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Das Post-Lomé-Abkommen

Teil I Von der funktionalen Zusam- Zusam-menarbeit zur regionalen

5 Entwicklungsperspektiven der SADC .1 Äußere Bedingungen

5.1.2 Das Post-Lomé-Abkommen

Die Lomé-IV-Konvention lief am 21.2.2000 aus und wurde durch einen neuen Vertrag ersetzt, der Ende Juni 2000 in Cotonou/Benin unterzeichnet wurde.31 Er sieht für 33 AKP-Länder mit höheren Einkommen Regional Economic Partnership Agreements (REPAs) vor. Die Vorbereitungspha-se soll acht Jahre, die Übergangsfrist zwölf Jahre betragen (s. Übersicht 2). Die anderen AKP-Länder können sich bis 2004 noch frei entschei-den, ob sie den REPAs beitreten oder nicht. Die Verhandlungen werden 2002 beginnen und sollen nach Vorstellung der EU und AKP-Staaten bis 2008 abgeschlossen und vor 2020 in den Ergeb-nissen implementiert sein. Sollte im Jahre 2020 der bilaterale Freihandel zwischen der EU und den Regionalgruppen der AKP-Staaten jedoch unter der Voraussetzung implementiert sein, daß die EU wesentliche Erzeuger- und Exportsubven-tionen auf dem Agrarsektor beibehalten hätte, be-deutete dies das Ende der konkurrierenden Pro-duktion in den AKP-Ländern. Welche Regierung könnte dem zustimmen? Das Verhandlungsman-dat der EU-Kommission ist im sogenannten Green Paper festgehalten.32 Das Mandat fußt im Gefolge des Abkommens von Marrakesch und im Lichte strikterer GATT-Schlichtungsverfahren auf fol-genden drei Prinzipien:

1. Die bisherigen nichtreziproken Handelspräfe-renzen für die AKP-Länder (Stand: Lomé IV) sollen durch eine Reihe reziproker Präferenz-abkommen der EU mit Regionalgruppen der AKP-Länder abgelöst werden. AKP-Ländern, die einem solchen Regionalabkommen nicht beitreten wollen, sollen für ihre Exporte in die EU GSP-Bedingungen bzw. Vorzugs-behandlung der (L)LDC eingeräumt werden.

31 Die geplante Unterzeichnung des Vertrages in der Hauptstadt der Fidschi-Inseln, Suva, mußte wegen eines Militärputsches kurzfristig nach Cotonou verlegt wer-den.

32 EU Council (1998).

2. EZ soll die Anpassungskosten der Handelsin-tegration mit der EU auf seiten der AKP-Länder im Rahmen indikativer regionaler Programme kompensieren.

3. LDC sollen die derzeitigen Präferenzen erhal-ten bleiben, auch wenn sie einem Regionalab-kommen mit der EU beitreten. Die

Regional-abkommen sollten “... at least maintain the current market access for the ACPs.“33

Die Politik der Regionalabkommen setzt u.a. vor-aus, daß die EU mit funktionsfähigen Organisati-onen regionaler Handelsintegration auf seiten der AKP-Staaten kooperieren könnte. Als potentielle Partner gelten auf dem afrikanischen Kontinent

33 EU Council (1998), S. 18.

Übersicht 2: Zeitplan zur Umsetzung des Nachfolgeabkommens zu Lomé IV

Date Negotiations Trade regime

Until September 2002 April 2000

Parties prepare for negotiations EU requests waiver from other WTO members allowing it to con-tinue its Lomé preferences until 2008. A decision is expected around July/August

September 2002 until 31 December 2007

2004

2006

EU negotiates ‘Economic Partner-ship Agreements’ (free trade agreements) with ACP countries, as regional groups or individually EU and ACP review possible alter-native arrangements for non-LDCs who ”decide they are not in a posi-tion” to sign free trade agreements EU and ACP review planned ar-rangements for all countries ”to ensure that no further time is needed for preparations or negotiations”

Current non-reciprocal tariff prefer-ences – the all-ACP Lomé regime – maintained for 70 ACP countries other than South

Africa (assuming a WTO waiver is obtained)

