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Kapitel 6 beschreibt, welche Bedeutung die Gewinnermittlung für die Veräußerung eines Betriebsgrundstückes hat und erklärt die Angleichung der Gewinnermittlungsarten im Hinblick auf GuB des Anlagevermögens und die sich daraus ergebenden Besteuerungskonsequenzen für die einzelnen Gewinnermittlungsarten. Für ein besseres Verständnis des nachfolgenden Kapitels 6 wird deshalb im Rahmen dieses Kapitels auf die Relevanz der Regelungen des Privatvermögens für betriebliche Grundstücksveräußerungen eingegangen. In diesem Zusammenhang wird auch die Notwendigkeit der Differenzierung zwischen Altgrundstücken und Neugrundstücken beleuchtet.

Mit dem 1. StabG 2012 wurden nicht nur die Gewinnermittlungsarten in Bezug auf Grundstücksveräußerungen einander angeglichen, sondern eine grundsätzliche Gleichbehandlung mit privaten Grundstücksveräußerungen sichergestellt, weshalb seither sämtliche Wertänderungen von bebauten und unbebauten Grundstücken auch im betrieblichen Bereich dem besonderen Steuersatz nach § 30a Abs 1 EStG unterliegen. Zur Gleichstellung trägt ferner bei, dass seit 2012 zentrale Grundsätze der Grundstücksbesteuerung des außerbetrieblichen Bereiches auch für Betriebsgrundstücke anzuwenden sind. Angestoßen wurde diese Gleichbehandlung von privater und betrieblicher Sphäre durch die ebenfalls zu diesem Zweck durchgeführten Neuerungen mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 betreffend die Besteuerung von Substanzwertsteigerungen im Bereich des Kapitalvermögens.210 Wie im außerbetrieblichen Bereich ist auch im betrieblichen Bereich die entgeltliche Grundstücksübertragung durch Verkauf oder Tausch steuerpflichtig. Weiters fällt die Entnahme von Grundstücken aus dem Betrieb (mit Ausnahme der Entnahme von GuB) sowie Teilwertabschreibungen, Zuschreibungen und Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) unter die betriebliche Grundstücksbesteuerung.211 Die Regelungen des § 30 EStG betreffen dabei grundsätzlich nur private Grundstücksveräußerungen, weil der Gesetzeswortlaut des § 30 Abs 1 EStG explizit Veräußerungsgeschäfte von Betriebsgrundstücken ausschließt. Dennoch gelten die Regelungen der außerbetrieblichen Grundstücksveräußerung ebenfalls für den betrieblichen Bereich, da § 4 Abs 3a EStG sowie einige Paragraphen des KStG durch Verweis auf bestimmte Bestimmungen des

§ 30 EStG diese für Betriebsgrundstücksveräußerungen zur Anwendung bringt. Gleiches ergibt sich auch für das Umgründungssteuergesetz.212 Beispielweise erfolgt die Ermittlung des Veräußerungsgewinnes für GuB des Betriebsvermögens gem.

§ 4 Abs 3a Z 3 lit a EStG nach der pauschalen Einkünfteermittlung, die gem.

§ 30 Abs 4 EStG für Altgrundstücke im außerbetrieblichen Bereich vorgesehen ist.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der pauschalen Einkünfteermittlung im betrieblichen Bereich ist, dass es sich um einen GuB des Anlagevermögens handelt, welcher als

210 Hammerl/Mayr, StabG 2012: Die neue Grundstücksbesteuerung, RdW 2012, 167 (171); Keppert, Die steuerlichen Neuerungen ab 2011, SWK 2011, T 9 (T 21).

211 Wachter (Hrsg), Leitfaden ImmoESt (2016) 180.

212 Reinold, Immobilienertragsteuer und Umgründungen (2017) 6.

Altvermögen eingestuft wird.213 Die Differenzierung zwischen Altvermögen und Neuvermögen ist für GuB des außerbetrieblichen und des betrieblichen Bereiches relevant.

Dies trifft jedoch nicht auf das Gebäude zu. Während für das Gebäude im außerbetrieblichen Bereich aufgrund der Eigenschaft als Altvermögen die pauschale Einkünfteermittlung zur Anwendung kommen kann, ist dies für Gebäude des Betriebsvermögens ausgeschlossen, sodass der Veräußerungsgewinn eines Betriebsgebäudes stets nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften zu errechnen ist.214 Diese Differenzierung in der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ergibt sich durch die Neugestaltung der Immobilienbesteuerung mit dem 1. StabG 2012.

Unterkapitel 6.2 erläutert diesen Zusammenhang angesichts der Angleichung der Gewinnermittlungsarten ausführlich. Anhand der Besteuerung im außerbetrieblichen Bereich wird nun die Differenzierung zwischen Altvermögen und Neuvermögen erklärt.

