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Medizinische Hochschule Hannover Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung

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Academic year: 2022

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(1)

Medizinische Hochschule Hannover Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und

Gesundheitssystemforschung

Quantitative und qualitative Analyse von Präferenzen ausländischer Patient/ innen und Leistungserbringern in

deutschen herzchirurgischen Universitätskliniken

INAUGURALDISSERTATION zur Erlangung des Grades eines Doktors

Public Health

vorgelegt von Cornelius Jäger

aus Peine

Hannover, im Januar 2021

(2)

Angenommen vom Senat am 02.06.2021

Präsident Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. oec. Volker Amelung

Wissenschaftliche Zweitbetreuung: Prof. Dr. med. Dr. h.c. Axel Haverich

1. Gutachter/in: Prof. Dr. oec. Volker Amelung

2. Gutachter/in: Prof. Dr. med. Dr. h.c. med. Axel Haverich 3. Gutachter/in: Prof. Dr. med. Bernt-Peter Robra

Tag der mündlichen Prüfung: 02.06.2021

(3)

Gender Erklärung

In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

(4)

Abkürzungsverzeichnis

abs. absolut

BGB Bürgerliches Gesetzbuch bspw. beispielsweise

bzgl. bezüglich

bzw. beziehungsweise ca. circa

CMI Case Mix Index

DGCH Deutsche Gesellschaft für Chirurgie

DGTHG Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie DHZB Deutsches Herzzentrum Berlin

Dr. Doktor

DRG Diagnosis Related Groups

EACTS European Association of CardioThoracic Surgeons et al. et altera (lat.: und andere)

etc. et cetera (lat.: und weitere) EU Europäische Union

EuGH Europäischer Gerichtshof e.V. Eingetragener Verein

EWG Europäische Wertegemeinschaft

f. folgende

ff. fortlaufend folgende

FH Fachhochschule

ggfs. gegebenenfalls

GKV Gesetzliche Krankenversicherung

HTTG Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie InEK Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus

lt. laut

med. medizinische

MHH Medizinische Hochschule Hannover Mill. Millionen

Mrd. Milliarden Öffentl. Öffentliche

(5)

Prof. Professor

S. Seite

s. siehe

USA United States of America vgl. vergleiche

VUD Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V.

z.B. zum Beispiel

(6)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die duale Krankenhausfinanzierung ... 3

Abbildung 2: Die komplexen Herausforderungen an ein modernes Krankenhaus 8 Abbildung 3: Aufbau der Arbeit ...12

Abbildung 4: Ausgewählte Kliniken ...14

Abbildung 5: Prozess des leitfadengestützten Experteninterviews ...19

Abbildung 6: Einteilung der Aufnahmeart ...50

Abbildung 7: Verteilung Erst- oder Re-Eingriff ...50

Abbildung 8: Warum eine medizinische Behandlung im Ausland?...50

Abbildung 9: Begründung gegen eine medizinische Behandlung im Heimatland 51 Abbildung 10: Beweggründe für eine Behandlung in Deutschland ...52

Abbildung 11: Informationsquellen über eine Behandlung in Deutschland...52

Abbildung 12: Alternativländer zur Behandlung in Deutschland ...53

Abbildung 13: Kostenübernahme der Patienten ...53

Abbildung 14: Anzahl der mitreisenden Angehörigen ...54

Abbildung 15: Beurteilung des stationären Aufenthaltes ...55

Abbildung 16: Einschätzungen zum stationären Aufenthalt ...56

Abbildung 17: Einschätzung des Verbesserungspotentials für die Behandlung von ausländischen Patienten ...57

Abbildung 18: Verständigungssprache mit Arzt bzw. Pflegepersonal ...58

Abbildung 19: Auswahl des Dolmetschers ...58

Abbildung 20: Altersverteilung der befragten Patienten. ...59

(7)

Abbildung 21: Verteilung der Berufsgruppen ...60 Abbildung 22: Verteilung der Bildungsabschlüsse unter den Patienten ...60

(8)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Entwicklung zentraler Krankenhausindikatoren ... 1

Tabelle 2: Übersicht ausgewählter universitärer Kliniken ...15

Tabelle 3: Potenzielle Quellen der Sekundärforschung des Medizintourismus ...17

Tabelle 4: Beispiel für die Zuordnung der Hauptkategorien und Definition ...27

Tabelle 5: Ablauf der Fragebogenentwicklung ...32

Tabelle 6: Ablauf des Pre-Tests ...34

Tabelle 7: Liste Hauptcoding mit Unterpunkten ...39

Tabelle 8: Einschätzung der Experten zu Chancen und Risiken des Medizintourismus ...48

Tabelle 9: Entwicklung von stationären ausländischen Patienten ...67

Tabelle 10: Beweggründe gegen eine med. Behandlung im Ausland ...79

Tabelle 11: Entwicklung herzchirurgischer Eingriffe in Deutschland ...82

Tabelle 12: Verteilung der Operationen auf die 78 herzchirurgischen Kliniken ...83

Tabelle 13: Erwartungen an eine medizinische Behandlung...94

Tabelle 14: Vor- und Nachteile unterschiedlicher Dolmetschertypen ...98

Tabelle 15: Vor- und Nachteile der Kooperation mit Patientenvermittlern aus Kliniksicht ... 107

Tabelle 16: Handelshindernisse und Risiken im Medizintourismus ... 113

Tabelle 17: Bedeutungsäquivalenz ... 125

Tabelle 18: Teil der Checkliste für subgruppenspezifische Item-Bias ... 126

(9)

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis ... IV Abbildungsverzeichnis ... VI Tabellenverzeichnis ... VIII Inhaltsverzeichnis ... IX Zusammenfassung... XII Abstract ... XVI

1. Einleitung ... 1

1.1. Finanzielle Herausforderungen für Krankenhäuser in Deutschland ... 1

1.1.1. Rückgang der Investitionsquote in Krankenhäusern ... 2

1.1.2. Einnahmen von Krankenhäusern ... 4

1.1.3. Bedarfsplanung und Budgetierung... 5

1.2. Internationale Patienten als extrabudgetäre Einnahmequelle für deutsche Krankenhäuser? ... 6

1.3. Risiken bei der Behandlung internationaler Patienten für deutsche Krankenhäuser und die Patienten... 8

2. Ziel und Aufbau der Arbeit ...10

2.1. Aufbau der Dissertation ... 10

3. Material und Methoden ...13

3.1. Studiendesign und Methodenauswahl ... 15

3.2. Literaturrecherche ... 16

3.3. Experteninterviews ... 18

3.3.1. Durchführung der Experteninterviews ... 22

3.3.2. Datenaufbereitung/ Transkription ... 23

3.3.3. Inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse ... 24

3.4. Quantitative Erhebung: Standardisierte Befragung bei ausländischen Patienten in der Herzchirurgie ... 30

(10)

3.4.1. Stichprobe ... 30

3.4.2. Entwicklung des vorliegenden Fragebogens ... 31

3.4.3. Fragebogendesign ... 33

3.4.4. Fragebogenqualifizierung ... 33

3.4.5. Pre-Test... 34

3.4.6. Mehrsprachigkeit ... 35

3.5. Durchführung von Interviews und Fragebogen-Analyse ... 36

3.6. Votum der Ethikkommission der Medizinischen Hochschule Hannover .. 36

3.7. Statistik ... 36

4. Ergebnisse ...38

4.1. Qualitativ: Ergebnisse der Experteninterviews ... 38

4.1.1. Ergebnisse der Codierung ... 38

4.1.2. Allgemein: Der ausländische Patient ... 40

4.1.3. Eigene Klinik: Potential ... 44

4.1.4. Herausforderung: Organisation ... 45

4.1.5. Sonstiges ... 46

4.1.6. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse der Expertenperspektive ... 47

4.3. Quantitativ: Ergebnisse der Patientenbefragung ... 49

4.3.1. Krankheit und Behandlung außerhalb des Heimatlandes ... 49

4.3.2. Bewegründe für eine Behandlung in Deutschland ... 51

4.3.3. Kostenübernahme ... 53

4.3.4. Begleitung durch Angehörige ... 54

4.3.5. Aufenthalt in der Klinik ... 54

4.3.6. Sprache ... 57

4.3.7. Soziodemografische Daten ... 59

4.3.8. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse der Patientenperspektive ... 61

5. Diskussion ...62

5.1. Wettbewerb im Krankenhausmarkt ... 63

5.2. Medizintourismus als Wirtschaftsfaktor ... 65

5.3. Typologie der ausländischen Patienten ... 71

5.4. Geschäftsmodell internationale Patienten ... 72

(11)

