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6. Berechnungskonzept öffentliche Apotheken

6.3 Definitionen

6.3.4 Kalkulatorischer Unternehmerlohn

Weitere Details zu der Rechnung bestehen auch nach Information der ABDA nicht. Z. B. welche Kosten in welcher Höhe einbezogen worden sind. Insbesondere für die Berechnung des prozentualen Festzuschlags von aktuell 3 Prozent gibt es keine Herleitung. In der Modellbeschreibung wird ebenfalls nicht beschrieben, wie Kosten der Apotheken auf Rx- und Non-Rx aufgeteilt worden sind. Ausführungen dazu sind in

Informationen der ABDA zu der Fortschreibungsberechnung des BMWi im Jahr 2012 enthalten sowie in den Berichten zu „Zahlen - Daten - Fakten“, die die ABDA jährlich veröffentlicht: Demnach werden Kosten, Roherträge und Betriebsergebnisse jeweils über eine „hälftige Absatz-Umsatz-Methode“ zugeordnet (z. B.

ABDA 2015, S. 28).

Die hälftige Absatz-Umsatz-Methode besteht darin, den Mittelwert aus dem Rx-Anteil am Umsatz und dem Rx-Anteil am Packungsabsatz zu bilden. Dieser Mittelwert in Prozent wird dann auf Kosten, Roherträge oder Betriebsergebnisse pauschal angewendet. Ist z. B. der Absatzanteil von Rx 50 Prozent und der Umsatzanteil von Rx 70 Prozent (Mittelwert: 60 Prozent), ergibt sich rechnerisch z. B. ein Kostenanteil von Rx i.H. von 60 Prozent. Unklar bleibt in diesem Zusammenhang, welche Umsatz- und Absatzanteile die Vergleichsgröße, also die insgesamt 100 Prozent bilden: Sind nur die OTC und freiverkäuflichen Arzneimittel in Relation zu Rx gesetzt worden oder auch das apothekenübliche Ergänzungssortiment? Laut ABDA gibt es keine weiteren als die beschriebenen Quellen zu der Berechnungslogik.

Die Anpassungsrechnung, die der Verordnung zur Anpassung des absoluten Festzuschlags von 8,10 € auf 8,35 € im Jahr 2012 zugrunde liegt, orientierte sich an der hälftigen Absatz-Umsatz-Methode der ABDA, sah diese jedoch als kritisch an (Hollstein 2012).

6.2.2 Bewertung der bisherigen Berechnungslogik

Aus der Prüfung des Berechnungsweges vor dem Hintergrund der theoretischen Beschreibung der ABDA einerseits und der gesetzlichen Verankerung der Vergütungslogik andererseits ergeben sich für die Gutachter folgende Erkenntnisse:

• Die als kostenbasiert deklarierte Vergütung wird in der Berechnung nicht nur als Deckung der bestehenden Kosten, sondern auch des Rx-zugesprochenen Rohertrags von 2002 umgesetzt. Es werden demnach durch die grundlegende Berechnung der Vergütung aus dem Jahr 2003 nicht nur die Kosten, sondern auch die Gewinne vollumfänglich vergütet.

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• Die Zuordnung der Kosten auf rezeptpflichtige Arzneimittel erfolgt auch für den als

preisunabhängig definierten absoluten Festzuschlag durch die hälftige Absatz-Umsatz-Methode mithilfe von Umsatzanteilen, die per Definition preisabhängig sind. Damit wird pauschal der Aufwand für Rx als deutlich höher festgelegt als für Non-Rx. Dies wurde auch vom Statistischen Bundesamt kritisiert.

• Die Zuordnung der Kosten erfolgt nach der im Jahr 2012 verwendeten Datenbasis ohne Berücksichtigung des Aufwands für den Verkauf des apothekenüblichen Ergänzungssortiments (Kosten werden nur auf Rx und OTC aufgeteilt).

• Die Unterteilung in variable und fixe Kosten entspricht nicht der gesetzlich verankerten Logik der kaufmännischen und heilberuflichen, beratenden Kostenanteile.