1 January 2008 until 2018/2020 Implementation of new Economic Partnership Agreements (EPAs)

All-ACP Lomé regime ends ACP signatories to EPAs

gradu-ally open ”substantigradu-ally all” their trade to imports from the EU LDCs who opted out of EPAs

keep non-reciprocal tariff prefer-ences

Non-LDCs who opted out of EPAs get a (yet undefined) alter-native treatment

From 2018/2020 Free trade agreements in place

be-tween EU and ACP signatories to EPAs

Quelle: ecdpm; Lomé 2000, Briefing Paper, Juni 2000

derzeit insbesondere die EAC, die UEMOA und die SADC. Die westafrikanische UEMOA hat im Januar 2000 einen gemeinsamen Außenzoll einge-führt und erfüllt insofern als bislang einzige Regi-onalorganisation neben der SACU die Bedingun-gen einer Zollunion.34 Darüber hinaus schafft sie Präzedenzen hinsichtlich eines harmonisierten Wirtschafts- und Steuerrechts und kann mit der BOAD auf eine funktionsfähige regionale Förder-bank verweisen.

Im Falle der SADC werden mögliche Verhandlun-gen um ein REPA in mehrfacher Hinsicht kompli-ziert:

Die RSA besitzt als Schwellenland nur den Status eines „qualifizierten“ Mitglieds des Lomé-Abkommens und hat mit der EU be-reits ein Freihandelsabkommen abgeschlos-sen, dessen Liberalisierungssequenz völlig unabhängig von etwaigen SADC/EU-Ver-handlungen über ein REPA festgelegt wurde.

Die SACU besitzt als Zollunion einen ge-meinsamen Außenzoll; damit sind de facto die vier kleineren Länder in das Freihandels-abkommen zwischen RSA und EU bereits in-tegriert, was den Marktzugang für EU-Produkte anbetrifft. Für diese Länder ist ne-ben Zolleinnahmeausfällen auch mit erhebli-chen handelsumlenkenden Effekten zu rech-nen.

Solange die SADC keine Zollunion ist, impli-zieren Freihandelsabkommen mit Drittlän-dern die Einführung zusätzlicher Ursprungs-regeln. Eine Synchronisierung der Liberali-sierung der Außenzölle aller SADC-Länder gegenüber der EU im Rahmen eines REPAs ist derzeit nicht absehbar, ebenso wenig die Schaffung der Zollunion. Nach der RSA ist Mauritius das nächste Land, das offenbar bi-laterale Verhandlungen mit der EU anstrebt.

34 Vgl. Le Monde, 8.2.2000, S. 6.

Als Alternative für den Fall der Nichtmachbarkeit regionaler Freihandelsabkommen zwischen der EU und Gruppen von AKP-Ländern sieht die Kommission die Herauslösung des Handelsteils und seine Berücksichtigung im zukünftigen GSP vor. Dies stellt aus Sicht der Kommission eine zweitbeste Lösung dar, u.a. weil damit entwick-lungspolitische Vorteile der Regionalintegration nicht zum Tragen kämen. Beim derzeitigen GSP-Profil der EU allerdings würde dies bei lediglich statischer Betrachtung (d.h. Annahme unveränder-ter Handelsmengen) für die SADC ohne die RSA bereits geschätzte Umsatzverluste im Export von über 370 Mio. ECU verursachen.35

Schließlich haben auch die AKP-Staaten in den Verhandlungen um REPAs als Alternative zu GSP ein Wort mitzureden, und ihnen wird nicht ver-borgen bleiben, daß o.a. Verhandlungsmandat der Kommission im Vergleich mit den Konditionen von Lomé IV weder den Marktzugang zur EU noch den Mitteltransfer aus der EU erhöht. Da aber der Marktzugang der EU-Unternehmen zu den AKP-Staaten wegen der vorgesehenen Re-ziprozität substantiell verbessert würde, müßten die AKP-Länder fürchten, daß derartige Abkom-men einerseits kaum handelsschaffende Effekte, andererseits starke handelsumlenkende Wirkung hätten – bis hin zur Beseitigung ihrer bescheide-nen Ansätze zur Industrialisierung.