5.5. Motivation internationaler Patienten für eine Behandlung in Deutschland 75

5.5.1. Reputation des deutschen Gesundheitswesens ... 80

5.5.2. Herzchirurgische Versorgung in Deutschland ... 81

5.6. Herausforderungen bei der Versorgung internationaler Patienten ... 85

5.6.1. Einschränkungen für die einheimischen Patienten ... 85

5.6.2. Infrastruktur und Prozesse ... 87

5.6.3. Liquidation ... 89

5.6.4. Religion ... 92

5.6.5. Ernährung ... 93

5.6.6. Soziokulturelle Bedingungen ... 93

5.6.7. Kommunikation ... 95

5.7. Vertrieb und Marketing ... 100

5.7.1. Vermittlungsagenturen ... 103

5.8. Zentrale nationale Vermittlungsstelle für internationale Patienten ... 108

5.9. Rechtliche Grundlagen für die Abrechnung ausländischer Patienten .... 110

5.10. Zusammenfassung der Herausforderungen bei der Versorgung ausländischer Patienten ... 113

5.11. Methodik und Limitationen ... 114

5.11.1. Auswahl der Erhebungsinstrumente ... 115

5.11.2. Auswahl der Erhebungsorte ... 116

5.11.3. Interview ... 116

5.11.4. Quantitative Erhebung: Der Fragebogen ... 121

6. Schlussfolgerung ... 132

7. Literaturverzeichnis ... 135

8. Anhang ... 152

8.1. Anhang 1: Fragebogen (Deutsch) ... 152

8.2. Anhang 2: Standardisierter Leitfaden für Experteninterviews ... 164

8.3. Anhang 3: Ethikvotum ... 166

8.4. Anhang 4: Tabelle zu soziokulturellen Herausforderungen ... 167

Lebenslauf ... 170

Erklärung nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 Promotionsordnung ... 174

Danksagung ... 175

(12)

Zusammenfassung

Quantitative und qualitative Analyse von Präferenzen ausländischer Patient/ innen und Leistungserbringern in deutschen herzchirurgischen Universitätskliniken

Cornelius Jäger

Hintergrund: Zahlreiche Krankenhäuser, darunter auch Universitätskliniken, sind in den letzten Jahren in eine existentiell bedrohliche Situation geraten. In Deutschland gilt das Prinzip der dualen Finanzierung von Krankenhäusern: Die Investitionsmittel sollen von den Ländern bereitgestellt werden, laufende Ausgaben für Sachmittel und Personal werden von den Einnahmen durch die Krankenkassen gedeckt. Da die Länder ihrer Investitionsverpflichtung in der Vergangenheit aber nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sind, besteht in Deutschland ein Investitionsstau von geschätzt 56 Mrd. €. Unzureichende Investitionsmittel bringen viele Krankenhäuser jedoch in finanzielle Bedrängnis und können sogar zu einer Beeinträchtigung der Behandlungsqualität bis hin zur Patientengefährdung führen. Die deutschen Krankenhäuser sind daher bestrebt, zusätzliche Einkünfte zu erzielen, um weiterhin auf höchstem medizinischem Niveau handlungsfähig zu bleiben. Allerdings erfolgt die Abrechnung der Erlöse mit den Kostenträgern auf Grundlage der Verhandlung eines jährlichen Erlösbudgets. Mehrleistungen über diese vereinbarte Fallzahl hinaus werden nur mit gravierenden Abschlägen vergütet. Außerhalb dieses Krankenversicherungs- budgets kann ein Krankenhaus also nur über die Behandlung von selbstzahlenden Patienten zusätzliche Umsätze erwirtschaften.

Die Erlöse von ausländischen Patienten sind nicht Teil des mit den Krankenkassen vereinbarten Budgets und verbessern daher ohne Abschläge die Einnahmen und das Betriebsergebnis. Zudem können die zusätzlichen Erlöse genutzt werden, um den großen Investitionsbedarf zumindest in kleinen Teilen zu mindern. Zur Etablierung eines ökonomisch vielversprechenden Geschäftsmodells

„Internationale Patienten“ sollten jedoch die wesentlichen Erfolgsfaktoren bekannt

(13)

sein, um möglichen negativen Effekten für die ausländischen wie für die deutschen Patienten sowie für das Krankenhaus vorzubeugen.

Besonders in der Herzchirurgie können Mängel in der Infrastruktur, der Prozessorganisation und der Personalführung unmittelbar zu schweren, lebensbedrohlichen Fehlern und Komplikationen führen. Die optimale Versorgung der oft multimorbiden herzchirurgischen Patienten setzt daher eine weitestgehende Minimierung aller Störfaktoren voraus. Die Herzchirurgie ist somit eine beispielgebende medizinische Disziplin, anhand derer zukünftige Standards in der Versorgung von internationalen Patienten in Deutschland als Referenz entwickelt werden können.

Ziel der Arbeit: Es sollen in dieser Dissertation Chancen und Risiken der herzchirurgischen Versorgung internationaler Patienten detektiert und charakterisiert werden. Diese Untersuchung soll damit eine belastbare Grundlage bieten, um Krankenhäuser bei der Bewertung des Geschäftsmodells

„Internationale Patienten“ zu unterstützen.

Methodik: Einschätzungen von repräsentativen herzchirurgischen Klinikdirektoren sowie von zum Zeitpunkt der Umfrage in Deutschland versorgten Patienten stehen im Vordergrund der Untersuchung. Dazu werden Präferenzen von ausländischen Patienten und Leistungserbringern in herzchirurgischen deutschen Kliniken analysiert. Bei der Studie handelt es sich um eine deskriptive- explorative Querschnittsanalyse der Versorgung ausländischer Patienten in acht medizinischen universitären Einrichtungen und dem Deutschen Herzzentrum Berlin als Einheit der Berliner Charité. Die Perspektive der einzelnen Kliniken und die zwischenmenschlichen Schwierigkeiten in diesem Bereich wurden dabei mit einem qualitativen und quantitativen Methodenmix untersucht. Zum einen kam eine qualitative Befragung mit neun leitfadengestützten Experteninterviews mit Klinikchefärzten und zum anderen eine quantitative Befragung mittels eines Fragebogens bei 106 ausländischen Patienten in den neun Kliniken zum Einsatz.

Ergebnisse: In den Experteninterviews wurde deutlich, dass die beteiligten Klinken trotz einer verbal betonten Unabhängigkeit gegenüber der Nationalität aktuell russische Patienten bevorzugen. Durch den Medizintourismus versprechen

(14)

sich die befragten Experten zwar attraktive Erlöse, allerdings kann die gesetzliche Deckelung und Orientierung am DRG1-System mitunter zu Unterdeckungen bei bspw. komplizierten Behandlungsverläufen führen. Gesetzliche Anpassungen seien erforderlich, um auch das Dilemma zu adressieren, dass nicht-deutsche Patienten hier behandelt werden, obgleich sie in Deutschland keine Steuern zahlen und damit nicht zu den Investitionsmitteln für Krankenhäuser beitragen. Im Alltag sehen die Experten in der Kommunikation, den Ernährungsgewohnheiten und bei bestimmten religiösen Regularien die größten Herausforderungen in der Behandlung internationaler Patienten. Es bestünden hohe Anforderungen an Personal, Infrastruktur und Prozesse, um die Patienten wirtschaftlich tragfähig und medizinisch exzellent zu versorgen. Nur eine reibungslose medizinische Versorgung trage zur hohen Reputation des deutschen Gesundheitswesens im Ausland bei und sei eine wesentliche Voraussetzung, um im internationalen Wettbewerb um die ausländischen Patienten bestehen zu können. Ein innerdeutscher Wettbewerb bestünde in diesem Markt nicht. Nichtsdestotrotz würde eine nationale, zentrale Vermittlungsstelle für ausländische Patienten zu einer effizienteren Allokation der Patienten führen und gleichzeitig dubiosen Patientenvermittlern, die am internationalen Medizintourismus monetär partizipieren möchten, den Handlungsspielraum einschränken.

Die befragten Patienten mit einem Altersdurchschnitt von 57 Jahren, waren in 78%

der Fälle für einen elektiven herzchirurgischen Eingriff nach Deutschland gereist.

