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Progressive Industriearchitektur in Amberg

Im Dokument Deutscher Bundestag (Seite 26-31)

flachen Hallen für Endverarbeitung, Lager und Werkstätten.

Diese flachen Bauteile sind an den Außenseiten angeböscht, sodass sich nur die eigentliche „Kathedrale“, in der Dunkel-heit durch das Ofenfeuer regelrecht glühend, aus der Land-schaft erhebt. Die Eröffnung der Fabrik im Jahr 1970 erlebte Gropius nicht mehr.

Dass Gropius und Cvijanovic die Fabrik genau auf die dama-ligen funktionalen Erfordernisse hin entwarfen, erschwert heute leider den Betrieb. Ursprünglich befanden sich in der Halle jeweils vier Mischeinheiten, Schmelzöfen und Kühl-bahnen. Die Gläser wurden mundgeblasen. Die heute hier produzierende Firma Nachtmann nutzt nur eine große und weitgehend automatisierte Produktionsstraße. Ein Kran lässt sich aus Platzgründen und wegen der genau bemessenen Statik nicht nachrüsten. Die Zugluft macht dem Maschinen-park zu schaffen und Glaswände müssen mit Leitplanken vor Gabelstaplern geschützt werden.

Ein architektonischer Schatz wartet in Amberg in der Ober-pfalz auf seine Würdigung. Die „Glaskathedrale“ der Firma Rosenthal gilt als das letzte Werk von Walter Gropius. Dass sie noch immer der Produktion von Weingläsern der Firma Riedel dient, hat sie als lebendiges Denkmal erhalten.

Auftraggeber der Fabrik war der Unternehmer Philip Rosenthal. Architekt und Bauherr verband der Wunsch nach menschenfreundlichen Arbeitsbedingungen. Für die Glas-fabrik der Rosenthal-Tochter Thomas Glas hieß das: mehr Tageslicht und weniger Hitze. Gropius und sein Mitarbeiter Alexander Cvijanovic entwarfen eine etwa hundert Meter lange Giebelhalle, die über das Dach und von den Seiten natürlich belichtet wird. Aus begrünten Höfen gelangt frische Luft in die Halle; Öffnungen im Giebel sorgen für eine schnelle Wärmeabfuhr. Die serielle Bauweise und die auf Glas und Beton beschränkte Materialwahl betonen den industriellen Charakter. Von beiden Seiten des „Mittel-schiffs“ führen zwischen den Höfen verglaste Gänge zu

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Zur Zeit ihrer Fertigstellung wurde die Glasfabrik als Meilen-stein des Industriebaus gefeiert. Für viele Amberger ist das Werk aktueller oder ehemaliger Arbeitsplatz, doch als identitätsstiftendes Wahrzeichen wird es trotz Denkmal-schutz bisher kaum wahrgenommen. Jedoch hat die Stadt-verwaltung das Potenzial der Glaskathedrale erkannt – gerade im Vorfeld der Jahre 2019 (100 Jahre Bauhaus, Gropius’ 50. Todestag) und 2020 (50 Jahre Glaskathedrale).

Nicht aus den Augen sollte man jedoch verlieren, dass der Bau explizit als Produktionsstätte geplant wurde und glück-licherweise noch als solche genutzt wird. Kein alternatives Nutzungskonzept und schon gar kein Leerstand könnte erfolgversprechender sein und den baulichen Unterhalt bes-ser gewährleisten als der laufende Betrieb. Das muss einer durchdachten und gezielten Unternehmensplanung und Kommunikationsarbeit mit dem Bauwerk aber nicht wider-sprechen, solange diese die Belange der Produktion und der Unternehmensentwicklung berücksichtigt und die Nutzer einbindet. Hier dient das UNESCO-geschützte Fagus-Werk von Gropius als Vorbild, in dem ebenfalls noch produziert wird, aber auch der erfolgreiche Trend bei Weingütern, Architektur, Vinothek und Produktionsort zusammenzulegen.

Anzunehmen ist dabei, dass nicht nur die nutzende Firma Riedel Glas, sondern auch die Stadt Amberg einen Image-gewinn erzielen können. Dass die Firma Rosenthal einst ihre fortschrittliche Werksarchitektur aktiv als Teil ihrer Firmenkommunikation nutzte, sollte dabei Bestätigung sein.

