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Parkplatzüberbauung am Dantebad – Zugewinn durch Doppelnutzung

Im Dokument Deutscher Bundestag (Seite 130-133)

Ämtern und der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag, die als Bauherr auftrat, wurde das Projekt konkre-tisiert. Der Stellplatzschlüssel wurde durch die Stadt von 1,0 auf 0,2 gesenkt. Statt Einzelvergaben der Gewerke war im Rahmen des Programms „Wohnen für Alle“ die Vergabe an einen Generalunternehmer zulässig.

Die Ausschreibung Anfang 2016 gewann die Firma Ernst Böhms mit dem Architekten Florian Nagler. Dieser entwarf einen 110 Meter langen und 12 Meter schmalen Baukörper auf Stelzen, der im Erdgeschoss mit zwei Treppenhäusern und den abgerundeten Kopfenden mit Fahrrad- und Müll-räumen in Erscheinung tritt. Dazwischen parken weiterhin Autos. Dieser Sockel sowie die Laubengänge wurden in Stahlbeton ausgeführt, die Wohnungen aus vorgefertigten Holzelementen. Bis zu zehn Meter lange Fassadenabschnitte wurden als Fertigteile inklusive Fenstern und Fassade direkt vom Lkw aus verbaut, die Badezimmer als voll ausge-stattete Boxen angeliefert. Rohbau und Ausbau sind teilweise Die Innenentwicklung stößt vielerorts an ihre Grenzen. Doch

sogar in dicht bebauten Großstädten lässt sich noch Bauland finden – und zwar keineswegs nur Grünfläche, sondern ohnehin bereits versiegeltes Gelände: Parkplätze zum Bei-spiel. Kurz nachdem München im Herbst 2015 eine große Anzahl Flüchtlinge aufgenommen hatte, legte die Stadt das Wohnungsbau-Sofortprogramm „Wohnen für Alle“ auf, das sich an Geflüchtete und einkommensschwache Haushalte richtet. Weil Ideen zur schnellen Schaffung von Wohnraum notwendig waren, erschien ein älteres Konzept des Bau-unternehmers Ernst Böhm zur Überbauung von Parkplätzen nun aussichtsreich. Aus Kosten- und Zeitgründen kam als Standort nur eine Fläche im Besitz der Stadt infrage. Im Stadt-teil Gern fand man schließlich einen knapp 4.000 Quadrat-meter großen Parkplatz zwischen einem Sportplatz und dem Dantebad. Das Projekt wurde zur Chefsache erklärt und Entscheidungswege wurden verkürzt. In regelmäßigen Pla-nungsrunden mit dem Oberbürgermeister, den beteiligten

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identisch, so blieben etwa die Unterseiten der Brettstapel-decken holzsichtig. Der in vier Abschnitten durchgeführte Holzbau benötigte nur acht Wochen, der gesamte Bau nur sechs Monate. Zwischen der Beauftragung und der Fertig-stellung Anfang 2017 war gerade einmal ein Jahr vergangen.

Insgesamt entstanden 100 Wohnungen, die meisten 24 oder 31 Quadratmeter große Einzelapartments, dazu einige roll-stuhlgerechte Einheiten mit 43 Quadratmetern. Jede dritte Wohnung ist etwas breiter, dafür aber weniger tief, sodass der lange Laubengang kleine Aufweitungen zum Aufenthalt erhält. In den Kopfenden befinden sich Gemeinschaftsräume mit Kochmöglichkeiten, eine Waschküche und Kellerersatz-räume. Auf dem Dach bildet eine Terrasse mit Sitzbänken und Hochbeeten einen zentralen Treffpunkt. Die Kaltmiete beträgt je nach Förderstufe zwischen 5,75 und 9,40 Euro.

Da die Bewohner der Nachbarschaft ein ausschließlich von alleinstehenden jungen Männern bewohntes Haus fürchte-ten, wurden auch 14 familientaugliche Wohnungen mit zwei-einhalb Zimmern errichtet. Die Vergabe der Wohnungen erfolgte durch das städtische Sozialreferat. Etwa die Hälfte wurde an anerkannte Flüchtlinge vergeben, der Rest an ehemalige Obdachlose, Studierende und andere zur Nutzung von Sozialwohnungen Berechtigte. Dabei wurde auf eine ausgewogene Mischung und insbesondere auf die Berück-sichtigung von Frauen geachtet. Die neu entstandene Haus-gemeinschaft wird nicht sich selbst überlassen, sondern von Sozialpädagogen betreut.