Hauptsächlich folgten die Patienten der Empfehlung durch Angehörige und Ärzten im Heimatland, die Behandlung in Deutschland durchführen zu lassen. Eine wesentliche Rationale war bei 55% der Befragten eine vermutete geringere Behandlungsqualität in ihrem Heimatland. Nur 10% gaben eine verlängerte Wartezeit als Grund an, sich dort nicht operieren zu lassen. Hauptsächlich informierten sich die Patienten über das Internet (31%) und über ihre Angehörigen (32%) zu den Behandlungsoptionen in Deutschland. Nur 37% der Patienten erwogen andere Länder (USA, Schweiz) für ihre Behandlung. 94% der Patienten waren Selbstzahler. Sie sahen im International Office der Kliniken, in der Kommunikation im Krankenhaus und beim Informationsangebot im Internet in ihrer

1DRG: Diagnosis Related Groups; Diagnosebezogene Fallgruppen für ein pauschalisiertes Abrechnungsverfahren

(15)

Landessprache die wichtigsten Verbesserungspotenziale in den deutschen Kliniken. Die Kommunikation zwischen Patienten und Krankenhauspersonal erfolgte hauptsächlich in Englisch, aber 31% konnten sich in ihrer Landessprache austauschen. 46% der Patienten griffen auf professionelle Übersetzer zurück.

Limitationen: Leider konnten nicht von allen an dieser Studie beteiligten Krankenhäusern Fragebögen erhalten werden. Die Rücklaufquote der Fragebögen ist damit eine Schwäche der vorliegenden Arbeit. Zudem nahmen nicht zuletzt wegen der guten Beteiligung des Herzzentrums Berlin vorwiegend russische Patienten an der Befragung teil. Dies gilt es bei der Bewertung der Erkenntnisse zu berücksichtigen.

Schlussfolgerung: Schlussfolgernd kann der Medizintourismus als ein aussichtsreiches Geschäftsmodell für deutsche herzchirurgische Kliniken gesehen werden. Ziel einer holistischen Krankenhausstrategie sollte die Sicherstellung einer medizinisch exzellenten, ethisch einwandfreien, und wirtschaftlich tragfähigen Krankenversorgung für alle – inländische wie ausländische – Patienten sein. Bei Etablierung eines Geschäftsmodells „Internationale Patienten“ ist daher die profunde Kenntnis aller Einflussfaktoren erforderlich. Hierzu liefert die vorliegende Arbeit erstmals Erkenntnisse, die spezifisch für die zukünftige Versorgung von ausländischen Patienten angewendet werden können, nicht nur in der Herzchirurgie. In zukünftigen Arbeiten könnten Blaupausen zur systematischen Einrichtung internationaler Aktivitäten entwickelt werden. Diese könnten Optimierung und Evaluation internationaler Marketingmaßnahmen ermöglichen sowie eine Umsetzung eines effektiven Klinikmanagements zu den Herausforderungen durch ausländische Patienten in der klinischen Routine adressieren.

(16)

Abstract

Quantitative and qualitative analysis of preferences of foreign patients and healthcare providers in German cardiac surgery university hospitals

Cornelius Jäger

Background: Many hospitals, including university hospitals, have found themselves in an existentially threatening situation in recent years. In Germany, the principle of dual financing of hospitals applies: the states governments provide the investment funds. Current expenditure on equipment and personnel is covered by the revenues of the health insurance funds. However, as countries have not sufficiently met their investment commitments in the past, Germany has an estimated investment backlog of €56 billion. Insufficient investment funds, however, put many hospitals in financial distress and can even lead to a deterioration in the quality of treatment up to the risk of patients. The German hospitals are, therefore, striving to generate additional income to remain able to operate at the highest medical level. However, the proceeds are settled with the cost objects based on the negotiation of an annual revenue budget. Additional services provided in excess of beyond this agreed number of cases are only remunerated with severe discounts. Thus, outside of this health insurance budget, a hospital can only generate additional revenue through the treatment of self- paying patients. The proceeds of foreign patients are not part of the budget agreed with the health insurance funds and may improve the revenues and the operating result without discounts. Also, the additional proceeds can be used to reduce the investment needs of the German clinics, at least in small parts. To establish an economically promising business model, "International Patients," however, the main success factors should be known to prevent possible adverse effects for both foreign and German patients as well as for the hospital.

Especially in cardiac surgery, deficiencies in infrastructure, process organization, and personnel management can lead directly to severe, life-threatening errors, and complications. The optimal care of the often multimorbid cardiac surgery patients, therefore, requires the minimization of all risk factors. Cardiac surgery is an

(17)

exemplary medical discipline based on which future standards in the care of international patients in Germany can be developed as a reference.

Aim of the work: This dissertation is intended to detect and characterize the opportunities and risks of cardiac surgery care for international patients. This study should thus provide a robust basis for support hospitals assess the "International Patients" business model.

Methodology: The assessments of representative chief cardiac surgeons and cardiac surgical patients in Germany at the time of the questionnaire are the focus of the study. Preferences of foreign patients and service providers in German cardiac surgery clinics were analyzed. The study is a descriptive-exploratory cross- sectional analysis of the cardiac surgical care of foreign patients in eight medical university institutions and the German Heart Center Berlin as a unit of the Berlin Charité. The perspective of the individual clinics and the interpersonal difficulties were examined with a qualitative and quantitative mix of methods. On the one hand, a qualitative survey with nine guideline-based expert interviews with chief clinical physicians and on the other hand, a quantitative survey utilizing a questionnaire among 106 foreign patients in the clinics was used.

Results: The expert interviews revealed that the clinics involved, prefer Russian patients despite are intended independence from nationality. The experts surveyed did expect attractive revenues through medical tourism, however the legal capping and orientation along the DRG system sometimes leads to underfunding in complicated patients. Legislative adjustments are needed to address the dilemma that non-German patients are treated here although they not pay taxes in Germany and thus do not contribute to the much-needed investment funds for hospitals.

Looking at individual challenges experts see communication, dietary habits, and certain religious regulations as the most significant challenges in treating international patients. There are high demands on personnel, infrastructure, and processes to provide economically viable and medically excellent care. But, only excellent medical care contributes to the high reputation of the German healthcare system abroad, which is the essential prerequisite for being able to compete internationally for foreign patients. There would be no intra-German competition in

(18)

this market. On a systemic level, thus, a national, centralized agency for foreign patients would lead to a more efficient allocation of patients while at the same time limiting the scope for action for dubious patient intermediaries who want to earn money from international medical tourism.

The patients interviewed, with an average age of 57 years, had traveled to Germany for elective heart surgery in 78% of cases. Most patients followed the recommendation of relatives and their doctors in their home country to have the treatment carried out in Germany. A significant rationale was a suspected lower quality of treatment in their home country in 55% of the respondents. Only 10%

claimed extended waiting periods for not leaving surgery in their home country.

Comonly patients were informed via the Internet (31%) and their relatives (32%) about the treatment options in Germany. Only 37% of patients considered other countries (USA, Switzerland) for their treatment. 94% of the patients were self- payers. The most relevant potential for improvement within the German clinics were seem functional in the International Office of the hospitals, in language communication within the hospital, and in providing information on the Internet in their national language. Communication between patients and hospital staff was mainly in English, but 31% were able communicate in their national language.

Professional translators were used in 46% of patients.

Limitations: Unfortunately, not all hospitals involved in this study did response their questionnaires. Thus, the response rate of the questionnaires is a weakness of this study. Also, mainly Russian patients took part in the survey, not least because of the active participation of the Herzzentrum Berlin. These limitations must be taken into account when assessing the findings.

Conclusion: In conclusion, medical tourism can be seen as a promising business model for German heart surgery clinics. The aim of a holistic hospital strategy should be to ensure medically excellent, ethically sound, and economically viable health care for all patients, both domestic and foreign. When establishing a business model, "International Patients," the in-depth knowledge of all influencing factors is required. For the first time, this paper provides insights that can be used specifically for the care of future foreign cardiac surgery patients. In future work,

(19)

blueprints could be developed for the systematic establishment of international activities, also in medical fields outside cardiac surgery. These could include the optimization and evaluation of international marketing measures as well as the implementation of an effective clinical management, addressing the challenges of foreign patients in the clinical routine.

(20)

1. Einleitung

1.1. Finanzielle Herausforderungen für Krankenhäuser in Deutschland

Die Krankenhauslandschaft in Deutschland ist in den letzten Jahren wirtschaftlich in eine Schieflage geraten. Mehr als ein Drittel aller Kliniken in Deutschland haben im Jahr 2013/2014 ein negatives Betriebsergebnis erwirtschaftet. Die Anzahl der Krankenhäuser ist von 2.139 im Jahr 2005 auf 1.942 Häuser im Jahr 2017 gesunken. Die Gesamtbettenzahl wurde im gleichen Zeitraum von 523.824 auf 497.281 Betten reduziert. Die Bettenauslastung hat sich dagegen bei einer 12%igen Reduzierung der Verweildauer der Patienten in den Krankenhäusern um 1% erhöht. In den letzten 10 Jahren ist eine Fallzahlsteigerung von 13% zu verzeichnen.

