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Der Rückgang der Frauenbewegung und die Reformen der Pahlavi Ära (1925-

4. Die Frauenbewegung bis zur Islamischen Revolution

4.4. Der Rückgang der Frauenbewegung und die Reformen der Pahlavi Ära (1925-

4.4. Der Rückgang der Frauenbewegung und die Reformen der Pahlavi Ära (1925-1979)

Die Situation der Frauen verbesserte sich unter dem Gründer der Pahlavi Dynastie (1925-1979) und neu gekrönten Schah Reza Pahlavi (1925- 1941) nur oberflächlich. Die Frau-enzeitschriften beschäftigten sich zunehmend mit Themen, wie dem Schleierverbot, das durch Reza Schah eingeführt wurde, unterlagen dabei aber den strengen Zensurmaß-nahmen.118

Reza Schah war ein Vertreter westlich imperialistischer Politik und Modernisierer. Er for-cierte einen säkularen, modernen Nationalstaat unter absoluter Herrschaft und stieß dabei auf heftigsten Widerstand der islamischen Rechtsgelehrten, die er zu unterdrücken wuss-te. Er schränkte die politischen Mitspracherechte des Volkes stark ein und eliminierte sämtliche (Frauen-)vereine.119

Trotz erheblicher Einbußen der Meinungsäußerungsfreiheit und des damit einhergehen-den Verbotes zur Gründung von unabhängigen Frauenvereinen und eines traditionell- patriarchalischen Rollenverständnisses, setzte sich Reza Schah besonders für die Bil-dung der Frauen ein.120 Es gab zahlreiche Reformen und Förderungsmaßnahmen in die-sem Bereich. 1936 wurde eine Gruppe von Frauen erstmals an einer Universität (Tehera-ner Universität) zugelassen und es wurde eine Vielzahl an Mädchenschulen gegründet.121 Außerdem gab es Reformen im Bereich des Arbeits- und Familienrechts (v.a. Erleichte-rungen im Scheidungsrecht) für Frauen. An die Stelle der Shari`a traten kodifizierte Ge-setzestexte nach europäischem Vorbild. Eine der wichtigsten Reformen war die Ent-schleierung der Frauen (1936).122 Das Schleierverbot stieß bei säkularen Frauen in den Städten und der Oberschicht auf Zuspruch. Die große Masse der Frauen im ländlichen Bereich vertrat eine ablehnende Haltung.123

116 Vgl. Sanasarian, The Women`s Rights Movement in Iran, 40.

117 Vgl. Sanasarian, The Women`s Rights Movement in Iran, 36.

118 Vgl. Abid, Journalistinnen im Tschador, 18.

119 Vgl. Taherifard, Sittlichkeit und Sinnlichkeit, 134.

120 Vgl. Taherifard, Sittlichkeit und Sinnlichkeit, 134.

121 Vgl. Sanasarian, The Women`s Rights Movement in Iran, 61.

122 Vgl. Taherifard, Sittlichkeit und Sinnlichkeit, 134f.

123 Vgl. Vakil, Women and Politics in the Islamic Republic of Iran, 32.

Obwohl Reza Schah die Verbesserungen der Frauenrechte förderte, war er hinsichtlich der unabhängigen Aktivitäten von Frauenorganisationen und Vereinen intolerant. Folglich kam es zu strengen medialen Zensurmaßnahmen, die unabhängige Frauenorganisatio-nen und Aktivitäten verboten. Dies betraf auch die Frauenzeitschriften, welche die Ver-besserung der Rechte der Frauen zum Inhalt hatten. 1932 wurde die letzte unabhängige Frauenorganisation namens „Patriotische Frauenliga“ 124 verboten. Damit setzten viele Frauenaktivistinnen das Ende der Frauenbewegung gleich.125

Unter Anordnung von Reza Schah wurde durch eine Gruppe gebildeter Frauen eine Frauenorganisation namens Kanoon Banovan („Frauencenter“) gegründet. Die Organisa-tion unterlag der Kontrolle der Regierung. Ihre Ziele waren die Verbesserung der Denk-weise und Moralvorstellungen von Frauen, Frauen die modernen Methoden der Haus-haltsführung und Kindererziehung näher zu bringen, die Schaffung hygienischerer Le-bensbedingungen sowie die Einführung von Wohltätigkeitseinrichtungen zur Unterstüt-zung mittelloser Mütter und Weisen. Denn trotz zahlreicher Reformen von Frauenrechten war Reza Schah kein Verfechter der Frauenrechte. Seine Intention hingegen war es, den Iran nach außen als modernes Land hinzustellen.126

