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Gestaltungsmöglichkeiten durch Baurecht  Die Genehmigung von Neu- oder Umbauten innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils erfolgt

Im Dokument Deutscher Bundestag (Seite 133-136)

auf Grundlage des § 34 BauGB – „Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“. Entscheidend für die Genehmigung ist dabei, ob sich ein Bauvorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt.

Beurteilungskriterien sind Art und Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll – anhand dieser Merkmale muss sich das Bauvorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen.

Damit ist der § 34 BauGB eine der zentralen Vorschriften des Baugesetzbuches, da er Baurechte unmittelbar vermittelt. Die Gerichte bestätigen den Rechtsan-spruch, aufgrund dessen eine Genehmigung auch einklagbar ist. Die Kommu-nalbefragung zum aktuellen Baukulturbericht hat ergeben, dass innerstädtische Bauvorhaben in den befragten Kommunen häufiger nach § 34 BauGB genehmigt werden als auf der Grundlage eines Bebauungsplans.

Das Ermessen zur Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 BauGB orientiert sich an städtebaulichen Kriterien. Gestalterische Aspekte wie Dachformen sind bei den Einfügungsmerkmalen demgegenüber nachrangig. Ein geplantes Flachdach in einer Umgebung, in der vornehmlich Satteldächer anzutreffen sind, führt beispielsweise nicht zu einem Versagen des Baurechts. Damit sich

Spekulation und Renditeorien-tierung negativ für den Bestand

Bei unbebauten Grundstücken sehen 50% der Kommunen eine objektbezogene Renditeorientierung und 40% der Befragten eine erhöhte Bodenspekulation als Hemmnis für eine Bestandsentwicklung an. K25

Zentrale Vorschrift § 34 BauGB

87% der befragten Kommunen geben an, dass Genehmigungen (eher) häufig auf der Grundlage von § 34 BauGB erteilt werden. Demgegenüber antworten 78% der Kommunen, dass Bauvorhaben (eher) häufig auf der Grundlage eines Bebauungsplans genehmigt werden. K17

Neubauvorhaben auch gestalterisch verträglich in ihre Umgebung einfügen, sind ergänzende Instrumente erforderlich. Mit Gestaltungssatzungen für ihre Altstädte machen viele Kommunen, wie etwa Iphofen und Quedlinburg, kon-krete Vorgaben zum Baumaterial, zu Dachneigungen oder hinsichtlich der Fensterteilungen. In historischen Quartieren stellt auch der Beschluss einer Erhaltungssatzung nach § 172 BauGB eine gute Möglichkeit dar, Beeinträch-tigungen für das Stadt- und Ortsbild durch Bauvorhaben im Bestand zu ver-meiden. Sie dient dem Schutz von Ortsbild, Stadtgestalt und Landschaftsbild bzw. der Gesamtheit von Anlagen, die von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung sind. Der Rückbau, die Ände-rung oder die NutzungsändeÄnde-rung sowie die Errichtung baulicher Anlagen bedürfen hier zusätzlich zum Bauordnungsrecht der Genehmigung. Diese darf versagt werden, wenn die bauliche Anlage die städtebauliche Gestalt des Gebiets beeinträchtigt.

Darüber hinaus dienen informelle Instrumente wie denkmalpflegerische Wertepläne, Stadtbildanalysen, Gestaltungsfibeln oder städtebauliche Rah-menpläne sowohl als fachliche Grundlage für formelle Satzungen als auch für eine fundierte Vermittlung baukultureller Werte gegenüber der Bevölkerung. So hat beispielsweise die Hansestadt Lübeck in Vorbereitung der Altstadtsanierung eine Stadtbildanalyse vorgenommen, einen Stadtbildatlas erstellt, eine Gestal-tungs- und Erhaltungssatzung erlassen und in der Folge einen Rahmenplan erarbeitet. Alle Planungen und Projekte in der Altstadt müssen sich an den Zielen orientieren, die der – bereits mehrfach fortgeschriebene – Rahmenplan vorgibt. Zweifelsfälle werden darüber hinaus in einem Gestaltungsbeirat behan-delt. Für die Kernstadt von Biberach an der Riss mündete die Stadtbildanalyse in einer Stadtbildsatzung, die als örtliche Bauvorschrift zu berücksichtigen ist.

