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5. Diskussion

5.11. Methodik und Limitationen

5.11.4. Quantitative Erhebung: Der Fragebogen

Die Erarbeitung eines Fragebogens ist ein komplexer Prozess, dessen sorgfältige Durchführung große Bedeutung für die Validität der späteren Ergebnisse im Hinblick auf die Zielsetzung der Arbeit hat. In der vorliegenden Studie wurden bei der Formulierung von Fragen und Aussagen die Empfehlungen aus der Literatur zugrunde gelegt. (Schnell, Hill et al. 2011; S.171ff.), (Kurt 1986) und (Geyer 2003).

Die Regeln zur Fragebogenerstellung von Mayer wurden bei der Komposition des

Fragebogens für die internationalen, herzchirurgischen Patienten angewendet (Mayer 2013; S.80).

Die Themenblöcke des Fragebogens und sein Layout sollen eine Einheitlichkeit darstellen. Nach Porst ist es dabei erforderlich, dass das Grundprinzip „Gleiches gleich, Ungleiches unterschiedlich“ bei der Konzipierung eines Fragebogens Berücksichtigung findet (Porst 2011; S.53). Der Fokus bei der Erstellung eines Fragebogens liegt nach Meyer aber nicht auf der ästhetischen Gestaltung, sondern beachtet die Verständlichkeit und die Unmissverständlichkeit der Fragen (Mayer 2013; S.91). Bei der Entwicklung der Fragen für den Fragebogen aus der hier diskutierten Arbeit wurden daher folgende Bedingungen nach Mayer berücksichtigt:

 Es wurden einfache und klare Formulierungen verwendet.

 Es wurden möglichst kurze Fragen und Aussagen formuliert.

 Die Fragen bestanden aus einfachen Sätzen und nicht aus

Satzgefügen oder Satzverbindungen und waren vollständig formuliert.

 Es wurden keine Worte verwendet, die den Befragten unverständlich sein könnten.

 Die Fragen und Aussagen mussten von den Befragten eindeutig interpretiert werden können.

 Die Fragen und Antwortvorgaben passten logisch zueinander.

 Fragen enthielten keine doppelte Verneinung.

 Es wurden keine Worte wie „alle“, „immer“, „niemand“ und „niemals“

verwendet.

 Die Fragen enthielten immer nur einen Gedanken.

 Jede Frage bezog sich auf die Untersuchungsfrage.

 Die Fragen deckten den gesamten affektiven Bereich der interessierenden Einstellung ab.

 Die Fragen bezogen sich weitestgehend auf die Gegenwart.

 Die Fragen beschrieben keine Tatsachen und konnten nicht als Tatsachenbeschreibungen aufgefasst werden.

 Es wurde versucht, keine Fragen oder Aussagen zu verwenden, die alle Befragten ablehnen oder denen alle zustimmen könnten.

Dramaturgie des Fragebogens

Eine Untersuchung verfolgt mit einer Befragung die Beantwortung der Ausgangsfragestellung. Um eine hohe und vollständige Rückläuferquote zu erreichen, wird eine interessante und nachvollziehbare Dramaturgie in einem Fragebogen empfohlen. Der Befragte sollte sich in dem Themenfeld wiederfinden und die Situation erfassen können. So ist es für den Befragten auch angenehmer, wenn er im Vorfeld über die Befragungsdauer informiert wird. Die Befragungsdauer kann ein wichtiges Entscheidungsmerkmal zur Durchführung und konsequenter Teilnahme an der Befragung sein. Hier können einige Variablen eine Rolle spielen, so dass nach einer bewährten Faustregel von Kirschhofer-Bozenhardt und Kaplitza eine Befragung nicht länger als 40 Minuten dauern sollte (Kirschhofer-Bozenhardt und Kaplitza 1986; S.94). Am Anfang eines Fragebogens sollte Vertrauen und eine Antwortbereitschaft bei dem Befragten erreicht werden. Eine spezielle „Eisbrecherfrage“ kann sehr hilfreich sein und einen positiven Einfluss auf das weitere Ausfüllen haben (Mayer 2013; S.96). Die Fragen sollten dafür in einem Sinnzusammenhang stehen. Es wird davon ausgegangen, dass die Befragten dadurch bemüht sind, ihre Antworten konsistent zu halten (Schnell, Hill et al. 2011; S.336).

