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Finanzielle Herausforderungen für Krankenhäuser in Deutschland

1. Einleitung

1.1. Finanzielle Herausforderungen für Krankenhäuser in Deutschland

Die Krankenhauslandschaft in Deutschland ist in den letzten Jahren wirtschaftlich in eine Schieflage geraten. Mehr als ein Drittel aller Kliniken in Deutschland haben im Jahr 2013/2014 ein negatives Betriebsergebnis erwirtschaftet. Die Anzahl der Krankenhäuser ist von 2.139 im Jahr 2005 auf 1.942 Häuser im Jahr 2017 gesunken. Die Gesamtbettenzahl wurde im gleichen Zeitraum von 523.824 auf 497.281 Betten reduziert. Die Bettenauslastung hat sich dagegen bei einer 12%igen Reduzierung der Verweildauer der Patienten in den Krankenhäusern um 1% erhöht. In den letzten 10 Jahren ist eine Fallzahlsteigerung von 13% zu verzeichnen.

In Tabelle 1 wird die Steigerung der Fallzahlen mit gleichzeitiger Reduzierung der Krankenhäuser und aufgestellten Betten in den letzten 25 Jahren deutlich, was zu einer signifikanten Reduktion der Verweildauer geführt hat.

Tabelle 1: Entwicklung zentraler Krankenhausindikatoren KRANKEN

-HÄUSER

FALLZAHL BETTEN -AUSLASTUNG

AUFGESTELLTE BETTEN

VERWEIL -DAUER (TAGE)

1991 2.411 14.576.613 84,1% 665.565 14

2001 2.240 17.325.083 81,1% 552.680 9,4

2010 2.064 18.032.903 77,4% 502.749 7,9

2015 1.956 19.239.574 77,5% 499.351 7,3

2018 1.925 19.400.000 77,1% 498.352 7,2

Quelle: (Bölt, Graf 2012, Bölt 2018, Deutsche Krankenhausgesellschaft 2018, Statistisches Bundesamt 2020)

1.1.1. Rückgang der Investitionsquote in Krankenhäusern

Eine Ursache für die defizitäre finanzielle Situation von zahlreichen Krankenhäusern ist sicher auch das Prinzip der dualen Finanzierung von Krankenhäusern. Mit Einführung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) im Jahr 1972 sollte eine qualitative, hochwertige und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung gesichert werden. Die Bundesländer sind nach §6 Abs.1 des KHG zur Aufstellung von Krankenhaus- und Investitionsplänen durch ein Ministerium, z.B. in Niedersachsen das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, verantwortlich, um eine leistungsfähige, wirtschaftliche, bedarfsgerechte und patientennahe Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Die einzelnen Bundesländer stimmen mit den Krankenkassen einen Krankenhausbettenplan mit den entsprechenden Fachbereichen ab. Damit soll eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung sichergestellt werden (Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung 2018).

Die sich daraus ergebenden Feststellungsbescheide stellen die Vorrausetzungen für die Abrechnungen der Krankenhäuser dar. Ein Krankenhaus muss zur Abrechnung von Versorgungsleistungen mit den Krankenkassen über eine Genehmigung nach dem Krankenhausplan des jeweiligen Landes verfügen (Herr, Hohmann et al. 2018).

Allerdings ist aus Sicht der Versorgungsforschung das Verständnis für Bedarf und bedarfsgerechter Versorgung nicht eindeutig. Es existiert keine einheitliche Definition zur Messung des Bedarfs und somit auch keine eindeutige zur Bedarfsplanung (Scholten, Karbach et al. 2016). Ein chronischer Dissens zwischen den Leistungserbringern und Krankenhausträgern hinsichtlich der aufzuwendenden Finanzierungsmittel ist die Folge. Des Weiteren soll mit diesem Gesetz die wirtschaftliche Tätigkeit der Krankenhäuser geregelt und gesichert werden (Trambacz 2016, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz 2017).

Ein zentrales Element des Krankenhausfinanzierungsgesetzes von 1972 ist die duale Finanzierung der Krankenhäuser. Hierbei soll die bauliche und infrastrukturelle Seite von dem jeweiligen Träger finanziert und die laufenden Betriebskosten über die Einnahmen aus den Vergütungen der medizinischen

Leistungen durch die Krankenkassen refinanziert werden (Nagel, Alber 2013;

S.158ff.) (s. Abbildung 1).

Abbildung 1: Die duale Krankenhausfinanzierung

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung (Nagel 2007; S.159)

Die einzelnen Bundesländer sind somit in der Verantwortung, die Investitionen der zugehörigen Krankenhäuser zu gewährleisten. Da die Bundesländer jedoch ihren Investitionsverpflichtungen in den letzten Jahrzehnten nur in ungenügendem Umfang nachgekommen sind, hat sich bei einer jährlichen Investitionslücke von 3 Mrd. Euro ein Investitionsstau in Höhe von bundesweit 56 Mrd. € gebildet, (Deutsche Krankenhausgesellschaft 2017);(Hillienhoff 2017);(Thelen 2018). Die unzureichende Investitionsquote zeigt sich besonders deutlich, wenn die Mittel der Länder in Bezug zu den Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung gegenübergestellt werden: Die Investitionsmittel der Länder waren Anfang der 70er Jahre noch bei 25 Prozent der Gesamtausgaben der GKV und liegen gegenwärtig bei unter vier Prozent (Deutsche Krankenhausgesellschaft, GKV-Spitzenverband et al. 2018).