Gelingt der Spagat zwischen dem Erhalt des Denkmals und dem Erhalt der Produktion, kann die Glaskathedrale wichtige Signale setzen: dafür, dass Denkmale Teil des Alltagslebens sind; dafür, dass auch jüngere Industriearchi-tektur erhaltenswert ist; und nicht zuletzt dafür, dass der Industriebau einst eine wichtige Gestaltungsaufgabe für Bauherren, Architekten und Ingenieure war und es unbedingt wieder sein sollte.

BAUKULTUR AUF EINEN BLICK

• Denkmal im laufenden Betrieb

• funktionale Nachteile durch neue Arbeitsprozesse

• ungenutztes Potenzial als Wahrzeichen

• Interessenausgleich von Denkmalschutz, Marketing und Nutzern wünschenswert

Planung und Bau: 1967–1970 Bauherr: Rosenthal AG, Selb Planer: The Architects Collaborative (TAC), Boston: Walter Gropius, Alexander Cvijanovic

Nutzer: Kristall-Glasfabrik Amberg GmbH

Größe: 11.500 m2

Länge der Halle: 100 × 27 × 20 m Kosten: ca. 12 Mio. DM (1970) Mehr Informationen im Projektsteckbrief im Anhang

Fakten

Nach Einschätzung der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger liegt der Anteil von Denkmalen am Gebäudebestand in Deutschland bei 3 %. Hinzu kommen Boden- und Gartendenkmale sowie bewegliche Denkmale wie Bilder, Altäre oder Orgeln. Sie werden von den Landesdenkmalämtern in einer Denkmalliste nachrichtlich erfasst. Die Anzahl der Denkmale der jeweiligen Länderlisten kann untereinander nur schwer gegenübergestellt werden, da einige Bundesländer zum Beispiel einzelne Grabsteine und Bauelemente als eigene Denkmale erfas-sen, während anderswo mehrere Bauwerke unter einer Denkmalnummer zusam-mengefasst werden. Die Denkmalliste ist offen und wird fortlaufend ergänzt.

Die meisten Länder wenden das „ipsa lege“-Prinzip an – das deklaratorische oder auch nachrichtliche Prinzip. Für die Unterschutzstellung eines Objektes ist dabei kein gesonderter Verwaltungsakt mehr notwendig. Stattdessen stehen Denkmale automatisch unter Schutz, sobald ihre Denkmalwürdigkeit festgestellt wurde. Langwierige Verfahren zur Unterschutzstellung entfallen damit. Ent-scheidend ist der Zeitgewinn beispielsweise bei Bodendenkmalen, die häufig erst kurzfristig während einer Baumaßnahme entdeckt werden. Aber auch der Gebäudebestand profitiert. Seit der Gesetzesänderung mit Umstellung auf das

„ipsa lege“-Prinzip hat sich die Zahl der geschützten Denkmale in Hamburg 2013 von 1.900 auf 4.800 mehr als verdoppelt – allerdings bei gleichen Personal-ressourcen. In NRW wird das „ipsa lege“-Prinzip nicht angewendet, die Aufnahme in die Denkmalliste erfolgt anhand eines aufwendigen und schwerfälligeren zweistufigen Verfahrens.

Denkmale müssen nicht im herkömmlichen Sinne einem Schönheitsan-spruch genügen, sie stehen vielmehr repräsentativ für eine bestimmte Bau-epoche in der Region. Exemplarisch ist der 1977 fertiggestellte Wohnkomplex

„Pallasseum“ Berlin anzuführen, der über die Jahre hinweg als sozialer Brenn-punkt galt. Mit sozialen Angeboten und baulichen Maßnahmen erfolgte eine Aufwertung. 2017 wurde der Betonbau unter Schutz gestellt. Denkmale können auch als „unbequem“ gelten, wenn der Anlass und Kontext für die Errichtung des Bauwerks aus heutiger Sicht abzulehnen sind. Die Gebäude aus der Zeit des Nationalsozialismus sind hierfür ein Beispiel. In Nürnberg wurden die Bau-werke des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes 1973 unter Schutz gestellt, auch wenn Erhalt, Umgang und Nachnutzung des Areals schwierig und erläu-terungsbedürftig sind. Die Bauwerke stehen repräsentativ für ihre Zeit, bei ihrer Unterschutzstellung geht es um den Geschichtserhalt. Der Kunsthistoriker Norbert Huse befasste sich in seiner 1997 erschienenen Publikation „Unbequeme Baudenkmale: Entsorgen? Schützen? Pflegen?“ mit dem schwierigen Umgang mit ungeliebten Bauwerken. Ein bestimmtes Baualter ist keine Voraussetzung für eine Denkmaleigenschaft. Laut Bayerischem Denkmalschutzgesetz muss ein Gebäude nur „aus vergangener Zeit“ stammen, um den Denkmalstatus erlan-gen zu können.