„Wichtig ist vor allem, dass die Einleitungsfragen Probleme ansprechen, die den Befragten unmittelbar interessieren, dass sie leicht zu beantworten sind und dass sie die Auskunftsperson von der Fehlvorstellung befreien, einer Prüfungssituation zu unterliegen.“ (Kirschhofer-Bozenhardt und Kaplitza 1986; S.94)

Die Fragen eines Fragebogens sollten zu Themenkomplexen zusammengefasst werden. So wird der Befragte auf einem Themengebiet fixiert und es werden keine Gedankensprünge gefordert. Gerade diese Gedankensprünge können ermüdend für den Befragten sein und seine Aufmerksamkeit sowie seine Motivation

beeinträchtigen. Nach Atteslander (Atteslander 1991; S.194) bestehen hierfür einfache dramaturgische Regeln:

„Das Allgemeine kommt vor dem Besonderen, das Vertraute vor dem Unvertrauten und das Einfache vor dem Komplizierten.“

Die Themenkomplexe können mit einem kurzen Überleitungssatz eingeleitet werden, um den Befragten für das neue Thema vorzubereiten. Die Konstruktion eines Fragebogens bedarf auch der Berücksichtigung von psychologischen Effekten wie z.B. dem Halo-Effekt. Dabei wird mit einer Aussage oder Frage eine mentale Beeinflussung bei der Beantwortung der nachfolgenden Fragen hervorgerufen (Mayer 2013;S.95). Die Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, demographische Fragen nach Alter, Geschlecht etc. eher am Ende zu stellen. In der Regel treten am Ende eines Fragebogens Ermüdungserscheinungen auf, so dass diese einfachen Fragen noch schnell beantwortet werden können (Mayer 2013; S.96). Zum Abschluss eines Fragebogens sollte ein Dank für die Mitarbeit formuliert werden.

Die soziale Voraussetzung

Neben vielen objektiven Rahmenbedingungen und der notwendigen Ressourcenausstattung (Zeit, Geld) spielen auch soziale Rahmenbedingungen bei der Durchführung von standardisierten Befragungen eine entscheidende Rolle. So müssen die soziostrukturellen und rechtlichen Vorrausetzungen des Befragungsumfeldes beachtet werden. Diese sozialen Rahmenbedingungen sind bei der Befragung von Ausländern und interkulturellen Subgruppen sehr entscheidend (Schnell 2012; S.187). Es müssen die Zugänglichkeit der Zielpopulation und die Verständigung geklärt sein. Das Problem der Zugänglichkeit war für die vorliegende Arbeit nicht relevant, da zu den ausländischen Patienten in den jeweiligen Kliniken ein direkter Zugang bestand. Die sprachliche Verständigung kann auf zwei Arten gelöst werden. Zum einen über den Ausschluss einer Subpopulation oder zum anderen über die Verwendung der Fragebögen in verschiedenen Sprachen. Der Ausschluss einzelner Subgruppen kann zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen, so dass in der vorliegenden Untersuchung der Fragebogen mehrsprachig angelegt wurde. Bei der

Verwendung von verschiedenen Sprachen besteht allerdings das Problem der Bedeutungsäquivalenz, die sich in semantische, konzeptuelle und normative Äquivalenz aufteilt (Schnell 2012; S.188). Die Tabelle 17 erläutert die Definitionen der Bedeutungsäquivalenzen.