• Eine wirtschaftliche Betriebsführung ist nicht Teil der Berechnungslogik, da lediglich der Status-Quo abgebildet wird.

• Die Repräsentativität der Kostendaten von 2002 ist fraglich, mit nicht kalkulierbarem Effekt auf das damalige Berechnungsergebnis. Dieser Aspekt wird in Bezug auf die Datenbasis detaillierter besprochen (vgl. Kapitel 8.1.1, S. 99 ff.). Die Berechnung von 2012 stellt eine

Veränderungsberechnung nur auf Basis der Kosten- und Rohertragsentwicklung dar und baut damit auf dem Berechnungsergebnis von 2002 auf.

Die unterschiedlichen Auffassungen zur Durchführung der Berechnung beim Statistischen Bundesamt sowie beim BMWi einerseits und der Apotheken andererseits können nach Ansicht der Autoren als Folge der nicht explizierten Definition des kalkulatorischen Unternehmerlohns angesehen werden (vgl. Abbildung 7, S. 73).

Der kalkulatorische Unternehmerlohn ist in der aktuellen Berechnungslogik nicht definiert, die Verteilung der Kosten auf Rx und Non-Rx sind nach Bewertung des Statistischen Bundesamtes fraglich (Hollstein 2012). Für die vollständige Berechnung der Zuschläge für Fertigarzneimittel sowie die weiteren

Vergütungsbausteine ist die Definition von diesen und weiteren Aspekten notwendig, die sich nicht alleine aus der Berechnung und einer Datenbasis ergeben, sondern theoriegeleitet festgelegt werden müssen.

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6.3 Definitionen

In der bisherigen Berechnung der Preise in der AMPreisV sind implizit und explizit Annahmen enthalten.

Einige entsprechen dem in der gesetzlichen Grundlage beschriebenen Willen des Gesetzgebers, andere dagegen nicht. In weiteren Bereichen fehlen für die Übersetzung der gesetzlichen Grundlagen in eine konkrete Berechnungslogik oder zur Anwendung einer Datenbasis spezifische Annahmen und Definitionen.

Im Folgenden werden die dafür relevanten Aspekte diskutiert und die erarbeiteten Festlegungen dargestellt.

Es erfolgten Festlegungen zur flächendeckenden Versorgung, dem Prinzip der wirtschaftlichen Betriebsführung, der Zuordnung von Kosten zu Rx und Non-Rx, zur Festlegung des kalkulatorischen Unternehmerlohns und zur Berücksichtigung von Rabatten.

6.3.1 Flächendeckende Versorgung

Nach Arzneimittelgesetz (AMG) ist es das Ziel der Arzneimittelversorgung durch Großhandel und

Apotheken, die Sicherheit der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicher zu stellen. Flächendeckende Versorgung ist hier nicht explizit erwähnt. Flächendeckend ist gesetzlich zunächst nur der gleiche Preis auf Rx anzuwenden. Im § 78 AMG heißt es jedoch, dass den berechtigten Interessen der

Arzneimittelverbraucher Rechnung zu tragen sei. Als eine dieser Interessen kann die flächendeckende Versorgung angesehen werden. Dieses Verständnis ist im Mai 2017 im § 78 AMG auch entsprechend präzisiert worden (vgl. Kapitel 6.1.4 Gesetzliche Grundlagen der AMPreisV, S. 63 ff.).

Eine Legaldefinition der flächendeckenden Versorgung liegt nicht vor. Lediglich im Rahmen der Nacht- und Notdienstversorgung sind für den Notdienst zumutbare Distanzen durch die Landesapothekerkammern als zuständige Behörden definiert. Diese Maximalentfernung kann in städtischen Gebieten von 7,5 km

(Schleswig-Holstein) bis zu 20 km (z. B. Rheinland-Pfalz) variieren. In dünn besiedelten Gebieten kann dagegen die Maximalentfernung 20 km (z. B. Baden-Württemberg) betragen bis hin zu

Ausnahmeentfernungen von 35 km in Schleswig-Holstein (Angaben der Landesapothekerkammern in einer Zusammenstellung der DAZ Online 2012). Von den Apothekerkammern wurde bisher kein übergreifender Engpass in der flächendeckenden Versorgung angezeigt.

