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Die Darstellung des iranischen Frauenbild anhand Ayatollah Khomeinis

5. Die Stellung der Frau in der Islamischen Republik

5.2. Die Darstellung des iranischen Frauenbild anhand Ayatollah Khomeinis

5.2.1. Allgemeines

Das Frauenbild in der iranischen Gesellschaft ist seit der islamischen Revolution 1979 durchgehend vom Islam geprägt.164 Die Familie ist die fundamentalste Einheit der

160 Vgl. Parhisi, Frauen in der iranischen Verfassungsordnung, 176f.

161 Enayati Hale, Die Frauenbewegung in der Islamischen Republik Iran, Hafiz Gedenktag, 2011 in Waimar, http://www.kas.de/upload/dokumente/2011/10/111012_enayati.pdf [ 12.04.2012]

162 Amirpur in Meyer-Wilmes/Wacker, 205f.

163 Enayati Hale, Die Frauenbewegung in der Islamischen Republik Iran, Hafiz Gedenktag, 2011 in Waimar, http://www.kas.de/upload/dokumente/2011/10/111012_enayati.pdf [ 12.04.2012]

164 Vgl. Abid, Journalistinnen im Tschador, 23.

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schen Gesellschaft. Daher müssen alle einschlägigen iranischen Vorschriften das Fun-dament und die Heiligkeit der Familie – unter Beachtung der islamischen Grundsätze – wahren.165

In den ersten Jahren nach der Revolution stellte sich ein im Sinne des Islams idealisiertes Frauenbild, gekennzeichnet durch das Tragen eines hegab, ein. Der hegab sah und sieht eine islamische Verhüllung der Frau vor, welche abgesehen von Gesicht, Hände und Füssen, den ganzen Körper bedeckt.166 Die Rolle der Frau in der Familie wurde als isla-misches Frauenideal propagiert. Dennoch sah die revolutionäre Ordnung des Iran keinen generellen Ausschluss der iranischen Frau – wie etwa im heutigen Afghanistan – aus dem öffentlichen bzw. außerfamiliären Leben vor.

5.2.2. Ayatollah Khomeini (1902-1989)

Das idealtypische Frauenbild des nachrevolutionären Iran basiert grundlegend auf den Ansichten bedeutender schiitischer Rechtsgelehrter des 20. Jahrhunderts. Die islamisierte Rolle der Frau soll daher in der Folge durch den schiitisch-iranischen Rechtsgelehrten Ayatollah Khomeini dargestellt werden. Ayatollah Khomeini vertrat in der Geschlechterfra-ge die Ansicht, dass sowohl Männern als auch Frauen jegliche Freiheiten, wie beispiels-weise das aktive und passive Wahlrecht zustehen müssen.167 1978, ein Jahr vor Grün-dung der Islamischen Republik proklamierte er, dass Frauen die gleichen Rechte hätten wie Männer, nämlich das Recht zu studieren, zu arbeiten sowie das Recht auf Eigen-tum.168 In seinen zahlreichen Veröffentlichungen beschrieb er, dass Frauen ein Recht auf politische und soziale Chancengleichheit haben müssen.169

Im Widerspruch hierzu verfolgte Khomeini nach der Islamischen Revolution die strikte Ansicht, dass Frauen vor allem Hausfrauen und Mütter sein sollen. Er propagierte eine strikte Geschlechtertrennung an Schulen sowie am Arbeitsplatz, welche seit Bestand der islamischen Republik 1979, soweit organisatorisch möglich, umgesetzt wurde. Außerdem forcierte er die Abschaffung von zahlreichen Gesetzen aus der Pahlavi Dynastie, welche eine Gleich- bzw. Besserstellung der Frauen zum Inhalt hatten. Als Beispiel dafür ist das Familienschutzgesetz von 1967 bzw. 1975 zu nennen. Khomeini wies Regierungsstellen

165 Vgl. Paidar, Woman and the political process in twentieth- century Iran (1995) 258.

166 Vgl. Abid, Journalistinnen im Tschador, 24.

167 Vgl. Khomeini, Die Stellung der Frau aus der Sicht des Imam Khomeini (1981) 61.

168 Vgl. Wahdat Hagh, Die Islamische Republik Iran: Die Herrschaft des politischen Iran als eine Spielart des Totalitarismus (2003) 204.

169 Vgl. Ferdows, Frauen in der iranischen Revolution: Schiitisch- islamische Vorstellungen ihrer Befreiung in Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (Hrsg.), Jahrbuch zur Geschichte und Gesellschaft des Mittleren Orients, 210

zur Einführung des Schleierzwangs an.170 Laut Khomeini dient das hegab-Gebot dazu, dass „eine Frau ihren Körper und das Haar vor einem nicht intimen (na-mahrat – das ist jede Person mit der nach islamischen Gesetz eine Ehe möglich wäre) Mann zu verbergen hat […] und dass ein Mann nicht den Körper und das Haar einer nicht-intimen Frau sehen darf.“171

Außerdem äußerte Khomeini sich zur Schleierfrage folgendermaßen: „In einer islami-schen Republik werden die Frauen in der Lage sein zu wählen, einer Beschäftigung nachzugehen und eine höhere Schulbildung zu genießen, aber all das muss mit einer geeigneten Form der Bekleidung, einem Minimum von Verschleierung und wo immer es möglich ist, getrennt von Männern geschehen.“ 172

