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9. Datenbasis & Berechnung Großhandel

9.2 Primärerhebung Großhandel

Das Vorgehen im Überblick

Vor dem Hintergrund der Zielstellung eines aufwandsgerechten und transparenten Vergütungsmodells für den Großhandel wurden im Rahmen der Primärerhebung im Wesentlichen folgende Schritte durchgeführt:

• Experteninterviews mit Vertreter/-innen des PHAGRO,

• Experteninterviews mit weiteren Vertreter/-innen des Pharmagroßhandels,

• Besichtigung zweier Pharmagroßhändler (inkl. sämtlicher Prozessschritte),

• Workshop mit Vertreterinnen und Vertretern des PHAGRO,

• schriftliche Befragung der Mitglieder des PHAGRO sowie der AEP GmbH,

Auf Grundlage der daraus gewonnenen Informationen wird in Verknüpfung mit der vorliegenden Datengrundlage die Höhe der Vergütung des absoluten Festzuschlages und des prozentualen Höchstzuschlages für Rx-Fertigarzneimittel konform zu den gesetzlichen Grundlagen bestimmt.

Stichprobe Großhandelsbefragung

Für die Großhandelsbefragung wurde eine Grundgesamtheit von 12 vollversorgenden

Großhandelsunternehmen Anfang 2017 bestimmt. Dabei wurde als gesetzliche Anforderung die

Grundgesamtheit auf vollversorgende Großhändler beschränkt. 9 Großhändler nahmen an der Befragung teil. Dies entspricht einer Teilnahmequote von 75 %. Befragt wurden Vorsitzende der jeweiligen Vorstände, Vorsitzende der Geschäftsführungen oder Geschäftsführer der relevanten Unternehmen. Nicht nur die Teilnahmequote, auch die Auskunftsbereitschaft und Datenqualität sind als hoch anzusehen, da zum einen zu allen Fragestellungen vollständige Angaben gemacht wurden, die Streuung der Angaben gering und wenn höher, dann plausibel sind. Angaben zu Absatz und Umsatz korrespondieren mit der Jahresstatistik im Handel. Zum Schutz der Daten der Großhändler sowie vor dem Hintergrund möglicher kartellrechtlicher Bedenken, wurden bei der Durchführung der Primärerhebung umfassende Datenschutz- und

Datensicherheitsmaßnahmen ergriffen. Die Angaben wurden ausschließlich anonymisiert ausgewertet.

Inhalte des Fragebogens

Der Fragebogen bestand aus zwei Themenbereichen:

• Kostenrelevante Absatzzahlen (wie z. B. Umsatz mit der Belieferung öffentlicher Apotheken in Deutschland, abgesetzte Menge an Packungen; inkl. Teilmengen - ungekühlte Rx-Fertigarzneimittel

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ohne BtM, gekühlte Rx-Fertigarzneimittel ohne BtM,-ungekühlte BtM, gekühlte BTM, OTC/OTX, Hochpreiser > 1.200 € Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU), Stoffe für Rezepturen, Hilfsmittel und sonstiges Ergänzungssortiment), Fremdkapitalzinssatz, Anteil der Verwaltungskosten an den Gesamtkosten, Lieferkosten,

• Zusatzkosten für die Rx-Produktgruppen nach Kostenkategorien und entsprechenden Prozessen für: Kühlartikel, BtM und Hochpreiser. Bspw. erhöhte Raum- und Betriebskosten, erhöhte Personalkosten oder erhöhte Bruttoinvestitionen.

Alle Angaben beziehen sich auf den Absatzmarkt Deutschland und auf die Belieferung öffentlicher Apotheken. Der Fragebogen wurde als Datentabelle zum Ausfüllen versendet. Die kostenrelevanten Absatzzahlen dienen der quantitativen Einordnung der Schätzgrößen, die den Kern der Befragung

ausmachen. Um möglichst konkrete Schätzungen zu erzielen, wurden Prozessbeschreibungen des PHAGRO verwendet und die erhöhten Kosten für Kühlartikel, BtM und Hochpreiser für verschiedene, den PHAGRO Mitgliedern geläufigen, Kostenkategorien separat abgefragt.