Mit geringen Eingriffen in den Baugrund und ohne zusätzli-che Versiegelung wurden nicht nur 107 von 111 Parkplätzen erhalten, sondern darüber wertvoller Wohnraum für auf dem Wohnungsmarkt benachteiligte Gruppen und auf dem Dach sogar Freiraum geschaffen. Die Stadt München sieht dieses Pilotprojekt auch als Modell für die Überbauung von Supermarktparkplätzen.

Planung und Bau: 01/2016–12/2016 Bauherr: Gewofag Projekt GmbH Planer: Florian Nagler Architekten, München; terra.nova Landschafts-architekten, München; Ingenieurbüro für Baustatik Franz Mitter-Mang, Waldkraiburg; r.plan GmbH, Chemnitz;

B&O Wohnungswirtschaft GmbH Bayern, Bad Aibling

Größe: 4.630 m² BGF, 100 Wohnungen Kosten: 7,25 Mio. Euro (KG 300–400) Mehr Informationen im Projektsteckbrief im Anhang

Fakten

BAUKULTUR AUF EINEN BLICK

• sehr kurze Planungs- und Bauzeit

• Wohnungsbau als Chefsache

• kurze Entscheidungswege und wenig Bürokratie

• Überbauung städtischen Baugrunds

• hoher Grad an Vorfertigung durch Holzbau

• kein Verlust an Raum oder Funktionen, sondern Zugewinn

• keine weitere Flächeninanspruchnahme und Versiegelung

einem städtebaulichen Entwicklungsbereich, im Geltungsbereich einer Erhal-tungssatzung, im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, der die unbe-bauten Flächen im Außenbereich als Wohnbaufläche darstellt, oder in §-34-Gebie-ten, in denen die Grundstücke vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können. Damit haben die Kommunen zwar zahlreiche Optionen, in den Besitz von Grundstücken zu gelangen und diese aktiv zu entwickeln, doch halten Ver-waltungsaufwand und hohe Grundstückspreise insbesondere in den großen Städten die Kommunen von einem Kauf ab. Die „Bodenpolitische Agenda 2020–

2030“ des Difu und des vhw fordert entsprechend ein preislimitiertes Vorkaufs-recht für Kommunen und ein generelles VorkaufsVorkaufs-recht auch für Kommunen mit einem Haushaltssicherungskonzept. Zusätzlich soll die Innenentwicklung einen ausreichenden Gemeinwohlgrund zur Ausübung des Vorkaufsrechts begründen.

Mit einer aktiven Ankaufspolitik zum Aufbau von strategischen Grundstücks-reserven übernehmen Kommunen Verantwortung für die Optimierung der Flä-chennutzung, Bebauung und Gestaltung nach städtebaulichen, sozialen und ökologischen sowie stadtwirtschaftlichen Kriterien. Auch im Fall der Wieder-veräußerung steigt der kommunale Einfluss auf geplante Bauvorhaben beträcht-lich, wenn die Stadt oder Gemeinde selbst als Eigentümerin agieren kann. Damit bewahrt sie sich die Chance, nicht nur auf die gestalterische Qualität von Vor-haben Einfluss zu nehmen, sondern auch auf die Integrationsfähigkeit im vor-handenen Siedlungsgefüge achtzugeben. Die Unterstützung von Initiativen oder Einzelpersonen, die sich um Erhalt und Weiterentwicklung des Bestands bemü-hen, ist im Zuge der kommunalen Liegenschaftspolitik u. a. durch die Vergabe der Grundstücke im Erbbaurecht möglich. Voraussetzung ist ein faires Vertrags-werk, das die Interessen von Erbbaurechtsnehmern und -gebern berücksichtigt.

Dazu zählt beispielsweise ein sozial verträglicher Erbbauzins, der nicht wie aktuell bei 4–6 % liegt, sondern beispielsweise bei 2–3 %. Für die Kommunen ist das Instrument von Vorteil, da die Flächen dauerhaft im kommunalen Besitz verbleiben. Ebenso lassen sich mithilfe privatrechtlicher Miet-, Erbpacht- oder Pachtverträge zum Grundstück Entwicklungen im Bestand beeinflussen.