Zuletzt wurde im Jahr 2013 vom Thünen-Institut für Ländliche Räume eine umfangreiche Analyse der Erreichbarkeit der Apotheken für das Jahr 2009 vorgelegt. Im Durchschnitt konnte eine öffentliche

Apotheke innerhalb von 4 Minuten PKW-Fahrzeit erreicht werden. Entfernungen größer als 15 km betrafen nur einen sehr kleinen Anteil von ca. 0,16 Prozent der Bürgerinnen und Bürger (ca. 130.000 Personen). Eine wohnortnahe fußläufige Erreichbarkeit (≤ 15 Minuten) war insgesamt nur für einen geringen Anteil der Bevölkerung gegeben: ca. 10 % in ländlichen Räumen; ca. 49 % in nicht ländliche Räumen (Neumeier 2013).

Seit 2009 hat sich die Apothekenanzahl jedoch von 21.548 auf aktuell 19.880 reduziert (Stand Jahresmitte 2017; Quartalsweise Meldungen der Apothekerkammern, zitiert nach ABDA 2017). Es gibt keine aktuellen Studien zur Erreichbarkeit der Apotheken durch die Bevölkerung. Eine Analyse von May, Bauer & Dettling (2017) weist die Apotheken aus, in deren Umkreis von 5 Kilometern und 10 Kilometern keine weitere Apotheke vorhanden ist. Dies sind 1.711 Apotheken mit Alleinstellung innerhalb von 5 Kilometern und 128 Apotheken mit Alleinstellung innerhalb von 10 Kilometern. Da diese Betrachtung jedoch die

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Bevölkerungsdichte sowie die Wegeentfernungen nicht berücksichtigt, kann keine Aussage darüber getroffen werden, ob durch diese Verteilung die Versorgung der Bevölkerung aktuell eingeschränkt ist.

Auch ist unklar, ob die Versorgung pauschal ohne jede dieser Apotheken gefährdet ist. Aufgrund der Niederlassungsfreiheit gibt es keine Bedarfsplanung, die dazu Auskunft geben könnte. Hinweise auf

Versorgungsengpässe geben die Anzahl der Rezeptsammelstellen sowie der Zweig- und Notapotheken. Auf diese und weitere Aspekte der flächendeckenden Versorgung wird in Kapitel 11 vertieft eingegangen. Für das Forschungsgutachten wird zur flächendeckenden Versorgung als Hintergrund der Berechnungslogik der Preise der AMPreisV festgelegt:

Festlegung 1: Der Anspruch auf flächendeckende Versorgung wird als eines von mehreren der gesetzlich zu berücksichtigenden berechtigten Interessen der Arzneimittelverbraucher als Rahmenbedingung der AMPreisV abgeleitet. Dieser Anspruch wurde inzwischen auch gesetzlich explizit im § 78 AMG formuliert (in der ab Mai 2017 gültigen Fassung).

Festlegung 2: Aufgrund des hohen aktuellen Versorgungsgrades durch Apotheken wird im Rahmen der aktuellen Anpassung der AMPreisV keine Definition der flächendeckenden Versorgung

erarbeitet, jedoch Auswirkungen von Anpassungen der Vergütung nach AMPreisV in der Fläche grob abgeschätzt.

Eine Projektion oder Prognose der Entwicklung der Apothekenanzahl sowie eine Analyse der Gründe für die Entwicklung der Apothekenanzahl sind explizit nicht Bestandteil des Gutachtens.

6.3.2 Wirtschaftliche Betriebsführung

Nach Arzneimittelgesetz (§ 78 AMG) ist es die Aufgabe des BMWi, den Anteil des Festzuschlags, der nicht der Förderung der Sicherstellung des Notdienstes dient, entsprechend der „Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung“ anzupassen.

Bisher wurde die wirtschaftliche Betriebsführung über die Betrachtung der Kosten aller zu einem Stichtag am Markt bestehenden Apotheken berücksichtigt. Eine Legaldefinition für „wirtschaftliche

Betriebsführung“ insbesondere in Bezug auf Apotheken liegt nicht vor.