Kosten- und Gewichtungsfaktoren des Großhandels

Die Kosten der 12 Mitgliedsunternehmen für das Berichtsjahr 2015 belaufen sich laut Statistischem Bundesamt auf ca. 1,07Mrd. €. Die Angaben des PHAGRO zu den Kosten liegen höher als die Destatis-Daten, geben jedoch eine detailliertere Kostenaufteilung wieder, die in der Schätzung der Mehraufwände aufgegriffen wird. Dabei entfallen ein Großteil auf Personal- (rund 48 %) und auf Transportkosten (rund 25

%, Tabelle 43). Die Personalkostenanteile werden validiert durch die Angaben von Destatis (rund 50 %). In den folgenden Berechnungen werden grundsätzlich die Kosten nach Handelsstatistik verwendet. Um die Detailaufwände der PHAGRO-Mitglieder für Rx konkreter abfragen und zuordnen zu können, werden die prozentualen Anteile der Kostenarten des PHAGRO in Bezug die absoluten Kosten von Destatis

angewendet.

KOSTEN 2016 KOSTEN IFH

(in €)

IN % KOSTEN DESTATIS

2015 (in €)

Gesamtkosten 1.239.933.977 100 % 1.065.554.882

- davon Personal 595.890.600 48 % 533.602.698 (50 %)

- davon Touren / Transport 309.983.494 25 %

- davon Raum / Miete 84.267.358 7 %

- davon IT 48.152.776 4 %

- davon Finanzierungskosten 36.114.582 3 %

- davon allg. Verwaltungskosten 111.353.294 9 %

- davon sonstige Kosten 54.171.873 4 %

Tabelle 43: Kostenstruktur vollversorgender Großhandel anhand der Mitgliedsunternehmen des PHAGRO 2016. Die Destatis-Daten von 2015 validieren die IFH-Daten zu den Kosten des Großhandels.Quellen: PHAGRO/ Institut für Handelsforschung (IFH), Destatis: Jahresstatistik im Handel. Eigene Berechnung.

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Bei der Schätzung der Gewichtungs- bzw. Aufschlagsfaktoren für den Mehraufwand im Vergleich zu normalen Rx wurde aus Vereinfachungsgründen auf die im Jahr 2010 vorgenommene Trennung in Kühl- und Kühlkettenprodukte verzichtet. Stattdessen wurden die Schätzungen auf der Basis von Kostenarten ausdifferenziert, um die Schätzung zu konkretisieren und damit die Schätzung valider zu machen. Der Abfrage lagen umfangreiche Prozessdefinitionen des PHAGRO zum Umgang mit BtM und Kühlartikeln zugrunde. Zudem wird die Abfrage aufgrund der stark steigenden Entwicklung der Anzahl der Hochpreiser seit 2010 im Rahmen des vorliegenden Gutachtens um Aufschlagsfaktoren für Hochpreiser erweitert.

Hochpreiser sind Arzneimittel, die im Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers höher als 1.200 € liegen. Das entspricht der Grenze, ab der die Vergütung des Großhandels im prozentualen Zuschlag von 3,15 % gedeckelt ist.

Die Befragung der Großhändler ergibt durchschnittliche Gewichtungs- bzw. Aufschlagsfaktoren für BtM, Kühlartikel und Hochpreiser (Tabelle 44).

PRODUKT/PROZESS GEWICHTUNGSFAKTOR 2010 GEWICHTUNGSFAKTOR 2017

Kühlprodukte Betrieb

6,0/8,0 (Kühl/Kühlkette)

5,1

Kühlprodukte Bruttoinvestitionen 5,2

Kühlprodukte Personalkosten 3,0

Kühlprodukte Transportkosten 4,4

BTM Betriebskosten

10,0

4,6

BTM Bruttoinvestitionen 8,7

BTM Personalkosten 7,1

BTM Transportkosten 4,1

Hochpreiser pauschal - 4,0

Sonstige Rx 1,0 1,0

Für Kühlprodukte, BtM und Hochpreiser fallen durchschnittlich 3-fache bis 9-fache Aufwände im Vergleich zu sonstigen, normalen Rx an. Im Jahr 2010 war der Aufwand auf das 6-fache bis 10-fache geschätzt worden. In Tabelle 45 auf der folgenden Seite ist die Berechnung der nach Kosten gewichteten Gewichtungsfaktoren dargestellt.

Tabelle 44: Gewichtungsfaktoren für Rx-Arzneimittel mit besonderem Prozessaufwand im Großhandel. Schätzung der vollsortierten Großhändler des 2010 (PHAGRO) und 2017 (PHAGRO und AEP).