In Tabelle 1 wird die Steigerung der Fallzahlen mit gleichzeitiger Reduzierung der Krankenhäuser und aufgestellten Betten in den letzten 25 Jahren deutlich, was zu einer signifikanten Reduktion der Verweildauer geführt hat.

Tabelle 1: Entwicklung zentraler Krankenhausindikatoren KRANKEN-

HÄUSER

FALLZAHL BETTEN- AUSLASTUNG

AUFGESTELLTE BETTEN

VERWEIL- DAUER (TAGE)

1991 2.411 14.576.613 84,1% 665.565 14

2001 2.240 17.325.083 81,1% 552.680 9,4

2010 2.064 18.032.903 77,4% 502.749 7,9

2015 1.956 19.239.574 77,5% 499.351 7,3

2018 1.925 19.400.000 77,1% 498.352 7,2

Quelle: (Bölt, Graf 2012, Bölt 2018, Deutsche Krankenhausgesellschaft 2018, Statistisches Bundesamt 2020)

(21)

1.1.1. Rückgang der Investitionsquote in Krankenhäusern

Eine Ursache für die defizitäre finanzielle Situation von zahlreichen Krankenhäusern ist sicher auch das Prinzip der dualen Finanzierung von Krankenhäusern. Mit Einführung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) im Jahr 1972 sollte eine qualitative, hochwertige und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung gesichert werden. Die Bundesländer sind nach §6 Abs.1 des KHG zur Aufstellung von Krankenhaus- und Investitionsplänen durch ein Ministerium, z.B. in Niedersachsen das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, verantwortlich, um eine leistungsfähige, wirtschaftliche, bedarfsgerechte und patientennahe Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Die einzelnen Bundesländer stimmen mit den Krankenkassen einen Krankenhausbettenplan mit den entsprechenden Fachbereichen ab. Damit soll eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden (Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung 2018).

Die sich daraus ergebenden Feststellungsbescheide stellen die Vorrausetzungen für die Abrechnungen der Krankenhäuser dar. Ein Krankenhaus muss zur Abrechnung von Versorgungsleistungen mit den Krankenkassen über eine Genehmigung nach dem Krankenhausplan des jeweiligen Landes verfügen (Herr, Hohmann et al. 2018).

Allerdings ist aus Sicht der Versorgungsforschung das Verständnis für Bedarf und bedarfsgerechter Versorgung nicht eindeutig. Es existiert keine einheitliche Definition zur Messung des Bedarfs und somit auch keine eindeutige zur Bedarfsplanung (Scholten, Karbach et al. 2016). Ein chronischer Dissens zwischen den Leistungserbringern und Krankenhausträgern hinsichtlich der aufzuwendenden Finanzierungsmittel ist die Folge. Des Weiteren soll mit diesem Gesetz die wirtschaftliche Tätigkeit der Krankenhäuser geregelt und gesichert werden (Trambacz 2016, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz 2017).

Ein zentrales Element des Krankenhausfinanzierungsgesetzes von 1972 ist die duale Finanzierung der Krankenhäuser. Hierbei soll die bauliche und infrastrukturelle Seite von dem jeweiligen Träger finanziert und die laufenden Betriebskosten über die Einnahmen aus den Vergütungen der medizinischen

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Leistungen durch die Krankenkassen refinanziert werden (Nagel, Alber 2013;

S.158ff.) (s. Abbildung 1).

Abbildung 1: Die duale Krankenhausfinanzierung

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung (Nagel 2007; S.159)

Die einzelnen Bundesländer sind somit in der Verantwortung, die Investitionen der zugehörigen Krankenhäuser zu gewährleisten. Da die Bundesländer jedoch ihren Investitionsverpflichtungen in den letzten Jahrzehnten nur in ungenügendem Umfang nachgekommen sind, hat sich bei einer jährlichen Investitionslücke von 3 Mrd. Euro ein Investitionsstau in Höhe von bundesweit 56 Mrd. € gebildet, (Deutsche Krankenhausgesellschaft 2017);(Hillienhoff 2017);(Thelen 2018). Die unzureichende Investitionsquote zeigt sich besonders deutlich, wenn die Mittel der Länder in Bezug zu den Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung gegenübergestellt werden: Die Investitionsmittel der Länder waren Anfang der 70er Jahre noch bei 25 Prozent der Gesamtausgaben der GKV und liegen gegenwärtig bei unter vier Prozent (Deutsche Krankenhausgesellschaft, GKV- Spitzenverband et al. 2018).

Durch diese Unterfinanzierung sind zahlreiche Krankenhäuser in eine existentiell bedrohliche Situation geraten (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung 2017, Osterloh 2015). Nach Nagel ergeben sich durch die duale Finanzierung weitere Herausforderungen für die Kliniken. Es findet eine strikte Trennung von Investitions- und Betriebskosten statt. Der Gestaltungsspielraum der Kliniken ist dadurch sehr eingeschränkt und für jede

(23)

unternehmerische Investitionsentscheidung bedarf es grundsätzlich eines politischen Konsenses (Nagel, Alber 2013). In dieser gesundheitspolitischen Komplexität wird wertvolle Zeit für ein stabiles zukunftsfähiges Gesundheitssystem verbraucht, um den Investitionsbereich als einen der größten Herausforderungen für jedes Klinikum in Deutschland bedarfsgerecht zu bedienen.

Die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser haben sich anschließend mit der Abschaffung des Selbstkostendeckungsprinzips durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 20.12.1992 weiter wesentlich geändert. Durch diese Novelle haben sich die Rahmenbedingungen in einem ersten Schritt in Richtung Wettbewerb unter den Krankenhäusern verschoben. Mit der Einführung des DRG-Systems0F0F im Jahr 2003 sollte zudem der Wettbewerb weiter angestoßen und gefördert werden. Die Krankenhäuser sind somit zu einem wettbewerbsorientierten, wirtschaftlichen Handeln gezwungen worden (Arnold, Klauber et al. 2003; S.32). Neben einer hochwertigen medizinischen Patientenversorgung muss es daher heute das Ziel von Krankenhäusern sein, wirtschaftlich zu arbeiten und die Einnahmen zu steigern, um langfristig bestehen zu können. Allerdings befinden sich Krankenhäuser in einem teilregulierten Marktsegment, so dass eine Erhöhung der Einnahmen durch eine eigenständige Festsetzung der Entgelte für die medizinischen Leistungen oder eine beliebige Erhöhung der Fallzahlen nicht möglich ist. (Amelung, Althaus 2015)

1.1.2. Einnahmen von Krankenhäusern

Die Einnahmen der Kostenträger generieren sich aus den Beiträgen der Versicherungsteilnehmer. Der größte Teil der deutschen Bevölkerung mit einem prozentualen Anteil von 86,6% ist gesetzlich versichert. Der Rest verteilt sich mit 10,6% auf private Versicherungsträger und mit 2,8% auf sonstige. Die Beitragshöhe richtet sich nach dem jeweiligen Einkommen der Mitglieder. Der einheitliche Beitragssatz beläuft sich aktuell in der GKV bei 14,6% plus einem kassenindividuellen Zusatzbeitrag (im Durchschnitt 1,0%). Die Beiträge werden vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach einem politisch definierten Schlüssel entrichtet (Statistisches Bundesamt (Pressemitteilung 399) 2017).

(24)

Der §1 des Krankenhausentgeltgesetzes bildet gemeinsam mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz die Grundlage für die Vergütung aller erbrachten voll- und teilstationären Leistungen in deutschen DRG-Krankenhäusern. Im §2 des Krankenhausentgeltgesetzes sind die Krankenhausleistungen definiert, und im Anschluss werden die entsprechenden Vergütungen in diesem Gesetz beschrieben. In der stationären Versorgung wird seit dem Jahr 2003 ein DRG- Fallpauschalensystem angewendet. Es handelt sich um ein diagnosebezogenes Fallpauschalenvergütungssystem. In diesem pauschalisierten Abrechnungsverfahren werden die Patienten nach der Haupt- und Nebendiagnose eingruppiert und entsprechend mit dem Kostenträger abgerechnet.

1.1.3. Bedarfsplanung und Budgetierung

Die Abrechnung der Erlöse mit den Kostenträgern erfolgt schließlich auf Grundlage der Verhandlung eines jährlichen Erlösbudgets seit dem Jahr 2009 (§4). Das Erlösbudget wird leistungsorientiert für ein Jahr nach der zu erbringenden Art und Menge der Entgelte berechnet (Tuschen, Trefz 2010).