Nicht zuletzt aufgrund der knappen personellen Ausstattung in den Landes-denkmalbehörden sind noch nicht alle denkmalwerten Objekte erfasst. Als überwiegend erfasst gelten die Gebäudebestände aus der Zeit von vor 1918 und weitestgehend aus den 1920er- und 1930er-Jahren. Der Denkmalstatus der Nachkriegsmoderne wird noch kontrovers diskutiert. Die Hälfte des bundes-weiten Gebäudebestandes wurde zwischen 1949 und 1990 gebaut. Vor allem die Bauten aus den 1960er- und 1970er-Jahren und in serieller Bauweise errich-tete Siedlungen führen sowohl in den neuen als auch in den alten Ländern zu

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strittigen Debatten. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte und 2017 abgeschlossene Forschungsprojekt „Welche Denkmale welcher Moderne? Erfassen, Bewerten und Kommunizieren des bau-lichen Erbes der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts“ widmet sich dem Umgang mit kontroversen Bauten der 1960er- und 1970er-Jahre. Denn inzwischen ist eine wachsende Wertschätzung des sogenannten Brutalismus bemerkbar. Das zeigen der Zuspruch, den Projekte wie „Big Beautiful Buildings“ der Landesini tiative StadtBauKultur NRW 2020, erfahren oder die Ausstellung „SOS Brutalismus“

des Deutschen Architekturmuseums (DAM) in Frankfurt am Main 2017, in deren Datenbank weltweit 1.100 Bauwerke aufgezeigt werden, davon 123 akut gefähr-det und 336 unter Denkmalschutz stehend. Eine breite Aufmerksamkeit bekom-men die Betonriesen laut dem DAM dabei über soziale Medien wie Instragram mit 13.000 Abonnenten oder über das Portal Tumblr mit 10.000 Abonnenten.

Viele Bestände der Nachkriegszeit wurden im Zuge des Stadtumbaus abge-rissen, bevor der Denkmalwert erkannt wurde. Der verbliebene Bestand rückt nun in den Fokus. So wird in Halle (Saale) die Unterschutzstellung der Neustadt diskutiert, in der Innenstadt wurden bereits postmoderne Plattenbauten aus den 1980er-Jahren geschützt. In Berlin steht seit 2017 einer der größten Wohn-bauten Europas – die Autobahnüberbauung Schlangenbader Straße – aus der Zeit von 1973–1980 unter Denkmalschutz. Aus den 1980er-Jahren finden sich in Deutschland erst wenige geschützte Objekte. In Stuttgart wurde die Neue Staatsgalerie – errichtet 1979–1984 – als Schlüsselwerk der Postmoderne denkmalgeschützt. In Hamburg erhielt Anfang 2018 die zuvor in eine Abriss-diskussion geratene, aus den 1980er-Jahren stammende Ladenpassage Hanse-Viertel in der Innenstadt den Schutzstatus. Und in Berlin ist das Nikolai-viertel denkmalgeschützt, das die veränderte Baupolitik der DDR zum Anlass der 750-Jahr-Feier der Stadt repräsentiert. Historische Gebäude aus dem 16.–18. Jahrhundert wurden in diesem Zusammenhang restauriert und teil- weise rekonstruiert, neue Wohnhäuser in Plattenbauweise erhielten historisch wirkende Gestaltungselemente.

Erhaltenswerte Bausubstanz

 Wichtiger Bestandteil der Städte und Gemein-den sind zudem stadt- und ortsbildprägende Gebäude. Laut Schätzung des Bundes Deutscher Architekten (BDA) machen sie im Durchschnitt rund 30 % des Siedlungsbestandes in Deutschland aus und werden in der kommunalen Verwaltungspraxis grundsätzlich als erhaltenswert angesehen. Das Bundesmi-nisterium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) identi-fiziert 2014 in seiner Publikation „Die besonders erhaltenswerte Bausubstanz in der integrierten Stadtentwicklung“ die Gebäude, Gebäudeensembles und Siedlungsteile als erhaltenswerte Bausubstanz, deren gestalterische Überfor-mung oder Abbruch zu einem Verlust des charakteristischen Erscheinungsbildes einer Kommune beitragen und die Erlebbarkeit gebauter Orts- und Stadtge-schichte beeinträchtigen würde. So werden beispielsweise die Stadtquartiere der Gründerzeit in der Regel mit zu den stadtbildprägenden Beständen einer Kommune gerechnet, ohne dass jedes Gebäude für sich dabei unter Denkmal-schutz steht. Es können aber auch soziale, ökologische, kulturelle oder quanti-tative Aspekte für eine Einstufung als erhaltenswert sprechen. Ebenso kann eine authentische Substanz mit originalen Materialien und Oberflächen Merkmal erhaltenswerter Gebäude oder Infrastrukturen sein. Das Bundesinstitut für

