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Während IL-2 im Gehirn bisher in eingewanderten Immunzellen und Astrozyten nachgewiesen werden konnten (HOFMAN et al., 1986; RAINE et al., 1994; BROSNAN et al., 1995; SIERRA et al., 1997), wurde die Produktion von IFNγ, IL-10 und TGFβ1 in Lymphozyten, Astrozyten und Mikroglia gezeigt (NAGANO et al., 1994; BROSNAN et al., 1995). Darüber hinaus wurde eine Bildung von IL-1, IL-6 und IL-12 auch in Neuronen

gefunden (BROSNAN et al., 1995; WOODROOFE, 1995; SIERRA et al., 1997; LI et al., 2000).

2.3.1 Proinflammatorische Zytokine

Interleukin-1 wird als der Prototyp der proinflammatorischen Zytokine angesehen. Es gibt zwei unterschiedliche Formen des IL-1, das IL-1α und das IL-1β, von denen angenommen wird, dass sie die gleichen Wirkungen zeigen. Sie binden beiden an den IL-1 Rezeptor (IL-1RI; SIMS et al., 1988), dass eine Signaltransduktion einleitet, wohingegen die Bindung an den IL1RII zu keiner Signalübertragung führt (SIMS et al., 1993). Sowohl 1α als auch IL-1β werden als Vorläuferproteine produziert, von denen aber die Vorläuferform von IL-1α bereits eine biologische Aktivität zeigt. Die Vorläuferform des IL-1β ist inaktiv und muss erst durch eine Protease (Caspase 1) umgesetzt werden (THORNBERRY et al., 1992).

Beide IL-1 können von Gehirnzellen exprimiert werden. Allerdings sind die Mengen im normalen Gehirn gering (VITKOVIC et al., 2000). Mikroglia, die ebenfalls Caspase 1 produzieren, scheinen die primäre Quelle von IL-1 in frühen Prozessen nach Traumatisierung des Gehirn zu sein (DAVIES et al., 1999; TOUZANI et al., 1999). In der Zellkultur konnte durch Zugabe von TNF zu humanen fetalen mikroglialen Zellen eine Produktion des IL-1 induziert werden (LEE et al., 1993). Astrozyten, die ebenfalls in der Lage sind IL-1 zu produzieren, exprimieren dieses Interleukin im Laufe eines zerebralen Traumas etwas später (DAVIES et al., 1999; PEARSON et al., 1999). Eine Expression von IL-1 wurde auch in Oligodendrozyten, Neuronen und zirkulierenen Immunzellen beobachtet (BLASI et al., 1999;

PEARSON et al., 1999; VITKOVIC et al., 2000).

Eine Beteiligung des IL-1 bei neurodegenerativen Prozessen wird deshalb angenommen, da die Expression des IL-1 bei Nagern nach ischämischen, hypoxischen, exzitatorischen und traumatischen Bedingung im Gehirn drastisch ansteigt (ROTHWELL et al., 1997). Eine direkte Injektion des IL-1 ins Gehirn allein führte bei Nagern zwar nicht zu neurodegenerativen Vorgängen, in Kombination mit ischämischen, exitatorischen und traumatischen Bedingungen kam es aber zu stärkeren Läsionen. Im Gegensatz dazu verursachte die Inhibition des IL-1 nach cerebraler Ischämie, mechanischen Läsionen oder Zuführungen von Exzitatoren dramatisch verringerte neuronale Zelluntergänge (ROTHWELL et al., 1997; TOUZANI et al., 1999).

Die Rolle des IL-1 im Verlauf von demyelinisierenden und entzündlichen Prozessen im Gehirn ist allerdings noch nicht bis ins Detail geklärt. So scheint IL-1 auch bei der

Entwicklung des ZNS eine Rolle zu spielen (MEHLER et al., 1997) und IL-1 inhibiert in primären neuronalen Zellen den Zelltod (ROTHWELL et al., 1995; STRIJBOS et al., 1995) Interleukin-2 ist ein weiteres proinflammatorisches Zytokine, welches direkt Wachstum und Differenzierung hautpsächlich von T-Zellen, aber auch B-Zellen, natürlichen Killerzellen, Monozyten, Makrophagen und Oligodendrozyten, fördert. Zusätzlich zur wachstumfördernden Eigenschaft, kann IL-2 auch T-Zellen zur Produktion von weiteren Zytokinen, insbesondere IFNγ und IL-4 anregen (FARRAR et al., 1982; HOWARD et al., 1983). Die Ausschaltung von autoreaktiven T-Zellen mittels Behandlung mit IL-2 führte zur Unterdrückung der EAE (CRITCHFIELD et al., 1994). Die Überexpression des humanen IL-2 unter der Kontrolle des Metallothioninpromoters führte in der Maus zu Ataxien aufgrund von lymphozytären Infiltration ins Kleinhirn (PETITTO et al., 1999).