Bei der Herleitung der Festlegung, was unter „wirtschaftlicher Betriebsführung“ im Rahmen dieses Gutachtens verstanden wird, muss eine Abgrenzung zum Begriff der Wirtschaftlichkeit einer Apotheke vorgenommen werden.

Im betriebswirtschaftlichen Sinne wird unter wirtschaftlicher Betriebsführung das Steuern und Leiten eines Betriebes unter der betriebswirtschaftlichen Kennzahl der Wirtschaftlichkeit verstanden. Wirtschaftliche Betriebsführung hängt eng mit dem ökonomischen Prinzip zusammen, worunter verstanden wird, dass zwischen Mitteleinsatz und Ertrag ein optimales Verhältnis herzustellen ist (Wildmann 2007).

Inwieweit die Apotheken aktuell im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots kosteneffizient handeln, kann anhand der aktuellen Datenlage nicht bewertet werden. Die Erarbeitung einer neuen Definition überstieg jedoch den vorgegebenen inhaltlichen und zeitlichen Rahmen des Gutachtens. Daher wurde festgelegt, eine wirtschaftliche Betriebsführung als durchschnittlich gegeben vorauszusetzen.

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Als für die AMPreisV relevante Apotheken werden im Rahmen dieses Gutachtens dabei diejenigen öffentlichen Apotheken angesehen, deren Kerngeschäft die Arzneimittelversorgung ist. Diese Apotheken sind in der amtlichen Statistik dem Wirtschaftszweig „47.73 Apotheken“ zuzuordnen, d. h. sie erzielen mind. 50 Prozent ihres Umsatzes mit dem Einzelhandel mit Arzneimitteln (Zuordnung in der amtlichen Unternehmensstatistik nach internationalen Standards gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008)

Festlegung 3: Die Ausrichtung an den Kosten aller zu einem Stichtag bestehenden Apotheken wird als aktuelle Auslegung der gesetzlichen Berücksichtigung der wirtschaftlichen Betriebsführung umgesetzt.

Wirtschaftlichkeit kann erst bewertet werden, wenn das Verhältnis von Ertrag und Aufwand in Relation zu vergleichbaren Unternehmen bewertet wird (Wildmann 2007). Bei einer späteren Aktualisierung der hier erarbeiteten Datenbasis können ggf. Längsschnittdaten des Statistischen Bundesamtes ausgewertet werden. Z. B. Längsschnittdaten für Unternehmen einer Unternehmensgrößenklasse innerhalb eines Siedlungsstrukturellen Kreistyps. Diese Zahlen können darüber Auskunft geben, wie sich vergleichbare Apotheken in ihrer Kostenentwicklung unterscheiden.

Festlegung 4: Mögliche methodische Ansätze für die Integration von Kriterien der wirtschaftlichen Betriebsführung werden diskutiert.

Abzugrenzen von einer wirtschaftlichen Betriebsführung ist der Begriff der Wirtschaftlichkeit der Apotheke. Dabei beschreibt Wirtschaftlichkeit das Verhältnis zwischen dem erreichten Ertrag und dem dafür erforderlichen Aufwand (Eichhorn 2016) (Das Prinzip Wirtschaftlichkeit: Basiswissen der

Betriebswirtschaftslehre; Peter Eichhorn, Joachim Merk, Springer Gabler, Wiesbaden 2016). Allgemein liegt Wirtschaftlichkeit vor, wenn der Ertrag größer als der Aufwand ist. Eine Apotheke kann also als

wirtschaftlich gelten, wenn ein positiver Ertrag erwirtschaftet wird. Da die Inhaberin / der Inhaber aus dem Ertrag sein Einkommen generieren muss, kann als Grenze der Wirtschaftlichkeit einer Apotheke angesehen werden, wenn für die Inhaberin bzw. den Inhaber kein Unternehmerlohn mehr erwirtschaftet werden kann, der mindestens dem Tariflohn eines approbierten Apothekers entspricht. Hier muss davon

ausgegangen werden, dass eine Apotheke mit einem niedrigeren Betriebsergebnis zwar ggf. weitergeführt, jedoch nicht unter dem gleichen Geschäftsmodell von Nachfolger/-innen übernommen werden wird, weil dieses Betriebsergebnis noch nicht einmal dem Lohn eines angestellten Apothekers entspräche. In diese Situation kann eine Apotheke kommen, obwohl sie in Ihren Kostenstrukturen wirtschaftlich handelt, also trotz wirtschaftlicher Betriebsführung. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn die Nachfrage zu gering ist.