Die unterschiedlichen Maßstabsebenen, die mit den informellen Instrumenten betrachtet werden können, verdeutlicht die Stadtbildanalyse der Stadt Göppin-gen für die historische Innenstadt. Die Untersuchung reicht vom städtebaulichen Ordnungs- und Gestaltprinzip über die Parzellenstrukturen bis hin zu den vor-handenen Gebäudetypen und Fassadengliederungen. Auf diese Weise schaffen sich Kommunen eine wirksame und nachvollziehbare Argumentation und Bei-spiele, die insbesondere in Bauberatungen helfen, bauliche Qualitäten zu sichern.

Bauberatung und Gestaltungsbeiräte

 Bauberater informieren vor einem Bauvorhaben über rechtliche und formale Vorhaben. Auf kommunaler Ebene finden Bauberatungen in den Stadtplanungs- und Bauämtern statt, darüber hinaus bieten auch freiberufliche Planer Beratungen an. Ein erweitertes Bera-tungsangebot für gestalterische Fragestellungen kann die baukulturelle Qua-lität von Bauprojekten im Ergebnis deutlich erhöhen. In der vom BMUB 2012 veröffentlichten Publikation „Kommunale Kompetenz Baukultur“ wird die Rele-vanz von kommunalen Gesamtstrategien zur Baukultur für eine verständliche und lösungsorientierte Bauberatung hervorgehoben. Bauberatungen stellen ein freiwilliges Angebot dar. Umso bedeutender ist ein offen geführter Dialog auf Augenhöhe mit den Bauherren und im Zusammenschluss mit weiteren Bera-tungsangeboten wie zum Beispiel Gestaltungsbeiräten. Interdisziplinär zusam-mengesetzte Gestaltungsbeiräte tragen mit ihrer fachlichen Kompetenz eben-falls zu einer erkennbar höheren Qualität von Projekten im Sinne der Baukultur bei. Die unabhängigen Beiräte beraten mit ihrer Sicht von außen die Stadt bei Bauberatung wird häufig

angeboten

62% der befragten Kommunen bieten (Um-) Bauberatungen zur Weiterentwicklung des Bestandes an. Mit 82% sind es vor allem die großen Städte mit mehr als 100.000 Ein-wohnern, die solch ein Angebot bereithalten. 

K24

129 Baukulturbericht 2018/19 – Die Fokusthemen

Neubau- oder Umbauvorhaben und sollen dabei vor allem sicherstellen, dass sich Bauprojekte in das Stadtbild einpassen. Entscheidungsbefugnis haben sie jedoch keine. Neben der fachlichen und gestalterischen Kompetenz der Bei-ratsmitglieder entsteht ein deutlicher Mehrwert durch das Gremium, wenn eine breit angelegte Diskussion zu den Neubauvorhaben in Bestandsquartieren oder im historischen Umfeld angeregt wird. Tagt der Beirat öffentlich, wird zudem ein wichtiger Beitrag für eine höhere Akzeptanz des Neubauvorhabens und der Baukulturvermittlung in der Öffentlichkeit geleistet. Somit beraten Gestaltungs-beiräte die Kommunen nicht nur, sondern befördern insgesamt die Debatte über gutes Planen und Bauen in den Städten und Gemeinden. Knapp 100 Gestal-tungsbeiräte waren in Deutschland bekannt, als die Bundesstiftung Baukultur den Baukulturbericht 2014/15 vorlegte. Sie waren vornehmlich in größeren Städten verortet. Kommunen erkennen zunehmend den Qualitätsgewinn, den stadtbildprägende Vorhaben durch das Gremium erfahren. Die Zahl der fest etablierten Gestaltungsbeiräte hat sich mittlerweile auf 129 erhöht.