Dem proinflammatorischen Zytokin Interleukin-6 wird bei demyelinisierenden Prozessen neben TNF und IL-1 eine wichtige Rolle zugesprochen. So wurde eine deutliche Aufregulierung der mRNA dieses Interleukins in aktiven MS Läsionen gefunden (BARANZINI et al., 2000). Eine Aufregulation des IL-6 konnte aber auch in zahlreichen anderen Erkrankungen, wie dem AIDS-Demenz-Komplex, der Alzheimerschen Erkrankung, Trauma, sowie viralen und bakteriellen Meningitiden, gezeigt werden (HULL et al., 1996;

GRUOL und NELSON, 1997). Nach VAN WAGONER et al. (1999) scheinen vor allem aktivierte Astrozyten die Quelle von IL-6 im Gehirn zu sein. IL-6 ist in der Lage, Adhäsionsmoleküle auf Endothelzellen zu induzieren, Astrozyten zu aktivieren und einen Verlust von Myelin zu verursachen (POBER, 1987; WOODROOFE, 1995; MERRILL und BENVENISTE, 1996; BRUNELLO et al., 2000). Transgene Mäuse, die IL-6 unter der Kontrolle des GFAP-Promotors überexprimieren, zeigten Astrogliose, Mikrogliaaktivierung, Neurodegeneration, Angiogenese, sowie erhöhte Werte von GFAP, IL-1, TNF und ICAM-1 (CAMPBELL et al., 1993; CHIANG et al., 1994). Auf der anderen Seite sind IL-6 knockout Mäuse resistent gegen MOG-induzierte EAE (OKUDA et al., 1998, 1999), wohingegen IL-6 knockout Mäuse in dem Modell der fokalen Ischämie keine Neuroprotektion entwickelten (CLARK et al., 2000). So scheint IL-6 mehr eine reaktive Rolle als eine ätiologische Rolle bei der Entstehung von pathologischen Veränderungen im Gehirn zuzukommen (EISEL, 2002).

Die Rolle des IL-6 im Gehirn ist noch nicht bis ins Detail geklärt, da IL-6 zudem auch eine neuroprotektive Eigenschaft zugeordnet werden konnte (MIDDLETON et al., 2000).

Interleukin-12 ist ein proinflammatorisches Zytokin, welches sich aus einer 35 kDa (p35) und einer 40 kDa (p40) schweren Untereinheit zusammensetzt. IL-12 ist allerdings nur als heterodimere Form (p70) biologisch aktiv (KOBAYASHI et al., 1989; PODLASKI et al., 1992; TRINCHIERI, 1997). Während die p40-Untereinheit die Bindung an den IL-12 Rezeptor vermittelt, ist die p35-Untereinheit für die Signalübertragung notwendig (GILLESSEN et al., 1995). IL-12 hat antivirale Eigenschaften und fördert die Differenzierung von Th1-Zellen (TRINCHIERI und GEROSA, 1996; TSUNG et al., 1997). Im Nervengewebe konnte IL-12 in freien Nervenenden, Axonen, Gliazellen, peripheren Nerven und Rückenmarkgewebe nachgewiesen werden (CHEHIMI und TRICHIERI, 1994; TRINCHIERI und GEROSA, 1996; GORAK et al., 1998). Verschiedene Zytokine regulieren die IL-12-Produktion phagozytierender Zellen. IFNγ und der Granulozyten-Makrophagen-Kolonie-stimulierender-Faktor (GM-CSF) unter anderen fördern, IL-10 hemmt die IL-12-Produktion (D´ANDREA et al., 1992; TRICHIERI et al., 1992; GAZZINELLI et al., 1993; CHEHIMI und TRINCHIERI, 1994; SKEEN et al., 1996; SNIJDERS et al., 1996; BÜTTNER et al., 1998). In einer Studie, in der das Immunsystem der Mäuse durch intraperitoneale Injektion mit LPS stimuliert wurden, konnte p40-mRNA im Gehirn nachgewiesen werden, wohingegen p35-mRNA konstitutiv exprimiert wurde. Vor allem Mikroglia waren dabei im Gehirn p40-positiv (STALDER et al., 1997). Bei Kokultivierung von Astrozyten mit Mikroglia hemmen die Astrozyten die Sezernierung von IL-12 aus stimulierten Mikroglia, so dass Astrozyten die IL-12-Produktion zu regulieren scheinen.

Interferon-γ ist einer der Hauptbeteiligten der primären antiviralen Reaktion. Zusätzlich zu dieser Eigenschaft besitzt IFNγ auch immunmodulatorische Fähigkeiten. Die Produktion des IFNγ obliegt hauptsächlich T-Zellen als auch natürlichen Killerzellen. In Anwesenheit des IFNγ wird die Proliferation von Th2-Zellen behindert, während Th1-Zellen unbeeinflusst bleiben (GAJEWSKI und FITCH, 1988). Um die Wirkung des IFNγ im Gehirn zu erforschen sind verschiedene transgene Mäuse gezüchtet worden. Die Überexpression des IFNγ unter der Kontrolle des myelin basic protein Promoters führte zu demyelinisierenden Prozesse und einer starken Mikrogliaaktivierung (CORBIN et al., 1996; HORWITZ et al., 1997). Die Nutzung von IFNγ-Rezeptor-knockout-Mäusen zeigte in dem Modell der MOG-induzierten EAE, dass IFNγ sowohl für die Einleitung als auch für die Remission von der Krankheit eine wichtige Rolle spielt. In einer weiteren Studie konnte BALB/c-Mäuse, welche normalerweise resistent gegenüber einer MBP-induzierten EAE sind, durch das IFNγ-knockout empfänglich gemacht werden, so dass dem IFNγ neben der neurodegenerativen auch eine neuroprotektive