Eine Apotheke unterhalb des kalkulatorischen Unternehmerlohns (vgl. Kapitel 6.3.4 Kalkulatorischer Unternehmerlohn, S. 81) zu führen, ist zunächst eine unternehmerische Einzel-Entscheidung. In Bezug auf die Ermittlung der Auswirkungen einer Vergütungsregelung bzw. -änderung sollte jedoch von

wirtschaftlichen Apotheken ausgegangen werden, d. h. die wirtschaftliche Betriebsführung und die Wirtschaftlichkeit einer Apotheke werden explizit unterschieden: Die der Kostenentwicklung zugehörige wirtschaftliche Betriebsführung ist zunächst unabhängig vom Betriebsergebnis. Für die Sicherstellung einer

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flächendeckenden Versorgung sollten wirtschaftliche Apotheken angestrebt werden, die einen

angemessenen kalkulatorischen Unternehmerlohn erwirtschaften (vgl. Kapitel 11 zur flächendeckenden Versorgung, S. 194 ff.).

Zur Wirtschaftlichkeit von Apotheken wird als Hintergrund der Berechnungslogik bzw. für die Betrachtung der flächendeckenden Versorgung festgelegt:

Festlegung 5: Eine Einzelapotheke oder ein Verbund aus Haupt- und Filialapotheken gilt als wirtschaftlich, wenn durch den Betrieb ein angemessener kalkulatorischer Unternehmerlohn erwirtschaftet werden kann.

Für die Berechnung einer kostendeckenden Vergütung wird im Sinne der Wirtschaftlichkeit unabhängig von den tatsächlichen Betriebsergebnissen der Apotheken davon ausgegangen, dass pauschal alle bestehenden Apotheken-Unternehmen theoretisch wirtschaftlich sind und somit der volle kalkulatorische

Unternehmerlohn für alle Apotheken-Unternehmen angenommen sowie anteilig von der Rx-Vergütung gedeckt wird (vgl. Kapitel 6.3.4, S. 81 ff.).

Die wirtschaftliche Betriebsführung und die Wirtschaftlichkeit bezieht sich auf das Umsatz-Kosten-Verhältnis der gesamten Apotheke, unabhängig davon, ob es um die Abgabe von Rx oder Non-Rx

Arzneimittel und Ergänzungssortiment geht. Die Apotheke bildet in Bezug auf Rx und Non-Rx eine Einheit:

die Artikel werden in gemeinsamen Prozessen bestellt, teilweise geprüft und z. T. an die gleichen Patienten bzw. Kunden verkauft. Die Zuordnung der Kosten zu Rx und Non-Rx ist jedoch erforderlich, da sich die Vergütung in der AMPreisV nach § 78 AMG nur auf Rx bezieht. Im folgenden Abschnitt wird beschrieben, wie die Zuordnung in der Berechnungslogik des vorliegenden Gutachtens erfolgt.

6.3.3 Zuordnung von Kosten zu Rx und Non-Rx

Eine eindeutige Zuordnung von Kosten zu Rx, Non-Rx und Ergänzungssortiment ist rechnerisch unmöglich, da in den Gesamtgeschäftsmodellen „Apotheke“ die kostentreibenden Personal- und Raumressourcen nicht auf die drei Produktbereiche aufteilbar sind. Die Produktbereiche unterscheiden sich zudem nach Kostenträgern (GKV, PKV, Selbstzahler) und können noch durch Dienstleistungen und damit verbundene Aufwände in der Apotheke ergänzt werden (Abbildung 8). Auch für diese Differenzierung der Leistungen ist keine rechnerische Trennung der Kosten möglich.