Seit Inkrafttreten des 1. StabG 2012 muss für jeden Liegenschaftsverkauf identifiziert werden, ob diese Immobilienveräußerung ein Grundstück des Altvermögens oder des Neuvermögens betrifft, da diese Einstufung bestimmt, von welcher Bemessungsgrundlage die ImmoESt zu errechnen ist. Vor dem 1. StabG 2012 waren private Grundstücksveräußerungen nicht einkommensteuerpflichtig, sofern das Grundstück erst nach Ablauf der Spekulationsfrist wieder verkauft wurde. Diese grundsätzlich zehnjährige Frist verlängerte sich auf 15 Jahre, wenn innerhalb von 10 Jahren ab der Anschaffung Herstellungsaufwendungen in Teilbeträgen gem. § 28 Abs 3 EStG abgesetzt wurden.

Mangels Anwendbarkeit des § 28 Abs 3 EStG im betrieblichen Bereich, ist nur eine zehnjährige Spekulationsfrist für Betriebsgrundstücke denkbar. Veräußerungsgeschäfte innerhalb dieser Spekulationsfrist unterlagen dem allgemeinen progressiven Einkommensteuertarif, sodass die Neugestaltung der Immobilienbesteuerung im betrieblichen Bereich zu dem Vorteil geführt hat, dass der Grundstücksverkauf nun nicht mehr dem progressiven Einkommensteuertarif iHv bis zu 50 % unterworfen ist, sondern dem einheitlichen Immobilienertragsteuersatz iHv 30 % unterliegt. Seit 01.04.2012 sind außerbetriebliche und betriebliche Grundstücke unabhängig von der Behaltedauer somit steuerpflichtig. Der Gewinn aus der Veräußerung eines nicht mehr steuerverfangenen Grundstücks ist deshalb rückwirkend mit 30 % ImmoESt zu besteuern, sofern kein Steuerbefreiungstatbestand vorliegt.215 Diese überraschende und nicht vorhersehbare erneute Steuerverfangenheit von Altgrundstücken sah die Literatur und die Judikatur als eine Verletzung des Vertrauensschutzes an, welcher aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes ableitbar ist. Der VfGH teilt diese Auffassung allerdings nicht und sieht durch die rückwirkende Steuerhängigkeit weder den Vertrauensschutz, noch bestehende Rechte eines Steuerpflichtigen als verletzt an.216 Entscheidender Stichtag für die Beurteilung, ob Neuvermögen oder Altvermögen vorliegt,

213 Klaushofer/Leitner, Die pauschale Besteuerung von „Altvermögen“ gem. § 30 Abs 4 EStG, in Urtz (Hrsg), Die neue Immobiliensteuer Update 20132 (2014) 140.

214 Huber, Immobilienertragsteuer und betriebliche Gewinnermittlung, SWK 2013, 59 (59); Schwandtner, Gleichstellung und Unterschiede der Grundstücksveräußerungen im privaten und betrieblichen Bereich, in Urtz (Hrsg), Die neue Immobiliensteuer Update 20132 (2014) 162.

215 Bertl/Deutsch-Goldoni/Hirschler, Buchhaltungs- Bilanzierungshandbuch11 (2019) 124; Wagner in Haunold/Kovar/Schuch/Wahrlich (Hrsg), Immobilienbesteuerung4 (2016) 4.

216 Brightwell, Der Begriff „steuerverfangen“ und die Abgrenzung von Alt- und Neuvermögen in der Immobilienertragsteuer, SWK 2017, 546 (546).

ist der 31.03.2012. Ist am 31.03.2012 die Spekulationsfirst noch nicht abgelaufen oder wurde das Grundstück nach diesem Stichtag angeschafft, ist dieses als Neuvermögen einzustufen. Die Spekulationsfrist ist zum 31.03.2012 nicht abgelaufen, sofern das Grundstück zum 31.03.2002 oder später erworben wurde. Wurde das Grundstück vor dem 31.03.2002 gekauft, ist zum 31.03.2012 die zehnjährige Spekulationsfrist bereits abgelaufen, sodass es sich um ein nicht mehr steuerverfangenes Altgrundstück handelt.217 Das Einkommensteuergesetz sowie die Gesetzesmaterialien zum 1. StabG 2012 enthalten keine Definition zum Begriff der Steuerverfangenheit. Aus den Erläuterungen zum 1. Stab 2012 hinsichtlich der Veräußerung von GuB des Betriebsvermögens wird deutlich, dass mit diesem Begriff eine fiktive Veräußerung nach der Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 gemeint ist. Um zwischen Altvermögen und Neuvermögen zu differenzieren, verwendete der Gesetzgeber bei einer Regelung zur Grundstücksveräußerung durch Privatstiftungen auch den Begriff der Steuerhängigkeit. Beide Begrifflichkeiten haben die gleiche Bedeutung, sodass damit eine Grundstücksveräußerung gemeint ist, die zum 31.03.2012 steuerbar gewesen wäre, weshalb dieses Grundstück zu diesem Zeitpunkt als steuerverfangen bzw. steuerhängig gilt.218 Bis zum Inkrafttreten des Abgabenänderungsgesetz 2015 (AbgÄG 2015) war sich die Literatur allerdings uneinig, ob für die Bestimmung der Steuerverfangenheit zum 31.03.2012 anwendbare Steuerbefreiungstatbestände zu berücksichtigen wären. Mit dem AbgÄG 2015 hat der Gesetzgeber die in den EStR 2000 vertretene Meinung der Finanzverwaltung übernommen, sodass die Rechtslage ab dem 29.12.2015 eindeutig ist. Für die Beurteilung der Steuerverfangenheit zum 31.03.2012 sind eventuell anwendbare Steuerbefreiungsbestimmungen unerheblich und nur der Zeitpunkt der Grundstücksanschaffung maßgeblich. Die bestehende Unklarheit hinsichtlich der Auslegung des Begriffes der Steuerverfangenheit für Grundstücksveräußerungen vor dem 29.12.2015 wurden durch den VwGH am 18.10.2019 beseitigt. Der VwGH kommt zu dem Schluss, dass auch für die Rechtslage vor dem AbgÄG 2015 die Steuerbarkeit der Grundstücksveräußerung nach der Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 und nicht die tatsächliche Steuerpflicht des Veräußerungsvorganges relevant ist. Um den mit