Die AKP-Staaten werden also um die Aufrechter-haltung ihres Außenschutzes auch gegenüber der EU hart verhandeln. In der anstehenden WTO-Runde werden sie in dieser Haltung starke Ver-bündete unter jenen Industrieländern finden, die Drittländer diskriminierende Präferenzen für AKP-Staaten im EU-Handel nicht hinnehmen wollen. Dabei werden vor allem die GATT-Gebote der Meistbegünstigung und Nichtdiskri-minierung sowie der Berücksichtigung von sub-stantially all trade in regionalen Freihandelsab-kommen ins Feld geführt werden.

35 Kennan / Stevens (1997), S. 11 ff.

Art. XXIV GATT sieht volle Reziprozität und Nichtdiskriminierung unter den Teilnehmern für den Endzustand des regionalen Freihandels vor, der in einem vertretbaren Zeitraum (zehn Jahre plus nach Vertragsabschluß) erreicht sein muß.

Liberalisiert sein bzw. werden muß dabei substan-tially all trade. Allerdings sagen weder Art. XXIV noch an anderer Stelle das GATT-Regelwerk, welcher Prozentsatz des innerregionalen Handels als „substantiell“ zu gelten hat. Nach Ratifizie-rung des SADC-Handelsprotokolls nebst Anhang durch die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Mitgliedstaaten (mit der Ratifizierung durch die RSA zu Beginn des Jahres 2000 wurde dies er-reicht), ist die SADC rechtlich bereits als Freihan-delszone etabliert, auch wenn die Herstellung weitgehenden Freihandels danach noch wenigs-tens zehn Jahre erfordern wird. Die SADC-Freihandelszone muß nach ihrer rechtlichen Be-gründung bei der WTO notifiziert werden. Dies muß entweder nach Artikel XXIV oder kann nach der Enabling Clause geschehen.

Welcher der beiden Wege beschritten wird, liegt zunächst in der Entscheidung der RSA, nämlich ob sie sich in der WTO zum Industrieland erklä-ren oder den Status eines Entwicklungslandes bei-behalten wird. Erklärt sie sich zum Industrieland, kann die SADC-Freihandelszone nur nach Artikel XXIV ratifiziert werden. Bleibt sie beim Entwick-lungsländerstatus, kann die Notifizierung auch nach der Enabling Clause stattfinden. Notifizie-rung nach Artikel XXIV zöge zwangsläufig die Überprüfung des SADC-Handelsprotokolls durch die WTO nach sich. Dabei wäre insbesondere zweifelhaft, ob die vom Freihandel ausgenomme-nen sensitiven Warengruppen der RSA, Mauritius und Simbabwes in bezug auf die Bedingung sub-stantially all trade akzeptiert würden – da es sich dabei um wenigstens 10 % des gesamten Binnen-handels der SADC handeln würde. Notifizierung nach der Enabling Clause hingegen ließe der SADC alle Freiheiten der Diskriminierung und Differenzierung dritter Parteien und außerdem im Binnenverhältnis volle Flexibilität des Liberalisie-rungsprofils. Die Überprüfung durch die WTO wäre in diesem Fall fakultativ und eine reine For-malität, voraussichtlich ohne substantielle Aufla-gen.

Aber wird die RSA sich für den Weg der Selbst-erklärung als Entwicklungsland und die SADC sich für GATT-Notifizierung nach der Enabling Clause entscheiden? Hier stellt sich die weitere Frage, ob die WTO-Mitgliedstaaten den RSA/EU-Freihandelsvertrag nicht in einem rechtschöpfen-den Akt als Begründung des Industrieländerstatus der RSA auslegen und so die Notifizierung unter der Enabling Clause blockieren würden. Aber auch wenn die RSA nach der nächsten WTO-Runde im Lichte veränderter GATT-Regeln zum Status eines Industrielandes aufrücken sollte, wäre die Notifizierung der SADC-Freihandelszone nach der Enabling Clause hinfällig und müßte im Lichte von Artikel XXIV überprüft werden. Al-lerdings könnte die EU als Industrieland mit der SADC wohl kein Abkommen über regionalen Freihandel auf Grundlage der Enabling Clause schließen, das dritte Entwicklungsländerparteien diskriminiert.

5.1.3 EU/RSA-Freihandelsabkommen

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