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4. Z UGANGSBEWERTUNG BEI E RWERB EINES G RUNDSTÜCKES

4.4. Abbruchkosten eines Gebäudes

Dieses Unterkapitel geht der bereits angedeuteten Fragestellung nach, wie die Abbruchkosten und der Restbuchwert eines abgerissenen Gebäudes zu behandeln sind.

Nach der alten Rechtsprechung des VwGH waren bis 2005 diese Abbruchkosten und der Restbuchwert eines gegebenenfalls noch nutzbaren Gebäudes entsprechend der Opfertheorie auf die Herstellungskosten des neuen Gebäudes oder auf die Anschaffungskosten des entstehenden GuB zu aktivieren.155 Angesichts zunehmender Kritik hat der VwGH 2006 die Opfertheorie mit der Begründung aufgegeben, dass nach dem Grundsatz der Einzelbewertung das Altgebäude und das Neugebäude zwei verschiedene Wirtschaftsgüter sind, die getrennt voneinander zu behandeln sind.156 Ferner werden Herstellungskosten nur durch „werterhöhende bzw. wertschöpfende Maßnahmen“

verursacht. Ein Gebäudeabbruch führt hingegen zu keiner Werterhöhung oder Wertschöpfung.157 Die Kritikpunkte wurden von der Rechtsprechung aufgegriffen, sodass die derzeitige Beurteilung der Gebäudeabbruchkosten auf die Eigenschaft des Gebäudes als „abbruchreif“ oder „noch verwendbar“ sowie auf den Veranlassungszusammenhang der Abbruchaufwendungen mit steuerpflichtigen Einkünften abstellt.158 Wird ein bebautes Grundstück mit einem nicht mehr nutzbaren Gebäude erworben und dieses Gebäude anschließend abgerissen, zählen die Gebäudeabbruchkosten zusammen mit dem Kaufpreis zu den Anschaffungskosten von GuB.159 Ein Gebäudeanteil als Bestandteil des

153 Renner, Aufteilung der Anschaffungskosten einer vermieten Wohnung auf Gebäude und Grund und Boden, ÖStZ 2019, 624; Thunshirn; Die Immobilien-Ertragsteuer (2018) 305.

154 BMF-Info zur Aufteilung der Anschaffungskosten von bebauten Grundstücken im außerbetrieblichen Bereich vom 18.07.2017, BMF-010203/0207-IV/6/2017; EStR 2000 in Rz 6447.

155 Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG19 § 6 EStG Rz 86 (Stand 1.2.2017, rdb.at).

156 Thunshirn; Die Immobilien-Ertragsteuer3 (2018) 217; VwGH 25.01.2006, 2003/13/0107.

157 Lang in Zib/Dellinger (Hrsg), Unternehmensgesetzbuch (2013) § 203 UGB Rz 43.

158 Thunshirn; Die Immobilien-Ertragsteuer3 (2018) 217.

159 Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19 § 6 EStG Rz 87 (Stand 1.2.2017, rdb.at).

Kaufpreises ist bei einem abbruchreifen Gebäude nicht anzunehmen.160 „Abbruchreif ist ein Gebäude, wenn es aus objektiven wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht sinnvoll saniert werden kann.“161 Unabhängig davon, ob ein Ersatzgebäude errichtet wird oder das unbebaute Grundstück genutzt wird sind, aufgrund der Zielsetzung ein unbebautes Grundstück zu erwerben, die Abbruchkosten auf GuB zu aktivieren. Die Anschaffungskosten des GuB sind in weiterer Folge gegebenenfalls auf den niedrigeren Teilwert abzuschreiben.162 Diese Vorgehensweise entspricht auch den unternehmensrechtlichen Grundsätzen. Das Erwerbsziel liegt in der Anschaffung eines unbebauten Grundstückes, weshalb sämtliche aufgewendeten Kosten für die Anschaffung des unbebauten Grundstückes zu aktivieren sind.163 Wird beim Kauf eines bebauten Grundstückes das Gebäude abgerissen, obwohl es noch genutzt werden hätte können, erhöhen die Abbruchkosten des Altgebäudes nicht die Anschaffungskosten des GuB und sind auch nicht zu den Herstellungskosten des neu errichteten Bauwerkes hinzuzurechnen.164