Tabelle 17: Bedeutungsäquivalenz

BEDEUTUNGSÄQUIVALENZ DEFINITION

Semantische Äquivalenz Verwendung gleicher Begriffe

Konzeptuelle Äquivalenz Bezieht sich auf das Ausmaß, in dem ein Konzept in beiden Sprachen existiert

Normative Äquivalenz Bezieht sich auf die Unterschiede in gesellschaftlichen Regeln bei der Interpretation der Fragestellung Quelle: Eigene Darstellung (Schnell 2012; S.188)

Nach Falconer und McKay (Falconer, Mackay 1996; S.102) wird das Erreichen der konzeptuellen Äquivalenz erleichtert, wenn bei der Erstellung des Ausgangsfragebogens auf vermutlich schwer zu übersetzende Begrifflichkeiten verzichtet wird. Die vorliegende Arbeit hat sich dem Verfahren „back translation“

angeschlossen. Der Fragebogen wurde jeweils von Muttersprachlern übersetzt und auch wieder zurückübersetzt. Außerdem wurden die Fragen im medizinischen Umfeld formuliert, so dass der kulturelle Interpretationsspielraum minimiert werden konnte. Neben der sprachlichen Barriere zwischen den Kommunikationspartnern besteht noch ein kultureller und religiöser Unterschied. Auch diese Barriere wurde bei der Erstellung des Fragebogens beachtet. Gerade in ethnisch inhomogenen Populationen, wie sie in der vorliegenden Arbeit befragt wurden, müssen die Fragestellungen kulturell und ethisch angemessen sein. Bei der Konzeption des Fragebogens wurde von einer Verteilung der Stichprobe aus unterschiedlichen Heimatländern ausgegangen. Der Ausschnitt der folgenden Checkliste von Hambleton (Hambleton, Rodgers 1995) bildete die Basis für einen angemessenen Fragebogen in der jeweiligen Sprache im hier besprochenen Projekt (Schnell 2012; S. 190) (s. Tabelle 18).

Tabelle 18: Teil der Checkliste für subgruppenspezifische Item-Bias

GEBEN DIE FRAGEN EINE POSITIV WIRKENDE EINSCHÄTZUNG ALLER INTERESSIERENDEN SUBGRUPPEN WIEDER?

Sind die Begriffe in allen Fragen für alle interessierenden Subgruppen in gleichem Maß bekannt?

Werden alle interessierende Subgruppen in gleichen Situationen und Gesprächsrollen angesprochen?

Sind die Erläuterungen und Instruktionen zu den Fragen für alle interessierenden Subgruppen in gleichem Maß verständlich?

Quelle: Eigene Darstellung nach (Hambleton, Rodgers 1995) und (Schnell 2012; S.189)

Formen der Fragestellung

Nach Porst (Porst 2011; S.51) können Fragen in einem Fragebogen grundsätzlich nach Ihrem Inhalt und Ihrer Form unterschieden werden. Die inhaltlichen Gesichtspunkte sind für den Fragebogenentwickler eher beliebig und leicht zu unterteilen. Viel wichtiger erscheint die Differenzierung in der Form. Hierbei werden geschlossene, halboffene und offene Fragen unterschieden. Bei einer geschlossenen Frage gibt es eine begrenzte und definierte Anzahl möglicher Antwortkategorien (Einfach- oder Mehrfachnennung), was für eine schnelle Datenaufnahme und –auswertung von Vorteil ist. Der Nachteil besteht allerdings darin, dass sich die Befragten nicht immer in den vorgegebenen Antwortkategorien wiederfinden. So entstehen Nicht-Beantwortungen oder Falschangaben. Bei offenen Fragen existieren keine Antwortkategorien, sondern freie Textfelder. Der Befragte kann offen antworten und somit entstehen für die Auswertung sehr viele Antworten. Dies ist für die Auswertung ein immenser Aufwand. Die Beantwortung offener und geschlossener Fragen ist nicht nur unterschiedlich schwierig, sondern erfordert auch unterschiedliche kognitive Leistungen der Befragten. Die offene Frage dient der Informationsgewinnung, aber auch der Motivation der befragten Person. Die Motivation ergibt sich aus dem einfachen Verlassen der Antwortkategorien und der freien Beantwortung. Porst (Porst 2011) hat für die Entscheidung, offene oder geschlossene Fragen zu verwenden, eine Faustregel entwickelt, die anwendbar ist, wenn der Befragungsgegenstand relativ unbekannt ist (z.B. bei „neuen“ Themen), wenn die Anzahl der möglichen Antworten

