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2. G RUNDSTÜCKSBEGRIFF IM STEUERRECHTLICHEN S INN

2.2. Gebäude auf eigenem und auf fremdem Grund

Gebäude auf eigenem und auf fremdem Grund stellen ebenso ein Grundstück iSd

§ 30 EStG dar. Gebäude gehören zu den unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Ob ein Gebäude vorliegt oder nicht, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung.48 Gleiches gilt für die Einstufung als bewegliches oder unbewegliches Wirtschaftsgut, wobei ein Gebäude ein unbewegliches Wirtschaftsgut ist.49 Das zivilrechtliche und das steuerrechtliche Verständnis hinsichtlich des Gebäudebegriffes weichen insbesondere hinsichtlich Superädifikate voneinander ab, sodass die Tatsache, ob das zu veräußernde Wirtschaftsgut ein Gebäude iSd ABGB ist, für die ertragsteuerrechtliche Betrachtungsweise irrelevant ist. Während Superädifikate zivilrechtlich als bewegliche Sachen angesehen werden, handelt es sich ertragsteuerrechtlich um ein Gebäude.50 Abgesehen davon folgt das ertragsteuerrechtliche Begriffsverständnis der zivilrechtlichen Sichtweise, sodass ertragssteuerrechtlich jedes auf GuB gebaute und mit diesem fest

45 Leitner, Die Definition des steuerpflichtigen Grundstücks iSd § 30 Abs 1 EStG in Urtz (Hrsg), Die neue Immobiliensteuer Update 20132 (2014) 58; Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG18 § 30 EStG Rz 57 (Stand 1.4.2016, rdb.at).

46 Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG18 § 30 EStG Rz 57 (Stand 1.4.2016, rdb.at).

47 Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG20 § 4 EStG Rz 220/18 (Stand 1.5.2018, rdb.at); Reinold, Immobilienertragsteuer und Umgründungen (2017) 10.

48 Bodis/Hammerl, EStR-Wartungserlass 2013: Neue Grundstücksbesteuerung (I), RdW 2013, 357.

49 Kanduth-Kristen in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 8 EStG Rz 9.

50 Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG18 § 30 EStG Rz 33 (Stand 1.4.2016, rdb.at).

verbundene Bauwerk unter dem Gebäudebegriff des § 30 EStG zu subsumieren ist.51 Dementsprechend wird ein Gebäude seitens VwGH-Rechtsprechung wie folgt definiert:

„Als Gebäude gilt jedes Bauwerk, das durch räumliche Umfriedung Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Eintritt von Menschen gestattet (auch wenn es zur dauerhaften Wohnnutzung nicht geeignet oder bestimmt ist), mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist. […] Ein Bauwerk ist mit dem Boden fest verbunden, wenn es in diesem derart verankert ist, dass die Verbindung nicht durch bloßen Abtransport beseitigt werden kann. Ein Gebäude ist auch dann gegeben, wenn sich die Verbindung des Bauwerkes zum Boden (ohne Zerstörung) lösen lässt, aber der Abtransport mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.“ Letzteres trifft auf Gewächshäuser zu.52 Ein schwimmendes Bauwerk erfüllt mangels fester Verbindung mit dem GuB nicht die Eigenschaft eines Gebäudes. Demgegenüber stellt ein auf Holzpfählen im Wasser errichtetes Bauwerk aufgrund seiner festen Bodenverbindung und seiner, durch größeren Aufwand und erheblichen Kosteneinsatz veranlassten, problematischen Entfernbarkeit jedenfalls ein Gebäude dar.53 Die EStR 2000 führen zur Eigenschaft eines Gebäudes weiters aus, dass es irrelevant ist, „ob ein Bauwerk auf Dauer oder nur auf begrenzte Zeit errichtet wird. Bei Bauwerken, die typische Merkmale eines Gebäudes aufweisen, ist die Zweckbestimmung oder das Wertverhältnis des Bauwerkes zu den darin befindlichen Betriebsvorrichtungen für die Beurteilung als Gebäude grundsätzlich unbeachtlich.“54 Wirtschaftsgüter, die aufgrund ihrer Zweckbestimmung an verschiedenen Orten eingesetzt werden können, fallen hingegen nicht unter den ertragsteuerrechtlichen Gebäudebegriff.

Dies gilt selbst dann, wenn diese Konstruktionen, wie z.B. ein Container oder ein Ausstellungspavillon, auf einem festen Fundament platziert und somit fest mit dem GuB verankert sind. Neben der festen Bodenverbindung muss das Bauwerk eine gewisse Beständigkeit aufweisen, welche sich nach der bautechnischen Ausführung und den dabei verwendeten Materialien bemisst.55 Die Eigenschaft der Beständigkeit ist umso mehr erfüllt, je höher der finanzielle, technische und zeitliche Aufwand der Gebäudeversetzung ist. Auch bei leichter Bauweise ist Beständigkeit gegeben.56 Maschinenumhüllungen stellen überdies aufgrund ihrer eingeschränkten Betretbarkeit durch Menschen kein Gebäude dar, weil diese Bauwerke aus Sicherheitsgründen nur in Betriebspausen der darin befindlichen Betriebsanlagen betreten werden können, jedoch grundsätzlich nicht während des Betriebsvorganges der Maschinen. Demgegenüber handelt es sich bei Bauwerken, die gemessen an der tatsächlichen Nutzungsintensität den Daueraufenthalt des Maschinenbedienungspersonals während des Betriebsvorganges ermöglichen, um Gebäude.57

51 Leitner, Die Definition des steuerpflichtigen Grundstücks iSd § 30 Abs 1 EStG in Urtz (Hrsg), Die neue Immobiliensteuer Update 20132 (2014) 54.