Das Ende des Zweiten Weltkrieges und die Abdankung Reza Schahs aufgrund des Drucks der Alliierten führten zu politischen Umbrüchen innerhalb des Landes. Das politi-sche Vakuum des Staates wurde von gebildeten Frauen zum Anlass genommen, um neue Frauenorganisationen zu gründen.127 Schon 1943 wurde im Rahmen der linken und kommunistischen Bewegung eine neue sehr radikale, Frauenorganisation namens „Orga-nisation iranischer Frauen“ geschaffen, welche die absolute politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Gleichheit und Freiheit der islamischen Frau forderten. 1944 bereitete die Organisation eine Resolution an das Parlament vor, in der sie, wenn auch erfolglos das Wahlrecht für Frauen anstrebte.128 Die Besonderheit der neu entstandenen Organisa-tionen dieser Zeit war, dass sie mit den verschiedenen politischen Parteien eng verbun-den waren und somit zunehmend an Einfluss gewannen.129

124 Vor Auflösung der „patriotischen Frauenliga“ hatte diese 1932 den orientalischen Frauenkon-gress“ in Teheran unter Teilnahme zahlreicher islamischer Staaten, wie Libanon, Ägypten, Türkei, Irak und Indien, initiiert. Schwerpunkte der Konferenz waren das Frauenwahlrecht, die Einführung der obligatorische Schulbildung für Mädchen und Jungen, gleicher Lohn für gleiche Arbeit für isla-mische Frauen; Vgl. Sanasarian, The Women`s Rights Movement in Iran, 66f.

125 Vgl. Sanasarian, The Women`s Rights Movement in Iran, 66f.

126 Vgl. Sanasarian, The Women`s Rights Movement in Iran, 68.

127 Vgl. Sanasarian, The Women`s Rights Movement in Iran, 71.

128 Vgl. Sanasarian, The Women`s Rights Movement in Iran, 72.

129 Vgl. Vakil, Women and Politics in the Islamic Republic of Iran, 34.

23 Die Frauenbewegung bis zur Islamischen Revolution

Der Sohn Reza Schahs, Mohammad Reza Schah Pahlavi (1941-1979), hatte 1941 die Macht im Land übernommen. In den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts war der Iran durch kommunistische und nationalistische Strömungen geprägt. Diese Entwicklun-gen beeinflussten auch die, seit dem Abgang Reza Schahs, neu entstandenen zahlrei-chen Publikationen, welche sich speziell an Frauen wandten. Zu den einflussreichsten gehörten die unabhängigen Zeitschriften, Zan-e emruz („Die Frau von heute“), Neda-ye zanan („Stimme der Frauen“) und Bidari-ye ma („Unsere Wachsamkeit“), die allesamt Gleichheitsbestrebungen und politische Beteiligung zum Inhalt hatten.130

Aufgrund innenpolitischer Rivalitäten um die politische Macht im Staat, begann 1953 Mo-hammad Reza Schah mit allen Mitteln die Dynastie zu verfestigen. Er ließ alle oppositio-nellen und unabhängigen politischen Organisationen und Parteien eliminieren. Die meis-ten Frauenorganisationen waren davon betroffen, da sie mit den verschiedensmeis-ten opposi-tionellen politischen Parteien verbunden waren.131 Auch sämtliche Parteizeitungen und Publikationen politischer Bewegungen und die dazugehörigen Frauenzeitschriften wurden verboten.132

All jene Organisationen, welche nicht aufgelöst wurden unterlagen fortan der Kontrolle der Regierung. 1958 wurden 18 Frauenorganisationen einem gemeinsamen Dachverband („Versammlung iranischer Frauen“) unterstellt. Die Organisation wurde in den darauffol-genden Jahren - unter der Leitung der Schwester des Schah, Ashraf Pahlavi, - neu orga-nisiert, und in „Organisation iranischer Frauen“ umbenannt. Die Organisation hatte bis zur islamischen Revolution 1979 Bestand. Sie konnte einige Erfolge verzeichnen, indem sie Niederlassungen in den größeren Städten sowie Pflege- und Wohlfahrtseinrichtungen zum Schutz von Frauen errichtete und Ausschüsse etwa in den Bereichen (Schul-) Bil-dung und Recht gründete.133 Zur zentralen Aufgabe der Organisation zählte ein spezielles Fort- und Weiterbildungsprogramm, zur Vermittlung von Fachkenntnissen an Frauen, um ihnen den Zugang zu bestimmten Berufszweigen zu erleichtern.134 Die Organisation durfte sich nur mit Themen, wie sozialer und kultureller Arbeit beschäftigen und machte Wer-bung für die Entschleierung.135