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Verteilung der Kosten

in % Gesamtkosten und Kostenarten Kosten 2015 in €

Gewichtungsfaktoren

BTM

KÜHL-PRODUKTE

HOCH-PREISER

100 % Gesamtkosten 1.065.554.882

48 % - davon Personal 512.087.055 7,1 3,0

25 % - davon Touren / Transport 266.388.720 4,6 5,1

7 % - davon Raum / Miete 72.416.351 1,0 1,0

4 % - davon IT 41.380.772 1,0 1,0

3 % - davon Finanzierungskosten 31.035.579 4,6 5,1

9 % - davon allg. Verwaltungskosten 95.693.035 8,7 5,2

4 % - davon sonstige Kosten 46.553.369 4,6 5,1

Gewichtungsfaktor (gewichtetes Mittel) 5,8 3,7 4,0

Unter den Gewichtungsfaktoren wird verstanden, dass bespielweise die Personalkosten für den

Gesamtprozess Kühlprodukte um den Faktor 3,7 höher sind als bei einem „Standard Rx-Produkt“, genauer einem Rx-Produkt welches weder Kühlprodukt, Hochpreiser oder BTM ist. Bei der Primärerhebung des Aufwands für Hochpreiser wurde nur der Gesamtprozess abgefragt, da für diesen Bereich keine allgemein verbindlichen Prozessbeschreibungen vorliegen und die Behandlung von Hochpreiser in den

Großhandelsunternehmen stark variierten bspw. hinsichtlich des Preises ab wann eine Sonderbehandlung stattfindet oder hinsichtlich zu treffender Schutzmaßnamen.

Die berechneten Gewichtungsfaktoren werden multipliziert mit den Packungsanzahlen, um sie gewichtet in den durch die Rx zu vergütenden Anteil der Gesamtzahl der Packungseinheiten einzubringen.

Unter Einbezug der ermittelten Gewichtungsfaktoren auf Basis der Befragung ergeben sich, im Vergleich zu den ungewichteten Rx und OTC Packungen, gewichtete Packungsanzahlen. Durch die Gewichtung der Packungsanzahlen wird in der Summe der Packungen der Mehraufwand berücksichtigt. Die Kosten Rx verteilen sich auf die Anzahl aller Packungen Rx und Non-Rx. BtM -, Kühlprodukte- und

Hochpreiser-Packungen erhalten durch die Gewichtung größere Kostenanteile und damit steigt der Rx-Kostenanteil ggü.

dem Non-Rx-Kostenanteil.

Als weiteres Ergebnis der Großhändlerbefragung wird zudem der Transport für Rx deutlich höher gewichtet als für Non-Rx. Der vollversorgende Großhandel beliefert die öffentlichen Apotheken flächendeckend nach eigener Aussage durchschnittlich mit 3,1 Lieferungen täglich. Da die untertägigen Lieferungen nahezu ausschließlich dem Zweck dienen, den Beginn einer ambulanten Behandlung am Verschreibungstag zu ermöglichen und nicht verfügbare Rx-Arzneimittel am gleichen Tag den Patient/-innen zur Verfügung zu Tabelle 45: Berechnung der Gewichtungsfaktoren für Kühlartikel und BtM anhand der relevanten Kostenanteile.

Hochpreiser-Gewichtung pauschal geschätzt. Quellen: Prozentuale Kostenverteilung: PHAGRO 2016 (s. Tabelle 43, S.

178); Gesamtkosten: Destatis Sonderauswertung Jahresstatistik im Handel: Mitglieder PHAGRO aggregiert 2015 (a.a.O.).

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stellen, sind die Transportkosten des vollversorgenden Großhandels überwiegend auf Rx zurückzuführen, auch wenn OTC und Freiwahl bei allen Lieferungen mitbeliefert werden. Für die Berechnung werden daher die Kosten für die Belieferung nur für eine der drei Lieferungen auf Rx und Non-Rx aufgeteilt, während die anderen beiden Lieferungen in den Kosten von Rx zu decken sind.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen werden in den nachfolgenden Berechnungen 5/6 der

Transportkosten Rx zugeordnet, obwohl dies nicht dem Packungsverhältnis Rx zu sonstigen Packungen des Großhandels entspricht. Die Notwendigkeit von durchschnittlich drei Lieferungen pro Tag wird von

Großhandel und Apotheken zusätzlich zu der gesetzlichen Auflage der Apotheken, den durchschnittlichen Bedarf einer Woche vorzuhalten, als notwendig angesehen, da vor dem Hintergrund der Vielfalt an Arzneimitteln regelmäßig täglich Verordnungen für die einzelne Apotheke anfallen, die nicht dem

durchschnittlichen Wochenbedarf entsprechen. Den Gutachtern liegen keine Daten vor, die diese Aussagen widerlegen könnten.

Mithilfe der Gewichtungsfaktoren sowie der Zuordnung der Transportkosten kann der absolute Festzuschlag als kostendeckender Zuschlag berechnet werden.