52 EStR 2000 Rz 3140.

53 Reinold, Immobilienertragsteuer und Umgründungen (2017) 11.

54 EStR 2000 Rz 3140.

55 Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG18 § 30 EStG Rz 37 (Stand 1.4.2016, rdb.at).

56 Kanduth-Kristen in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 8 EStG Rz 9.

57 EStR 2000 Rz 3140a; Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG18 § 30 EStG Rz 36 (Stand 1.4.2016, rdb.at).

Aus diversen höchstgerichtlichen Rechtsprechungen sind beispielhaft folgende Bauwerke als Gebäude zu nennen: Häuser aller Art, Garagen, Stahlfertigteilhallen, Glashäuser, Kioske, Eigentumswohnungen, Tal- und Bergstation von Seilbahnen oder Schiliften, die auch dem Aufenthalt von Bedienungspersonal dienen, ein zweistöckiges gastgewerblich genutztes Salettl mit Sonnenterrasse sowie Wintergärten. Die Eigenschaft eines Gebäudes wird neben frei stehenden Maschinenumhüllungen ebenfalls von Einfriedungen, Rampen, Schwimmbecken, Brennöfen, Transformatoren, Pumpenhäusern, Zellhallen, Traglufthallen sowie von aus Metallen bestehenden demontierbaren Silos nicht erfüllt.58 Des Weiteren gehören Gebäudeeinbauten nicht zwangsläufig zum Gebäude. Nach der Verkehrsauffassung ist zu beurteilen, ob das betreffende Wirtschaftsgut ohne Substanzverletzung vom Gebäude getrennt und an einem anderen Ort errichtet werden kann. Diese Bedingung ist für Bauteile, die nach Maßgabe der Verkehrsauffassung als typische Gebäudeteile erachtet werden, irrelevant, da sie selbst bei loser Verbindung zum Gebäude als Gebäudebestandteile gelten. Beispielhaft zu nennen sind diesbezüglich Sanitär-, Heizungs- und Lüftungsanlagen sowie eingebaute Wellness- und Saunaanlagen in Hotelgebäuden. Demgegenüber stellen Inneneinrichtungsgegenstände, selbst wenn sie in das Gebäude eingepasst oder mit diesem fest verbunden sind, grundsätzlich selbstständige Wirtschaftsgüter dar. Handelt es sich um einen Gebäudeteil, folgen sämtliche Investitionen in diesen Gebäudebestandteil dem Gebäudeschicksal.59 Befinden sich mehrere Gebäude auf einem Grundstück ist ebenso nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen, ob ein einheitliches Gebäude oder verschiedene Gebäude vorliegen. Diese Frage ist anhand bautechnischer Kriterien und nicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit zu beantworten. Diesbezüglich ist u.a. zu berücksichtigen, ob die Gebäude unmittelbar aneinandergrenzen oder mit räumlichem Abstand voneinander errichtet sind, ob getrennte oder gemeinsame Eingänge oder Stiegenaufgänge existieren, ob ein gemeinsames Versorgungssystem besteht, oder ob die einzelnen Räumlichkeiten ineinandergreifen.60

Bei Gebäuden auf fremdem Grund handelt es sich um Bauwerke, die dauerhaft auf nicht eigenem Grund errichtet werden. Schrebergartenhütten erfüllen diese Eigenschaft. Zu den Gebäuden auf fremdem Grund gehören auch Superädifikate nach § 435 ABGB. Dabei handelt es sich um Gebäude, „welche mit Zustimmung des Grundeigentümers auf fremdem Grund und Boden mit der Absicht errichtet werden, dass sie nicht stets darauf bleiben sollen“. Darunter zu verstehen sind provisorische Hütten, wie z.B. Bauhütten. Wird auf einem für 25 Jahre gemieteten unbebauten Grund durch den Mieter ein Firmengebäude errichtet, handelt es sich nicht um ein Superädifikat gem. § 435 ABGB, weil das Gebäude stets auf diesem GuB, wo es errichtet wurde, verbleiben soll.

Zivilrechtlich wird das vom Mieter errichtete Gebäude Eigentum des Grundeigentümers.

Sollte nach einigen Jahren vor Ablauf der Mietvertragslaufzeit für den GuB ein anderer Mieter in den Mietvertrag eintreten und dem weichenden Mieter die noch nicht

58 Kanduth-Kristen in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 8 EStG Rz 9; Reinold, Immobilienertragsteuer und Umgründungen (2017) 12.

59 Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), EStG18 § 30 EStG Rz 39 (Stand 1.4.2016, rdb.at);

Reinold, Immobilienertragsteuer und Umgründungen (2017) 12; Marschner in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 4 EStG Rz 139.

60 Marschner in Kanduth-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner/Peyerl (Hrsg), Jakom EStG13 (2020) § 4 EStG Rz 137; Studera/Thunshirn, Handbuch Besteuerung von Grundstücks-/Liegenschaftstransaktionen (2013) 57.

amortisierten Investitionskosten für das durch diesen auf fremdem Grund errichtete Gebäude ablösen, ist für die Ertragsbesteuerung das wirtschaftliche Eigentum iSd § 24 Bundesabgabenordnung (BAO) und nicht das zivilrechtliche Eigentum maßgeblich.

Ertragsteuerrechtlich liegt eine Grundstücksveräußerung vor, weil der gebäudeerrichtende Mieter sein wirtschaftliches Eigentum an seinem auf fremdem GuB erbauten Gebäude an den in den Mietervertrag eintretenden neuen Mieter veräußert. Der neue Mieter erlangt durch den Eintritt in den Mietvertrag das wirtschaftliche Eigentum und die Verwertungsbefugnis am Gebäude auf fremdem Grund, sodass für die Gebäudeablöse ImmoESt anfällt.61