Für den Abrechnungsmodus finden jedes Jahr Budgetverhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Krankenkassen statt (externes Budget). Dabei werden Leistungsplanungen über Casemixpunkte und Zusatzentgelte des jeweiligen Jahres verhandelt. Auch die Versorgung der Privatpatienten wird hier berücksichtigt. Nach diesen Verhandlungen hat das Krankenhaus ein definiertes Budget und somit eine Planungsgröße. Mehrleistungen, die über die vereinbarte Fallzahl hinaus erbracht werden, werden nur mit gravierenden Abschlägen vergütet und sind daher für das Krankenhaus mit einem hohen finanziellen Risiko behaftet. Die Gruppe der Selbstzahler wird außerhalb dieser Verhandlungen verrechnet (GKV Spitzenverband 2012).

(25)

1.2. Internationale Patienten als extrabudgetäre Einnahmequelle für deutsche Krankenhäuser?

Die Vergrößerung der Gruppe der Selbstzahler wie z.B. ausländische Patienten, die sich in Deutschland stationär behandeln lassen, könnte daher eine Möglichkeit sein, die Einnahmen trotz des limitierten Budgets zu erhöhen (Stukenberg 2018, Westhoff, Westhoff 2016). Mit der Behandlung von ausländischen Patienten würden sich somit Möglichkeiten zur erweiterten strategischen Ausrichtung und Steuerung der Krankenhäuser ergeben. Das Krankenhaus wäre in der Lage, mit extrabudgetären Einnahmen zukünftige Leistungs-, Kosten- und Erlösentwicklungen zu planen und sogar notwendige, aber vom Land nicht bereitgestellte Investitionsmittel zu kompensieren (Haubrock, Schär Walter 2009;

S.603). Nicht genutzte Bettenkapazitäten könnten auf diese Weise ebenfalls effizienter genutzt werden (Lutze, Karmann et al. 2010).

Die Versorgung von ausländischen Patienten wird grundsätzlich von allen Krankenhäusern in Deutschland durchgeführt. Die Grundversorger sind für die flächendeckende medizinische Versorgung mit schneller Erreichbarkeit im Notfall verantwortlich. Darüber hinaus gibt es Schwerpunktkrankenhäuser mit mehreren Fachabteilungen, die oft auch akademische Lehrkrankenhäusern sind. Die Maximalversorger stehen für die zentrierte, hochspezialisierte Behandlung mit einer überregionalen Mitversorgerfunktion (Herr, Hohmann et al. 2018; S.25ff.).

Auf der Versorgungsstufe der Maximalversorgung befinden sich 33 Universitätskliniken - das entspricht einem Anteil von 1,69% aller Krankenhäuser in Deutschland. Die Universitätskliniken haben aus ihrer besonderen Stellung und Expertise heraus noch überregionale Versorgungsziele bzw. –aufgaben (Obst 2009, Schmidt, C., Möller et al. 2005).

Die Universitätskliniken sind die Leuchttürme der medizinischen und akademischen Versorgung in Deutschland. Hier werden nicht nur 1,8 Millionen Patienten (10% aller Krankenhausaufenthalte) stationär behandelt, sondern auch die kränksten Patienten versorgt (durchschnittlicher Case Mix-Index1F1F2 von 1,53 im Vergleich zu anderen Krankenhäusern 1,17). Die Ärzte und Wissenschaftler

2Der Case Mix Index beschreibt in Abrechnungs- und Managementsystemen, die mit DRG arbeiten, den durchschnittlichen Schweregrad der in der betreffenden Einrichtung im Laufe eines Zeitraumes behandelten Fälle, vgl: (Wirtschaftslexikon 2015, Neumann, Hellwig 2002)

(26)

stehen hier nicht nur in einem nationalen, sondern auch in einem internationalen Wettbewerb (Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. 2016). Durch die Universitätskliniken wird somit die hohe medizinische Qualität in Deutschland repräsentiert, die auch international wahrgenommen wird (Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD) 2016a). Die deutsche Universitätsmedizin bildet damit ein Aushängeschild im Ausland für die medizinische Versorgung, so dass das Segment der internationalen Patienten vorwiegend von den Universitätskliniken bedient wird. Innerhalb der Universitätsmedizin nimmt die Herzchirurgie mit ihren oft unmittelbar lebensrettenden, hochtechnologisierten Eingriffen eine besondere Rolle ein.

Nach einer Potentialstudie für den Bereich Berlin zählt Deutschland nach Anzahl der Auslandspatienten mit einer guten Behandlungsqualität zu einem der führenden Medizintourismusländer (Vier 2012; S.33) (Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH 2015). Dennoch ist in der deutschen Öffentlichkeit die internationale Ausrichtung der Klinikbetreiber kaum wahrnehmbar. Das Potential des ein- und ausgehenden Medizintourismus (Import und Export) sowie der wirtschaftspolitische Rahmen der Globalisierung wird bis dato nicht bzw. wenig genutzt (Hübner 2008; S.1-44). Ungeachtet dessen sind im Medizin- und Gesundheitstourismus nach einem aktuellen Report von VISA und Oxford Economics überdurchschnittliche Wachstumsraten in den nächsten Jahren zu erwarten (Medical Tourism Magazine 2016), wenngleich die Datengrundlage für diese Prognose nicht uneingeschränkt robust erscheint (Locher, Pforr 2015; S.20).

Weltweit entscheiden sich jedes Jahr hunderttausende Patienten für eine Behandlung in ausländischen Kliniken. Die hauptsächlichen Motive sind nach Westhoff et al. mangelnde medizinische Versorgungsmöglichkeiten im Heimatland oder geringere Behandlungskosten im Ausland (Westhoff, Westhoff 2016)(Quast 2009). In Deutschland werden jährlich ca. 99.000 stationäre und 144.000 ambulante Patienten internationaler Herkunft versorgt (Juszczak 2015), was neben der Aussicht auf notwendige, extrabudgetäre Erlöse, sowohl für die behandelnden Kliniken, deren Personal sowie für die Patienten besondere Herausforderungen mit sich bringen kann.

(27)

1.3. Risiken bei der Behandlung internationaler Patienten für deutsche Krankenhäuser und die Patienten

Krankenhäuser sehen sich heute einer Vielzahl an kritischen Herausforderungen gegenüber. Neben der Verpflichtung, allen Patienten stets die bestmögliche Therapie zukommen zu lassen, neben dem finanziellen Druck und einem manifesten Pflege- und Ärztemangel müssen Krankenhäuser heute mehr denn je klassische Unternehmensfragen beantworten. Die Einführung neuer Technologien, moderne Management- und Führungsprinzipien, gestiegene regulatorische Anforderungen und Dokumentationspflichten sind hierbei nur ein Ausschnitt der Herausforderungen (s. Abbildung 2).

Abbildung 2: Die komplexen Herausforderungen an ein modernes Krankenhaus

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung (Ekkernkamp, Debatin et al. 2015; S. 4)

In dieses hochkomplexe Umfeld trägt der Medizintourismus zusätzliche Faktoren und Schwierigkeiten hinein. Die offensichtlichste Komplikation stellen zunächst mögliche sprachliche Verständigungsschwierigkeiten zwischen Patienten, Angehörigen und dem Krankenhauspersonal dar. Aber auch die Kommunikation mit den zuweisenden Kollegen/innen in den Herkunftsländern ist durch die unterschiedliche Bewertung und Qualität von medizinischen Befunden eine Hürde, die bereits im Vorfeld der stationären Aufnahme der Patienten genommen werden muss. Bei der Zuweisung und Vermittlung der Patienten an die deutschen Kliniken treten immer wieder unseriöse Patientenvermittler auf den Plan, die an dem Geschäft mit den internationalen Patienten mitverdienen wollen und dafür ethisch,

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medizinisch und juristisch fragwürdige Geschäftspraktiken ausüben. Die daraus resultierenden Unsicherheiten und Konsequenzen müssen durch die Patienten und das behandelnde Krankenhaus getragen, bzw. aufgefangen werden. Nach der Behandlung bestehen auf der einen Seite für die Krankenhäuser Unsicherheiten bei der Abrechnung der selbstzahlenden Patienten. Auf der anderen Seite entstehen für die Patienten durch die Reise und mögliche Unterkünfte für Angehörige hohe, zum Teil unkalkulierbare Kosten. Religiöse Rituale und Gewohnheiten bereiten dem Krankenhauspersonal mitunter große logistische, medizinische und in manchen Fällen sogar emotionale Schwierigkeiten. Insgesamt können soziokulturelle Unterschiede die Beziehungsebene von Patienten, Angehörigen, Ärzten und dem Pflegepersonal erheblich beeinträchtigen. Einige Patienten/innen können, dürfen oder wollen nicht die in deutschen Krankenhäusern übliche, mitteleuropäische Kost zu sich nehmen. Auch, wenn dies angesichts der Schwere der Erkrankung oder des durchzuführenden Eingriffs zunächst von geringer Bedeutung zu sein scheint, müssen die teilweise strengen Ernährungsgewohnheiten und -regeln internationaler Patienten doch berücksichtigt werden.

