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6. R ELEVANZ DER G EWINNERMITTLUNGSART

6.1. Allgemeine Erläuterungen zu den Gewinnermittlungsarten

Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG ist anzuwenden, wenn die Voraussetzungen der Gewinnermittlung nach § 5 EStG nicht erfüllt werden, aber freiwillig Bücher geführt werden. Zudem ist diese Gewinnermittlungsart heranzuziehen, „wenn bei Land- und Forstwirten die Buchführungsgrenzen des § 125 BAO überschritten werden oder, wenn bei Einkünften aus selbstständiger Arbeit, die unternehmensrechtlich keine freien Berufe darstellen, die Grenzen des § 189 Abs 2 UGB überschritten werden“.222 Überdies ist anzumerken, dass die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG eine rein steuerrechtliche Gewinnermittlung ist, deren relevante Regelungen sich ausschließlich im EStG finden.

Wesentlich sind die Bestimmungen der §§ 4 bis 14 EStG sowie des § 20 EStG. Zusätzlich sind einzelne Vorschriften der BAO heranzuziehen. Nach § 4 Abs 2 EStG ist die Vermögensübersicht nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, den sogenannten GoB, aufzustellen. Eine gesetzliche Definition der GoB ist nicht existent, weshalb sich dieser unbestimmte Rechtsbegriff aus der Rechtsprechung, aus der Praxis, aus Fachgutachten sowie aus Rechtskommentierungen und internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen ableitet.223

Die Gewinnermittlung nach § 5 EStG ist für rechnungslegungspflichtige Unternehmen gem.

§ 189 UGB, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSd § 23 EStG erzielen, verpflichtend.

Rechnungslegungspflichtige Unternehmen iSd § 189 UGB müssen eine Unternehmensbilanz nach den unternehmensrechtlichen GoB aufstellen, weshalb die Unternehmensbilanz zugleich die Grundlage für die steuerrechtliche Gewinnermittlung ist, um keine separate Steuerbilanz erstellen zu müssen. Gem. § 189 UGB rechnungslegungspflichtig sind Kapitalgesellschaften, verdeckte Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH & Co KG) sowie kapitalistische Personengesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Diese Rechtsformen sind unabhängig von ihrer Unternehmensgröße sowie ausgeübten Tätigkeit immer rechnungslegungspflichtig. Alle anderen Unternehmen (z.B. Einzelunternehmen und

221 Unger/Vock, Casebook Steuerrecht7 (2018) 29.

222 EStR 2000 Rz 417.

223 Kofler/Tumpel, Steuerrecht4 (2019) 105.

Personengesellschaften) sind rechnungslegungspflichtig, wenn sie einerseits die Umsatzgrenzen des § 189 UGB überschreiten sowie andererseits einer unternehmerischen Tätigkeit nachgehen.224 Für letztgenanntes Kriterium ist

§ 189 Abs 4 UGB maßgeblich, welcher besagt, dass Angehörige freier Berufe sowie Land- und Forstwirte unabhängig von ihren erzielten Umsätzen sowie einer etwaigen freiwilligen Firmenbucheintragung nicht rechnungslegungspflichtig sind, sofern ihr Unternehmen nicht in Form einer Kapitalgesellschaft oder einer Personengesellschaft mit einer Kapitalgesellschaft als unbeschränkt haftendender Gesellschafter geführt wird. Nicht rechnungslegungspflichtig sind weiters Unternehmen, deren Einkünfteermittlung durch eine Überschussrechnung iSd § 2 Abs 4 Z 2 EStG erfolgt.225 Eine Begriffsdefinition der freien Berufe findet sich im UGB nicht. Welche Berufsgruppen darunter zu subsumieren sind, ist nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen. „Es sind darunter vor allem solche Berufe zu verstehen, die überwiegend wissenschaftlichen, künstlerischen, religiösen, sozialen, lehrenden, heilenden und rechtswahrenden Charakter haben und in der Regel, jedoch nicht zwingend, eine gewisse höhere Bildung voraussetzen.“ Beispielhaft können diesbezüglich Notare, Rechtsanwälte, Wirtschaftstreuhänder, Ärzte, Ziviltechniker, Architekten, Zivilingenieure für das Vermessungswesen, Chemiker, Marktforscher oder Schriftsteller genannt werden.226 Bei Wegfall der Rechnungslegungspflicht kann der Steuerpflichtige gem. § 5 Abs 2 EStG freiwillig die Gewinnermittlung nach § 5 Abs 1 EStG beibehalten, um die Berechnung eines Übergangsgewinnes beim Wechsel auf die Gewinnermittlungsart nach § 4 Abs 1 EStG oder nach § 4 Abs 3 EStG sowie die Aufdeckung der im gewillkürten Betriebsvermögen enthalten stillen Reserven zu vermeiden.227

Auch, wenn die Gewinnermittlung nach § 5 EStG und die Gewinnermittlung nach

§ 4 Abs 1 EStG durch einen Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden, ergeben sich Unterschiede zwischen diesen beiden Gewinnermittlungsarten. Während § 5 EStG an das Unternehmensrecht anknüpft und somit neben den steuerrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften ebenfalls die unternehmensrechtlichen GoB maßgeblich sind, stellt § 4 Abs 1 EStG eine rein steuerrechtliche Gewinnermittlung unter Berücksichtigung der allgemeinen GoB dar. Aus diesem Grund sind bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG zwingend Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen, während dies bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG wahlweise erfolgen kann. Zudem hat ein Gewinnermittler nach § 5 EStG bei der Bewertung der Wirtschaftsgüter das unternehmensrechtliche Vorsichtsprinzip zu beachten, welches bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG weniger bedeutsam ist. Weiters ist es für den Gewinnermittler nach

§ 5 EStG möglich, neben dem notwendigen Betriebsvermögen auch gewillkürtes Betriebsvermögen zu bilden. Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG kennt nur notwendiges Betriebsvermögen. Ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr ist grundsätzlich nur dem Gewinnermittler nach § 5 EStG gestattet. Eine Ausnahme im

224 Kofler/Tumpel, Steuerrecht4 (2019) 130; Marschner in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 5 EStG Rz 25.