§ 30 Abs 4 EStG verfolgten Zielsetzungen einer vereinfachten Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage und einer gemilderten Einbeziehung in die neue Grundstücksbesteuerung zu entsprechen, ist der Anschaffungszeitpunkt des Grundstückes für die Beurteilung der Steuerverfangenheit ausschlaggebend.219 Ferner gilt seit dem 01.04.2012 durch die Änderung des Grundstücksbegriffes in § 30 Abs 1 EStG die Einheitstheorie, welche GuB sowie das Gebäude als einheitliches Wirtschaftsgut betrachtete, nicht mehr. Der Grundstücksbegriff des § 30 Abs 1 EStG ist als Oberbegriff für die damit gemeinten eigenständig bewertbaren Grundstücksteile anzusehen. Dieser Begriff existiert ertragsteuerrechtlich für sich alleine nicht, sondern nur die damit bezeichneten Wirtschaftsgüter GuB, Gebäude und grundstücksgleiche Rechte.

Demzufolge ist mit Inkrafttreten des 1. StabG 2012 für jeden Grundstücksteil separat zu prüfen, ob dieser Altvermögen oder Neuvermögen darstellt. Wird daher auf einem

217 Fuhrmann/Lang, Veräußerung von Grundstücken im Privatvermögen, in Bovenkamp et al. (Hrsg), Immobilienbesteuerung NEU5 (2020) 29.

218 Kampitsch, Sonderfragen zur „Steuerverfangenheit“ von Grundstücken, taxlex 2017, 302 (303).

219 Brightwell, Der Begriff „steuerverfangen“ und die Abgrenzung von Alt- und Neuvermögen in der Immobilienertragsteuer, SWK 2017, 546 (548); Fuhrmann/Lang, Veräußerung von Grundstücken im Privatvermögen, in Bovenkamp et al. (Hrsg), Immobilienbesteuerung NEU5 (2020) 35.

Altgrundstück ab dem 01.04.2012 ein Gebäude errichtet, ist diese Gebäude als Neuvermögen einzustufen. Bei späterem Verkauf dieses bebauten Grundstückes ist eine Aufteilung des Veräußerungserlöses im außerbetrieblichen und in Abhängigkeit von der Gewinnermittlungsart auch im betrieblichen Bereich erforderlich, weil für den vor dem 31.03.2002 angeschafften GuB die Besteuerung für Altvermögen und für das nach dem 01.04.2012 erbaute Gebäude jene für Neuvermögen zur Anwendung gelangt. Wird mit der Gebäudeerrichtung vor dem 01.04.2012 begonnen, gilt das gesamte bebaute Grundstück aufgrund der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Einheitstheorie als Altvermögen, weil nach der alten Rechtslage für die Spekulationsfristberechnung des als einheitliches Wirtschaftsgut anzusehenden bebauten Grundstückes der Anschaffungszeitpunkt von GuB wesentlich war.220

Das nachfolgende Kapitel widmet sich der zuvor angedeuteten Relevanz der Gewinnermittlungsart im Fall einer Betriebsgrundstücksveräußerung. In diesem Zusammenhang wird die Gleichstellung der Gewinnermittlungsarten hinsichtlich des GuB durch die Neugestaltung der Immobilienbesteuerung im Jahr 2012, die dadurch hervorgerufenen Besteuerungsfolgen für die einzelnen Gewinnermittlungsarten sowie die aktuell zu berücksichtigenden Besonderheiten iZm Betriebsgrundstücken thematisiert.

220 Reinold, Immobilienertragsteuer und Umgründungen (2017) 7; Wagner in Haunold/Kovar/Schuch/Wahrlich (Hrsg), Immobilienbesteuerung4 (2016) 9 und 47.