unbekannt oder sehr groß ist oder wenn es vermieden werden soll, die Befragten in eine bestimmte Richtung zu lenken:

„Verwenden Sie geschlossene Fragen immer dann, wenn Sie das Universum der Antwort sicher kennen und es aus einer bestimmten und bestimmbaren Menge besteht, wenn die Anzahl der möglichen Antworten nicht allzu groß ist, wenn Ihre Fragen sich mit mehr oder weniger bekannten Sachverhalten beschäftigen und wenn es –ganz pragmatisch- schnell gehen soll.“ (Porst 2011; S.63/64)

Eine Mischung beider stellt die Frageform der halboffenen Fragen dar. Die Entstehung dieser Frageform geht auf die Entscheidungsschwierigkeiten der Fragebogenentwickler zurück und kommt in der Praxis sehr oft vor. An eine geschlossene Frage wird eine zusätzliche Kategorie angeschlossen (z.B.

Sonstiges), um der Befragungsperson einen breiteren Spielraum in den Antwortkategorien zu generieren (Porst 2011 S. 56). Inwiefern die geschlossene oder offene Frage verwendet wird bzw. welche besser ist, wird seit Jahren ergebnislos in der Literatur diskutiert (Lazarsfeld 1948, Campbell 1945, Krech, Crutchfield 1948).

Gerade die halboffene Frage war für die vorliegende Befragung sehr geeignet. Es sollten sich alle ausländischen Patienten in dem Fragebogen wiederfinden. Die individuellen Eigenschaften dieser internationalen Gruppe konnten nicht über reine geschlossene Fragen erschlossen werden. Nach Porst (Porst 2011) dient die halboffene Frage auch nicht nur der Datengewinnung, sondern auch zur Aufrechterhaltung der Motivation der Befragten. Nichtsdestotrotz konnte auch mit dem in dieser Arbeit entwickelten Fragebogen nicht erreicht werden, dass alle Befragten alle Fragen vollständig beantworteten. Auch in dieser Arbeit blieben einige Fragen des Fragebogens unbeantwortet.

Pre-Test

Mit Hilfe eines Pre-Tests sollte in dieser Arbeit neben der Funktionsweise der Fragen auch auf spätere Befragungsprobleme aufmerksam gemacht werden.

Dazu wurde die Reaktion des Befragten geprüft, um auch sicherzustellen, dass die Frage thematisch sinnvoll ist. Mit dem Pre-Test konnten diese Auffälligkeiten eliminiert und für die spätere Auswertung optimaler angepasst werden.

Mit einem Pre-Test sollen das Untersuchungsdesign insgesamt und der Feldzugang geprüft werden. Ein weiterer Nutzen eines Pre-Tests ist die Überprüfung der Zeit unter realistischen Bedingungen.

Die Aufgaben eines Pre-Tests sind nach Schnell (Schnell 2012) die Überprüfung

 …der ausreichenden Variationen der Antworten

 …des Verständnisses der Fragen durch den Befragten

 …der Schwierigkeit der Fragen für den Befragten

 …des Interesses und der Aufmerksamkeit des Befragten

 …der Kontinuität des Interviewablaufs („Fluss“)

 …der Effekte der Frageanordnung

 …der Güte der Filterführung

 …der Dauer der Befragung

 …des Interesses des Befragten gegenüber der gesamten Bevölkerung

 …der Belastung des Befragten durch die Befragung.

