellt:

Anzahl und Lage der Zusammenschaltungspunkte

Um die Frage nach der Anzahl und Struktur von Zusammenschaltungspunkten beantworten zu können, sind Strukturen und daraus folgende Implikationen zukünftiger Netze zu betrachten.

Dabei standen im Rahmen des Abschlussberichts Festnetze im Fokus, während der Mobilfunk berücksichtigt, aber nicht im Detail diskutiert wurde.

Im Hinblick auf die Anzahl der Zusammenschaltungspunkte wurde in der Expertengruppe die Einschätzung vertreten, dass es in Next Generation Networks gegenüber dem PSTN zu einer sinkenden Anzahl von Zusammenschaltungspunkten kommen wird. Die Studie von Hackbarth / Kulenkampff kommt am Beispiel eines nationalen Betreibers zu dem Ergebnis, das für den ge-samten Breitbandverkehr langfristig nicht mehr als 100 IP-Kernnetzstandorte zu erwarten sind, was auch von den Experten als vermutlich realistische Obergrenze angesehen wurde.

Aus regulatorischer Sicht besteht nicht zuletzt die Herausforderung, einerseits effiziente Netz-strukturen zu ermöglichen, andererseits „stranded investments“ zu vermeiden, die entstehen können, wenn bislang verwendete Zusammenschaltungspunkte von der Deutschen Telekom AG aufgegeben werden.

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Quality of Service

Ein wesentliches Merkmal zukünftiger Netze besteht darin, dass unterschiedliche Dienste mit unterschiedlichen Qualitätsanforderungen über ein Netz transportiert werden können. Diese lassen sich in Echtzeit-, Streaming-, Daten- und Best Effort Dienste einteilen. Zur Gewährleis-tung von Quality of Service in IP-Netzen stehen grundsätzlich drei Strategien zur Verfügung:

Überdimensionierung, Priorisierung und Kapazitätsreservierung.

Grundsätzlich könnte ein Zusammenschaltungsregime den gesamten Verkehr gleich behandeln (wie dies im PSTN und im Internet in jeweils unterschiedlicher Qualität der Fall war), nach Quali-tätsklassen oder nach Diensten differenzieren.

Der Ansatz der Marktteilnehmer-Arbeitsgruppe differenziert innerhalb eines Dienstes verschie-dene Qualitätsklassen. Demnach würde es zukünftig zwei Arten von Sprache über das IP-Protokoll geben: einerseits Voice over NGN (VoNGN), bei dem über gemanagte Netze die ge-fühlte Sprachqualität wie beim PSTN sichergestellt werde und Voice over Internet (VoInternet), das über das öffentliche Internet realisiert werde und die NGN-Qualitätsparameter nicht gewähr-leiste. Da VoNGN eine analoge Leistung zur PSTN-Telefonie darstelle, solle für beide das glei-che Preisniveau bei der Zusammenschaltung gelten, wohingegen für VoInternet ein niedrigeres Preisniveau Anwendung fände.

Detaillierte, messbare Qualitätsparameter im Hinblick auf die Ende-zu-Ende Qualität sowie die Terminierungsqualität sollen, so die Gruppe der Marktteilnehmer, vom Unterarbeitskreis NGN des „Arbeitskreises für technische und betriebliche Fragen der Nummerierung und der Netzzu-sammenschaltung“ (AKNN) erarbeitet werden.

Von Seiten der Gruppe der Marktteilnehmer wurde zudem ein zusätzlicher Bedarf an Portie-rungskennungen geltend gemacht, um diese zur Differenzierung von PSTN-, VoNGN- und VoIn-ternet-Verkehr nutzen zu können. Danach sollen Netzbetreiber bis zu drei Portierungskennun-gen für PSTN, VoNGN und VoInternet nutzen dürfen.

Preisstruktur und Preisniveau

Die Bundesnetzagentur wird zur Anwendung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung als im TKG festgelegten Kostenmaßstab ihre Informationsbasis über die Kosten von Next Gene-ration Networks verbreitern und ggf. mit Hilfe von Kostenmodellen in einen Dialog mit dem Markt treten.

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Da die Kosten im NGN voraussichtlich niedriger sein werden als im PSTN, scheint vieles dafür zu sprechen, diese niedrigeren Kosten auch zur Grundlage der Preissetzung für die PSTN-Zusammenschaltung zu machen. Eine strikte Anwendung des Kostenmaßstabs der langfristigen Zusatzkosten verlangt, bei der Ermittlung der relevanten Netzkosten die jeweils am Markt einge-setzte effiziente Technologie zugrunde zu legen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berück-sichtigen, dass das Konzept der effizienten Leistungsbereitstellung im Prinzip keine technolo-gieabhängige Preisdifferenzierung und kein Nebeneinander verschiedener Preise kennt.

Mittels eines Gleitpfades, bei dem der Anteil der NGN-Kosten im Zeitablauf ansteigt, könnte ein allzu disruptiver Übergang vermieden werden. Das neue Preisniveau für Zusammenschaltungs-leistungen auf Basis der NGN-Kosten dürfte spätestens dann erreicht sein, wenn der Übergang auf NGN abgeschlossen ist.