Besonders in der Herzchirurgie können Mängel in der Infrastruktur, der Prozessorganisation und der Personalführung unmittelbar zu schweren, lebensbedrohlichen Fehlern und Komplikationen führen. Die optimale Versorgung der oft multimorbiden herzchirurgischen Patienten setzt daher eine weitestgehende Minimierung aller Störfaktoren voraus. Insofern wäre die Herzchirurgie eine beispielgebende medizinische Disziplin, anhand derer zukünftige Standards in der Versorgung von internationalen Patienten in Deutschland als Referenz entwickelt werden könnten. Die Etablierung einer wirtschaftlich tragfähigen, ethisch einwandfreien und medizinisch sinnvollen Behandlung von internationalen Patienten in deutschen Krankenhäusern als Geschäftsmodell kann angesichts der ökonomischen Rahmenbedingungen im deutschen Gesundheitswesen bei sorgfältiger Planung eine plausible Strategie sein. Hierzu sollten neben den allgemeinen modernen Herausforderungen an Kliniken auch die spezifischen Anforderungen der selbstzahlenden internationalen Patienten für die Entwicklung eines strategischen Gesamtkonzepts für das Krankenhaus bekannt sein und berücksichtigt werden.

(29)

2. Ziel und Aufbau der Arbeit

Es sollen in dieser Dissertation Chancen und Risiken der herzchirurgischen Versorgung internationaler Patienten detektiert und charakterisiert werden. Diese Untersuchung soll damit eine belastbare Grundlage bieten können, um Krankenhäuser bei der Bewertung des Geschäftsmodells „Internationale Patienten“ zu unterstützen. Bei der Integration der Versorgung der internationalen Patienten in das herkömmliche, bisher national oder regional ausgerichtete Programm sollten die Erfolgsfaktoren möglichst umfassend beleuchtet werden, um möglichen negativen Effekten für das Krankenhaus, das Personal und die Patienten vorzubeugen. Die öffentliche Diskussion über die Versorgung ausländischer Patienten in deutschen Krankenhäusern wird allerdings oft auf die ökonomische Perspektive des Krankenhauses und ein hohes Qualitätserwarten an die deutsche Universitätsmedizin aus Sicht der Patienten verengt. Daher soll hier der Forschungsfrage nachgegangen werden, welche weiteren Erfolgsfaktoren Einzug in die Entwicklung einer Strategie deutscher Krankenhäuser zum internationalen Medizintourismus halten sollten. Dafür stehen die Einschätzungen von repräsentativen herzchirurgischen Klinikdirektoren sowie von aktuell in Deutschland versorgten herzchirurgischen Patienten im Vordergrund der Untersuchung. Das Ziel dieser Arbeit ist somit die Analyse der Präferenzen von ausländischen Patienten und Leistungserbringern in deutschen universitären herzchirurgischen Kliniken.

2.1. Aufbau der Dissertation

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel. In der Einleitung wurden zunächst allgemeine Hintergründe zur finanziellen Situation von deutschen Krankenhäusern beschrieben und von der Option zur extrabudgetären Versorgung ausländischer Patienten berichtet. Es wurde der internationale Stellenwert der deutschen Herzchirurgie als Rationale für die Stichprobenauswahl vorgestellt.

Im Kapitel „Material und Methoden“ sind die Auswahl und Anwendung der Methoden beschrieben, mit denen die Forschungsfrage bearbeitet wurde. Einen

(30)

wesentlichen Teil nehmen in diesem Kapitel die Entwicklung und Durchführung der Experteninterviews und der Fragebögen ein.

Die Ergebnisse der qualitativen Experteninterviews und der quantitativen Umfrage bei ausländischen Patienten in den größten herzchirurgischen universitären Zentren in Deutschland werden im fünften Kapitel erläutert.

Abschließend werden die Ergebnisse der Patientenumfrage und der Experteninterviews im Kontext des aktuellen Stands der Forschung diskutiert.

Dabei werden auch Limitationen der vorliegenden Untersuchung herausgearbeitet.

Die Arbeit schließt mit einer Schlussfolgerung, in dem die Erkenntnisse zusammengefasst werden. In diesem Kapitel finden sich auch Empfehlungen sowie ein Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen und weiteren Forschungsbedarf.

Die Abbildung 3 fasst den Aufbau der vorliegenden Arbeit übersichtsartig zusammen.

(31)

Abbildung 3: Aufbau der Arbeit

(32)

3. Material und Methoden

Die vorliegende Arbeit untersucht Gründe und potenzielle Präferenzen von ausländischen Patienten, die speziell zu einer medizinischen Behandlung nach Deutschland kommen. Des Weiteren sollte hierzu auch die Perspektive der Leistungserbringer (Ärzte) aufgearbeitet werden. Neben den einzelnen Ergebnissen wurden eventuelle Überschneidungen der beiden Perspektiven betrachtet. Bei der Studie handelt es sich um eine deskriptive-explorative Querschnittsanalyse, der herzchirurgischen Patientenversorgung von ausländischen Patienten in acht medizinischen universitären Einrichtungen und dem deutschen Herzzentrum Berlin als Einheit der Berliner Charité (s. Abbildung 4). Dabei wurde die Auswahl der Einrichtungen nach der jährlichen Fallzahl auf dem Gebiet der Herzchirurgie und der geographischen Lage der Klinik getroffen.

(33)

Abbildung 4: Ausgewählte Kliniken

Nach dem Herzbericht (Deutsche Herzstiftung e.V. 2018) beträgt die durchschnittliche Anzahl an Herzoperationen pro Klinik 2.409 Operationen in Deutschland. Die Fallzahlen und die damaligen und aktuellen verantwortlichen Klinikdirektoren der ausgewählten Erhebungsorte werden in Tabelle 2 aufgeführt.

Diese Klinikdirektoren sind auch die Experten für die qualitative Erhebung der vorliegenden Untersuchung.

(34)

Tabelle 2: Übersicht ausgewählter universitärer Kliniken

STADT KLINIKDIREKTOR FALLZAHL HERZCHIRURGISCHER

PATIENTEN

Berlin Prof. Roland Hetzer (bis 30.09.2014) / Prof. Volkmar Falk (ab 01.10.2014)

3.600 (2017)

Hamburg Prof. Hermann Reichenspurner 2.000 (2014)

München Prof. Christian Hagl 2.500 (2017)

Hannover Prof. Axel Haverich 3000 (2017)

Leipzig Prof. Friedhelm Mohr 4.500 (2017)

Heidelberg Prof. Matthias Karck 2.500 (2017)6F Freiburg Prof. Friedhelm Beyersdorf 4.500 (2017)7 Düsseldorf Prof. Arthur Lichtenberg 2.500 (2013)

Kiel Prof. Jochen Cremer 2.600 (2017)8F

Quelle: Eigene Darstellung nach.(Reichenspurner 2018, Falk 2018, Hagl 2018, Haverich 2018, Mohr 2018, Karck 2018, Beyersdorf 2018, Lichtenberg 2018, Cremer 2018)

3.1. Studiendesign und Methodenauswahl

Die Perspektive der einzelnen Kliniken und die zwischenmenschlichen Schwierigkeiten in diesem Bereich wurden dabei mit einem qualitativen und quantitativen Methodenmix untersucht. Zum einen kam eine qualitative Befragung mit leitfadengestützten Experteninterviews bei Klinikchefärzten und zum anderen eine quantitative Befragung mittels eines Fragebogens bei ausländischen Patienten in den Kliniken zum Einsatz (Kelle 2008, Johnson, Onwuegbuzie et al.

2007, Teddlie, Tashakkori 2006). Diese gemischte Methode wurde nach dem Fully integrated Mixed Design nach Teddlie durchgeführt, da zu allen Zeitpunkten der Erhebung die Verfahren kombiniert wurden.

Im quantitativen Teil wurden die Gründe der ausländischen Patienten für eine medizinische Versorgung in Deutschland mit Hilfe eines Fragebogens analysiert.

(35)

Die Kontaktaufnahme zu den einzelnen Patienten in den jeweiligen Kliniken ist durch einen Oberarzt bzw. Assistenzarzt vor Ort dargestellt worden. Dazu sind zum Anfang der Studie alle beteiligten Herzkliniken persönlich besucht, informiert und geschult worden. Die weitere Betreuung und Kommunikation wurde über Telefon und elektronische Kommunikationskanäle durchgeführt.