Denkmalstatus vor allem bei älteren Gebäuden

93% der befragten Kommunen geben an, Denkmale aus den 1920er- und 1930er- Jahren zu haben. Mit abnehmendem Baualter nimmt auch die Häufigkeit des Denkmal-status ab. 52% der Kommunen haben Denk-male aus den 1950er-Jahren und 32% aus den 1960er-Jahren. Gebäude aus den 1970er- Jahren sind bei 15% der Städte und Gemein-den unter Schutz gestellt, Denkmale aus den 1980er-Jahren haben 5% der Kommunen. 

K11

Kommunale Bestandserhebung

Jede dritte Kommune erfasst laut Kommunal-umfrage zum Baukulturbericht die erhaltens- werte Bausubstanz in ihrem Gemeindegebiet. 

K23

Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) führt derzeit einen „Praxistest zur besonders erhaltenswerten Bausubstanz“ durch, in dem geeignete Instrumente zur Erfassung erprobt werden. Für Brandenburg wurden in der Publikation

„Besonders erhaltenswerte Bausubstanz im Land Brandenburg“ bereits Hand-lungsansätze aufgezeigt.

Im Unterschied zum Denkmalschutz ist die Bestandskategorie der erhal-tenswerten Bausubstanz noch kaum definiert. Auch verwaltungsinterne Zustän-digkeiten sowie die Konsequenzen, die sich aus einer Festlegung als erhaltens-werte Bausubstanz ergeben, sind nicht eindeutig geregelt. Laut Baugesetzbuch (BauGB) sind der baukulturelle Erhalt und die Weiterentwicklung der städtebau-lichen Gestalt und des Orts- und Landschaftsbildes als Grundsätze der Bauleit-planung aufgeführt und zählen somit zu den Belangen, die im Rahmen der Abwä-gung zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus sind erhaltenswerte und stadtbildprägende Gebäude rechtlich nicht gesichert. Festlegungen und Bestandserhebungen der Kommunen sind rein informell und bilden kein Instru-ment zum Schutz des jeweiligen Gebäudes vor gestalterischer Überformung oder Abriss. Sie begründen allerdings im Programm „KfW-Effizienzhaus Denk-mal“ einen besonderen Fördertatbestand.

Alltagsarchitektur

 Die Kategorie des restlichen, bisher undefinierten Bau-bestandes umfasst die große Fülle der allgemeinen Alltagsarchitektur und macht derzeit rund 67 % des Siedlungsbestands aus. Alltagsbauten gelten als Zweck-bauten ohne besonderen funktionalen oder baukünstlerischen Anspruch. Das heißt jedoch nicht, dass sie aus baukultureller Sicht nicht wertvoll sind. Sie beinhalten mindestens ökonomische und ökologische Werte als Ressource für neue Nutzungen und baukulturelle Weiterentwicklung und sind darüber hinaus Wohnorte, Arbeitsplätze und Orte der Freizeit für Millionen von Menschen. Diese vorhandenen Werte bleiben bei betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftli-cher Betrachtung von Bauvorhaben zurzeit fast immer unberücksichtigt, Zerti-fizierungssysteme kommen in der Regel nur bei unbebauten Grundstücken oder Neubauten zum Einsatz und nicht bei Sanierungen. Im Baukulturbericht 2014/15 der Bundesstiftung Baukultur haben die befragten Kommunen Merkmale genannt, die aus kommunaler Sicht die baukulturelle Qualität eines Gebäudes begründen: Baukultur beinhaltet neben gestalterischen Qualitäten auch Hand-werklichkeit und Materialqualität, die Berücksichtigung sozialer Belange, eine integrierte Lage oder eine ressourcenschonende Bauweise. Gerade an Alltags-bauten, die den überwiegenden Teil der Städte ausmachen, sind entsprechende Qualitätsanforderungen zu stellen, damit sie die gebaute Umwelt bereichern.