Eigenschaft zugesprochen werden kann (KRAKOWSKI und OWENS, 1996). IP-10, ein Faktor der normalerweise von Astrozyten bei EAE synthetisiert wird, wurde allerdings bei den IFNγ-knockout-Mäusen nicht gebildet, was vermuten lässt, das Astrozyten durch IFNγ beeinflusst sind (GLABINSKI et al., 1999).

2.3.2 Antiinflammatorische Zytokine

Interleukin-4 hat während immunologischer Prozesse zwei Hauptaufgaben. Zum einen fördert IL-4 den Wechsel zur IgE und IgG-Subklassen IgG2A und IgG3 Antikörpersynthese in B-Zellen, was eine zu IFNγ antagonistische Wirkung auf B-Zellen darstellt (ABBAS, 2005). Zum anderen fördert IL-4 die Entwicklung von Th2-Zellen aus naiven CD4+ T-Helferzellen und stellt einen autokrinen Wachstumsfaktor für die Th2-Zellen dar (ABBAS, 2005). Zudem antagonisiert IL-4 den makrophagenaktivierenden Effekt von IFNγ und inhibiert dadurch die zellvermittelte Immunantwort, was einen Mechanismus darstellt, durch den Th2-Zellen als Inhibitoren einer Entzündung wirken (ABBAS, 2005).

Interleukin-5 aktiviert eosinophile Granulozyten und stimuliert diese zu Wachstum und Differenzierung. Außerdem regt IL-5 B-Zellen zum Wachstum und zur Produktion von IgA an. IL-5 wird von T-Lymphozyten gebildet und stellt mit IL-4 zusammen das wichtigste Zytokin der Th2-Zellenvermittelten Immunantwort dar (ABBAS, 2005).

Interleukin-10 ist ein Hemmer aktivierter Makrophagen und dadurch in die Kontrolle der zellvermittelten Immunantwort involviert. Es wird hauptsächlich von T-Lymphoyzten, unter anderen von regulatorischen T-Zellen und aktivierten Makrophagen gebildet und stellt ein negatives Feedbacksignal für Makrophagen dar (GROUX, 2003; ABBAS, 2005). Dabei werden Makrophagen vor allem daran gehindert TNF, MIP-1α, RANTES und IL-12 zu bilden (ABBAS, 2005; KREMLEV und PALMER, 2005).

Transforming growth factor β (TGFβ) ist ein antiinflammatorisches Zytokin, welches zelluläre Proliferation und Differenzierungen reguliert. TGFβ existiert in drei Isoformen (TGFβ1-3). Alle Organe exprimieren im Laufe der Entwicklung im Zusammenhang mit Gewebedifferenzierung eine oder mehrere Isoformen des TGFβ. Weiterhin wird TGFβ von T-Zellen, B-T-Zellen, Makrophagen, neutrophilen Granulozyten, Thrombozyten, Fibroblasten, Myozyten, Chondrozyten, Osteoklasten und –blasten sowie Astrozyten gebildet (KEHRL et

al., 1986; GROTENDORST et al., 1989; ROBERTS et al., 1991; DERYNCK et al., 1992; DA CUNHA et al., 1993; MOKHTARIAN et al., 1994). In vitro kommt es nach Stimulation mit Steroiden, IL-1, IL-2, IL-6, TGFβ1 oder LPS zur vermehrten Expression und Sezernierung von TGFβ1 aus verschiedenen Zellen (WAHL et al., 1993; COLASANTE et al., 1997). Im Gegensatz dazu haben IL-12 und IFNγ in vitro und in vivo, unter anderem in Astrozyten, eine hemmende Wirkung auf die TGFβ-Produktion (MARTH et al., 1997; SCHINDLER et al., 1998). TGFβ hemmt die Proliferation und Entwicklung von Th1-Zellen, die Zytokinproduktion von Lymphozyten, die Produktion von TNF, IL-4, IL-6 und IFNγ aus aktivierten Makrophagen (KEHRL et al., 1986; ESPEVIK et al., 1988; CHANTRY et al., 1989; LINK et al., 1994; SCHMITT et al., 1994). Zudem induziert TGFβ1 in Mikroglia die Expression und Sezernierung von IL-1 (MERRILL und ZIMMERMAN, 1991). TGFβ und TNF haben vor allem antagonistische Effekte (CRISI et al., 1995).

Zu eventuellen neurodegenerativen oder neuroprotektiven Eigenschaften der antiinflammatorischen Zytokine, IL-4, IL-5, IL-10 und TGFβ1, liegen zur Zeit wenige Daten vor.