Durch diese Unterfinanzierung sind zahlreiche Krankenhäuser in eine existentiell bedrohliche Situation geraten (Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung 2017, Osterloh 2015). Nach Nagel ergeben sich durch die duale Finanzierung weitere Herausforderungen für die Kliniken. Es findet eine strikte Trennung von Investitions- und Betriebskosten statt. Der Gestaltungsspielraum der Kliniken ist dadurch sehr eingeschränkt und für jede

unternehmerische Investitionsentscheidung bedarf es grundsätzlich eines politischen Konsenses (Nagel, Alber 2013). In dieser gesundheitspolitischen Komplexität wird wertvolle Zeit für ein stabiles zukunftsfähiges Gesundheitssystem verbraucht, um den Investitionsbereich als einen der größten Herausforderungen für jedes Klinikum in Deutschland bedarfsgerecht zu bedienen.

Die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser haben sich anschließend mit der Abschaffung des Selbstkostendeckungsprinzips durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 20.12.1992 weiter wesentlich geändert. Durch diese Novelle haben sich die Rahmenbedingungen in einem ersten Schritt in Richtung Wettbewerb unter den Krankenhäusern verschoben. Mit der Einführung des DRG-Systems0F0F im Jahr 2003 sollte zudem der Wettbewerb weiter angestoßen und gefördert werden. Die Krankenhäuser sind somit zu einem wettbewerbsorientierten, wirtschaftlichen Handeln gezwungen worden (Arnold, Klauber et al. 2003; S.32). Neben einer hochwertigen medizinischen Patientenversorgung muss es daher heute das Ziel von Krankenhäusern sein, wirtschaftlich zu arbeiten und die Einnahmen zu steigern, um langfristig bestehen zu können. Allerdings befinden sich Krankenhäuser in einem teilregulierten Marktsegment, so dass eine Erhöhung der Einnahmen durch eine eigenständige Festsetzung der Entgelte für die medizinischen Leistungen oder eine beliebige Erhöhung der Fallzahlen nicht möglich ist. (Amelung, Althaus 2015)

1.1.2. Einnahmen von Krankenhäusern

Die Einnahmen der Kostenträger generieren sich aus den Beiträgen der Versicherungsteilnehmer. Der größte Teil der deutschen Bevölkerung mit einem prozentualen Anteil von 86,6% ist gesetzlich versichert. Der Rest verteilt sich mit 10,6% auf private Versicherungsträger und mit 2,8% auf sonstige. Die Beitragshöhe richtet sich nach dem jeweiligen Einkommen der Mitglieder. Der einheitliche Beitragssatz beläuft sich aktuell in der GKV bei 14,6% plus einem kassenindividuellen Zusatzbeitrag (im Durchschnitt 1,0%). Die Beiträge werden vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach einem politisch definierten Schlüssel entrichtet (Statistisches Bundesamt (Pressemitteilung 399) 2017).

Der §1 des Krankenhausentgeltgesetzes bildet gemeinsam mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz die Grundlage für die Vergütung aller erbrachten voll- und teilstationären Leistungen in deutschen DRG-Krankenhäusern. Im §2 des Krankenhausentgeltgesetzes sind die Krankenhausleistungen definiert, und im Anschluss werden die entsprechenden Vergütungen in diesem Gesetz beschrieben. In der stationären Versorgung wird seit dem Jahr 2003 ein DRG-Fallpauschalensystem angewendet. Es handelt sich um ein diagnosebezogenes Fallpauschalenvergütungssystem. In diesem pauschalisierten Abrechnungsverfahren werden die Patienten nach der Haupt- und Nebendiagnose eingruppiert und entsprechend mit dem Kostenträger abgerechnet.

1.1.3. Bedarfsplanung und Budgetierung

Die Abrechnung der Erlöse mit den Kostenträgern erfolgt schließlich auf Grundlage der Verhandlung eines jährlichen Erlösbudgets seit dem Jahr 2009 (§4). Das Erlösbudget wird leistungsorientiert für ein Jahr nach der zu erbringenden Art und Menge der Entgelte berechnet (Tuschen, Trefz 2010).

Für den Abrechnungsmodus finden jedes Jahr Budgetverhandlungen zwischen den Krankenhäusern und den Krankenkassen statt (externes Budget). Dabei werden Leistungsplanungen über Casemixpunkte und Zusatzentgelte des jeweiligen Jahres verhandelt. Auch die Versorgung der Privatpatienten wird hier berücksichtigt. Nach diesen Verhandlungen hat das Krankenhaus ein definiertes Budget und somit eine Planungsgröße. Mehrleistungen, die über die vereinbarte Fallzahl hinaus erbracht werden, werden nur mit gravierenden Abschlägen vergütet und sind daher für das Krankenhaus mit einem hohen finanziellen Risiko behaftet. Die Gruppe der Selbstzahler wird außerhalb dieser Verhandlungen verrechnet (GKV Spitzenverband 2012).

1.2. Internationale Patienten als extrabudgetäre Einnahmequelle