Mit Blick auf die derzeit umfangreichen Neubautätigkeiten in den Städten und Gemeinden sind diese Kriterien aktueller denn je.

Erhaltungszustand

Daueraufgabe Stadtsanierung

 Der heterogene Siedlungsbestand in Deutschland weist auch hinsichtlich seines Erhaltungszustands Unterschiede auf. Durch den hohen Einsatz an Fördermitteln präsentieren sich heute vor allem viele der historischen Stadtkerne in den neuen Ländern mit einem bau-kulturell hochwertig sanierten Stadtbild. Nach wie vor finden sich in den meisten

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ostdeutschen Städten jedoch auch noch unsanierte Gebäude, die seit den 1990er-Jahren oder länger leer stehen. In den alten Ländern haben kontinuier-liche Investitionen in die Stadterneuerung in der Regel verhindern können, dass die Bausubstanz von Gebäuden derart stark vernachlässigt wurde. Ruinöse Gebäude bilden hier eher eine Ausnahme. Stattdessen sind ein genereller Sanierungsstau und die gestalterische Überformung der Stadt- und Ortsbilder offenkundig.

Bundesweit gilt von den geschätzten rund 1 Mio. Kulturdenkmalen in Deutschland ein Drittel als gefährdet oder dringend sanierungsbedürftig. Hinzu kommen die sanierungsbedürftigen Alltagsgebäude und Gebäude mit erhal-tenswerter Bausubstanz. Auch sie müssen in regelmäßigen Abständen instand-gesetzt und modernisiert werden, um gebrauchs- und zukunftsfähig zu bleiben.

Die Sanierung privater Gebäude liegt in der Verantwortung des jeweiligen Eigen-tümers. Nicht jeder Eigentümer ist hierzu finanziell in der Lage, vernachlässigte Bausubstanz ist zwangsläufig die Folge. Auch bei kommunalen Liegenschaften bestehen erhebliche Sanierungsrückstände. Förderprogramme von Bund, Län-dern und Kommunen – insbesondere die Städtebauförderung – schaffen in diesem Zusammenhang zwar wichtige Investitionsanreize, die ohne Förderung unterbleiben würden, doch sind Förderprogramme zeitlich begrenzt und degres-siv ausgestattet.

Sanierungsbedarf bei privatem Eigentum

78% der befragten Kommunen benennen die Sanierung privater Gebäude als aktuelle Aufgabe im Rahmen der Weiterentwicklung des Bestandes. 58% der befragten Kom-munen sehen in diesem Zusammenhang einen (sehr) hohen Sanierungsstau bei Gebäuden aus der Zeit von 1949–1969.

56% bestätigen dies für die Baualtersklasse 1919–1948 und 55% für die Gebäude aus der Zeit von vor 1918. In jeder dritten Kom-mune zeichnet sich zudem Sanierungsbedarf an privaten Gebäuden aus der Zeit von 1970–1990 ab. K18 + K21

Gleich zwei Auszeichnungen auf der weltgrößten Immobilienmesse zu erhalten, ist eine außergewöhnliche Projektwürdigung. Besonders wenn es sich dabei, verglichen mit den Konkurrenzprojekten, um einen verhältnismäßig kleinen Um- und Erweiterungsbau im denkmalge-schützten Bestand handelt. Die ehemalige Abtei Michaelsberg wurde zu einer modernen Tagungs- und Bildungseinrichtung umgebaut und durch einen Neubau ergänzt. Dabei wurde die bekannte Silhouette, die als Siegburger Wahrzeichen gilt, nicht verändert. Die Prämierung auf der MIPIM in Cannes in den Kategorien „Best Hotel & Tourism Resort Award“ und „Spezial Jury Award“ bestätigt das wachsende Interesse des globalen Immobilienmarktes an Denkmalbeständen. In den über 950 Jahren ihres Bestehens erfuhr die Abtei wechselhafte Nutzungen als Gotteshaus, Kaserne, Irrenanstalt, Gefängnis, Jugendherberge und Heilanstalt. Nach einem Brand im 18. Jahrhundert wurde der bis heute erhaltene barocke Gebäudekomplex errichtet. Neue Funktionen ver-bunden mit hochwertiger Architektur sichern nun das Fortbestehen der Immobilie im Kirchenbesitz.

Baukultur transformiert Denkmale

Sanierung und Erweiterung der Abtei

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