Wird ein nicht mit Abbruchabsicht erworbenes noch nutzbares Gebäude abgerissen, welches bereits längere Zeit zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehört hat und wird stattdessen ein Ersatzgebäude errichtet, hat der VwGH am 25.01.2006 entschieden, dass der Buchwert des Altgebäudes sowie dessen Abbruchkosten nicht zu den Herstellungskosten des Neubaus zählen. Bis zu dieser Erkenntnis des VwGH bestand die Rechtsauffassung, dass ein gegebenenfalls bestehender Restbuchwert des Altgebäudes sowie dessen Abbruchkosten die Herstellungskosten des Neubaus erhöhen. Der VwGH hat die Opfertheorie aufgegeben und argumentiert, dass das alte und das neue Bauwerk zwei verschiedenen Wirtschaftsgüter sind. Vergleichbar wäre diese Situation mit dem Erwerb einer neuen Maschine. Diesfalls ist der Restbuchwert der alten Maschine nicht zu den Anschaffungskosten der neuen Maschine hinzuzuzählen. Die Abbruchkosten sowie ein bestehender Restbuchwert des Altgebäudes gelten als sofort abzugsfähiger Aufwand.165 Am 27.11.2014 hat der VwGH erneut zu den Abbruchkosten Stellung genommen und ausgesprochen, dass weder der Restbuchwert noch die Aufwendungen der Beseitigung des Altgebäudes bei Abriss des noch verwendbaren Gebäudes zeitnah zum Erwerb des bebauten Grundstückes den Herstellungskosten des neu errichteten Bauwerkes zuzuordnen sind. Die beiden genannten Entscheidungen des VwGH führen nun zu dem Schluss, dass es für die sofortige Abzugsfähigkeit der Abbruchkosten bedeutungslos ist, ob das noch nutzbare Altgebäude bereits längere Zeit dem Betriebsvermögen angehört hat oder erst kürzlich durch einen Grundstückskauf erworben wurde.166 Der abzuschreibende Restbuchwert sowie die Abbruchkosten sind auch dann

160 VwGH 21.09.2005, 2001/13/0278.

161 EStR 2000 Rz 2618.

162 Fraberger/Petritz/Wytrzens in Bertl/Hirschler (Hrsg), Handbuch der österreichischen Steuerlehre Band II - Steuerliche Gewinnermittlung und Steuerbilanzpolitik3 (2016) 139.

163 Lang in Zib/Dellinger (Hrsg), Unternehmensgesetzbuch (2013) § 203 UGB Rz 46.

164 Thunshirn, Die Immobilien-Ertragsteuer (2018) 218.

165 Mayr in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG19 § 6 EStG Rz 89 (Stand 1.2.2017, rdb.at); VwGH 25.01.2006, 2003/14/0107.

166 VwGH 27.11.2014, 2011/15/0088; o. V., VwGH: Zeitnah zum Erwerb abgerissene Gebäude, RdW 2015, 59.

als Betriebsausgaben zu qualifizieren, wenn das Gebäude baufällig und bereits seit Jahren Teil des Betriebsvermögens gewesen ist oder sich kurz nach dem Erwerb des bebauten Grundstücks herausstellt, dass das darauf befindliche Gebäude nicht erhaltungswürdig ist.

Für die sofortige Abzugsfähigkeit ist es somit irrelevant, ob das bebaute Grundstück bereits mit Abbruchabsicht des darauf befindlichen noch nutzbaren Gebäudes erworben wurde.