Mancherorts gibt es aber auch Vorbehalte gegenüber einer Einflussnahme von außen. In kleineren Städten und Gemeinden ist es in der Regel der organi-satorische und finanzielle Aufwand, der als zu hoch eingestuft wird, oder die geringe Zahl an jährlichen Bauvorhaben spricht gegen ein institutionalisiertes Beratungsgremium. Um die Offenheit gegenüber Gestaltungsbeiräten zu stei-gern, arbeiten mittlerweile die Kammern in sieben Bundesländern an der Ver-breitung oder Einführung mobiler Gestaltungsbeiräte, die temporär von den Kommunen abgerufen werden können. Im Baukulturbericht 2016/17 wurde auf das Format der mobilen Gestaltungsbeiräte bereits hingewiesen, das vor allem für Gemeinden in ländlichen Räumen Chancen beinhaltet. Einen sinnvollen Anschub können in diesem Zusammenhang auch Förderprogramme leisten. So unterstützt beispielsweise das Land Baden-Württemberg die Einrichtung und Weiterentwicklung kommunaler und auch interkommunaler Gestaltungsbeiräte mit bis zu 50 % der anfallenden Sachmittelaufwendungen für einen Zeitraum von zwei Jahren. Aktuell nehmen insgesamt zehn Kommunen diese finanzielle Unterstützung in Anspruch. Nicht zuletzt aufgrund der Förderung bildet Baden-Württemberg neben Nordrhein-Westfalen derzeit einen räumlichen Schwerpunkt mit Blick auf die Anzahl von Gestaltungsbeiräten.

Die Bundesstiftung bemüht sich, mit ihren Aktivitäten interessierte Kom-munen und ihre Gestaltungsbeiräte stärker untereinander zu vernetzen. 2016 hat im Rahmen des Konvents der Baukultur das erste bundesweite Vernet-zungstreffen von Gestaltungsbeiräten stattgefunden. Dabei war nicht nur ein Erfahrungsaustausch unter den anwesenden Gestaltungsbeiräten Thema, vielmehr wurde ein informativer Rahmen für interessierte Kommunen geboten, die noch keinen Beirat haben. Ein zweites Vernetzungstreffen fand im Oktober 2017 in Freiburg statt, weitere sollen folgen. Mit der räumlichen Verbreitung und der Untersuchung des Mehrwerts der Arbeit von Gestaltungsbeiräten beschäftigte sich auch das BBSR-Forschungsprojekt „Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden – Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte“, dessen Ergebnisse 2017 veröffentlicht wurden. Unter anderem wird die Emp-fehlung ausgesprochen, das Instrument auf die individuellen Bedarfe der Kom-mune zuzuschneiden, um es sukzessive zum Teil einer Baukulturstrategie zu machen. Unterstützung erfahren interessierte Kommunen zudem durch die Publikation des Bundes Deutscher Architekten (BDA) „Gestaltungsbeiräte.

Mehr Kommunikation, mehr Baukultur“, in der konkrete Projekte dokumentiert werden, die durch das Mitwirken eines Gestaltungsbeirats an Qualität gewon-nen haben.

Wettbewerbe und Vergaben

 Vergleichbar mit der Diskussion, die über Neubauten in sensiblen Lagen durch Gestaltungsbeiräte angeregt wird, beför-dert auch die Auseinandersetzung innerhalb eines Planungswettbewerbs den baukulturellen Erkenntnis- und Meinungsbildungsprozess. Das Ringen um die beste Lösung ermöglicht mehr Qualität von städtebaulichen, architektonischen, baulich-konstruktiven oder künstlerischen Vorhaben im Bestand bei größtmög-licher Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Preisvergabe. Im Ergebnis gewährleisten Wettbewerbe eine intensive Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung, bewirken eine breite Zustimmung zum Vorhaben, fordern Qualität von den beteiligten Planern ein und sichern diese durch die (Jury-) Entscheidung.

Eine Studie des BBSR von 2013 stellt allerdings fest, dass die Zahl der durchgeführten Wettbewerbe der öffentlichen Hand nach wie vor gering und insbesondere der offene Planungswettbewerb eher eine Ausnahme im Bausek-tor darstellt. Seit 2011 ist zwar ein starker Anstieg bei Ausschreibungen inge-nieur- und architektenrelevanter Planungsleistungen bemerkbar. 2016 wurden auf der Plattform competitionline knapp über 8.000 Ausschreibungen veröf-fentlicht, das entspricht einer Steigerung um fast 100 % gegenüber 2013. Die Anzahl an ausgeschriebenen Wettbewerben fällt dabei kaum ins Gewicht.

Insgesamt 449 Wettbewerbsausschreibungen wurden 2016 veröffentlicht, davon waren 446 relevant für Architekten und 3 für Ingenieure. Im Bereich des Ingenieurwesens finden Wettbewerbe so gut wie gar nicht statt. Auch der Bau-kulturbericht 2016/17 der Bundesstiftung Baukultur hatte festgestellt, dass nur rund ein Drittel der befragten Kommunen bei zentral gelegenen oder orts-bildprägenden Bauvorhaben einen Wettbewerb durchgeführt haben. Dabei

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