Der Pre-Test wurde nach Fertigstellung des Fragebogenkonstrukts in dieser Arbeit durchgeführt. Dabei wurden unter Einsatz von Testpersonen aus der eigenen Klinik Befragungen, wie in der Studie vorgesehen, durchgeführt, um Qualitätsdefizite im Fragebogen zu erkennen.

Bei Pre-Tests nimmt der Befrager eine passive Rolle ein, und es ist auch kein aktives Nachfragen vorgesehen. Der Fragebogen wird hinsichtlich Interpretationsfehler nicht verbessert. Wenn eine Frage korrekt beantwortet ist, kann es trotzdem zu einer Fehlinterpretation gekommen sein (Geyer 2003; S.134).

Befragte müssen nicht unbedingt per Zufall ausgewählt werden. In der Literatur werden verschiedene Stichprobengrößen für Pre-Tests empfohlen. Nach Prüfer und Rexroth (Prüfer, Rexroth 1996; S.98) sollen zwischen 20 bis 50 und nach Converse und Presser (Converse, Presser 1986; S.69) zwischen 20 und 75 Befragte am Pre-Test teilnehmen. Die Befragten müssen dabei nicht unbedingt mit

der Grundgesamtheit der Befragten identisch sein. Auf jeden Fall sollten aber alle Untergruppen der Zielpopulation angesprochen werden (Geyer 2003; S. 135).

Die zentrale Wichtigkeit von Pre-Tests für eine zuverlässige Entwicklung von Fragebögen ist in der Literatur unumstritten. Sie spielen allerdings in der praktischen Durchführung bei sozialempirischen Studien kaum eine Rolle. Bereits im Jahr 1984 hat Cannell (1984) dies ganz plausibel erklärt:

„Der Grund, warum den Techniken der Datenerhebung wenig Beachtung geschenkt worden ist, liegt vermutlich in ihrer scheinbaren Einfachheit. Einfache Fragen zu stellen und darauf Antworten zu bekommen, ist ein natürlicher Vorgang in der alltäglichen Kommunikation. Wir sind alle Experten im Fragenstellen und Fragenbeantworten.“ (Schnell 2019; S.125)

Gerade Interpretationsprobleme bei Fragen können durch einen strukturierten Pre-Test entdeckt werden, da diese Situation des Frage-Antwort-Spiels am Schreibtisch nicht ausreichend simuliert werden kann. Diese „vermeintliche Einfachheit des Frage- und Antwortspiels“ ist nach Cannell (1984) ein Grund für die Nicht-Formulierung von verbindlichen Standards für einen Pre-Test. Jede standardisierte Befragung erfordere einen Pre-Test, um die Erhebungsinstrumente zu verbessern und Fehler zu korrigieren. (Schnell 2019; S.126) In der Literatur wird dennoch kein verbindlicher Pre-Test empfohlen. Bis in die 1980er Jahre war der Standard-Pre-Test nach Converse und Presser (Converse, Presser 1986) üblich.

Mit neuen Erkenntnissen aus der Denk- und Gedächtnispsychologie wurden die Konstruktionen und Designs der Fragebögen immer präziser überarbeitet (Schwarz, Groves et al. 1999, Hippler, Schwarz 1987). So entwickelte sich neben dem sogenannten Standard-Pre-Test ein kognitives Verfahren zur Überprüfung der formulierten Fragen (Geyer 2003; S.133/134).

Die Rückmeldungen aus dem Pre-Test zum Aufbau des Fragebogens in dieser Arbeit waren gut und die ausgefüllten Fragebögen waren demnach auch nicht von Fehlinterpretation betroffen.

Rücklaufquote der Fragebögen

Die Beteiligung der in diese Studie involvierten Kliniken war sehr heterogen. Die meisten Fragebögen stammten aus den Kliniken in Berlin und Hannover (vgl.

