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ADNP-positive Zellen

5.6 Protektive Faktoren

Bei der immunhistologischen Untersuchung der NF-κB Untereinheit p50 zeigten in der Gruppe der nicht infizierten Tieren gelegentlich Neurone eine Translokalisation in den Zellkern. Die Translokalisation dieses Transskriptionsfaktors wird nach der Aktivierung der p50 Untereinheit im Zytoplasma gesehen. Generell wird dieser Prozess als neuroprotektiv

eingestuft (PICCIOLI et al., 2001; FRIDMACHER et al., 2003). NF-κB steuert aber als Transskriptionsfaktor die Expression diverser Gene, so dass Aussagen über die Art der aktivierten Gene nicht möglich sind.

Nach der BDV-Infektion waren vor allem an den späteren Zeitpunkten p.i. zusätzlich zu den schon bei den nicht infizierten Tieren beschriebenen Neuronen auch die infiltrierten Entzündungszellen im perivaskulären und parenchymalen Bereich in der Nähe der Infiltrate, sowie kleine bis mittelgroße Zellen, die am Rand der Vakuolen zu finden waren, Endothelzellen, Astrozyten in der Nähe der Infiltrate und einige der aktivierten Stäbchenzellen NF-κB-positiv. Für Endothelzellen ist beschrieben, dass eine Aktivierung durch TNF oder IL-1 über NF-κB zur Expression von Adhäsionsmolekülen führt (COLLINS et al., 1995; ZHOU et al., 2007). Dies stimmt mit den Ergebnissen der vorliegenden Studien überein, wo p50-positive Endothelzellen vorrangig mit perivaskulären entzündlichen Infiltraten in Kombination auftraten. Der NF-κB gilt neben seinen neuroprotektiven Eigenschaft als Transskriptionsfaktor für eine Reihe proinflammatorischer Faktoren, wie Zytokine und Chemokine (KARIN und GRETEN, 2005). Dies erklärt die nukleäre p50-Immunreaktion von an der entzündlichen Reaktion beteiligten Zellen, wie Lymphozyten, Makrophagen, Mikroglia und Astrozyten. Zum anderen kann damit auch der Unterschied in der Anzahl p50-positiver Zellen zwischen den nicht transgenen und den transgenen Tieren nach der BDV-Infektion aufgrund der unterschiedlich starken entzündlichen Reaktion erklärt werden. Zusätzlich zu der positiven Reaktion im Zellkern war zu späteren Zeitpunkten nach der BDV-Infektion (Tag 42 und 49 p.i.) hauptsächlich bei transgenen Mäusen eine starke zytoplasmatische Reaktion hauptsächlich in um die Infiltrate gelegenen Astrozyten und Stäbchenzellen vorhanden. Dies deutet auf eine erhöhte Produktion von p50 hin, die eventuell als Vorstufe zu einer stärkeren NF-κB vermittelten Aktivierung der Zellen zu werten ist.

Interessanterweise war in Neuronen nach der BDV-Infektion keine vermehrte p50-positive Reaktion zu detektieren, so dass zumindest bei der TNF-transgenen Maus keine verstärkte neuronale Aktivierung über NF-κB nötig zu sein scheint oder durch BDV verhindert wird. Es wurde bereits gezeigt, dass BDV aktiv oder passiv die Aktivierung von NF-κB verhindern kann (BOURTEELE et al., 2005). Da NF-κB normalerweise durch die virale Infektion aktiviert wird und in Abwehrreaktionen des Wirtes wie z.B. Apoptosen eingreift (MOGENSEN und PALUDAN, 2001), erscheint eine Limitierung dieser Expression für das Überleben des BDV sinnvoll. NF-κB stellt weiterhin ein wichtiges downstream-Signal der TNF-Rezeptoren dar (HERBEIN und O´BRIEN, 2000), so dass die Aufregulation der TNFR1 und TNFR2 mRNA nach BDV-Infektion in allen Mausgruppen auch eine Kompensation

einer verringerten neuronalen NF-κB-Wirkung darstellen kann. Allerdings scheint das BDV zumindest in den nicht infizierten Zellen, wie den Endothelzellen und den eingewanderten Entzündungszellen, die Aktivierung von NF-κB in diesem Modell nicht zu beeinflussen.