225 Kofler/Tumpel, Steuerrecht4 (2019) 132; vanBakel-Auer in Bertl/Hirschler (Hrsg), Handbuch der österreichischen Steuerlehre Band II - Steuerliche Gewinnermittlung und Steuerbilanzpolitik3 (2016) 27.

226 EStR 2000 Rz 430h; Marschner in Hirschler (Hrsg), Bilanzrecht2 (2019) § 189 UGB Rz 54.

227 Kofler/Tumpel, Steuerrecht4 (2019) 133.

Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG existiert diesbezüglich für buchführende Land- und Forstwirte.228

Im Gegensatz zum Betriebsvermögensvergleich handelt es sich bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung gem. § 4 Abs 3 EStG um eine vereinfachte Gewinnermittlungsform, indem der Gewinn als Differenz zwischen den tatsächlich zugeflossenen Betriebseinnahmen und den tatsächlich aufgewendeten Betriebsausgaben ohne Berücksichtigung von privaten Entnahmen oder Einlagen berechnet wird. Anwendbar ist die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG nur, wenn keine gesetzliche Buchführungsverpflichtung besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden.229 Entsprechend dem Zufluss-Abfluss-Prinzip werden die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben bei der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung im Zeitpunkt des Geldzuflusses bzw. des Geldabflusses erfasst. Im Unterschied zur Gewinnermittlung nach

§ 4 Abs 1 EStG, welche Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben im Entstehungszeitpunkt berücksichtigt, ergeben sich abweichende Periodenergebnisse, jedoch muss der Totalgewinn grundsätzlich ident sein. Aufgrund des Zufluss-Abfluss-Prinzips ist es dem Einnahmen-Ausgaben-Rechner nicht erlaubt, Rückstellungen oder Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Eine Ausnahme vom Zufluss-Abfluss-Prinzip besteht für die Anschaffung oder Herstellung von abnutzbaren oder nicht abnutzbaren Anlagevermögensgegenständen, da die damit in Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben nicht im Zeitpunkt ihrer Bezahlung angesetzt werden dürfen. Mit der Führung eines Anlageverzeichnisses ist die AfA abnutzbarer Anlagegegenstände jährlich als Betriebsausgabe abzugsfähig.230

Die Pauschalierung gem. § 17 EStG ist ebenfalls eine vereinfachte Form der Gewinnermittlung, bei welcher Durchschnittssätze zur Einkünfteermittlung herangezogen werden. § 17 EStG unterscheidet zwischen Durchschnittssätzen für Betriebsausgaben aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (Betriebsausgabenpauschalierung) und Durchschnittssätzen für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen aufgrund von Verordnungen. Zudem ist die Teilpauschalierung von der Vollpauschalierung abzugrenzen. Bei der Vollpauschalierung wird die Höhe des Gewinnes pauschaliert, während bei der Teilpauschalierung lediglich die Betriebsausgaben oder die Werbungskosten als Pauschalbetrag angesetzt werden. Die Pauschalierung ist ferner nur anwendbar, wenn keine gesetzliche Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden.231 Am häufigsten angewendet wird die Basispauschalierung gem.

§ 17 Abs 1 bis 3 EStG, welche auch als gesetzliche Betriebsausgabenpauschalierung bezeichnet wird. Hier können bei der Ermittlung von Einkünften aus selbstständiger Arbeit und Einkünften aus Gewerbebetrieb im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung pauschal 6 % oder 12 % der erzielten Umsatzerlöse als Betriebsausgaben angesetzt

228 Kofler/Tumpel, Steuerrecht4 (2019) 134; Marschner in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 4 EStG Rz 43.

229 Bertl/Deutsch-Goldoni/Hirschler, Buchhaltungs- Bilanzierungshandbuch11 (2019) 18; Marschner in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 4 EStG Rz 236.

230 Wachter, Leitfaden ImmoESt (2016) 173; Marschner in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 4 EStG Rz 236 und Rz 237.

231 Kirchmayr/Bodis/Hammerl, Einkommensteuer in Doralt/Ruppe (Hrsg), Grundriss des österreichischen Steuerrecht Band I12 (2019) Rz 235; Kofler/Tumpel, Steuerrecht4 (2019) 166; Peyerl in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 17 EStG Rz 1 und 2.

werden. Zu erwähnen ist, dass mit dem Steuerreformgesetz 2020 (StRefG 2020) für Kleinunternehmer eine spezifische Pauschalierungsmöglichkeit mit § 17 Abs 3a EStG geschaffen wurde.232

Anschließend werden nun die Angleichung der Gewinnermittlungsarten durch das 1. StabG 2012 sowie die Besonderheiten iRd Gewinnermittlung iZm Betriebsgrundstücken thematisiert, da trotz erzielter ertragsteuerrechtlicher Gleichstellung von GuB aufgrund der Differenzierung zwischen Altvermögen und Neuvermögen Spezifika bestehen bleiben.