Im Gegensatz hierzu war während der Pahlavi Dynastie eine verpflichtende Kleidervor-schrift nicht prävalent. Das Tragen des Schleiers basierte stets auf Freiwilligkeit. Mit der Gründung der Pahlavi Dynastie unter Reza Schah Pahlavi wurde der Gesichtsschleier für Frauen als rückständig angesehen und abgelehnt. Aus diesem Grund wurde 1936 das Tragen des Gesichtsschleiers verboten. Das ganzheitliche Verbot der Verschleierung ging soweit, dass der Polizei die Befugnis erteilt wurde, bei Nichtbeachtung des Gesetzes, den betroffenen Frauen den Schleier abnehmen zu dürfen. Diesem Gesetz wiederfuhr erst unter der Herrschaft Mohammad Reza Schah Pahlavi die Abschaffung. Nunmehr oblag es den Frauen sich bis zur Islamischen Revolution (1979) so zu kleiden, wie sie es vermoch-ten. 173

Die obligatorische Wiedereinführung des Schleiergebotes im August 1983 hatte zahlrei-che Demonstrationen von Frauen zur Folge, welzahlrei-che die Einschränkung ihrer Freiheit auch in vielen anderen Lebensbereichen befürchteten. Diese Demonstrationen blieben jedoch letztendlich erfolglos und wurden auf radikale Weise im Keim erstickt. Khomeini bezeich-nete die demonstrierenden Frauen als Überbleibsel aus der Zeit des (Mohammad Reza) Schah, welche keine Erziehung genossen hätten und vom Schah einer Gehirnwäsche unterzogen worden seien. Außerdem degradierte Khomeini sie zu Puppen – darunter ver-stand er verwestlichte und laizistische, unverschleierte Frauen.174

170 Vgl. Ferdows in Berliner Institut für Vergleichende Sozialordnung, 206.

171 Iran Times, 11.07.1980 zitiert nach Ferdows in Berliner Institut für Vergleichende Sozialfor-schung, 210.

172 Nußbaumer, Khomeini: Revolutionär in Allahs Namen (1979) 192.

173 Vgl. Schweizer, Iran: Drehscheibe zwischen Ost und West, 255f.

174 Vgl. Ferdows in Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung, 209.

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Khomeini ging daher grundsätzlich von einer Ungleichheit zwischen Mann und Frau aus, welche auf deren unterschiedliche Natur zurückzuführen sei.175 Seiner Vorstellung nach bedeutete dies keinesfalls, dass der Islam einen Unterschied zwischen Mann und Frau macht. Dennoch sei jegliche geschlechtsspezifische gesetzliche Regelung seiner Vorstel-lung nach auf das unterschiedliche männliche und weibliche Wesen zurückzuführen.176 Die hohe Stellung, welche der Frau im Islam zukommt, werde durch diese Ungleichbe-handlung jedoch keineswegs tangiert, da der Islam sowohl Männern als auch Frauen zu-gleich gesellschaftliche Beschränkungen aufdrängt. 177

Khomeinis Frauenbild ist stark konservativ und islamisch geprägt. Die Identität der Frau liegt seiner Auffassung nach in ihrer Eigenschaft als Ehefrau und Mutter begründet. Und in dieser Eigenschaft hat sie dem Ehemann ausnahmslos zu gehorchen. Er betonte stets, dass das weibliche Wesen genauso engelhaft und göttlich sein müsse, wie die Tochter des Propheten Mohammad, Fatima.178 Die Heiligkeit der Familie und die Unterordnung der Frau müssen laut Islam Vorrang vor individuellen Bedürfnissen der Frau haben.179

Khomeini vertrat außerdem die Ansicht, dass Frauen das Recht hätten sich an der Politik zu beteiligen. Die Tatsache, dass dieses Recht in einem sehr eingeschränkten Maße ge-währt wird, soll in der Folge am Beispiel der Stellung der Frauen in den obersten Staats-ämtern demonstriert werden.180

Aus traditioneller Sicht werden die Rechte der Frau, selbst in Hinblick auf ihre Stellung als Ehefrau, im Koran geregelt.181 Die Rechte, Pflichten und Sanktionen von Männern und Frauen werden im Islam in allen Angelegenheiten unterschiedlich geregelt.182 Ayatollah Morteza Motahari, ein bedeutender iranischer Politiker, religiöser Rechtsgelehrter und rechte Hand Khomeinis vertrat in der Geschlechterrolle die Ansicht, dass sich der Islam nicht gegen die Gleichheit, sondern gegen die Identität der Rechte richtet.183 Das heißt, dass Männern und Frauen naturgegebene, geschlechtsspezifisch angemessene Rechte zukommen sollen.184

175 Vgl. Khomeini, Die Stellung der Frau, 61.

176 Vgl. Tellenbach, Untersuchungen zur Verfassung, 179.

177 Vgl. Khomeini, Die Stellung der Frau, 62.

178 Vgl. Parhisi, Frauen in der Verfassungsordnung, 63f.

179 Vgl. Schweizer, Iran: Drehscheibe zwischen Ost und West, 405.

180 Vgl. Parhisi, Frauen in der Verfassungsordnung, 63f.

181 Vgl. Motahari, Das System der Frauenrechte im Islam (2001) 23.

182 Vgl. Motahari, Frauenrechte, 123.

183 Vgl. Motahari, Frauenrechte, 115.

184 Vgl. Motahari, Frauenrechte, 23.

Von einer Gleichberechtigung der Frau nach westlichem Verständnis kann keine Rede sein. Die Mehrheit der gegenwärtigen iranische Geistlichkeit lehnt eine solche strikt ab, weil sie aus ihrer Sicht der Frauenrolle nach islamischen Grundsätzen widerspricht und versucht stets jede Art von westlichem Einfluss, der den Frauen eine selbstständige, von männlicher Abhängigkeit losgelöste Rolle einräumt und durch Christen, Baha`is und Ju-den, die im Iran leben, ihren Weg in die iranische Gesellschaft finden könnte, zu vermei-den.185

6. Frauen in der Verfassung idgF. von 1979