Einigkeit bestand in der Projektgruppe dahingehend, dass für PSTN- und NGN-Zusammen-schaltung ein einheitliches Preisniveau angemessen ist, um Arbitrage zu vermeiden.

Im Hinblick auf eine erforderliche strukturelle Definition des Prinzips einheitlicher Preise bestan-den unterschiedliche Einschätzungen. Die Konkretisierung dieses Prinzips sollte Anreize zu ei-ner effizienten Migration setzen und stellt insofern eine Herausforderung dar, da es möglicher-weise zu einer Reduzierung von Hierarchieebenen kommen kann und sich die funktionalen E-benen von PSTN und NGN nicht notwendig entsprechen werden.

Abrechnungssystem

Ein weiteres wesentliches Kernelement eines Zusammenschaltungsregimes ist das Abrech-nungssystem, in dem auch geregelt wird, „wer“ welche Teile der Wertschöpfungskette bezahlt und wofür diese gezahlt werden.

Bislang bestehen für das PSTN- und IP-basierte Netze unterschiedliche Abrechnungssysteme auf der Vorleistungsebene für die Zusammenschaltung: einerseits Calling Party’s Network Pays (CPNP) im PSTN bei dem der Netzbetreiber des Anrufers ein Terminierungsentgelt an das ter-minierende Netz zahlt; andererseits häufig Peering oder Transitvereinbarungen im Internet.

Bill & Keep stellt ein weiteres Abrechnungssystem auf der Vorleistungsebene dar, bei dem Ter-minierungsleistungen nicht entgolten werden. Die beteiligten Netzbetreiber stellen sich unterein-ander den Transport über das eigene Netz zur Verfügung und die Kosten der Terminierung sind letztlich vom Endkunden des terminierenden Netzbetreibers zu zahlen.

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Zwischen den Abrechnungssystemen auf der Vorleistungs- und der Endkundenebene besteht ein enger Zusammenhang. Die zu beobachtende Entwicklung in Richtung Endkunden Pauschal-tarifen könnte ggf. einen Übergang zu Bill & Keep erleichtern.

Als Option für ein zukünftiges Abrechnungssystem wird im Abschlussbericht ein „duales Re-gime“ vorgestellt, bei dem im Endzustand, d. h. nach der vollständigen Ersetzung des PSTN durch IP-basierte Netze, Bill & Keep im Konzentratornetz und EBC im Kernnetz Anwendung findet, sofern dort nicht Peering-Vereinbarungen gelten.

Ein solcher dualer Ansatz vermeidet durch die Anwendung von Bill & Keep im Zuführungsnetz das Problem des Terminierungsmonopols. Daher, und weil ein Regulierungsbedarf im Bereich der Kernnetze tendenziell früher entfallen dürfte, impliziert der Ansatz zudem die Aussicht auf Regulierungsabbau.

Festzulegen wäre eine Mindestanzahl von erforderlichen Zusammenschaltungspunkten, die zur Teilnahme an Bill & Keep berechtigen und gleichzeitig den Geltungsbereich von Bill & Keep bzw. EBC abstecken.

Die Umstellung auf ein duales Regime könnte noch vor dem Auslaufen des PSTN in den beste-henden Netzen beginnen. Durch einen Gleitpfad in Form einer graduellen Absenkung der EBC-Entgelte im Zeitablauf könnte der Übergang zu diesem „dualen Regime“ im Sinne einer pragma-tischen Lösung erleichtert werden. Praktisch würde dies bedeuten, dass das EBC-Prinzip im PSTN bis zu dessen Auslaufen gilt, nur würden die Entgelte im Zeitablauf in Richtung Bill &

Keep abgesenkt.

Die Anwendbarkeit von Bill & Keep setzt streng genommen keine ausgeglichenen Verkehrs-ströme voraus. Gleichwohl gab es diesbezüglich unter den Experten der Projektgruppe unter-schiedliche Auffassungen. Darüber hinaus wurden weitere Fragen aufgeworfen, wie z. B. ob bei Bill & Keep genug in die Netzqualität investiert werde.

Seitens der Experten wurde aufgrund unterschiedlicher Positionen keine Festlegung für ein Ab-rechnungssystem getroffen. Während einige ein Calling Party’s Network Pays System bevorzug-ten und ein regulatorisch angeordnetes Bill & Keep System ablehnbevorzug-ten, konnbevorzug-ten sich andere, nach Klärung und Diskussion der noch offenen Fragen, ein solches duales Regime prinzipiell als langfristiges Ziel vorstellen, ohne jedoch hierfür einen konkreten Zeitpfad festlegen zu können.

Fragen der Zusammenschaltung werden auch international intensiv diskutiert. Die ERG hat im März 2007 nach öffentlicher Konsultation einen „Report on IP Interconnection“ veröffentlicht, in

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dem die Implikationen der technologischen Veränderungen für die Regulierung analysiert und insbesondere auch Abrechnungsfragen betrachtet werden.

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