In dem qualitativen Untersuchungsteil sollte die Perspektive der Leistungserbringer aufgearbeitet werden. Zur Forschungsfrage wurden konkrete Aussagen der Interviewpartner erwartet und als qualitative Erhebungsmethode wurde das leitfadengestützte Interview gewählt. Neben den Erfahrungen der Interviewten, sollten vergleichbare und systematisierte Aussagen generiert werden (Flick 2000; S.114).

Anschließend wurden die Ergebnisse aus der Fragebogenuntersuchung und den Experteninterviews in der Zusammenschau ausgewertet.

3.2. Literaturrecherche

Zunächst wurde eine Literaturrecherche nach dem sogenannten Schneeballsystem durchgeführt. Dabei wurden über zentrale Publikationen mit den jeweiligen Literaturverzeichnissen weitere relevante Literaturstellen entdeckt.

Der Verfasser hat sich somit über eine aktuelle und praxisnahe Auswertung, nicht zu einem festen Termin, mit entsprechenden Ausschlusskriterien und Einsatz von sinnvollen Schlüsselwörtern einen thematischen Überblick verschafft. Das Screening erfolgte händisch.

Folgende Datenbanken und Suchmaschinen wurden für die Literatursuche herangezogen: ISI Web of knowledge9F9F3, Pubmed, Scopus10F10F4, Statistisches Bundesamt, Google und Google scholar. Ferner wurde der Bestand und das Fernleihsystem der Hannoverschen Bibliotheken11F11F5 genutzt. Der Besuch von

3vgl.: www.isiknowledge.com

4vgl.: https://www.scopus.com/

5HOBSY: Hannoversches Online Bibliothek System

(36)

Fachkongressen (Jahrestagung der DGTHG12F12F6 und DGCH) hat die Recherche sinnvoll ergänzt. Die Quellen sind nach bestem Vermögen ausgewählt und analysiert worden. Es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit der Literatur im Forschungsfeld (Crooks, Snyder 2010; S. 266). Die Tabelle 3 zeigt eine Übersicht zu potenziellen Quellen der Sekundärforschung.

Tabelle 3: Potenzielle Quellen der Sekundärforschung des Medizintourismus ALLGEMEIN

(INTERNATIONAL + NATIONAL)

DEUTSCHLAND INTERNATIONAL

Fachdatenbanken

 Elektronische Fachzeitschriften

 Printmedien (Bücher, Zeitschriften)

Suchmaschinen- Ergebnisse

Reviews

 Tagungsbände, Forschungsberichte, Projektpapiere

 Abschlussarbeiten

Medien- und Presseberichte

Websites von

Vermittlungsagenturen

und Fachgesellschaften

Gespräche mit Experten (zusätzlich zu den Interviews)

 Bundes- und Landesministerien

Statistisches Bundesamt

Deutsche

Krankenhausgesellschaft

 Verbände und Interessen- gemeinschaften

 Fachkonferenz und Publikationen der Hochschule Bonn-Rhein- Sieg

 Deloitte Center for healthcare Solutions

Gallup Corporation

Standardwerke von Bookman und Bookman, Connell, Hall, Lunt u.a.

Publikationen von Forschungsgruppen

World Health Organization

Organization for Economic Cooperation and Development

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung (Büsching 2017; S.8)

In den Datenbanken wurde nach folgenden Schlüsselwörtern gesucht:

Internationale Patienten, Medizintourismus, Ausländische Patienten, Präferenzen, Patient, Ausland, Herzchirurgie, Ökonomie, preference, patient, foreigner, cardiac surgery, overseas, Medical tourism, Treatment abroad, Overseas surgery, Medical

6Deutsche Gesellschaft für Thorax, Herz und Gefäßchirurgie

(37)

travel, Treatments overseas, Health treatment abroad, Treatment abroad, Cardiac surgery overseas, Surgery abroad, Cardiac Surgery abroad, Cardiac Surgery and Europe, Cardiology

3.3. Experteninterviews

Am Anfang wurde die Forschungsfrage definiert und die Fallauswahl getroffen.

Darauf folgte die Organisation der Interviews. Nach der Erstellung eines Leitfadens und dem anschließenden Pre-Test erfolgten die Besuche der ausgewählten Kliniken. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und nach der Inhaltsanalyse nach Mayring mit dem Programm MAXQDA ausgewertet (Gläser, Laudel 2010). Es handelte sich um einen begrenzten, nationalen Expertenkreis (s.

Abbildung 5).

Im Gegensatz zur quantitativen Befragung der internationalen Patienten wurden die Interviews im qualitativen Teil der Arbeit nur mit deutschen Klinikdirektoren geführt, so dass die Kommunikation ausschließlich in deutscher Sprache stattfand.

(38)

Abbildung 5: Prozess des leitfadengestützten Experteninterviews

Quelle: Eigene Darstellung nach (Gläser, Laudel 2010)

Im Rahmen der hier betrachteten Fragestellung wurden drei übergeordnete Themenblöcke aus den Vorüberlegungen und der Literaturrecherche strukturiert:

(39)

1) Allgemein: Der Ausländische Patient

 Wie ist Ihre persönliche Einschätzung zum Thema ausländische Patientinnen und Patienten mit einem ausländischen Wohnsitz (z.B.

Patienten aus Russland) in Deutschland in Bezug auf Ökonomie, Risiken, etc.?

 Warum kommen ausländische Patientinnen und Patienten gerade für eine herzchirurgische Behandlung in eine deutsche universitäre Herzklinik?

 Motiv der Kliniken: Prestigegewinn? Internationale Vernetzung?

Könnte eine Art externe Erwartungshaltung eine Rolle spielen (Wissenstransfer)? Netzwerk?

 Welche Rolle spielt nach Ihrer Meinung hierbei die Bekanntheit einzelner Ärzte?

 Welche Rolle spielt hierbei die medizinische Qualität und Kompetenz in Deutschland?

2) Eigene Klinik: Potential

 Perspektive: Wie schätzen Sie das wirtschaftliche Potential für Ihre Klinik ein? Kosten und Erlöse?

 Wettbewerbssituation: National oder International? Ist z.B. München oder London hierbei die Konkurrenz?

 Führt das zu negativen Effekten bei deutschen Patienten:

Verdrängungsprozess: Reduzierung der inländischen Versorgungskapazitäten?

 Vergleich zum deutschen Privatpatienten: Abrechnung? Erlöse?

Kosten?

(40)

3) Herausforderung: Organisation

 Erfolgsfaktoren: Was wird für einen Erfolg benötigt? Marketing?

Zugangswege? Vorhanden?

 Soziokulturelle Herausforderungen; Ethische Aspekte (Sprache, Religion, Essen)

 Klinische Versorgung: Getrennt oder in die „normale“ Organisation eingebunden?

 Politische Rahmenbedingungen? Ihre Einschätzung?

Den jeweiligen Themenblöcken sind 4-5 Nachfragethemen untergeordnet worden.

Diese Nachfragethemen fokussierten sich auf die übergeordnete Fragestellung und die Vergleichbarkeit bei der Auswertung. Es wurden bewusst offene Fragen entwickelt, um den Experten die Freiheit zu einer offenen Antwort und auch Einschätzungen zu ermöglichen. Um problematische, zu komplexe und zu umständliche Fragestellungen zu erkennen, wurden im Vorfeld der Befragung Probeinterviews (Pre-Test) durchgeführt. Insgesamt wurden fünf Probeinterviews mit Ärzten und administrativtätigem Personal der HTTG-Klinik in Hannover durchgeführt. Neben den Ärzten Dr. Tobias Schilling (Deutschland), Prof. Dr.

Serghei Cebotari (Moldawien) und Dr. Issam Ismail (Syrien) haben die Wissenschaftler Prof. Dr. Sotirios Korossis (Griechenland) und Frau Nina McGuinness (Irland) teilgenommen Die daraus resultierten Anmerkungen sind in die Finalversion des Leitfadens für die Experteninterviews (s. Anhang 2) berücksichtigt worden.

Der standardisierte Interviewleitfaden für die Experteninterviews ist im Rahmen einer Präsentation und Diskussion im Doktorandenkolloquium am Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung der MHH vorgestellt worden. Mit den Erfahrungen und Anmerkungen aus diesen Gesprächen erfolgte eine finale Abstimmung zum Aufbau und Ablauf des Interviewleitfadens.

(41)

3.3.1. Durchführung der Experteninterviews

Nachdem eine theoretische Stichprobenauswahl und Begründung der Expertenwahl stattgefunden hat, stellt sich nun die Frage der Erreichbarkeit dieser Experten. Nach Merkens (1997) spielen oft Gatekeeper13F13F7 eine zentrale Rolle für die Erreichung der ausgewählten Experten. Diese sogenannten Gatekeeper sind in der Lage dem Forscher Zugang zu dem zu untersuchenden Feld zu verschaffen (Schmidt, F., Merkens 1997; S.101).