Bei der immunhistologische Untersuchung des BDNF waren nahezu alle Neuronen in Cortex cerebri, Ammonshorn und Cerebellum positiv. Dies deckt sich mit früheren Studien, in denen gezeigt werden konnte, dass Neurone das wichtigste Reservoir für BDNF im ZNS sind (HOFER et al., 1990; LEWIN und BARDE, 1996; SEEHUSEN, 2006). Nach der BDV-Infektion zeigten zusätzlich zu den oben genannten Neuronen nahezu alle infiltrierten Entzündungszellen, sowie aktivierte Mikrogliazellen und Astrozyten in der Nähe der entzündlichen Infiltrate eine leichte positive Reaktion. Eine BDNF-Produktion durch ins Gehirn eingewanderte Entzündungszellen wird unter anderem auch bei der Multiplen Sklerose als Protektion vor axonalen und neuronalen Schäden angesehen (KERSCHENSTEINER et al., 1999). Nahezu alle Zelltypen des humanen peripheren Immunsystems (CD4+ und CD8+ positive T-Lymphozyten, B-Lymphozyten und Monozyten) können in vitro BDNF produzieren. Als Wirkungsmechanismus wird ein auto- oder parakrines Geschehen diskutiert. Da einige Zellen auch in der Lage sind, den Neurotrophinrezeptor zu exprimieren, können sie als bidirektionale Mediatoren zwischen dem ZNS und dem Immunsystem fungieren (KERSCHENSTEINER et al., 2003).

Das auffälligste Ergebnis der BDNF-Untersuchung stellt allerdings die mittels real-time RT-PCR festgestellt signifikante Erhöhung der BDNF mRNA im Ammonshorn bei den BDV-infizierten transgenen Tieren im Vergleich zu den anderen untersuchten Gehirnregionen, den entsprechenden nicht infizierten Tieren und den BDV-infizierten nicht transgenen Mäusen dar. Da mittels Immunhistologie keine deutliche Zunahme der BDNF-positiven Zellen im Ammonshorn zu sehen war, ist davon auszugehen, dass die einzelnen neuronalen Zellen jeweils mehr BDNF exprimieren. Diese selektive Erhöhung des BDNF bei BDV-infizierten transgenen Tieren im Ammonshorn deutet erneut auf eine spezifische Reaktion des Ammonshorns hin. Die generelle neuroprotektive Eigenschaft der Neurotrophine konnte in

v MOTO et al., 1994; WEIBEL et al., 1995;

n CALDEIRA et al. (2007) festgestellten NR2B-Rezeptor mRNA-Erhöhung in erschiedenen Modellen bestätigt werden (MITSU

VILLOSLADA et al., 2000). Einen weiteren Einfluss des BDNF konnte in einer Studie mit kultivierten hippocampalen Neuronen ermittelt werden, in der BDNF unter anderem die Expression der NR2B-Rezeptor mRNA induziert (CALDEIRA et al., 2007). Dieser Effekt konnte in der vorliegenden Studie nicht bestätigt werden. Dies kann darauf hindeuten, dass die in vitro vo

vivo nicht stattfindet oder verhindert wird. Ein Zusammenhang zwischen der Expression von

it BDNF direkte antiinflammatorische BDNF und einer BDV-Infektion wurde bereits nachgewiesen. In einer Studie mit neonatal BDV-infizierten Ratten wurde allerdings eine signifikante Abnahme der BDNF mRNA und neuronale Degenerationen im Ammonshorn ab dem Tag 21 p.i. festgestellt (ZOCHER et al., 2000). Eine Beeinflussung des BDNF-Levels durch TNF wurde bereits in früheren Studien mit TNF-transgenen Mäuse gezeigt, wo eine TNF-konzentrationsabhängige BDNF-Expression ermittelt wurde (ALOE et al., 1999). Zudem wiesen humane Monozyten nach Zugabe von TNF bzw. IL-6 eine erhöhte BDNF-Sekretion auf (SCHÜLTE-HERBRÜGGEN et al., 2005). Eine weiter Studie zeigte, dass Neurotrophine unter anderem BDNF, die TNF vermittelte Translokalisation des NF-κB in den Zellkern in PC12 Zellen der Ratte verstärkt (FURUNO und NAKANISHI, 2006), und damit zusätzlich anscheinend in die Signalübertragung durch TNF verstärkend eingreift. Weiterhin führte eine Zugabe von Neurotrophinen zu einer BDV-infizierten glialen Zelllinie und einer humanen Oligodendrogliomzelllinie zu einer vermehrten BDV Replikation (CARBONE et al., 1993;