Abbildung 8: Leistungsbereiche in der Apotheke, die mit Umsatz und Kosten verbunden sind.

Gliederung nach Art der Artikel und Dienstleistungen sowie nach Kostenträgern. Eigene Darstellung.

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Selbst bei umfangreichen Prozesszeitenmessungen sind die Ressourcen und damit verbundene Kosten schwer zu trennen. Die Aufteilung der Kosten auf Rx und Non-Rx muss daher zumindest teilweise theoretisch-definitorisch erfolgen.

In den bisherigen Berechnungen für den absoluten Festzuschlag für die Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln (2003 und 2012) werden Kosten nach der hälftigen Absatz-Umsatz-Methode zugeordnet. Das widerspricht der in der gesetzlichen Grundlage formulierten Zielsetzung, dass der absolute Festzuschlag preisunabhängig ist (vgl. S. 67). Da zudem der absolute Festzuschlag gesetzgeberisch der Beratung zugeordnet ist, ist ein Bezug zum Preis bzw. Umsatz eines Arzneimittels nicht gegeben. Preisabhängige Aufwände werden im prozentualen Festzuschlag für rezeptpflichtige Arzneimittel vergütet (vgl. Kapitel 6.1.4 Gesetzliche Grundlagen der AMPreisV, S. 67 ff.).

Im vorliegenden Gutachten werden die Kosten von Rx und Non-Rx ausschließlich anhand der Packungsanzahl zugeordnet. Der absolute Festzuschlag soll zunächst laut Gesetzesbegründung

preisunabhängige Kosten abdecken, also unabhängig vom Umsatz sein. Das Vorgehen, Kosten anhand der Anzahl der Packungen zuzuordnen, ist darüber hinaus wie folgt begründet:

1. Die Packungseinheit bildet die Grundlage für die Preise der aktuellen AMPreisV. Eine Ausnahme bildet nur der Notdienstzuschlag, der zwar pro Packung erhoben, ein Notdienst (Volldienst) jedoch pauschal je nach Fondgesamtumfang vergütet.

2. Jedes Arzneimittel, unabhängig ob Rx oder Non-Rx, muss laut Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO) sicher und mit der entsprechenden Beratung verbunden an den Patienten/Kunden durch das Apothekenpersonal abgegeben werden. Auch bei den Freiwahl-Artikeln, also den freiverkäuflichen Arzneimitteln sowie dem gesundheitsbezogenen Ergänzungssortiment, ist aufgrund des Gesundheitsbezugs Beratungsbedarf gegeben.

3. Der operative Aufwand pro Packung ergibt sich als Mischkalkulation. Für alle drei Leistungsbereiche (Rx, Non-Rx, Ergänzungssortiment) ergeben sich individuell sehr aufwendige Beratungs- und

Warenwirtschaftsprozesse oder auch sehr schlanke Prozesse, abhängig z. B. von der

Erklärungskomplexität des Arzneimittels oder Produkts, dem Erkrankungszustand des Patienten, dem Verkauf/der Abgabe mehrerer oder einzelner Artikel, der wiederholten oder erstmaligen Einnahme. Der Aufwand ist daher grundsätzlich und im Durchschnitt unabhängig vom Preis der Packung und unabhängig von den drei Leistungsbereichen anzusehen.

4. Spezifischer Rx- und Non-Rx-Aufwand kann grundsätzlich zusätzlich in der Kostenzuordnung berücksichtigt werden, wenn er durch belastbare Daten oder Abschätzungen quantifizierbar ist:

a. Für die Abgabe von BtM Rx entsteht erhöhter Aufwand. Dieser wird durch einen gesonderten Zuschlag in der AMPreisV geregelt.

b. Die Umstellung auf andere Medikamente bei Rabattverträgen führt zwar zu erhöhtem Beratungsbedarf bei den Patienten, wenn sie die Arzneimittel kontinuierlich einnehmen, dafür ist die Beratung in der Folge bei chronischem Bedarf umso geringer.

c. Der spezifische Zeitbedarf bei OTC zur Auswahl des Arzneimittels ist höher als bei Rx in Bezug auf die dafür spezifischen Rückfragen zu Rezepten:

Für OTC gibt es besonderen Aufwand für die Auswahl des Arzneimittels: Hinterfragen der

Eigendiagnose bzw. des Arzneimittelwunsches der Patient/-innen sowie die Auswahl und Beurteilung des Arzneistoffs und des Fertigarzneimittels. Diese Auswahl erfolgt bei Rx durch die Ärzt/-innen.