Als Gatekeeper kann in dieser Untersuchung die Position des Verfassers gesehen werden. Der Verfasser arbeitet im Klinikmanagement einer deutschen universitären Herzchirurgie. Somit waren bereits umfangreiche Kontakte zu den einzelnen universitären herzchirurgischen Kliniken in Deutschland vorhanden. Die Erreichbarkeit bzw. konkrete Kontaktaufnahme der Experten für die vorliegende Untersuchung resultierte aus der persönlichen Kontaktaufnahme auf der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Herz-Thorax-Chirurgie (EACTS14F14F8) in Wien 2013. Mit allen Experten hat bei diesem Kongress eine Kontaktaufnahme mit einer Terminanvisierung über das jeweilige Sekretariat stattgefunden. Die angesprochenen Experten haben alle positiv reagiert und zeigten sich teilweise in diesem ersten Gespräch schon sehr kooperativ. Im Nachgang zu den Gesprächen mit den jeweiligen Experten (Klinikdirektoren) wurden über die Sekretariate Interviewtermine vereinbart. Die Interviews haben in den darauffolgenden Monaten in einem Zeitraum von 3 Monaten stattgefunden.

Bis auf einen Experten haben alle Klinikdirektoren das Interview persönlich gegeben. Ein Klinikdirektor musste kurzfristig durch seinen Vertreter auf diesem Gebiet ersetzt werden. Mit einer Ausnahme sind alle Interviews in den jeweiligen Kliniken durchgeführt worden. Ein Interview hat im Anschluss einer Veranstaltung in Hannover stattgefunden. Jedes Interview hat mit einer kurzen Vorbesprechung 30-40 Minuten Zeit in Anspruch genommen. Die Teilnehmer sind vor dem Interview informiert worden, dass dieses Interview anonymisiert ausgewertet wird. Des

7Als Gatekeeper (deutsch: Torwächter oder Schleusenwärter) bezeichnet Person, die über Informationsfilterungsaktivitäten den Informationsfluss in das und im Buying Center steuert. Auch Handelsbetriebe werden als Gatekeeper, als Schleusenwärter, Pförtner bei der Distribution von Waren und Informationen angesehen.(Gabler Wirtschaftslexikon 2017)

8European Association for Cardio-Thoracic Surgery

(42)

Weiteren ist in dem Vorgespräch das Einverständnis der Interviewaufzeichnung per digitalem Diktiergerät eingeholt worden (Mayer 2013; S.47). Alle Experten haben ihr Einverständnis gegeben. Es fand kein klassischer Frage-Antwort-Dialog statt (Friebertshäuser 1997; S.377). Der Interviewer hatte im Gespräch zu entscheiden, inwiefern welche Fragen schon beantwortet wurden und noch Verständnisfragen offen waren (Spöhring 2013; S.158). Diese Freiheit und Flexibilität in der Anwendung des Leitfadens ist nach Meuser und Nagel für das Gelingen eines aussagekräftigen Experteninterviews notwendig (Meuser, Nagel 2010; S.487). Die Experteninterviews wurden alle digital gleichwertig aufgezeichnet und vergleichbar durchgeführt.

3.3.2. Datenaufbereitung/ Transkription

Bevor eine Auswertungsmethode für die qualitativen Daten angewendet wurde, mussten die geführten und aufgezeichneten Interviews transkribiert werden. Eine Veröffentlichung der Experteninterviews in der vorliegenden Form findet nach Rücksprache mit den Interviewten nicht statt.

Zur Auswertung der vorliegenden Experteninterviews sind die folgenden Transkriptionsregeln nach (Kuckartz 2010; S.44) angewendet worden. Es handelt sich um eine einfache Transkription ohne para- oder nonverbale Ereignisse. Der Fokus lag auf der guten Lesbarkeit und konsequenten Bezeichnung der Experteninterviews:

 Kodierung der Gesprächsteilnehmer: I für Interviewer und jeweils B1 etc. für Experten

 Pausen sind nicht erfasst/ markiert worden

 Unverständliche Äußerungen wurden in Klammern gesetzt, ggfs.

Vermutungen durch den Interviewer/ transkribierende Person sind entsprechend gekennzeichnet.

 Sätze oder Nebensätze, die nicht vollendet werden, enden mit „…“

(43)

 Nicht erfasst wurden: Außersprachliche Handlungen (Gestik, Körperhaltungen etc.), Interaktionen (Nuscheln, Lachen etc.), lautgetreuer Dialekt

 Alle Angaben, die einen Rückschluss auf eine befragte Person erlauben, wurden anonymisiert.

3.3.3. Inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse

Nach der Transkription erfolgte die Auswertung. Die Auswertung bezieht keine non-verbalen Äußerungen, Mimik oder Gestik mit ein. Die Konzentration lag auf der inhaltlichen Aussage und nicht der sprachlichen Korrektheit.

Die Interviews wurden mit der Unterstützung der Software MAXQDA (Standard, Version 12) ausgewertet.

Die Experteninterviews wurden aufgrund der festen Leitfadenstruktur als strukturierte, qualitative Inhaltsanalyse ausgewertet: (Kuckartz 2012; S.77-98)

1. Initiierende Textarbeit: Markieren wichtiger Textstellen, Schreiben von Memos

2. Entwickeln von thematischen Hauptkategorien

3. Codieren des gesamten bisher vorhandenen Materials mit den Hauptkategorien

4. Zusammenstellen aller mit der gleichen Hauptkategorie codierten Textstellen

5. Induktives Bestimmen von Subkategorien am Material

6. Codieren des kompletten Materials mit dem ausdifferenzierten Kategoriensystem

7. Kategorienbasierte Auswertung und Ergebnisdarstellung

Initiierende Textarbeit

Der erste Auswertungsschritt beinhaltete das sorgfältige Lesen und das Markieren von besonders wichtigen Textpassagen. Des Weiteren wurden beim Durcharbeiten der einzelnen Interviews bei Auffälligkeiten, Besonderheiten und

(44)

Analyseideen Anmerkungen am Rand als methodische Memos zur Erinnerung dokumentiert. Die Memos dienten auch der besseren Wahrnehmung der einzelnen Texte. Für einen ersten kurzen Überblick wurden kurze Fallzusammenfassungen, sogenannte „Case Summarys“ angelegt. Es fand dabei eine systematisch ordnende zusammenfassende Darstellung der Charakteristika eines jeden Interviews statt. Diese „Case Summarys“ hatten nicht einen allgemein beschreibenden Charakter, sondern wurden durch die Forschungsfrage geprägt.

Somit wurden die Fakten sortiert und es fand eine eng am Text angelehnte Komprimierung statt. Weiterhin wurde mit den Fallzusammenfassungen ein sehr guter Überblick zu allen Interviews gewonnen. Dies stellte den Ausgangspunkt für z.B. tabellarische Fallübersichten für mehrere Fälle dar (komparativer Aspekt).

Außerdem unterstützte diese Form der Analyse, die möglichen Unterschiede der einzelnen Fälle zu filtern, die sogar hypothesen- und kategoriengenerierend sein konnten. Die zentralen Begriffe und Abschnitte wurden markiert und notiert. Des Weiteren wurden unverständliche Passagen und schwierige Stellen gekennzeichnet und ggfs. Argumentationslinien analysiert. Die formale Struktur (Länge etc.) wurde betrachtet und dabei die inhaltliche Struktur, d.h. Abschnitte, Brüche etc. identifiziert.

Entwickeln der Hauptkategorien

Im zweiten Schritt wurden, basierend auf der Forschungsfrage, Hauptauswertungskategorien entwickelt. Bei der Entwicklung und der intensiven Textrecherche wurde zunächst, ähnlich dem offenen Codieren der Grounded Theory15F15F9, alles Relevante und Auffällige notiert. In der vorliegenden Untersuchung sind die Hauptkategorien deduktiv aus dem Leitfaden der Experteninterviews hergeleitet worden. In einem ersten Durchlauf wurden alle Experteninterviews auf die Anwendbarkeit der Hauptkategorien getestet.

Erster Codierprozess: Codieren des gesamten Materials mit den Hauptkategorien Die Gestaltung des ersten Codierens begann mit einer sequenziellen Bearbeitung der jeweiligen Texte Zeile für Zeile. Die Hauptkategorien ergaben sich aus den Themenkomplexen des Leitfadens.

9“gegenstandsbezogene oder datengestützte Theoriebildung” vgl.: (Strauss 1998)

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