S.49). Die geringe Rücklaufquote hat direkt mit der Kommunikation in den einzelnen Kliniken korreliert. Am Standort Hannover bestand durch die Vorortsituation des Verfassers direkter Zugriff bzw. direkte Einflussnahme bei der Aufnahme der Patienten. In Berlin konnte über eine kommunikative (Telefon und Mail) Ebene das Engagement einer Oberärztin gewonnen werden. Das Herzzentrum Berlin behandelt im Verhältnis zu den anderen beteiligten Kliniken die meisten ausländischen Patienten in der Herzchirurgie. Aus den anderen beteiligten Kliniken konnten nur wenige ausgefüllte Fragebögen generiert werden.

Der Grund hierfür kann in der geringen Anzahl der behandelten ausländischen Patienten in diesen Kliniken liegen. Ferner ist es naheliegend, dass den in den Kliniken tätigen Stationsärzten der Fragebogen vor dem Hintergrund des belastenden und komprimierten klinischen Alltags nicht mehr präsent war. In den meisten Kliniken bestehen für die Versorgung von ausländischen Patienten keine standardisierten Prozesse (SOP), in die auch die Integration dieser besonderen Patientengruppe in spezifischen Studien vorgesehen wären. Somit war die erforderliche Aufmerksamkeit der einzelnen Stations- und Oberärzte zur Teilnahme an dieser Studie mutmaßlich nicht gegeben. Am Standort Hannover hat der Verfasser persönlich auf die Verteilung der Fragebögen geachtet. In der Berliner Klinik besteht ein erhöhtes Aufkommen ausländischer Patienten, im speziellen Patienten aus Russland, so dass hier mit der Unterstützung einer direkten Ansprechpartnerin ein guter Rücklauf erzielt werden konnte.

Schließlich besteht auch die Möglichkeit, dass in den anderen Kliniken die Patienten in geringerem Maße ihre Einwilligung zur Teilnahme an der Studie gegeben haben. Die Ursache für diese differente Compliance konnte in dieser Arbeit nicht ermittelt werden.

Die Rücklaufquote bei schriftlichen Befragungen kann nach der „The Taylored Design Method (TDM)“ von Dillman et al. (Dillman 2000) mit folgenden Maßnahmen positiv beeinflusst werden:

 Gebundenes Heft mit einem interessanten Umschlag; die optimale Länge eines Fragebogens wird in der Literatur mit 12 bis 16 Seiten beschrieben

 Anreiz mit einer kleinen Anerkennung unterstützen; verschiedene Studien konnten eine erhöhte Bereitschaft zur Teilnahme nachweisen

 Mehrfache Kontaktaufnahme; Versendung plus drei Erinnerungen

 Frankierter Rückumschlag

 Anerkannte Autorität; neben einem personalisierten Anschreiben sollte ein begleitendes Schreiben einer anerkannten Autorität in diesem Gebiet beiliegen

(Egger, Razum 2014; S.89 ff.)

Der in dieser Studie verwendete Fragebogen umfasste sieben Seiten. Es wurde mehrfach Kontakt mit den behandelnden Ärzten in den Partnerkliniken aufgenommen. Die Rücksendelogistik wurde durch den Verfasser vollständig übernommen bzw. erleichtert und durch die Unterstützung der jeweiligen Ordinarien war in jeder Klink eine anerkannte Autorität präsent. Trotz alledem konnte in einigen Kliniken keine zufriedenstellende Rücklaufquote erreicht werden, was als grundsätzliche Schwäche der quantitativen Methodik angesehen werden könnte.

Die befragte Stichprobe war schließlich weniger heterogen als bei der Konzeption des Fragebogens erwartet, da der Standort Berlin viele russische Patienten versorgt und die Russen in Berlin mit 42% am Gesamtumsatz den höchsten Anteil aller Nicht-EU-Touristen stellen (Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH 2015; S.27). Bei der Bewertung der Ergebnisse müssen somit zusammenfassend die mäßige Rücklaufquote und die überproportional russischstämmigen Patienten berücksichtigt werden.