Ferner ist es unbeachtlich, ob der Abbruch zur Neuerrichtung eines Ersatzgebäudes oder zur Erlangung eines unbebauten Grundstückes erfolgte.167 Darüber hinaus verdeutlicht das Erkenntnis des VwGH vom 28.05.2015 den notwendigen Veranlassungszusammenhang der Abbruchkosten mit steuerpflichtigen Einkünften. Im gegenständlichen Fall hatte der VwGH zu entscheiden, wie die Aufwendungen iZm dem Gebäudeabriss unmittelbar nach Liegenschaftserwerb zu behandeln sind, wobei der zivilrechtliche Eigentümer ein Baurecht auf diese Liegenschaft eingeräumt hat und dem Baurechtsberechtigten in der Folge seine Zustimmung zum Gebäudeabriss sowie anschließendem Neubau erteilt hat. Der VwGH hat entschieden, dass es für die Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabeneigenschaft des Restbuchwertes unerheblich ist, ob der zivilrechtliche Eigentümer, ein von diesem beauftragtes Abbruchunternehmen oder der dazu befugte Baurechtsberechtigte den Gebäudeabriss durchführt. Dem ist hinzuzufügen, dass der Werbungskosten- bzw.

Betriebsausgabenabzug gegeben ist, wenn auf einer zur Erzielung von Vermietungseinkünfte eingesetzten Liegenschaft das Gebäude abgerissen wird. „Stehen die Anschaffung des Altgebäudes und dessen Abbruch in Zusammenhang mit der Erzielung steuerlich relevanter Einkünfte, stellen die (verlorenen) Aufwendungen für das Altgebäude dieser Einkunftsquelle zuzuordnende Betriebsausgaben bzw.

Werbungskosten dar.“168 Dient der Gebäudeabbruch dazu, das unbebaute oder neu bebaute Grundstück privat zu nutzen, ist der Abbruch mangels Veranlassungszusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften steuerrechtlich unbeachtlich. Wird dieses Grundstück später veräußert und wurde der Abbruch zuvor aufgrund der Baufälligkeit des Gebäudes durchgeführt, gelten die Abbruchkosten und der Gebäuderestbuchwert als Anschaffungskosten des GuB und mindern im Rahmen der Grundstücksveräußerung die Bemessungsgrundlage für die ImmoESt. Wäre dieses Gebäude allerdings noch verwendbar gewesen, stellen Restbuchwert und Abbruchkosten sofort abzugsfähige Aufwendungen dar.169 Abschließend sei anzumerken, dass sich die aktuelle unternehmensrechtliche Literaturmeinung an der VwGH Rechtsprechung orientiert und die Gebäudeabbruchkosten eines noch verwendbaren Gebäudes als Aufwand und nicht als Herstellungskosten des anschließend errichteten Neubaus qualifiziert, während die Abbruchkosten bei Abbruch eines abbruchreifen Gebäudes gemeinsam mit dem Kaufpreis zu den Anschaffungskosten des GuB zählen.170

167 Thunshirn, Die Immobilien-Ertragsteuer (2018) 218; EStR 2000 Rz 2618; Janschek/Jung in Hirschler (Hrsg), Bilanzrecht2 (2019) § 203 UGB Rz 248.

168 VwGH 28.05.2015, 2012/15/0104; o. V., VwGH: Gebäudeabriss unmittelbar nach Ankauf der Liegenschaft, RdW 2015, 451.

169 Thunshirn, Die Immobilien-Ertragsteuer3 (2018) 218; Zorn in Hofstätter/Reichel (Hrsg), Die Einkommensteuer Rechtsprechung (56. Lfg 2018) § 6 Z 1 EStG Rz 53.

170 Janschek/Jung in Hirschler (Hrsg), Bilanzrecht2 (2019) § 203 UGB Rz 75; Lang in Zib/Dellinger (Hrsg), Unternehmensgesetzbuch (2013) § 203 UGB Rz 45 und Rz 46.