Weitere Gestaltungsspielräume und Steuerungsmöglichkeiten durch die Kommune entstehen, wenn bei einer Vergabe von kommunalen Grundstücken nicht das höchste Angebot den Zuschlag erhält, sondern im Rahmen einer Kon-zeptvergabe vielmehr Kriterien wie städtebauliche, gestalterische, soziale oder ökologische Aspekte Berücksichtigung finden. Das wettbewerbsartige Verfahren eröffnet nicht-renditeorientierten Akteuren wie Genossenschaften, gemeinwohl-orientierten (ggf. kommunalen) Wohnungsbaugesellschaften oder selbstnutzen-den Baugruppen die Möglichkeit, vor allem auch Projekte umzusetzen, die der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum dienen. In Höchstpreisverfahren haben diese Gruppen gegenüber gängigen Bauinvestoren häufig das Nachsehen. Kon-zeptvergabeverfahren kommen bislang vor allem in Großstädten zur Anwendung – in der Regel sind dies Kommunen mit einem angespannten Wohnungsmarkt.

Erfahrungen gibt es beispielsweise in Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover und Stuttgart. Zunehmend wird das Instrument aber auch in Klein- und Mittel-städten wie beispielsweise Göttingen diskutiert. Hier soll die Konzeptvergabe zu einem neuen Baugebiet auch wohnungspolitische Kriterien, die Vielfalt und den Anteil an barrierefreien und behindertengerechten Wohnungen, die städte-bauliche Qualität sowie ökologische, energetische und verkehrliche Kriterien berücksichtigen. Wichtig bei diesen inhaltlich ausgerichteten Vergabeverfahren Hälfte der Kommunen nutzt

Vorkaufsrecht

Jede zweite der befragten Kommunen nutzt das kommunale Vorkaufsrecht für die Bestandsentwicklung. Vor allem Mittelstädte zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern machen von ihrem Recht Gebrauch, am sel-tensten erwerben große Städte ab 100.000 Einwohner unbebaute Grundstücke. K24

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ist die offene und nachvollziehbare Kommunikation der Entscheidung. Eine regel-mäßige Durchführung von Konzeptverfahren wirkt sich dann positiv auf die Bereit-schaft privater Grundeigentümer aus, an den Verfahren teilzunehmen.

Wie kommunale Liegenschaften nachhaltig und strategisch entwickelt wer-den können, zeigt auch der Ansatz der „Transparenten Liegenschaftspolitik“ in Berlin. Mit dem Konzept wurden Leitlinien für den Umgang mit landeseigenen Grundstücken geschaffen. Mittels einer Portfolioanalyse erfolgen eine Bestands-aufnahme aller Liegenschaften und eine Clusterung dieser Flächen. Dabei wer-den die Grundstücke in vier Kategorien unterteilt: Flächen, die für die Aufgaben-erfüllung der Stadt notwendig sind; Flächen, die vor dem Hintergrund der Sicherung der Daseinsvorsorge perspektivisch benötigt werden; Flächen, die veräußert werden können; Flächen, für die ein öffentliches Interesse besteht und die deshalb über konzeptorientierte Verfahren vergeben werden. So entsteht ein strukturierter Überblick über das Grundstücksvermögen der Stadt, der als Entscheidungsgrundlage für die Zielsetzungen einer nachhaltigen Stadtent-wicklungspolitik herangezogen werden kann.

Immer mehr Kommunen erkennen, dass sie mit einer wohldurchdachten Bodenpolitik die räumliche Entwicklung nicht nur stärker steuern, sondern oft-mals auch Ansprüche an eine qualitätsvolle Gestaltung des Stadtraums mithilfe des privaten Grundstückrechts besser umsetzen können als mit dem schwer-fälligen öffentlichen Planungsrecht. Gleichzeitig kann auf diese Weise eine soziale Bestandsentwicklung erfolgen, indem bezahlbarer Wohnraum geschaf-fen wird und Quartiere durch die Diversifizierung der Bewohner- und Wohnungs-angebotsstruktur stabilisiert werden. Es liegt in der Verantwortung der öffent-lichen Hand, auf allen Ebenen bessere Voraussetzungen für eine aktive Bodenpolitik zu schaffen.

Gestaltungsinstrumente

Gestaltungsmöglichkeiten durch Baurecht

 Die Genehmigung von Neu-

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