Den größten und gleichzeitig einzigen politischen Erfolg verzeichnete diese Organisation aufgrund ihres Engagements im Bereich der politischen Beteiligung von Frauen. Das

130 Vgl. Abid, Sittlichkeit und Sinnlichkeit, 19.

131 Vgl. Vakil, Women and Politics in the Islamic Republic of Iran, 35.

132 Vgl. Abid, Journalistinnen im Tschador, 20.

133 Vgl. Vakil, Women and Politics in the Islamic Republic of Iran, 35.

134 Vgl. Pahlavi Farah Diba, Erinnerungen (2004) 457.

135 Vgl. Taherifard, Sittlichkeit und Sinnlichkeit, 146.

gebnis lag in der Einführung des Frauenwahlrechts 1963 im Zuge der sog. „Weißen Revo-lution“. Den iranischen Frauen war es fortan gestattet zu wählen und sich am parlamenta-rischen Geschehen zu beteiligen. Die Reform des Wahlgesetzes war die praktisch größte Errungenschaft im Bereich der politischen Beteiligung von Frauen. Damit zog sich Mo-hammad Reza Schah den Widerstand der Geistlichkeit, allen voran Ayatollah Khomeini, zu, welche im Frauenwahlrecht das Verderbnis der Gesellschaft und die Verletzung der islamischen Sitten sahen.136

Mohammad Reza Schah Pahlavi beschrieb die Situation des Wahlsystems bis zur Verab-schiedung des neuen Wahlgesetzes 1963 folgendermaßen „In unserer Verfassung (1906/1907) wurde nicht nur die Hälfte der Bevölkerung des Landes, das heißt die Frau-en, vom Wahlrecht ausgeschlossFrau-en, sondern auch von der anderen Hälfte hielten prak-tisch nur die Einflussreichen, die Großgrundbesitzer und die Kapitalisten, also zusam-mengenommen, die Mitglieder der Oberschicht, das Parlament, das heißt den Brennpunkt der konstitutionellen Monarchie, in ihrer Hand.“137

Weitere nennenswerte Reformen aus der Zeit der Pahlavi Ära im Bereich der Frauenrech-te waren die Zulassung der Frauen zu UniversitäFrauenrech-ten (1935), ihre Zulassung als Professo-rinnen (1942) und die Möglichkeit als Anwältinnen (1947) tätig zu werden oder etwa ihre Ernennung zu Richterinnen (1969).138 Außerdem durften Frauen als Ministerinnen und Abgeordnete tätig werden.139 In den Jahren 1967 bzw. 1975 wurden die „Gesetze zum Schutze der Familie“ eingeführt, welche strengere Bedingungen für die Polygamie, die Erhöhung des Heiratsalters von neun auf 18 Jahre und Erleichterungen im Scheidungs-recht zugunsten der Frauen vorsahen.140 Mit Hilfe der Frauenorganisation Sazemane Za-nan („Die Zeit der Frau“) wurde 1977 die Abtreibung genehmigt, da die Organisation zuvor Fakten gesammelt hatte, welche eine hohe Lebensgefahr bei illegalen Abtreibungen be-legten. Es wurden Reformen zur Alphabetisierung der Landbevölkerung geschaffen, dar-unter auch die sog. „Armee des Wissens für Frauen“, welche die Bildungsquote der Land-bevölkerung nachweislich erhöhen konnte.141

Desweiteren unterstütze der Iran internationale Kampagnen der Vereinten Nationen. Dazu gehörte die Gründung eines asiatisch-pazifischen Zentrums in Teheran, das sich mit

136 Vgl. Vakil, Women and Politics in the Islamic Republic of Iran, 36.

137 Vgl. Pahlawi, Die soziale Revolution, 97.

138 Enayati Hale, Die Frauenbewegung in der Islamischen Republik Iran, Hafiz Gedenktag, 2011 in Waimar, http://www.kas.de/upload/dokumente/2011/10/111012_enayati.pdf [ 12.04.2012].

139 Vgl. Vakil, Women and Politics in the Islamic Republic of Iran, 36.

140 Vgl. Vakil, Women and Politics in the Islamic Republic of Iran, 36

141 Vgl. Teherifard, Sittlichkeit und Sinnlichkeit, 141f.

25 Die Stellung der Frau in der Islamischen Republik

Frauen- und Entwicklungsfragen beschäftigte oder etwa die Eröffnung des internationalen Forschungs- und Ausbildungszentrums für Frauen in Teheran (1979).142