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Diese Auswahlgespräche erfolgen laut Aussage der Apotheker/-innen in der Erhebung in 75 Prozent der Fälle und dauert jeweils 4,5 Minuten (vgl. Kapitel 8.2.5 Ergebnisse zu Zeitaufwänden Rx und OTC, S. 127 ff.).

Für Rx entsteht besonderer Aufwand im Umgang mit den Rezepten, z. B. wenn das Rezept nicht eindeutig oder das Arzneimittel nicht verfügbar ist. Dies ist laut Primärerhebung in 10 Prozent der Rezepte der Fall und die entsprechenden Rückfragen bei Patient, Arztpraxis oder Krankenkasse dauert durchschnittlich 8 Minuten (a.a.O.).

Dennoch wird die Mischkalkulation, dass durchschnittlich jede Packung mit vergleichbarem Aufwand verbunden ist, in diesem Punkt zugunsten der Rx-Vergütung weiterhin angenommen, um einzelne Aspekte nicht über zu bewerten.

5. Der spezifische Zeitaufwand für die Abrechnung der Rezepte wird im Rahmen der kaufmännischen Komponente, dem prozentualen Festzuschlag bei Fertigarzneimitteln behandelt.

Die ABDA benannte keinen spezifischen Zusatzbedarf in der Beratung bei Rx im Vergleich zu Non-Rx.

Für die Aufteilung der Kosten auf Rx und Non-Rx wird als Hintergrund für die Berechnungslogik demnach festgelegt:

Festlegung 6: Die Kosten für Rx werden anhand des Anteils der Rx-Packungen an allen Packungen (Rx, Non-Rx, Ergänzungssortiment) berechnet.

Festlegung 7: Kosten, die ausschließlich für Rx oder Non-Rx anfallen und nicht separat als Leistung in der AMPreisV thematisiert sind, konnten im Projektzeitraum durch Messungen oder

annahmebasiert belastbar spezifiziert werden und somit in der AMPreisV Berücksichtigung finden.

Die ABDA hat der Festlegung 6 grundsätzlich nicht zugestimmt. Sie nannte als Beispiele für mögliche Unterschiede im Aufwand die zusätzliche Beratung bei dem Wechsel von Rabattarzneimitteln. Es wurden jedoch keine Gründe angeführt, warum diese Unterschiede im Aufwand nicht zu spezifizieren sind, und es wurden keine Aufwände spezifiziert (Festlegung 7). Die bisher von der ABDA angewendete hälftige Absatz-/Umsatzmethode wurde von der ABDA selbst als damals pragmatische, theoretisch heute jedoch

diskussionswürdige Berechnungsmethode eingeschätzt. Auf Basis der im Rahmen des vorliegenden Gutachtens durchgeführten Expertengespräche und der Primärerhebungen bei Apotheker/-innen konnten jedoch die unter dem vorangehenden Punkt 4 dargelegten Faktoren (Spezifischer Rx- und Non-Rx-Aufwand) für unterschiedliche Prozesse bei Rx und Non-Rx erarbeitet und in der Primärerhebung quantifiziert

diskussionswürdige Berechnungsmethode eingeschätzt. Auf Basis der im Rahmen des vorliegenden Gutachtens durchgeführten Expertengespräche und der Primärerhebungen bei Apotheker/-innen konnten jedoch die unter dem vorangehenden Punkt 4 dargelegten Faktoren (Spezifischer Rx- und Non-Rx-Aufwand) für unterschiedliche Prozesse bei Rx und Non-Rx erarbeitet und in der Primärerhebung quantifiziert