IBRAHIM et al., 2002) und nach Zugabe von BDNF zu primären hippocampalen neuronalen Zellen aus der Ratte konnte einer Erhöhung der BDV-N Menge festgestellt werden (HANS et al., 2004). Insofern weist die in der vorliegenden Studie festgestellte Erhöhung der BDNF mRNA-Expression im Ammonshorn TNF-transgener Tiere nach BDV-Infektion auf einen protektiven Effekt insbesondere im Ammonshorn hin. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass die bei der Maus ermittelten höheren BDNF mRNA-Werte im Ammonshorn auf diesem Wege auch den Erhalt der Virusinfektion und seine Persistenz fördern. Ein weiterer Hinweis auf einen Sonderstatus des Ammonshorns in diesem Modell konnte durch eine vorausgegangene Studie erbracht werden, in der bei BDV-infizierten TNF-transgenen Tieren weniger entzündliche Infiltrate im Ammonshorn im Vergleich zu den Gehinregionen Cortex cerebri und Striatum gefunden wurden, welche aber vergleichbare TNF mRNA-Werte aufwiesen (KRAMER, 2006). Daten, inwiewe

Eigenschaften besitzt, liegen noch nicht vor. Allerdings konnte gezeigt werden, dass BDNF in mikroglialen Zellen die MHC II Induktion verhindern kann (NEUMANN et al., 1998) und somit Einfluss auf die Entzündungsreaktion nehmen könnte.

Die immunhistologische Untersuchung des ADNP erbrachte bei den nicht infizierten Tieren sowohl bei den ntg als auch bei den tg+/- und tg+/+ Tieren eine positive zytoplasmatische Reaktion in Neuronen. Diese Neurone waren im Cortex cerebri aber auch in Ammonshorn und Striatum lokalisiert. Im Cerebellum waren überwiegend Purkinjezellen ADNP-positiv.

Diese Ergebnisse decken sich mit den Resultaten der Untersuchung der ADNP-Expression im

nativen Rattengehirn (GENNET et al., 2007). Allerdings konnte in der Studie von GENNET et al. (2007) auch positive Reaktionen in den Fortsätzen der Neurone und in Astrozyten und Mikroglia ermittelt werden. Derartige Resultate wurden in der vorliegenden Studie erst nach einer BDV-Infektion in Astrozyten und aktivierten Stäbchenzellen in der Nähe der Infiltrate festgestellt. Dies mag an einer Aufregulation des Proteins im Rahmen einer entzündlichen Reaktion liegen. Zusätzlich wiesen auch die infiltrierten Entzündungszellen und die Endothelzellen vorwiegend in transgenen BDV-infizierten Tieren eine positive ADNP-Reaktion auf. Zusätzlich zu dieser zytoplasmatischen ADNP-Reaktion waren bei einigen Zellen auch eine intranukleäre positive Reaktion zu erkennen. Derartige intranukleäre Reaktionen wurden auch im Rattengehirn vorrangig in sogenannten dunklen Neuronen detektiert und deuten daraufhin, dass ADNP ein Transskriptionsfaktor darstellt (GENNET et al., 2007). Diese

von ADNP durch Astrozyten und Vermutung wird durch eine weitere Studie bekräftigt, in der eine Interaktion des ADNP mit dem Chromatin gezeigt werden konnte, was zur Regulation für die Embryogenese essentielle Gene führte (MANDEL et al., 2007). Generell kam es bei der immunhistologischen Untersuchung nur zu einer signifikant höheren Anzahl der ADNP exprimierenden Zellen bei den transgenen BDV-infizierten im Vergleich zu den entsprechenden nicht infizierten Mäusen. Dies mag vor allem in der positiven Reaktion der Entzündungszellen sowie der Astrozyten und Mikroglia begründet liegen. Die Produktion

Makrophagen konnte bereits gezeigt werden (FURMAN et al., 2004; QUINTANA et al., 2006), wobei ADNP zu einer Herunterregulation der proinflammatorischen Zytokine TNF, IL-12 und IL-16 in Makrophagen führte (QUINTANA et al., 2007). Das Auftreten von ADNP bei ins Gehirn eingewanderten Entzündungszellen ist bisher nicht beschrieben worden, könnte aber analog dem BDNF eine weitere Möglichkeit sein, wie auch Entzündungszellen eine neuroprotektive Eigenschaft erlangen können. Möglicherweise ist ADNP dabei im Sinne einer Protektion und Immunmodulation an einer Verhinderung weiterer TNF mRNA-Aufregulationen beteiligt. Inwieweit das BDV nicht nur BDNF sondern auch ADNP als trophischen Faktor nutzt, ist derzeit nicht bekannt.